TE Vwgh Erkenntnis 2000/3/28 99/14/0115

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Veröffentlicht am 28.03.2000
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Index

E1E;
E3L E09301000;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/04 Steuern vom Umsatz;
59/04 EU - EWR;

Norm

11997E002 EG Art2;
11997E003 EG Art3 litc;
11997E234 EG Art234;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art28l idF 31991L0680;
31991L0680 Binnenmarkt-RL Art1 Z22;
UStG 1994 §29 Abs8;
VwGG §38a;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 99/14/0116

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der S H in L, vertreten durch Dr. Hubert Maier, Rechtsanwalt in Mauthausen, Vormarktstraße 17, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 22. Dezember 1998, 1.) Zl RV-142.96/1-10/1996, betreffend Rückzahlungsantrag und 2.) Zl RV-105.97/1-10/1997, betreffend Säumniszuschläge, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Inhalt der Beschwerden, der Beschwerdeergänzungen und den den Beschwerden in Kopie angeschlossenen angefochtenen Bescheiden hatte die Beschwerdeführerin in der Bundesrepublik Deutschland am 1. Februar 1996 einen Pkw Marke Chrysler Neon erworben.

Mit Schreiben vom 2. Februar 1996 teilte die Bezirkshauptmannschaft dem Finanzamt diesen Sachverhalt mit, worauf das Finanzamt die Beschwerdeführerin einlud, eine entsprechende Abgabenerklärung einzureichen. Nachdem die Beschwerdeführerin diesem Ersuchen nachgekommen war, belastete das Finanzamt das Abgabenkonto der Beschwerdeführerin mit einer von ihr bekannt gegebenen Normverbrauchsabgabe 2/96 in Höhe von rund S 21.000,-- sowie Umsatzsteuer 2/96 in Höhe von rund S 29.000,--.

Mit Bescheid vom 9. Oktober 1996 schrieb das Finanzamt der Beschwerdeführerin Säumniszuschläge von S 402,-- und S 591,-- bezüglich Normverbrauchsabgabe 2/96 und Umsatzsteuer 2/96 vor.

Mit Entrichtungstag 25. Oktober 1996 zahlte die Beschwerdeführerin rund S 50.000,-- sowie die vorgeschriebenen Säumniszuschläge auf ihrem Abgabenkonto ein.

In einer gegen den Bescheid über die Festsetzung der Säumniszuschläge erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, der am 1. Februar 1996 aus Deutschland nach Österreich importierte Pkw sei in Deutschland erstmals am 18. August 1995 zugelassen worden und habe einen Kilometerstand von 8.625 aufgewiesen. Diesem Geschäft liege ein Kaufvertrag vom 1. Februar 1996, abgeschlossen mit Herrn August E, BRD, zu Grunde. Die Beschwerdeführerin habe die vorgeschriebene Normverbrauchsabgabe und Umsatzsteuer zur Vermeidung einer drohenden Exekution unter Vorbehalt und ohne Anerkenntnis bezahlt, wiewohl festzuhalten sei, dass bereits in Deutschland wegen der dortigen Zulassung die Umsatzsteuer, welche auch in der Kalkulation des Wiederverkaufspreises Niederschlag gefunden habe, bezahlt worden sei. Das Fahrzeug sei daher hinsichtlich Umsatzsteuer doppelt belastet worden. Das Gemeinschaftsgebiet der Europäischen Union erfordere auf steuerlichem Gebiet eine Harmonisierung der Umsatzsteuer, wobei vorgegebenes Ziel das Ursprungslandprinzip sei.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid, in welchem auch begründet wurde, weshalb eine doppelte Belastung des Kraftfahrzeuges mit Umsatzsteuer nicht vorliege (Vorsteuerabzug in Deutschland), wies die belangte Behörde die Berufung ab.

Mit Schriftsatz vom 7. November 1996 beantragte die Beschwerdeführerin überdies die Rückerstattung eines Betrages von S 50.661,--, wobei sie begründend dasselbe Vorbringen wie in der Berufung gegen den Säumniszuschlagsbescheid erstattete.

Das Finanzamt behandelte diesen Antrag als Rückzahlungsantrag gemäß § 239 Abs 1 BAO und zahlte ein auf dem Abgabenkonto bestehendes Guthaben von rund S 1.000,-- zurück, das Mehrbegehren wurde mit Bescheid abgewiesen.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde eine gegen diesen Bescheid erhobene Berufung ab.

Gegen diese Berufungsentscheidungen erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung der Beschwerden mit Beschlüssen vom jeweils 22. Februar 1999, Zlen B 243/99 und B 244/99, ablehnte und sie gemäß Art 144 Abs 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin jeweils in ihrem Recht auf "fehlerfreie Handhabung" des UStG 1994, insbesondere des § 29 Abs 8 UStG 1994, verletzt und regt ein Ersuchen um Vorabentscheidung an den Europäischen Gerichtshof zu folgender Frage an: "Ist § 29 Abs 8 UStG 1994 samt Binnenmarktregelung und innergemeinschaftlicher Erwerb im Hinblick auf Art 2 und 3 lit c EG-Vertrag sowie der Richtlinie 77/388 EWG ergänzt durch Ratsbeschluss vom 16.12.1991 (91/680/EWG) zum Gemeinschaftsrecht in Widerspruch und daher nicht anzuwenden?"

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

Durch den erstangefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf fehlerfreie Handhabung des UStG 1994 schon deshalb nicht verletzt, weil mit diesem Bescheid ausschließlich über die Rückzahlung eines Guthabens nach § 239 BAO abgesprochen wurde. Bestimmungen des UStG 1994 waren diesbezüglich nicht anzuwenden.

Hinsichtlich des zweitangefochtenen Bescheides waren ungeachtet des Umstandes, dass er Säumniszuschläge (ua in Zusammenhang mit selbstberechneter Umsatzsteuer) zum Gegenstand hatte, Bestimmungen des UStG 1994 insofern anzuwenden, als darin die für die Frage eines Säumniszuschlages relevante Fälligkeit (gegenständlich in Art 21 Abs 2 BMR) geregelt wird.

Die Beschwerdeführerin behauptet diesbezüglich eine Rechtsverletzung durch den angefochtenen Bescheid insoweit, als sie meint, § 29 Abs 8 UStG 1994 samt Anhang Binnenmarktregelung (insbesondere der innergemeinschaftliche Erwerb) stehe im Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht, weil "danach als vorgegebenes Ziel" das so genannte "Ursprungslandprinzip" anzusehen sei.

Nun übersieht die Beschwerdeführerin jedoch, dass dieses vorgegebene Ziel weder im Jahr 1996, in welchem die Beschwerdeführerin das in Rede stehende Kraftfahrzeug erworben hat, verwirklicht war, noch heute verwirklicht ist. Vielmehr fand in der so genannten Binnenmarktrichtlinie vom 16. Dezember 1991, 91/680/EWG, ABl EG Nr. L 376, 1 eine Übergangslösung ihren Niederschlag, welche bis 31. Dezember 1996 gelten und dann durch den Übergang zum Ursprungslandprinzip ersetzt werden sollte, wobei aber von vornherein vorgesehen war, dass sich die Geltungsdauer der Binnenmarktrichtlinie automatisch verlängere, wenn die Neuregelung nicht gelingen sollte (Art 28l der 6. EG Richtlinie, 77/388/EWG, in der Fassung der oben zitierten Richtlinie; vgl auch Ruppe, Umsatzsteuergesetz 1994, Kommentar, 2.Auflage, 1293f).

Es kann daher der Ansicht der Beschwerdeführerin, dass § 29 Abs 8 UStG 1994 samt Anhang wegen der Verletzung des Ursprungslandprinzips im Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht stehe, nicht gefolgt werden, weil gerade die Bestimmungen der Binnenmarktregelung, welche der österreichische Gesetzgeber des UStG 1994 wegen deren provisorischen Charakters in einem Anhang zum UStG 1994 zusammengefasst hat, der angeführten Binnenmarktrichtlinie und damit dem geltenden Gemeinschaftsrecht Rechnung tragen. Da diesbezüglich die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass keinerlei Raum für vernünftige Zweifel besteht, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlasst, an den Europäischen Gerichtshof mit einem Ersuchen um Vorabentscheidung der von der Beschwerdeführerin formulierten Frage heranzutreten.

Die Rüge der Beschwerdeführerin, es sei in den angefochtenen Bescheiden unterlassen worden, zur Frage der Gebrauchtwagenbesteuerung Stellung zu nehmen, ist schon deswegen verfehlt, weil das gegenständliche Landfahrzeug - worauf die belangte Behörde im zweitangefochtenen Bescheid auch hingewiesen hat - im Hinblick auf Art 1 Abs 9 BMR und den Zeitpunkt der erstmaligen Zulassung in Deutschland als neues Fahrzeug gegolten hat.

Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Beschwerdeführerin zu Unrecht, weil dem zweitangefochtenen Bescheid deutlich zu entnehmen ist, dass die belangte Behörde - dem Vorbringen der Beschwerdeführerin folgend - ein Kaufgeschäft von Privat zu Privat als erwiesen angenommen hat.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerden erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 28. März 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999140115.X00

Im RIS seit

09.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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