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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art133 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision der Ing. A P in N, vertreten durch Dr. Peter Kammerlander, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kalchberggasse 12, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 13. Juli 2015, LVwG 46.34- 5887/2014-2, betreffend wasserpolizeilicher Auftrag (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Murau), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin ist Alleineigentümerin mehrerer land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundstücke. Mit dem im zweiten Rechtsgang erlassenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Murau (BH) vom 30. Oktober 2014 wurde die Revisionswerberin gemäß den §§ 32 und 138 Abs. 2 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) verpflichtet,
a) die bisherige Koppelhaltung von landwirtschaftlichen Nutztieren (z.B. Rinder, Ziegen, etc.) auf dem Grundstück Nr. 4/2 der KG K. entweder derart einzurichten, dass die im Offenlaufstall auf dem Grundstück Nr. .3 der KG K. gehaltenen Tiere jeweils bei Verlassen des Stallgebäudes ohne Aufschub über das Grundstück Nr. 4/2 auf das Grundstück Nr. 9 der KG K.
getrieben werden und der weitere Aufenthalt der Tiere auf dem Grundstück Nr. 4/2 der KG K. durch Einrichtung einer Sperrvorrichtung (z.B. Gatter, Zaun, etc.) zwischen den Grundstücken Nr. 4/2 und Nr. 9 ausgeschlossen wird, sodass das Grundstück Nr. 4/2 tatsächlich nur als Triebkorridor dient, den Tieren aber nicht zum sonstigen Aufenthalt im Freien zur Verfügung steht oder
b) um die wasserrechtliche Bewilligung der Koppelhaltung von landwirtschaftlichen Nutztieren (z.B. Rinder, Ziegen, etc.) auf dem Grundstück Nr. 4/2 unter Anschluss der erforderlichen Unterlagen (erstellt von Fachkundigen auf dem Gebiet der Wasserbautechnik, Hydrogeologie und Landwirtschaft) bei der BH einzukommen (Anmerkung: Hervorhebungen auch im Original).
2 Die von der Revisionswerberin gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark (LVwG) vom 13. Juli 2015 - unter gleichzeitiger Setzung einer neuen Frist für die Erfüllung des wasserpolizeilichen Auftrages - als unbegründet abgewiesen. Ferner wurde eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen dieses Erkenntnis für unzulässig erklärt.
3 In seinen Erwägungen hielt das LVwG unter anderem fest, die von der BH beigezogenen Amtssachverständigen für Hydrogeologie und Wasserbautechnik hätten schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass durch die praktizierte landwirtschaftliche Koppelhaltung, insbesondere durch die Verletzung der Grasnarbe (Vertrittschäden) auf Grundstück Nr. 4/2, verunreinigte Wässer in den Untergrund versickerten und dadurch das Grundwasser verunreinigt werde. Damit sei im Sinn des § 32 Abs. 1 WRG 1959 der Beweis des Gegenteils, nämlich dass (auch) durch die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung eine nicht bloß geringfügige Einwirkung verursacht werde, gelungen. Die Revisionswerberin irre in der Annahme, es müsse der Beweis der nicht ordnungsgemäßen land- und forstwirtschaftlichen Bodennutzung erbracht werden. "Der Beweis des Gegenteils" beziehe sich hier auf die Einwirkung (Art der Einwirkung) und nicht auf die Ordnungsmäßigkeit. Wäre die land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung nämlich nicht ordnungsgemäß, würde das Privileg des § 32 Abs. 1 letzter Satz WRG 1959 von vornherein gar nicht zum Tragen kommen. Insofern sei es auch irrelevant, dass der beigezogene agrartechnische Amtssachverständige eine ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung attestiere.
4 Dem Vorbringen der Revisionswerberin, die Grasnarbe auf Grundstück Nr. 4/2 sei nur im kleinen Ausmaß beschädigt, stünden die Ausführungen des agrartechnischen Amtssachverständigen entgegen, wonach durch den Betrieb des Offenlaufstalles die Grasnarbe nahezu völlig zerstört sei und eine Möglichkeit zur Regeneration auch gar nicht gegeben sei.
5 Das Beschwerdevorbringen, dass die Wasserversorgungsanlage der Grundnachbarn H. bewilligungspflichtig wäre und hier ein Beurteilung erforderlich sei, ob diese Anlage gemäß § 9 Abs. 2 oder § 10 Abs. 2 WRG 1959 zu bewilligen sei, erweise sich als irrrelevant, weil die Verletzung von Rechten Dritter nicht Grundlage des wasserpolizeilichen Auftrages sei; dies schon allein aus dem Grund, weil das Kriterium der "Geringfügigkeit" im Sinne des § 32 Abs. 1 in Verbindung mit § 12 Abs. 1 WRG 1959 nichts mit einer (unzulässigen) Verletzung von Rechten Dritter zu tun habe.
Hier gebe es nämlich keine Geringfügigkeitsgrenze. (Anmerkung:
Nach den bereits im erstinstanzlichen Bescheid getroffenen Feststellungen und den Ausführungen der Revisionswerberin befindet sich die genannte Wasserversorgungsanlage der Nachbarn H. auf dem
6 Grundstück Nr. 4/1 der Revisionswerberin.)
7 Die BH habe sich bei Erlassung der Anordnungen ausschließlich auf § 32 WRG 1959 und die Beeinträchtigung der Beschaffenheit der Wässer bzw. deren Reinhaltung (nämlich des Grundwassers) gestützt. Insofern sei auch dem Beschwerdebegehren, einen Ortsaugenschein unter Beiziehung eines Sachverständigen für den Fachbereich Brunnenbau durchzuführen, nicht stattzugeben gewesen. Für das Beschwerdeverfahren sei es irrelevant, ob das Brunnenbauwerk ordnungsgemäß errichtet worden sei bzw. ob allenfalls eine Verunreinigung durch die Anlage selbst auch erfolgen könne. Auch sei es für die gegenständlich zu beantwortende Frage unerheblich, ob die Verunreinigung des Grundwassers durch Versickerung oder durch oberflächliches Abrinnen erfolge. Es sei durch den hydrogeologischen und den wasserbautechnischen Amtssachverständigen hinreichend festgestellt worden, dass durch die erfolgte Koppelhaltung mit Einwirkungen auf das Grundwasser zu rechnen sei. Ob die Verschmutzung dabei durch Versickerung oder durch oberflächliches Abrinnen erfolge, sei rechtlich nicht erheblich.
8 Die BH habe demnach zu Recht unter Anwendung des gelindesten Mittels die Revisionswerberin verpflichtet, einen Triebkorridor herzustellen, um den Aufenthalt der Tiere auf dem Grundstück Nr. 4/2 auszuschließen, oder um die wasserrechtliche Bewilligung der Koppelhaltung von landwirtschaftlichen Nutztieren auf dem Grundstück Nr. 4/2 einzukommen.
9 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
10 Die BH beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung die kostenpflichtige Zurückweisung, in eventu Abweisung der Revision.
11 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
13 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
14 Den umfangreichen, von der Beschreibung des dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde gelegten Sachverhaltes unterbrochenen Ausführungen der Revisionswerberin zur Zulässigkeit der Revision kann das Vorbringen entnommen werden, es bestehe "hinsichtlich der Koppelhaltung", die die übliche und für eine gute Nutzung von Weideflächen erforderliche Art der Rinderhaltung sei, "keine anwendbare Rechtsprechung" und es stelle jede Einschränkung einen schweren Eingriff in die landwirtschaftliche Bewirtschaftung dar. Auch fehle es an Rechtsprechung "hinsichtlich der Frage des Zustandes der Wiesenflächen und der Beeinträchtigung der Reinigungswirkung". In dem im ersten Rechtsgang erlassenen, die Angelegenheit an die erstinstanzliche Behörde zurückverweisenden Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 12. November 2013 sei ausgeführt worden, dass bei ordnungsgemäßer land- und forstwirtschaftlicher Nutzung nachteilige Einwirkungen auf das Grundwasser gemäß § 32 Abs. 2 lit. c WRG 1959 bewiesen und nicht erwartet werden müssten. Es entspreche - so die Revisionswerberin weiter - keineswegs der im Bescheid des Landeshauptmannes dargelegten Rechtslage und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass bei einer ordnungsgemäßen land- und forstwirtschaftlichen Wiesennutzung durch Viehhaltung schon die vermutete Möglichkeit einer Verunreinigung von Grundwasser oder zutage getretenem Quellwasser ausreiche, um eine Bewilligungspflicht auszulösen. Dabei sei zu beachten, dass die Gefahr einer Einwirkung auf Grundwasser vom hydrogeologischen Amtssachverständigen und "der belangten Behörde" nur in jenem Bereich des Grundstück Nr. 4/2 gesehen werde, in dem die Grasnarbe nahezu völlig zerstört sei. Dies sei aber nur ein kleiner Teil der Gesamtfläche des Grundstücks Nr. 4/2. Ein Bewilligungserfordernis könne daher jedenfalls keine andere Fläche betreffen als jene, von der tatsächlich, infolge der völligen Zerstörung der Grasnarbe, eine Beeinträchtigung eines Wasserbereiches ausgehen könnte. Für den weit überwiegenden Teil des Grundstücks Nr. 4/2 könne nicht einmal die Vermutung einer Beeinträchtigung des Grundwassers und schon gar nicht die Annahme einer Beeinträchtigung gegeben sein.
15 Ferner habe keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes "gefunden" werden können, durch welche festgestellt werde, dass die Hofflächen hinsichtlich der Nutzung (insbesondere im Zusammenhang mit den Stallgebäuden) einer Bewilligungspflicht unterlägen. "Die Behörde" habe grundsätzlich nicht zwischen der Grundwasserbeeinträchtigung durch das örtliche Versickern und jener durch das Eindringen von Oberflächenwässern in die Wasserversorgungsanlage unterschieden. Der Schädigungsbereich der Grasnarbe bestehe nur auf einem kleinen Teil des Grundstückes Nr. 4/2. Dieser liege so weit in Richtung Stall von der Wasserversorgungsanlage des Grundstücks Nr. 4/1 entfernt, dass eine Beeinflussung über den Grundwasserstrom nicht nachvollziehbar sei. Es bedürfe einer klaren Regelung durch den Verwaltungsgerichtshof, "dass der gegebene Zustand der üblichen Nutzung entspräche und daher eine Bewilligungspflicht sowie Vorschreibung von Benützungsregeln durch die Wasserrechtsbehörde nicht erforderlich sei." Ein Zwang der Beurteilung im Sinne des Ausspruches der Behörde "würde bedeuten, dass jede Koppelhaltung von Rindern oder eine Dungkonzentration (auch auf den Almen) mit einem erhöhten Vertritt einer Bewilligung bedürfte. Mit Rücksicht auf die besondere Auswirkung auf die landesübliche Landwirtschaft bedürfe diese Frage einer Klarstellung durch die Rechtsprechung, die bisher noch nicht gegeben sei. Ebenso bedürfe es einer Abklärung durch Rechtsprechung hinsichtlich der Behandlung der Hofflächen eines Landwirtschaftsbetriebes, die mehr oder minder zwingend als Hofbereich einem sehr starken Vertritt ausgesetzt seien, sodass keine Regeneration der Grasnarbe möglich sei. Es mangle an Rechtsprechung hinsichtlich derartiger Flächen betreffend die Nutzungszulässigkeit und eine allfällige Versiegelung mit Einbindung in ein Güllegrubensystem.
16 Damit wird keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt. Weder fehlt es für die Beurteilung des gegenständlichen Falles an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch ist das LVwG von dieser Rechtsprechung abgewichen.
17 Nach dem Abs. 1 des § 32 WRG 1959, BGBl. Nr. 215/1959 in der Fassung BGBl. I Nr. 14/2011, sind Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 3) beeinträchtigen, nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (Abs. 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.
Gemäß § 32 Abs. 2 lit. c WRG 1959 bedürfen nach Maßgabe des Abs. 1 einer Bewilligung insbesondere Maßnahmen, die zur Folge haben, dass durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird.
Nach § 32 Abs. 7 WRG 1959 gilt die land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung als ordnungsgemäß (Abs. 1), wenn sie unter Einhaltung der bezughabenden Rechtsvorschriften, insbesondere betreffend Chemikalien, Pflanzenschutz- und Düngemittel, Klärschlamm, Bodenschutz und Waldbehandlung, sowie besonderer wasserrechtlicher Anordnungen erfolgt.
18 Die Bewilligungspflicht nach § 32 WRG 1959 ist immer dann gegeben, wenn nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit nachteiligen Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer zu rechnen ist. Ist dies der Fall, so besteht Bewilligungspflicht nach § 32 WRG 1959, gleichgültig, ob diese land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung ordnungsgemäß ist oder nicht. Ebenso ist der Eintritt einer Gewässerverunreinigung für die Bewilligungspflicht irrelevant (vgl. VwGH 23.11.2000, 98/07/0173, mwN; vgl. ferner
19 VwGH 15.12.1992, 91/07/0168).
20 Vor diesem Hintergrund bedarf es entgegen dem Vorbringen der Revisionswerberin keiner spezifischen Rechtsprechung zur "Koppelhaltung" oder zur "Nutzung von Hofflächen". Vielmehr kommt es - wie dargelegt - für die Beurteilung des Vorliegens einer Bewilligungspflicht nach § 32 WRG 1959 darauf an, ob nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit nachteiligen Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer zu rechnen ist. Dass der Landeshauptmann in der zurückverweisenden Berufungsentscheidung vom 12. November 2013 ausgeführt habe, bei ordnungsgemäßer land- und forstwirtschaftlicher Nutzung müssten nachteilige Einwirkungen auf das Grundwasser gemäß § 32 Abs. 2 lit. c WRG 1959 "bewiesen" werden (woraus die Revisionswerberin offensichtlich eine entsprechende Bindungswirkung für das weitere Verfahren ableitet), ändert daran nichts, weil das Kriterium "Beweis des Gegenteils" im Zusammenhang mit dem Grad der (bloß geringfügigen) Einwirkung einer land- und forstwirtschaftlichen Bodennutzung auf Gewässer bereits im Gesetz (vgl. § 32 Abs. 1 WRG 1959) verankert ist und die zitierte Rechtsprechung zu eben dieser Bestimmung ergangen ist.
21 Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. VwGH 30.5.2017, Ra 2017/07/0039, mwN).
22 Eine derartige unvertretbare Beweiswürdigung ist dem LVwG, das sich auf die bereits im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Fachgutachten aus den Bereichen Hydrogeologie, Wasserbautechnik und Agrartechnik weder im Zusammenhang mit der Frage der Bewilligungspflicht der praktizierten landwirtschaftlichen Koppelhaltung auf Grundstück Nr. 4/2 noch im Zusammenhang mit der Bestätigung des Spruchteiles a) des erstinstanzlichen Alternativauftrages vorzuwerfen.
23 Gemäß dem letztgenannten Spruchteil nahm das LVwG eine Bewilligungsfreiheit der Koppelhaltung (nur) für den Fall an, dass das Grundstück Nr. 4/2 - wie dort näher beschrieben - lediglich als Triebkorridor, nicht jedoch dem sonstigen Aufenthalt der Tiere dient. Dies entsprach der vom agrartechnischen Amtssachverständigen vorgeschlagenen Bewirtschaftungsweise und begegnet auch vor dem Hintergrund der fachkundigen Ausführungen des hydrogeologischen Amtssachverständigen keinen Bedenken. Dieser hatte - Bezug nehmend auf die konkreten örtlichen Verhältnisse - unter anderem dargelegt, dass eine Versickerung von Wässern im Bereich der Viehweide auf Grundstück Nr. 4/2 möglich sei, eine besondere Schutzfunktion des Oberbodens ohne intakte Grasnarbe nicht zu erwarten sei und es insbesondere bei stärkerem Dunganfall nach dem natürlichen Lauf der Dinge zu einer nachteiligen Einwirkung auf die Beschaffenheit von Gewässern kommen könne.
24 Gleichzeitig durfte das LVwG im vorliegenden Fall auf dem Boden der von der BH eingeholten Fachgutachten von der wasserrechtlichen Bewilligungspflicht der Koppelhaltung in der bisher geübten Form ausgehen (vgl. Spruchteil b) des erstinstanzlichen Bescheides). Dies bedeutet nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes lediglich, dass nach einer "Grobprüfung" (vgl. VwGH 30.9.2010, 2009/07/0178) die zukünftige Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung nicht ausgeschlossen erscheint. Im Falle der Antragstellung werden im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren die erforderlichen Auflagen und insbesondere auch allfällige notwendige räumliche Einschränkungen der Koppelhaltung auf dem Grundstück Nr. 4/2 festzulegen sein.
25 Mit dem Vorbringen der Revisionswerberin, nur auf einem kleinen Teil des Grundstücks Nr. 4/2 sei die Grasnarbe nahezu völlig zerstört, wird nach dem Vorgesagten nicht aufgezeigt, dass das LVwG von der zu § 32 WRG 1959 ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre.
26 Das weitere Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung der Revision, in dem auf eine Gefahr einer Wasserverunreinigung im Bereich der "Wasserfassungsanlage H." Bezug genommen wird, ist für die vorliegende Entscheidung nicht von Relevanz. Zwar war nach der Aktenlage die von Familie H. geltend gemachte Verunreinigung des Wassers im Bereich des Brunnenbauwerks Anlass für behördliche Ermittlungen. Wie das LVwG jedoch zutreffend festhielt, stützt sich der in Rede stehende wasserpolizeiliche Auftrag nicht auf die Verletzung von Rechten Dritter, sondern auf die wasserrechtliche Bewilligungspflicht der Koppelhaltung nach § 32 WRG 1959 wegen zu erwartender Einwirkungen auf das Grundwasser.
27 Die Revisionswerberin bemängelt schließlich in der Zulässigkeitsbegründung der Revision das Unterbleiben der (von ihr beantragten) mündlichen Verhandlung vor dem LVwG.
28 Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht nur dann ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und dem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Europäischen Grundrechtecharta entgegenstehen.
29 Nach der hg. Rechtsprechung lassen die Akten im Sinn des § 24 Abs. 4 VwGVG erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, wenn von vornherein absehbar ist, dass die mündliche Erörterung nichts zur Ermittlung der materiellen Wahrheit beitragen kann, wenn also die Voraussetzungen hinsichtlich der Klärung des Sachverhaltes gegeben sind und auch keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, für die eine Erörterung in einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erforderlich wäre. Bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem Verwaltungsgericht ist eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. VwGH 30.3.2017, Ra 2015/07/0108 mwN).
30 Das LVwG begründete im angefochtenen Erkenntnis den Entfall der mündlichen Verhandlung damit, dass Sachverhaltsergänzungen oder ergänzende fachliche Beurteilungen nicht erforderlich gewesen seien. Die von der Revisionswerberin vorgebrachten Beschwerdegründe bzw. die zu klärende Frage seien ausschließlich rechtlich zu beurteilen gewesen.
31 Dem tritt die Revisionswerberin in der Zulässigkeitsbegründung mit dem Vorbringen entgegen, das LVwG lasse "die bestehenden Widersprüche und unrichtigen Tatsachenannahmen" außer Betracht. Unrichtig gehe das LVwG davon aus, es sei nicht zu unterscheiden, ob eine Verunreinigung durch Einsickerung in das Grundwasser oder durch das Eindringen in das Brunnenbauwerk infolge von Undichtheiten desselben erfolgt sei. Weiters habe das LVwG keine Beurteilung des Brunnenbauwerks durch einen Sachverständigen für Brunnenbau vorgenommen. Für die Feststellung des Bestehens eines Brunnens wäre die Prüfung der Wasserfassung in der Tiefe des Hanges erforderlich gewesen. Um die Qualität des dem Brunnen zufließenden Wassers (Grundwassers) zu prüfen, hätte es der Beprobung des Wasserzuflusses an den Zuleitungsrohren bedurft. Auch die ordnungsgemäße Herstellung und Dichte des Bauwerkes habe "die Behörde" zu prüfen gehabt.
32 Mit diesem Vorbringen wird jedoch die Begründung des LVwG für den Entfall der mündlichen Verhandlung nicht entkräftet, zumal - wie bereits dargelegt - der Brunnen und dessen Zustand sowie der Wasserzufluss zu diesem Brunnen nicht entscheidend für die Erlassung des wasserpolizeilichen Auftrages waren.
33 Der entscheidungswesentliche Sachverhalt war (und blieb) im vorliegenden Fall derjenige, der im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der vor dem LVwG belangten Behörde vorlag. Aus dem Blickwinkel des LVwG war der entscheidungswesentliche Sachverhalt vollständig erhoben (vgl. dazu auch VwGH 26.11.2015, Ra 2015/07/0118). Ferner ist weder erkennbar noch wird dies in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nachvollziehbar behauptet, dass in der Beschwerde Rechtsfragen aufgeworfen worden wären, deren Erörterung in einer mündlichen Verhandlung vor dem LVwG erforderlich gewesen wäre. Das im Zusammenhang mit der Kritik am Entfall der mündlichen Verhandlung erstattete Vorbringen, eine konkrete und akute Gefahr einer Beeinträchtigung des Grundwassers sei weder aus dem Gutachten noch den Wasserbeprobungen abzuleiten, berührt wiederum die - wie dargelegt - nicht zu beanstandende Beweiswürdigung des LVwG.
34 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
35 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am 14. Dezember 2017
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2015070126.L00Im RIS seit
12.01.2018Zuletzt aktualisiert am
09.02.2018