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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art133 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Tiefenböck, über die Revision des L M in D, vertreten durch die Dillersberger & Bronauer Rechtsanwaltsgemeinschaft in 6330 Kufstein, Maderspergerstraße 8, gegen das am 6. Juli 2017 mündlich verkündete und mit Datum vom 27. September 2017 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol, LVwG-2016/41/2844-12, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Kufstein), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein (belangte Behörde) vom 15. November 2016 wurde dem Revisionswerber vorgeworfen, er habe zumindest an drei näher bezeichneten Tagen selbständig, regelmäßig und in der Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, unbefugt das Gewerbe Gas- und Sanitärtechnik gemäß § 94 Z 25 der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) ausgeübt, indem er gegen Entgelt Prüfberichte in Bezug auf bädertechnische Überprüfung bei der Behörde eingebracht habe, ohne im Besitz der erforderlichen Gewerbeberechtigung zu sein. Über ihn wurde eine Geldstrafe in Höhe von EUR 600,- verhängt.
2 Für den Revisionswerber - so die belangte Behörde - scheine im (deutschen) Gewerberegister als gemeldete Tätigkeit lediglich "Einzelhandel mit chemischen und anderen nicht genehmigungspflichtigen Waren" auf. Die durch den Revisionswerber erfolgte Betreuung von Badewasseraufbereitungsanlagen (Service der Mess- und Regelanlage) sei einem reglementierten Gewerbe vorbehalten.
3 2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Tirol die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass nach der Wortfolge "bädertechnische Überprüfung" die Wortfolge " , in denen jeweils Maßnahmen beschrieben sind, die dem reglementierten Gewerbe ,Gas- und Sanitärtechnik' gemäß § 94 Z 25 GewO 1994 vorbehalten sind, (zB Installierung von Dosierstationen, Ausbau, Reinigung und Neukalibrierung von Elektroden, Ausbau der Injektionsstelle, Einsetzung neuer O-Ringe, etc.)" eingefügt werde. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für unzulässig erklärt.
4 Das Verwaltungsgericht verwies auf die Einholung einer Auskunft über den Berufsumfang und einer Stellungnahme (jeweils) der Wirtschaftskammer sowie auf die Durchführung zweier mündlicher Verhandlungen, in denen der Revisionswerber und der Zeuge Dr. N (Amtssachverständiger für Bädertechnik beim Amt der Tiroler Landesregierung) einvernommen worden seien. Weiters wurden die dem Straferkenntnis zugrunde gelegten bädertechnischen Überprüfungsberichte (betreffend drei näher bezeichnete Hotelbetriebe) im Volltext wiedergegeben. Der Revisionswerber habe nicht bestritten, die Überprüfungsberichte erstellt und den Großteil der darin genannten Wartungsarbeiten selbst durchgeführt zu haben. Die Maßnahmen enthielten auch Manipulationen an wasserführenden Leitungen. Die Gewinnspanne des Revisionswerbers zwischen Einkauf und Verkauf der gelieferten Chemikalien und Ersatzteile betrage rund 35 %.
5 Zum Beschwerdeargument, die genannten Arbeiten würden nicht unter das reglementierte Gewerbe Gas- und Sanitärtechnik fallen, verwies das Verwaltungsgericht auf die oben dargestellte Auskunft sowie die Stellungnahme der Wirtschaftskammer, der zufolge die fraglichen Tätigkeiten in den Vorbehaltsbereich des genannten reglementierten Gewerbes fielen. Dieser Rechtsansicht schloss sich das Verwaltungsgericht an, wobei es auf § 33 GewO 1994 hinwies, dem zufolge sich die Berechtigung zur Überprüfung von Anlagen aus der Berechtigung zu ihrer Herstellung ableite. Die vom Revisionswerber ins Treffen geführten Nebenrechte nach § 32 Abs. 1 GewO 1994 seien - so das Verwaltungsgericht mit näherer Begründung - nicht einschlägig. Vor diesem Hintergrund erachtete das Verwaltungsgericht die Einholung eines Amtssachverständigengutachtens als nicht erforderlich.
6 Zur Gewinnerzielungsabsicht führte das Verwaltungsgericht aus, unter Ertrag bzw. wirtschaftlichem Vorteil sei jede positive wirtschaftliche Wirkung (wie etwa die Festigung von Geschäftsbeziehungen) zu verstehen. Den Ausführungen des Revisionswerbers sei zu entnehmen, dass er mit der Erstellung der bädertechnischen Überprüfungsberichte und den darin beschriebenen Tätigkeiten Vorteile gegenüber seinen Mitbewerbern erziele, weil er so das Vertrauen seiner Kunden gewinne und dadurch der Absatz der von ihm gehandelten Waren - und der daraus resultierende Gewinn - ermöglicht werde. Ausgehend davon sei die zeugenschaftliche Einvernahme der näher bezeichneten Hotelbetreiber zum Beweisthema, es werde konkret für die Überprüfungsberichte kein Entgelt verrechnet, nicht erforderlich gewesen.
7 Abschließend folgten Ausführungen zur subjektiven Tatseite und zur Strafbemessung.
8 3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
9 4. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
12 5.1. Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, das Verwaltungsgericht hätte seinen Anträgen auf Einholung eines Amtssachverständigengutachtens sowie auf Einvernahme der Zeugen stattgeben müssen.
13 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass die Frage, ob eine Beweisaufnahme notwendig ist, der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes unterliegt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. etwa VwGH 8.1.2015, Ra 2014/08/0064, mwH auf die Rechtsprechung des OGH, sowie 28.6.2017, Ra 2017/02/0038).
14 Das Verwaltungsgericht hat seiner Auffassung über die Zuordnung der hier fraglichen Arbeiten zu den dem reglementierten Gewerbe Gas- und Sanitärtechnik vorbehaltenen Tätigkeiten insbesondere die Regelung des § 33 Abs. 1 GewO 1994 über die Berechtigung zur Prüfung und Überwachung von Anlagen sowie eine Auskunft der Wirtschaftskammer (die inhaltlich dem Anhang zu der auf § 22 Abs. 4 GewO 1994 gestützten Gas- und Sanitärtechnik-Befähigungsprüfungsordnung der zuständigen Bundesinnung entspricht) zugrunde gelegt. Zudem wurde zu den hier konkret gegenständlichen Arbeiten eine gutachterliche Stellungnahme der Bundesinnung der Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker eingeholt und ein Amtssachverständiger für Bädertechnik einvernommen. Dass ausgehend davon die Einholung eines Amtssachverständigengutachtens vorliegend als nicht mehr notwendig angesehen wurde, kann nicht als unvertretbar oder als krasse Fehlbeurteilung angesehen werden.
15 Gleiches gilt für die vom Revisionswerber beantragte Einvernahme dreier Hotelbetreiber, zumal das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung ohnehin nicht zugrunde gelegt hat, dass der Revisionswerber konkret für die Überprüfungsberichte ein gesondertes Entgelt von diesen erhalten habe, sondern die Ertragsabsicht aus den damit einhergehenden sonstigen wirtschaftlich positiven Effekten (Kundenbindung) abgeleitet hat.
16 Der Revisionswerber erblickt einen groben Verfahrensmangel darin, dass über seine Beweisanträge nicht formal abgesprochen worden sei. Dem ist - abgesehen davon, dass eine Relevanz des damit behaupteten Verfahrensfehlers nicht dargetan wird (vgl. diesbezüglich VwGH 18.8.2017, Ro 2015/04/0006) - entgegenzuhalten, dass sich das Verwaltungsgericht über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge zwar nicht ohne Ermittlungen und Begründung hinwegsetzen darf (siehe VwGH 23.6.2017, Ra 2016/08/0141), vorliegend aber die Gründe, aus denen diese Beweisanträge in den beiden Verhandlungen jeweils abgelehnt worden sind, im angefochtenen Erkenntnis ohnehin dargelegt wurden.
17 5.2. Der Revisionswerber bringt schließlich vor, es sei ihm - aktenwidrig - vorgeworfen worden, die Prüfberichte "gegen Entgelt" eingebracht zu haben. Eine Bezahlung von Entgelt (für diese Tätigkeiten) habe das Beweisverfahren nicht ergeben, das Verwaltungsgericht habe auch nur damit argumentiert, dass ein wirtschaftlicher Vorteil vorgelegen habe.
18 Es ist zunächst nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht die Ertragsabsicht darin begründet sah, dass nach den Ausführungen des Revisionswerbers die Erstellung der Prüfberichte der Festigung der Beziehungen zu seinen Kunden und der Förderung des Absatzes der von ihm gehandelten Waren diente (vgl. VwGH 9.9.2015, Ra 2015/03/0031, 31.5.2012, 2010/06/0207). Dem Verwaltungsgericht kann auch nicht entgegengetreten werden, wenn es das Fehlen einer gesonderten Entgeltverrechnung speziell für die Berichterstellung als unschädlich angesehen hat (vgl. VwGH 15.12.2014, 2013/04/0070, in dem der Verwaltungsgerichtshof auf die Ertragserzielungsabsicht einer Tätigkeit insgesamt abgestellt hat). Da sich der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses klar entnehmen lässt, dass das Verwaltungsgericht die Tätigkeit insgesamt (unter Berücksichtigung des Verkaufs der Chemikalien und der Ersatzteile) als entgeltlich angesehen und hinsichtlich der Prüfberichte aus den oben dargestellten Gründen die Ertragsabsicht bejaht hat, vermag der Revisionswerber auch keine Aktenwidrigkeit aufzuzeigen.
19 Dass das Verwaltungsgericht (wie die belangte Behörde) bei der Umschreibung der vorgeworfenen Tat neben der Ertragsabsicht auf die Ausübung des Gewerbes "gegen Entgelt" abgestellt hat, mag überschießend sein. Dem angefochtenen Erkenntnis lässt sich aber nicht entnehmen (und dies wird auch in der Revision nicht dargelegt), dass der Revisionswerber dadurch nicht in der Lage gewesen wäre, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten bzw. seine Verteidigungsrechte wahrzunehmen (siehe diesbezüglich VwGH 13.9.2016, Ra 2016/03/0048, mwN). Es wird daher mit dem diesbezüglichen Vorbringen auch kein Verstoß gegen die Anforderungen an eine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2 VStG) oder an die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat (§ 44a Z 1 VStG) aufgezeigt.
20 6. In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
21 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 29. Jänner 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017040127.L00Im RIS seit
27.02.2018Zuletzt aktualisiert am
08.03.2018