TE Lvwg Erkenntnis 2017/12/19 LVwG-AV-1195/001-2017

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Veröffentlicht am 19.12.2017
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Entscheidungsdatum

19.12.2017

Norm

FSG 1997 §7 Abs3 Z1
FSG 1997 §24 Abs1 Z1
FSG 1997 §24 Abs3
FSG 1997 §26 Abs2 Z4
StVO 1960 §99 Abs1a

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung durch Mag. Hollerer als Einzelrichter über die Beschwerde des Herrn JT, vertreten durch Kitzler & Wabra, Rechtsanwälte in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmünd vom 7.9.2017, Zl. GDS1-F-17 103/001, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung zu Recht erkannt und folgende Entscheidung verkündet:

1.   Der Beschwerde wird Folge gegeben und die Entziehungsdauer auf fünf Monate herabgesetzt. Die Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen AM, A1, A2, A, und B endet mit Ablauf des 23.12.2017.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG

§§ 7, 24, 26 Führerscheingesetz – FSG

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmünd vom 7.9.2017,
Zl. GDS1-F-17 103/001, wurde der Vorstellung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmünd vom 26.7.2017 keine Folge gegeben und die

Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen AM, A1, A2, A, B bis einschließlich 23.2.2017 (richtig wohl: 2018) entzogen. Als begleitende Maßnahme wurde eine Nachschulung angeordnet. Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde wurde ausgeschlossen.

In der dagegen eingebrachten Beschwerde wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer am 23.7.2017 den Pkw mit dem Kennzeichen *** auf der *** in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Entgegen der Ansicht der Behörde habe er jedoch keinen Verkehrsunfall mit Personenschaden verursacht. Zur Tatzeit sei die Lebensgefährtin in seinem Pkw mitgefahren und sei es im Zuge dieser Fahrt zu einem Streit gekommen. Die Lebensgefährtin habe ihm unvermutet in das Lenkrad gegriffen, wodurch der Pkw von der Fahrbahn abkam.

Die Herabsetzung der Entziehungsdauer auf vier Monate und der Entfall der Nachschulung wurden beantragt.

Am 13.12.2017 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Hiezu wurden der Beschwerdeführer und die belangte Behörde als Parteien und Herr GI K und Frau TZ als Zeugen geladen.

Der Beschwerdeführer hat ausgeführt, dass er am 23.7.2017 das Fahrzeug gelenkt habe. Während der Fahrt sei es zu einem Streit mit seiner Lebensgefährtin gekommen. Die Lebensgefährtin habe oberhalb seiner rechten Hand in das Lenkrad gegriffen und das Lenkrad nach unten gedreht. Er sei dadurch von der Fahrbahn abgekommen und mit dem Fahrzeug in den Straßengraben gefahren. Von anderen Fahrzeuglenkern sei die Rettung und die Polizei verständigt worden. Er habe mit den Beamten an der Unfallstelle noch gesprochen und einen Alkotest gemacht. Seine Lebensgefährtin sei seines Erachtens ziemlich verwirrt gewesen. Sie habe auch Alkohol getrunken und sei bei dem Verkehrsunfall auch verletzt worden. Er habe den Beamten gleich gesagt, dass ihm die Freundin in das Lenkrad gegriffen habe. Seine Lebensgefährtin sei dann von der Rettung ins Krankenhaus gebracht worden. Es habe keinen zweitbeteiligten Geschädigten gegeben. Im Verlauf des vorangegangenen Abends habe er einige Bier getrunken. Seine Freundin habe Sekt und einige Mischgetränke konsumiert. Die gerichtlichen Strafverfahren seien eingestellt worden.

GI K hat ausgeführt, dass er sich an die Amtshandlung noch erinnern könne. Sie seien zu dem Verkehrsunfall gerufen worden. Das Auto sei am Dach gelegen und der Kofferraum geöffnet gewesen. Eine verletzte Frau sei von der Rettung versorgt worden. Herr JT habe sich als Fahrzeuglenker ausgegeben. Es sei ein Alkotest gemacht worden, der positiv verlief. Er glaube, dass ihm gegenüber gesagt worden sei, dass die Beifahrerin oder Lebensgefährtin in das Lenkrad gegriffen habe. Normalerweise schreibe er die Unfallursache schon in die Berichterstattung an die Behörde. Er sei sich nicht mehr sicher, ob er die Angabe an Ort und Stelle gemacht habe, aber er glaube schon. Im Krankenhaus hätten sie auch Frau TZ angetroffen. Sie sei aufgrund des Alkoholkonsums aufgeregt und hysterisch gewesen. Er könne heute nicht mehr angeben, ob er Frau TZ gefragt habe, ob sie in das Lenkrad gegriffen habe oder nicht. Er wüsste nicht, ob sein Chef, der bei der Amtshandlung dabei war, die Angaben des Herrn JT an der Unfallstelle gehört habe. Im Spital habe er den Eindruck gehabt, dass Frau TZ gar nicht mitbekommen habe, was passiert sei.

Frau TZ hat angegeben, dass sie am Vorabend des 23.7.2017 auf einer Feier gewesen seien. Sie hätte verschiedene alkoholische Getränke konsumiert. Am Nachhauseweg sei es zu einem Streit gekommen. Sie habe wahrscheinlich weiter oben in das Lenkrad gegriffen, weil sie sonst nicht in den Graben gefahren wären. Sie habe das Lenkrad dann gedreht. Ob Herr JT beide Hände am Lenkrad hatte oder nicht, wüsste sie nicht mehr. An der Unfallstelle habe sie von der Anwesenheit der Polizei nichts bemerkt. Sie sei von der Polizei nicht befragt worden. Sie habe einen Wirbelbruch und eine Gehirnerschütterung erlitten.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat hierüber erwogen:

Gemäß § 7 Abs. 1 Führerscheingesetz (FSG) gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

Gemäß § 7 Abs. 3 Z 1 FSG gilt als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat.

Gemäß § 24 Abs. 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis Z 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1.   die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2.   die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken (verkürzt wiedergegeben).

Gemäß § 24 Abs. 3 kann die Behörde auch zusätzlich begleitende Maßnahmen (Nachschulung udgl.) anordnen. Sie hat wegen einer Übertretung gem. § 99 Abs. 1 oder 1a StVO eine Nachschulung anzuordnen (verkürzt wiedergegeben).

§ 26 Abs. 1 lautet:

Wird beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 begangen, so ist, wenn es sich nicht um einen Lenker eines Kraftfahrzeuges der Klasse C oder D handelt, die Lenkberechtigung für die Dauer von einem Monat zu entziehen (verkürzt wiedergegeben).

Wenn jedoch

1.   auch eine der in § 7 Abs. 3 Z 4 bis 6 genannten Übertretungen vorliegt oder

2.   der Lenker bei Begehung dieser Übertretung einen Verkehrsunfall verschuldet hat,

so hat die Entziehungsdauer mindestens drei Monate zu betragen.

Gemäß § 26 Abs.2 Z 4. FSG ist die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen, wenn beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1 a StVO 1960 begangen wird.

Nach der Anzeige der Polizeiinspektion *** hat Herr JT am 23.7.2017 um 04:20 Uhr den Pkw der Marke Audi mit dem Kennzeichen *** auf der *** bei km *** in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Aus unbekannter Ursache kam das Fahrzeug von der Fahrbahn ab und überschlug sich im angrenzenden Straßengraben. Das stark beschädigte Fahrzeug wurde von der Feuerwehr geborgen. Die im Fahrzeug befindliche Lebensgefährtin wurde bei dem Verkehrsunfall schwer verletzt. Die Untersuchung der Atemluft am 23.7.2017 um 04:34 Uhr und 04:35 Uhr ergab 0,72 mg/l und 0,75 mg/l Atemluftalkoholgehalt. Der Führerschein wurde an Ort und Stelle abgenommen.

Mit Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmünd vom 26.7.2017, Zl. GDS1-F-17103/001, wurde die Lenkberechtigung für Kraftfahrzeuge der Klassen AM, A1, A2, A, B bis einschließlich 23.2.2018 entzogen. Gleichzeitig wurde eine Nachschulung angeordnet.

Der dagegen erhobenen Vorstellung wurde mit dem nunmehr bekämpften Bescheid keine Folge gegeben.

Bei der niederschriftlichen Einvernahme am 25.7.2017 bei der Polizeiinspektion *** hat der Beschwerdeführer angegeben, dass er am 23.7.2017 den Pkw der Marke Audi A3 mit dem Kennzeichen *** vom südlichen Kreisverkehr in *** kommend in Richtung Kreuzung mit der *** gelenkt habe. Er sei mit einer Geschwindigkeit von ca. 70 bis 80 km/h gefahren. Am Beifahrersitz sei seine Freundin mitgefahren. Zwischen ihnen sei es während der Fahrt zu einem Streit gekommen. Die Freundin habe aus unerklärlichen Gründen in das Lenkrad gegriffen und seien sie in der Folge rechts von der Fahrbahn abgekommen. Dort habe sich sein Pkw überschlagen. Er habe nach dem Unfall durch die Heckklappe ins Freie klettern können. Seine Freundin TZ sei in das Krankenhaus *** eingeliefert worden, wo ein Bruch des Lendenwirbels festgestellt wurde. Er selbst habe bei dem Verkehrsunfall eine Stauchung des Daumengelenks an der rechten Hand erlitten. An seinem Fahrzeug sei Totalschaden entstanden. In der Zeit von 02:00 Uhr bis 03:30 Uhr habe er zwei Flaschen Bier getrunken.

Frau TZ wurde am 26.8.2017 in der Polizeiinspektion *** niederschriftlich einvernommen. Dabei hat sie angegeben, dass sie bis 02:00 Uhr bei einer Grillfeier gewesen seien. Dann hätten sie beschlossen noch auf ein Getränk ins „***“ in *** zu fahren. Auf der Heimfahrt sei es zwischen ihr und dem Lebensgefährten zu einem verbalen Streit gekommen. Im Zorn und auf Grund der Alkoholisierung hätte sie ihm in das Lenkrad gegriffen ohne sich über die Folgen bewusst zu sein. Der Pkw sei von der Fahrbahn abgekommen und habe sich im Straßengraben überschlagen. An die anschließende Zeit könne sie sich nicht erinnern. Sie sei mit der Rettung in das Landesklinikum *** eingeliefert worden. Bei ihr sei ein Bruch des Lendenwirbels, des Nasenbeines und eine Gehirnerschütterung festgestellt worden.

Wesentlicher Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer hat am 23.7.2017 gegen 04:20 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen *** auf der *** gelenkt. Er hat sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden. Die Untersuchung der Atemluft ergab um 04:34 Uhr einen Blutalkoholwert von 1,44 ‰. Bei km 91,380 kam es zu einem Verkehrsunfall mit Personen- und Sachschaden. Der Beschwerdeführer wurde leicht und die Beifahrerin schwer verletzt.

Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung:

Seitens des erkennenden Gerichtes wurde Einsicht in die Akte der belangten Behörde genommen. Es wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Der Beschwerdeführer wurde gehört und zwei Zeugen wurden befragt.

Die Lenkung des Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ist als erwiesen anzunehmen. Die Messung erfolgte mit einem geeichten Alkomaten. Die Alkoholisierung wurde vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten. Nach der zitierten Bestimmung des § 26 Abs. 1 Z 2. FSG erhöht sich die Entziehungsdauer der Lenkberechtigung um zwei Monate, wenn ein Verkehrsunfall verschuldet wird. Aus der Verantwortung des Beschwerdeführers und den Angaben der Zeugen im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung ist für das erkennende Gericht als erwiesen anzunehmen, dass der Beschwerdeführer nicht aus Eigenverschulden von der Fahrbahn abgekommen ist. Er hat sohin den Unfall mit Personen- und Sachschaden nicht verschuldet. Vielmehr hat die Beifahrerin im Zuge einer vorangegangenen verbalen Auseinandersetzung das Lenkrad ergriffen und kam durch eine ruckartige Lenkbewegung das Fahrzeug von der Fahrbahn ab und überschlug sich in weiterer Folge im Straßengraben.

Im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde seitens des Rechtsvertreters die Herabsetzung der Entziehungsdauer auf 5 Monate beantragt. Diesem Antrag wurde stattgegeben, zumal beim Beschwerdeführer eine erhebliche Alkoholisierung festgestellt wurde und diese nicht nur grenzwertig hinsichtlich der Mindestentziehungsdauer von vier Monaten war. Alkoholisierte Verkehrsteilnehmer stellen eine erhebliche Gefährdung für andere Verkehrsteilnehmer dar. Das Lenken eines Kraftfahrzeugs in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zählt zu den gröbsten verkehrspolizeilichen Verstößen.

Die Nachschulung ist bei einem derartigen Alkoholisierungsgrad gesetzlich vorgesehen, sodass diesem Antrag nicht zu entsprechen war.

Die Entscheidung wurde am Ende der Verhandlung verkündet.

Die ordentliche Revision war auszuschließen, weil sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der eine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zukommt.

Die Entscheidung weicht auch nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab.

Schlagworte

Kraftfahrrecht; Lenkberechtigung; Alkohol; Entziehungsdauer; Nachschulung; Verkehrszuverlässigkeit;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2017:LVwG.AV.1195.001.2017

Zuletzt aktualisiert am

28.02.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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