TE Vwgh Erkenntnis 2000/3/28 99/05/0288

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.03.2000
beobachten
merken

Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §38;
BauO Wr §129 Abs10;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Gerhard Stephinger in Wien, vertreten durch Dr. Erich Unterer und Dr. Rainer Handl, Rechtsanwälte in Wien I, Wipplingerstraße 24-26, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 19. Oktober 1999, Zl. MD-VfR-B XVII-13/99, betreffend einen baupolizeilichen Beseitigungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer der Liegenschaft in Wien XVII, Anton-Haidl-Gasse 19. Mit Ladung vom 16. März 1999 wurde für den 7. April 1999 eine mündliche Verhandlung zur Überprüfung nicht genehmigter Bauführungen auf der genannten Liegenschaft anberaumt. Auf Grund dieser Ladung führte der Beschwerdeführer aus, er sei Eigentümer der genannten Liegenschaft, auf welcher sich seit Jahrzehnten ein einfaches, ebenerdiges Haus mit einem nicht ausgebauten Dachgeschoß und einem Keller befinde. Er habe beabsichtigt, dieses Haus renovieren zu lassen, zu diesem Zweck habe er Baumeister M. mit der Durchführung der erforderlichen Arbeiten beauftragt. Wie die beauftragte Baufirma dem Beschwerdeführer mitgeteilt habe, sei unter anderem auch das Kellermauerwerk zu erneuern gewesen. Nach einer Rückkehr des Beschwerdeführers aus dem Ausland habe er erfahren müssen, dass die Baupolizei eine Baueinstellung bezüglich der Sanierung des Hauses angeordnet habe. Es handle sich aber nicht um die Errichtung eines unterkellerten, ca. 6 m x 10 m großen Gebäudes, sondern um die Sanierung eines Altbestandes. Das vorhandene und genehmigte Gebäude habe weitgehend abgetragen werden müssen und der Keller schnellstmöglich in einer derartigen Form saniert werden müssen, dass damit gleichzeitig eine zuverlässige Hangsicherung gegen das weitere Abrutschen des Hanges erreicht wurde. Die Baufirma habe keine andere Möglichkeit gesehen, als den Kellerboden schnellstens zu betonieren und mit Betonfertigteilen, die kurzfristig besorgt werden konnten, die Mauersanierung des Kellers raschest abzuschließen. Die Errichtung dieser "Schachtel" habe gegenüber allen anderen Varianten der Hangsicherung den Vorteil gehabt, dass sie in bei weitem wirtschaftlichster Weise und vor allen binnen kürzester Frist den gewünschten Effekt erreichte.

Anlässlich der in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertreter abgehaltenen mündlichen Verhandlung am 7. April 1999 wurde festgestellt, dass ein Keller im Ausmaß von ca. 11 m Länge, 9,95 m Breite und 3,08 m Höhe, bestehend aus Fundamentplatte, Betonfertigteilwänden und Stahlbetondecken, errichtet wurde. Der so errichtete Keller ragte an der Vorderseite ca. 40 cm aus dem anschließenden Gelände heraus.

Mit Bescheid vom 7. April 1999 erteilte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37/17, dem Beschwerdeführer als dem Eigentümer der Baulichkeit gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien (BO) den Auftrag, das ohne Baubewilligung errichtete Kellergebäude zur Gänze abtragen zu lassen. Darüber hinaus wurden die Anträge des Beschwerdeführers betreffend die Gewährung einer Frist von vier Wochen zur Vorlage eines Gutachtens eines Ziviltechnikers und betreffend die Unterbrechung des gegenständlichen Verfahrens bis zur rechtskräftigen Erledigung von drei anhängigen Verfahren abgewiesen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, das ursprüngliche Gebäude sei gemäß § 71a der Bauordnung für Wien bewilligt gewesen, es habe weitgehend abgetragen werden müssen, im Sinne von Notstandsmaßnahmen sei eine Hangrutschsicherung vorgenommen worden. Es sei darum gegangen, schnellstmöglich und in technisch wirksamster Weise eine geeignete Hangsicherung durchzuführen. Der vom Beschwerdeführer herangezogene Gutachter Dr. Z.T. habe empfohlen, unverzüglich die Bodenplatte sowie die Kellerwände zu betonieren und anschließend die Baugrube zuzuschütten und den oberen Teil der Grube abzustützen. Zu diesen Ausführungen habe der Vertreter der MA 29 erklärt, dass diese vorgeschlagene Sicherungsmaßnahme eine von mehreren technischen Möglichkeiten sei. Alternativ habe der Amtssachverständige andere mögliche Sicherungsmaßnahmen aufgezeigt.

Mit Bescheid vom 19. Oktober 1999 hat die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom 7. April 1999 abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien in der Fassung LBGl. Nr. 42/1996 (BO) ist jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften zu beheben. Ein vorschriftswidriger Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung oder Kenntnisnahme einer Bauanzeige nicht erwirkt worden ist, ist zu beseitigen.

Schon in seiner Stellungnahme vom 2. April 1999 hat der Beschwerdeführer zugestanden, dass das bisher auf dem Grundstück vorhandene und genehmigte Gebäude weitgehend abgetragen werden musste und die Baufirma keine andere Möglichkeit gesehen habe, als den Kellerboden schnellstens zu betonieren und mit Betonfertigteilen die Mauersanierung des Kellers raschest abzuschließen. Aus dem vorgelegten Akt, insbesondere den darin befindlichen Fotos und den Ausführungen des Amtssachverständigen, geht hervor, dass die errichtete "Betonschachtel" ohne Verwendung alter Mauerteile errichtet wurde. Eine so errichtete bauliche Anlage ist als Neubau im Sinne des § 60 Abs. 1 lit. a BO zu qualifizieren, für den die Bewilligung der Behörde zu erwirken ist. Ein Neubau läge selbst dann vor, wenn nach Abtragung bestehender Baulichkeiten die Fundamente oder Kellermauern ganz oder teilweise wieder benützt worden wären. Durch die Abtragung des ursprünglichen Gebäudes ist dessen Konsens untergegangen; da für den mit einer Betonplatte abgedeckten Keller keine Baubewilligung erwirkt worden war, erwies sich dieser als konsenslos, weshalb die Behörde nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet war, einen auf § 129 Abs. 10 BO gestützten Beseitigungsauftrag zu erlassen.

Für die Erlassung eines solchen Abtragungsauftrages ist es ausreichend, dass für die bestehende bewilligungspflichtige Baulichkeit eine behördliche Bewilligung nicht vorliegt, obwohl die Baulichkeit sowohl zum Zeitpunkt ihrer Errichtung als auch zum Zeitpunkt der Auftragserteilung einer baubehördlichen Bewilligung bedurft hätte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 1989, Zlen. 88/05/0208, 0209). Eine wirtschaftliche Abwägung sieht die Bauordnung dabei nicht vor. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist die Frage, ob eine nachträgliche Baubewilligung erteilt werden kann, auch keine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG. Ohne Belang ist es daher, ob ein Ansuchen um nachträgliche Baubewilligung eingebracht und über dieses noch nicht rechtskräftig entschieden wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. September 1993, Zl. 93/05/0121). Der Abtragungsauftrag kann lediglich so lange nicht vollstreckt werden, als ein Ansuchen um Erteilung der nachträglichen Baubewilligung anhängig ist.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist es auch unerheblich, ob er ursprünglich die Errichtung eines Kellers geplant hat oder nicht, entscheidend ist das Ergebnis, nämlich die konsenslose Errichtung des bewilligungspflichtigen Bauvorhabens. Unzutreffend ist auch die in der Beschwerde aufgestellte Behauptung, dass die "Betonschachtel" über ausdrücklichen Auftrag der Behörde errichtet worden sei. Richtig ist vielmehr, dass es im Zuge der Sanierung des alten Kellers zu einer Hangrutschung gekommen ist, der sofort Maßnahmen entgegen gesetzt werden mussten, wobei vom Amtssachverständigen der Magistratsabteilung 29 bestätigt wurde, dass die Errichtung eines neuen Kellergebäudes eine Maßnahme zur Hintanhaltung der Hangrutschung sei. Der Gutachter zeigte jedoch auch andere Möglichkeiten zur Durchführung der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen auf.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 28. März 2000

Schlagworte

Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2 Baupolizei Vollstreckung Kosten BauRallg10

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999050288.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten