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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art144 Abs1 / AnlassfallLeitsatz
Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses im AnlassfallSpruch
I. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnungsbestimmung in seinen Rechten verletzt worden.
Das Erkenntnis wird aufgehoben.
II. Die Stadt Wien ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe
1. Der Beschwerdeführer war von 1. Jänner 2010 bis 31. Dezember 2013 Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien und ist seit 1. Jänner 2014 Mitglied des Verwaltungsgerichtes Wien. Er beantragte mit Schreiben vom 8. Februar 2016 die Erlassung eines Bescheides über seinen Stichtag für das Dienstjubiläum unter Anrechnung seiner Ausbildungs- und Dienstzeiten (Präsenzdienst, Ausbildung zum Sicherheitswachebeamten, Studium der Rechtswissenschaften, Dienstverhältnis zur Bundespolizeidirektion Wien, Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien) sowie die daraus resultierende bescheidmäßige Feststellung der Gebührlichkeit und Zuerkennung sowie Auszahlung der Remuneration aus Anlass seines Dienstjubiläums bei einer Dienstzeit von 25 Jahren in der Höhe von 200 von Hundert seines Monatsbezuges (§39 Wr. Besoldungsordnung 1994 – Wr. BO 1994). Begründend führte er dazu im Wesentlichen aus, dass ihm sämtliche angeführte Zeiten in Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes und der Bestimmung des Art21 Abs4 B-VG für den Stichtag für das Dienstjubiläum anzurechnen gewesen wären.
2. Mit Bescheid vom 21. November 2016 stellte (wegen einer Befangenheitsanzeige) die Vizepräsidentin in Vertretung des Präsidenten des Verwaltungsgerichtes Wien gemäß §4a Abs1 Wiener Verwaltungsgericht-Dienstrechtsgesetz (VGW-DRG) fest, dass dem Beschwerdeführer "im Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides gemäß §39 Abs2 und 2a BO 1994 iVm §14 Abs2 DO 1994 sowie Z2 lita sublitbb iVm Z2 litb sublitaa und bb des Beschlusses des Stadtsenates über die Gewährung von Remunerationen aus Anlass von Dienstjubiläen keine Remuneration aus Anlass des 25jährigen Dienstjubiläums gebührt".
3. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das gemäß §4a Abs3 VGW-DRG zuständige Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 9. Juni 2017 als unbegründet ab. Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer erst nach dem 30. September 1999 in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zur Gemeinde Wien, und zwar am 1. Jänner 2010 als Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien, eingetreten sei und daher der Ziffer 2 litb der "Richtlinien für die Gewährung von Remunerationen aus Anlaß von Dienstjubiläen" des Wiener Stadtsenates unterfalle und ihm nach litb sublitbb noch drei Jahre als sonstige Zeiten anzurechnen gewesen seien. Mit der Feststellung des Stichtages für das Dienstjubiläum des Beschwerdeführers mit 1. Jänner 2007 habe die Behörde somit den rechtlichen Vorgaben entsprochen. Zu den geltend gemachten Bedenken hinsichtlich der Bestimmung der Ziffer 2 litb des Beschlusses des Wiener Stadtsenates im Hinblick auf Art21 Abs4 zweiter Satz B-VG und den in Art7 B-VG verankerten Gleichheitsgrundsatz verweist das Bundesverwaltungsgericht auf die Rechtsprechung des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes.
4. Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 27. September 2017, E2585/2017-8, gemäß Art139 Abs1 Z2 B-VG ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Ziffer 2 litb des Beschlusses des Wiener Stadtsenates über die Gewährung von Remunerationen aus Anlass von Dienstjubiläen, ABI. 5/1971 idF ABI. 39/2014, ein. Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes in diesem Beschluss gingen im Wesentlichen dahin, dass diese Bestimmung gegen Art21 Abs4 B-VG verstoße.
5. Mit Erkenntnis vom 1. März 2018, V109/2017-12 ua., hob der Verfassungsgerichtshof Ziffer 2 litb des Beschlusses des Wiener Stadtsenates über die Gewährung von Remunerationen aus Anlass von Dienstjubiläen, ABI. 5/1971 idF ABI. 39/2014, als gesetzwidrig auf.
6. Die – zulässige – Beschwerde ist begründet:
Das Bundesverwaltungsgericht hat eine gesetzwidrige Verordnungsbestimmung angewendet. Es ist nach der Lage des Falles offenkundig, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war. Der Beschwerdeführer wurde also durch das angefochtene Erkenntnis wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnungsbestimmung in seinen Rechten verletzt (zB VfSlg 10.303/1984, 10.515/1985; VfGH 12.10.2017, E1242/2016; 1.12.2017, E907/2017).
7. Das Erkenntnis ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.
8. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
9. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.
Schlagworte
VfGH / AnlassfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2018:E2585.2017Zuletzt aktualisiert am
19.03.2018