Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.
Hopf sowie die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner, Mag. Korn und Dr.
Stefula in der Rechtssache der klagenden Partei G***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Michael Rebasso, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei P***** m.b.H., *****, vertreten durch Hule Bachmayr-Heyda Nordberg Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 10. Oktober 2017, GZ 39 R 126/17v-103, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Parteien streiten, ob die Beklagte, welche Mieterin von Räumlichkeiten in dem (nunmehr) der Klägerin eigentümlichen Haus ist, für die Untervermietung dieser Räumlichkeiten einen unverhältnismäßigen Mietzins erzielt und damit der Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 4 Fall 2 MRG verwirklicht ist. Dies wurde vom Berufungsgericht verneint.
Es gelingt der Klägerin nicht, eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen, weshalb die außerordentliche Revision als unzulässig zurückzuweisen ist.
1. Die Klägerin hält das zweitinstanzliche Verfahren für mangelhaft und die rechtliche Beurteilung der Sache für unrichtig, weil das Berufungsgericht von einem anderen Prozentsatz als das Erstgericht ausgegangen sei. Dem vom Erstgericht ermittelten Prozentsatz kam aber keine Bindungswirkung als Tatsache zu. Das Berufungsgericht errechnete ausgehend von sich in den zugestanden echten und damit ohne weiteres verwertbaren (RIS-Justiz RS0121557) Beilagen ./A und ./C findenden Mietzinsen einen anderen Prozentsatz. Dass die Berechnung des Berufungsgerichts auf unlogischen Prämissen aufbauen würde, sodass aus diesem Grund eine Revision an den Obersten Gerichtshof zulässig wäre (vgl zur laesio enormis RIS-Justiz RS0108169), wurde in der außerordentlichen Revision nicht behauptet und ergibt sich auch nicht aus den Feststellungen.
2. Bei Beurteilung der Frage, ob eine unverhältnismäßig hohe Gegenleistung im Sinne des § 30 Abs 2 Z 4 Fall 2 MRG vorliegt, ist der Untermietzins den auf die untervermieteten Räume entfallenden Leistungen des Hauptmieters an den Hauseigentümer erbrachten Leistungen gegenüberzustellen (RIS-Justiz
RS0070593 [T1]). § 30 Abs 2 Z 4 MRG soll den Vermieter vor „übermäßigem Gewinnstreben“ bei der Verwertung des Bestandobjekts durch den Mieter schützen (7 Ob 171/97s; 9 Ob 88/03m; 5 Ob 136/06w; 5 Ob 222/08w [in Punkt 3.1.]). Durch die Vorschrift soll verhindert werden, dass der Hauptmieter unter Ausnützung des Mieterschutzes einen ihm nicht zustehenden Gewinn erzielt; der Hauptmieter soll keinen unbilligen Vorteil ziehen (RIS-Justiz
RS0070606). Ob eine unverhältnismäßig hohe Gegenleistung im Sinne des § 30 Abs 2 Z 4 Fall 2 MRG vorliegt, ist aufgrund der Umstände des Einzelfalls nach pflichtgemäßem
Ermessen zu beurteilen und daher grundsätzlich
nicht revisibel (
RIS-Justiz
RS0106983; RS0070593 [T4]). Nach ständiger Rechtsprechung ist bei einer Überschreitung des Hauptmietzinses durch den Untermietzins um 100 % oder mehr der Kündigungstatbestand jedenfalls erfüllt; darunter wird regelmäßig keine Übermäßigkeit angenommen (Kasuistik bei RIS-Justiz RS0068141). Die Verneinung hier bei 80 % durch das Berufungsgericht ist nach der Lage des Falls nicht unvertretbar.
3. Auf das Zusatzargument des Berufungsgerichts für die Klagsabweisung, es wäre hier für den Hauptmieter auch nicht deutlich erkennbar gewesen, dass er unter Umständen eine unverhältnismäßig hohe Gegenleistung verlangt, kam es nicht mehr an. Eine nicht tragende
Hilfsbegründung kann nicht zum Gegenstand eines außerordentlichen Rechtsmittels gemacht werden, weil sie für den Streitausgang nicht erheblich ist (RIS-Justiz RS0042736).
4. Die Klägerin vertritt schließlich die Ansicht, dass mit Blick auf die Novellierung des § 26 MRG durch das 3. WÄG (BGBl 1993/800), wonach der Untermietzins den vom Untervermieter zulässigerweise zu entrichtenden Hauptmietzins um nicht mehr als 50 % übersteigen darf, im Anwendungsbereich des § 30 Abs 2 Z 4 MRG die Unverhältnismäßigkeitsgrenze bereits bei 50 % anzusetzen sei. Nach ständiger Rechtsprechung ist aber die Frage, ob ein im Sinne des § 26 MRG überhöhter Untermietzins vereinbart wurde, von jener zu trennen, ob ein Kündigungsgrund wegen „unverhältnismäßig hoher Gegenleistung“ (§ 30 Abs 2 Z 4 MRG; früher § 19 Abs 2 Z 10 MG) verwirklicht wurde, zumal diesen Vorschriften unterschiedliche Regelungszwecke zugrunde liegen (7 Ob 171/97s; 6 Ob 222/16i; RIS-Justiz
RS0070593 [T5]). Die Rechtsprechung wird von einem Teil der Literatur kritisiert (Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht – MRG3 § 30 Rz 46), von einem anderen aber geteilt (Lovrek in GeKo Wohnrecht I § 30 MRG Rz 93). Die Ausführungen in der außerordentlichen Revision bieten keinen Anlass für ein Abgehen von der ständigen Rechtsprechung.
5. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
Textnummer
E120896European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0090OB00083.17X.0227.000Im RIS seit
16.03.2018Zuletzt aktualisiert am
25.10.2018