TE Bvwg Erkenntnis 2017/11/17 I413 1421777-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.11.2017
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Entscheidungsdatum

17.11.2017

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs2 Z1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1a

Spruch

I413 1421777-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. ALGERIEN, vertreten durch: DIAKONIE FLÜCHTLINGSDIENST gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings - und MigrantInnenbetreuung GmbH p.A. ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe gegen den Bescheid des BFA RD Kärnten Außenstelle XXXX vom 05.10.2017, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte erstmals am 27.09.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er mit wirtschaftlichen Gründen begründete. Dieser Antrag wurde vom Bundesasylamt mit Bescheid vom 29.09.2011, Zl. XXXX, abgewiesen wurde. Die Beschwerde gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 02.02.2012, Zl B6 412.777-1/2011/12E, rechtkräftig abgewiesen.

2. Am 11.08.2015 stellte der Beschwerdeführer einen Folgeantrag auf internationalen Schutz, den er damit begründete, in Österreich bleiben und arbeiten zu wollen. Er habe beim Erstantrag nicht gesagt, dass er in Algerien wo er wohnte in seine Nachbarin verliebt gewesen sei. Deren Eltern hätten gedacht, dass er bereits mit ihrer Tochter geschlafen habe und das sei in Algerien vor der Hochzeit nicht erlaubt, weshalb ihn deren Brüder umbringen wollten. Er sei deshalb aus Algerien geflüchtet. Im Falle der Rückkehr glaube er, dass ihn die Familie seiner Nachbarin umbringe.

2. Mit dem Bescheid vom 05.10.2017, Zl. XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Algerien (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt III.). Zugleich erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt IV.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht (Spruchpunkt V.). Ferner wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 03.11.2017 (bei der belangten Behörde eingelangt am selben Tag).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos, Staatsangehöriger von Algerien und bekennt sich zum moslemischen Glauben. Er gehört der Volksgruppe der Berber an. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer reiste legal mit gültigem Reisedokument aus Algerien in die Türkei aus und gelangte schlepperunterstützt über Griechenland nach Österreich. Er hält sich seit (mindestens) 27.09.2011 in Österreich auf.

Die Familie des Beschwerdeführers lebt in Algerien. In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.

Der Beschwerdeführer besuchte sieben Jahre lang die Grundschule und arbeitete anschließend als Maler. Aufgrund seiner Arbeitserfahrung in Algerien hat er eine Chance auch hinkünftig im algerischen Arbeitsmarkt unterzukommen.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich vorbestraft. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 21.12.2011, XXXX, wurde der Beschwerdeführer gemeinsam mit XXXX als Mittäter wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstals nach §§ 127, 130 erster Fall StGB, des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB und des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, hiervon 8 Monate bedingt nachgesehen, verurteilt, weil er in bewussten und gewollten Zusammenwirken mit XXXX eine Geldbörse mit Bargeld im Wert von EUR 95,00 gestohlen und Urkunden (Dienstausweis, E-Card) sowie eine Kreditkarte und eine Bankomatkarte unterdrückt hatten. Im Rahmen der Strafbemessung wertete das Gericht die Unbescholtenheit und die teilweise Schadensgutmachung als mildernd, als erschwerend das Zusammentreffen von einem Verbrechen und zwei Vergehen. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 20.07.2012, XXXX, wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, in Wien am 07.07.2012 vorschriftswidrig Suchtgift (Marihuana im Wert von EUR 20,--) gewerbsmäßig an im Urteil näher genannte Personen überlassen versucht zu haben und an unbekannte Suchtgiftabnehmer 18,1 gr Marihuana zum Verkauf bereit hielt und wurde wegen des Vergehens des teils versuchten, teils vollendeten unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach den §§ 27 Abs 1 Z 1 8. Fall und Abs 3 SMG, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, sechs Monate hiervon bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren nachgesehen, verurteilt. Im Rahmen der Strafzumessung wertete das Gericht das umfassende und reumütige Geständnis, die teilweise Sicherstellung und den Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, als mildernd, als erschwerend wertete es die Vorstrafen und den raschen Rückfall während offener Probezeit. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 06.03.2013, XXXX</nichtanonym><anonym>XXXX</anonym></person>, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des teilweise vollendeten, teilweise versuchten unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs 1 Z 1 8. Fall und Abs 3 SMG, § 15 StGB, des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 1. und 2. Fall und Abs 2 SMG sowie des Vergehens des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 1. Fall StGB zu einer elfmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt, weil er gewerbsmäßig Cannabiskraut mit dem Wirkstoff Delta-9-Tetrahydrocannabinolin in durchschnittlicher Straßenqualität um EUR 10,--/Baggy mit 1.3 gr butto und insgesamt ca 18 Baggies mit insgesamt ca 18 gr brutto gewerbsmäßig Amir BADIC durch gewinnbringenden Verkauf überlassen hatte und an unbekannte Suchgiftabnehmer bereit hielt und 16 Baggies mit insgesamt 32,9 zum Verkauf an unbekannte Suchtgiftabnehmer bereithielt und zum ausschließlichen persönlichen Gebrauch erworben und besessen hat und weil er Insp. XXXX, als er im Begriff stand, ihn festzunehmen, durch Schläge gegen dessen Hände und Oberkörper, Faustschläge gegen dessen Schulter- und Armbereich, Fußtritte in Richtung dessen Oberkörper und Faustschläge in Richtung dessen Kopfbereich versetzte. Als strafmildernd qualifizierte das Gericht das teilweise Geständnis und den Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, als erschwerend die zwei einschlägigen Vorstrafen, die Tatwiederholung, der rasche Rückfall und das Zusammentreffen mehrerer Vergehen. Zuletzt wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 17.07.2014, XXXX, wegen des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 5 StGB, weil er die Abdeckung einer in der Anhaltezelle der PI XXXXmontierte Notglocke herabriss und dabei das Glockensystem selbst so beschädigte, dass es funktionsuntüchtig wurde, wobei ein Schaden von EUR 300,-- entstand, des Vergehens der Sachbeschädigung gemäß § 125 StGB, weil er den Schranken eines Privatparkplatzes beschädigte, indem er den Schranken des am Fluchtweg befindlichen Bürogebäudes förmlich "durchrannte" und dadurch verbog, wobei ein Schaden von EUR 300,-- entstand, des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB, weil er die Bankomatkarte von XXXX unterdrückte, des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB, weil er XXXX ein Mobiltelefon und XXXX eine Telefonwertkarte stahl, und des Vergehens der versuchten Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1 StGB, weil er auf XXXX mit einem großen Küchenmesser einzustechen versuchte, was nur misslang, weil eine dritte Person den Beschwerdeführer beiseite stieß und er dadurch die Stichbewegung neben den Körper des Opfers in Richtung Fußboden ausführte, zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt. Als straferschwerend wertete das Gericht die drei einschlägigen Vorstrafen, das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen, die Begehung innerhalb offener Probezeit, als strafmildernd keinen Umstand.

Er geht in Österreich keiner Beschäftigung nach und bezog im Zeitraum 28.09.2011 bis 09.10.2011 Leistungen von der staatlichen Grundversorgung. Derzeit ist der Beschwerdeführer in der Justizanstalt XXXX einsässig.

Der Beschwerdeführer weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Entgegen seinem Fluchtvorbringen kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer von den Brüdern seiner früheren Nachbarin in Algerien aus Rache verfolgt wird.

Der Beschwerdeführer wird in seinem Herkunftsstaat weder aus Gründen seiner politischen Gesinnung, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse, Religion oder sozialen Gruppe verfolgt.

Im Fall der Rückkehr nach Algerien wird der Beschwerdeführer mit höchster Wahrscheinlichkeit keiner Strafe ausgesetzt sein. Es besteht keine reale Gefahr der Folter, der unmenschlichen Behandlung oder unmenschlichen Strafe, der Todesstrafe oder der Involvierung seiner Person in einen nationalen oder internationalen Konflikt im Falle seiner Rückkehr nach Algerien.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Algerien:

Algerien ist ein sicherer Herkunftsstaat. Algerien ist sowohl fähig als auch willig, seinen Bürgern Schutz zu gewähren. Algerien weist eine funktionierende, unabhängige Justiz sowie einen funktionierenden Sicherheitsapparat auf. Behördliche Korruption steht unter Strafe, mit Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren. Dieses Gesetz wird nicht effektiv durchgesetzt, wenn es auch ein eigenes Zentralbüro zur Bekämpfung der Korruption gibt. Daneben sorgt die Nationale Organisation zur Verhinderung und Bekämpfung von Korruption für eine beratende Funktion. Die Sicherheitslage in Algerien ist, abgesehen von einigen Grenzregionen im Süden und Osten und den Bergregionen im Westen als sicher zu qualifizieren. Algerien ist allen wesentlichen internationalen Menschenrechtsabkommen beigetreten. Die Menschenrechtssituation in Algerien hat sich seit den 1990-er Jahren sukzessive verbessert. In Algerien besteht ein aufwändiges Sozialsystem. Schulbesuch und Gesundheitsfürsorge sind kostenlos. Die medizinische Versorgung ist allgemein zugänglich und kostenfrei. In jeder größeren Stadt existieren Krankenhäuser. Grundnahrungsmittel, Energie und Wasser werden stark subventioniert. Die Wirtschaft in Algerien ist als Konsumwirtschaft zu bezeichnen, mit wenig produzierenden Unternehmen, sodass die Arbeitsplatzsituation insbesondere für junge Algerier angespannt ist. Illegal Ausreisenden droht im Falle der Rückkehr eine Geldund/oder Freiheitsstrafe, wobei in der Praxis lediglich Bewährungsstrafen verhängt werden. Nach Algerien angeschobene Personen werden 24 Stunden festgehalten und verhört, um den Grund der Ausweisung zu erfahren. Eine behördliche Rückkehrhilfe existiert nicht.

Dem Beschwerdeführer droht im Falle seiner Rückkehr keine Gefährdung in seinem Herkunftsstaat. Ihm droht auch keine Strafe nach seiner Rückkehr nach Algerien wegen illegaler Ausreise.

Eine nach Algerien zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Algerien mit Stand 16.02.2017.

Der Beschwerdeführer bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sondern im Wesentlichen Rechtsvorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.

Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit, seiner Herkunft, seiner Glaubens- und Volkszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde (Protokoll vom 23.08.2017, S 4 ff). Die belangte Behörde hat diese Feststellungen korrekt und nachvollziehbar gewürdigt. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufgekommen. Dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine maßgeblichen persönlichen und familiären Beziehungen verfügt, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers anlässlich seiner Einvernahme durch die belangte Behörde (Protokoll vom 23.07.2017).

Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest.

Die Feststellung über die strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 13.11.2017 sowie aus den im Verwaltungsakt einliegenden Strafurteilen des Landesgerichts XXXX.

Die Feststellungen zu seinem gegenwärtigen Aufenthalt basieren auf der Abfrage des ZMR vom 13.11.2017 und seinem Bezug der Grundversorgung ergeben sich aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden, am 13.11.2017 abgefragten Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem.

2.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Zutreffend kommt die belangte Behörde in der Beweiswürdigung zum Schluss, dass der Beschwerdeführer nicht glaubhaft darstellen konnte, dass er Algerien aus wohlbegründeter Furcht verlassen hatte. Der Nachfluchtgrund, in Algerien ein Mädchen geliebt zu haben und nun der Privatverfolgung durch die Familie dieses Mädchens ausgesetzt zu sein, steht – wie die belangte Behörde zutreffend ausführt – im Widerspruch zur Angabe noch 1,5 Jahre in Algier weitergelebt zu haben und erst dann aufgrund persönlicher Gründe das Land verlassen zu haben. Damit fehlt es an jedem Konnex zwischen dem Vorfall und dem Verlassen Algeriens durch den Beschwerdeführer. Ebenfalls nachvollziehbar ist die Erkenntnis der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer sicherlich wieder zu seiner Familien zurückkehren und zumindest in Algier sesshaft werden könnte. Diese Schlussfolgerung findet auch Deckung im Umstand, dass der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Einvernahme durch die belangte Behörde am 23.08.2017 angab, Algerien wieder besuchen zu wollen, was den Schluss nahelegt, dass den Beschwerdeführer keinerlei Verfolgung in Algerien droht. Das Resümee der belangten Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung, dass der Beschwerdeführer Algerien aus Resignation verlassen habe, um in Europa sich ein angenehmes Leben zu verschaffen, ist nicht nur schlüssig und deshalb nicht zu beanstanden, es findet auch Deckung in der Aussage des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde am 23.08.2017, wenn er zur Frage, warum er nach Österreich geflohen sei, angibt: "Das Leben ist gut hier und es ist meine zweite Heimat" und weiter "In Italien war es nicht gut und ich habe gehört, dass es in Österreich angenehm ist. Ich bin dann nach Wien gekommen und es hat mit in Österreich gefallen." (Protokoll 23.08.2017, S 8).

Es ist für das Bundesverwaltungsgericht schlüssig nachvollziehbar, dass die belangte Behörde keine individuelle Bedrohung oder Gefährdung der Person des Beschwerdeführers aus dem Fluchtvorbringen ableiten konnte und zum Schluss gelangte, dass der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat aus rein wirtschaftlichen Gründen verlassen hatte. Dieser Beurteilung tritt auch die Beschwerde in keiner Weise entgegen, sodass für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund besteht, an der Würdigung der belangten Behörde zu zweifeln. Inwiefern das Fluchtvorbringen stringent und nachvollziehbar sein soll, wird in der Beschwerde nicht ausgeführt. Sie erschöpft sich in der bloßen Behauptung, die belangte Behörde hätte das Fluchtvorbringen nicht einer Beweiswürdigung unterworfen – eine Behauptung, die angesichts der klaren und schlüssigen Würdigung der Fluchtgründe im bekämpften Bescheid (S. 43 bis 45 des bekämpften Bescheides) unzutreffend ist. Die gewünschte Beweiswürdigung, dem Beschwerdeführer würde in seiner Heimat ein menschenunwürdiges Leben drohen und er würde nach seiner Rückkehr in einen lebensbedrohlichen Zustand geraten, lässt sich mit dem maßgeblichen, auf den Aussagen des Beschwerdeführers beruhenden Sachverhalt nicht in Einklang zu bringen. Mit Recht hat die belangte Behörde ausgeführt, dass keine Hinweise dafür vorliegen, die auf eine existenzbedrohende Notlage im Falle der Rückkehr des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat schließen lassen. Hieran ändert ein aus dem Zusammenhang gerissenes Zitat des Länderinformationsblatts nichts. Aus den Aussagen des Beschwerdeführers ist – wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat – keine Gefahr einer ernstlichen persönlichen Gefährdung des Beschwerdeführers im Falle der Rückkehr zu entnehmen. Der Beschwerdeführer hat nach eigenen Angaben viele Verwandte in Algerien, er lebte in einem großen Haus, er konnte gut dort leben (Protokoll vom 23.08.2017 S 5 f). Er arbeitete als Maler. Es erscheint als geradezu lebensfremd, vor diesem Hintergrund eine existenzielle Bedrohung im Falle der Rückkehr nach Algerien beschwören zu wollen. Vielmehr ist die Schlussfolgerung der belangten Behörde, er könne nach Rückkehr wieder bei seiner Familie leben und durch diese Unterstützung und auch Arbeit finden und so sein Leben meistern, lebensnah und schlüssig. Dagegen erweist sich das diesbezügliche Beschwerdevorbringen als unsubstantiiert und inhaltsleer, da mit keinem Wort ausgeführt wird, worin eine exzeptionelle Bedrohungsstituation für den Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr begründet sei. Daher schließt sich das Bundesverwaltungsgericht dieser Beweiswürdigung vollinhaltlich an. Damit ist die Beurteilung der Fluchtgründe und die diesbezügliche Beweiswürdigung durch die belangte Behörde nicht zu beanstanden, sodass sich das Bundesverwaltungsgericht dieser anschließt

Da der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde dem bekämpften Bescheid nicht substantiiert entgegen trat und sich seine Beschwerdebegründung darin erschöpfte, seine Fluchtgründe nach wie vor aufrecht zu halten und sie in seiner Beschwerde geltend zu machen, ergeben sich auch keine Zweifel am Zutreffen der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen und ihrer Beweiswürdigung.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Algerien vom 16.02.2017 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Algerien ergeben sich aus den folgenden Meldungen und Berichten:

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BBC News (05.05.2017): Algeria election: Governing coalition wins parliamentary vote, http://www.bbc.com/news/world-africa-39811329, Zugriff 16.05.2017

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DS - Der Standard (05.05.2017): Regierungskoalition in Algerien verteidigt absolute Mehrheit,

http://derstandard.at/2000057051147/Regierungskoalition-in-Algerien-verteidigt-absolute-Mehrheit, Zugriff 16.05.2017

-

JA - Jeuneafrique (05.05.2017): Législatives en Algérie : le FLN obtient une majorité relative à l’Assemblée nationale, http://www.jeuneafrique.com/345902/politique/tunisie-gouvernement-de-habib-essid-demissionnaire/, Zugriff 16.05.2017

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AA - Auswärtiges Amt (06.2016): Algerien - Innenpolitik,http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Algerien/Innenpolitik_node.htmlhttp://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Algerien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 14.02.2017

-

BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Algeria Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Algeria.pdf, Zugriff 13.02.2017

-

ÖB - Österreichische Botschaft Algier (3.2015): Asylländerbericht Algerien

-

AA - Auswärtiges Amt (15.2.2017): Algerien: Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/AlgerienSicherheit_node.html, Zugriff 15.2.2017

-

BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (15.02.2017): Reiseinformationen Algerien, http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/algerien-de.html, Zugriff 15.02.2017

-

FD - France Diplomatie (15.02.2017): Conseils aux Voyageurs - Algérie - Sécurité,

http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/algerie/, Zugriff 15.02.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (18.01.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik Algerien

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (12.2016a): Algerien - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/algerien/geschichte-staat/, Zugriff 13.02.2017

-

USDOS - U.S. Department of State (13.04.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Algeria, http://www.ecoi.net/local_link/322502/461979_de.html, Zugriff 13.02.2017

-

TI - Transparency International (2016): Table of Results:

Corruption Perceptions Index 2015, https://www.transparency.org/cpi2015, Zugriff 14.02.2017

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CIA - Central Intelligence Agency (12.01.2017): The World Factbook

-

Algeria

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ag.html, Zugriff 14.02.2017

-

UKBA - UK Home Office Border Agency (17.01.2013): Country of Origin Information Report - Algeria, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1359360623_report-17jan13.pdf, Zugriff 14.02.2017; Originalquelle: Jane’s Sentinel Country Risk Assessments: Algeria - Armed Forces, 1.06.2012

-

SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (24.02.2010): Algerien:

Desertion aus der Garde Communale, Auskunft der SFH-Länderanalyse, https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/afrika/algerien/algerien-desertion-aus-der-garde-communale.pdf, Zugriff 14.02.2017

-

HRW - Human Rights Watch (12.01.2017): World Report 2017 - Algeria, http://www.ecoi.net/local_link/334695/476531_de.html, Zugriff 14.02.2017

-

AI - Amnesty International (24.02.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights – Algeria, http://www.ecoi.net/local_link/319671/445023_en.html, Zugriff 14.2.2017

-

USDOS - U.S. Department of State (10.08.2016): 2015 Report on International Religious Freedom - Algeria, http://www.ecoi.net/local_link/328406/455682_en.html, Zugriff 14.02.2017

-

CIA - Central Intelligence Agency (12.01.2017): The World Factbook

-

Algeria

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ag.html, Zugriff 14.02.2017

-

SOS - SOS-Kinderdorf (o.D.): Algerien, http://www.sos-kinderdorf.at/sos-kinderdorf-erleben/wo-wir-arbeiten/international/wo-wir-helfen/afrika/algerien, Zugriff 8.02.2016

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (12.2016b): Algerien - Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/algerien/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 15.02.2017

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (12.2016c): Algerien - Gesellschaft, http://liportal.giz.de/algerien/gesellschaft/, Zugriff 15.02.2016

-

SGG Algérie - Secrétariat Général du Gouvernement (o.D.): Code Pénal, http://www.joradp.dz/TRV/FPenal.pdf, Zugriff 15.02.2017

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung ergeben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Rechtslage

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furch nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt der in Art 1 Absch A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 06.10.1999, 99/01/0279).

Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinaus geht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen eine Privatverfolgung durch Brüder seiner Geliebten geltend. Damit wird keine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung behauptet und auch nicht glaubhaft gemacht. Einer solchen privaten Verfolgung könnte zum einen durch Inanspruchnahme staatlicher Hilfe – der Staat Algerien verfügt über einen ausgeprägten Polizeiapparat, der vor privaten Übergriffen schützen kann – zum anderen könnte durch Ausweichen in einen anderen Ortsteil der Heimatstadt, in der der Beschwerdeführer aufgewachsen ist oder in einen anderen Landesteil dieser Privatverfolgung einfach ausgestellt werden, sodass ein Verlassen des Herkunftsstaates aus Gründen der Furcht vor dieser Privatverfolgung nicht erforderlich ist. Es ist eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben, die der Beschwerdeführer auch in Anspruch nahm und unbehelligt von Nachstellungen der Brüder der Freundin in Algier vor Verlassen des Herkunftsstaates leben konnte. Eine im Sinne der GFK asylrelevante Verfolgung liegt daher nicht vor.

Mit dem Umstand, dass der Beschwerdeführer aus wirtschaftlichen Gründen Algerien verlassen hatte, wird keine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung begründet. Der Beschwerdeführer machte somit nicht einmal ansatzweise eine asylrelevante Verfolgung im Sinne des GFK geltend.

Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 3 Abs 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1. Rechtslage

Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein – über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes – "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 15.12.2010, 2006/19/1354; 31.05.2005, 2005/20/0095, 31.03.2005, 2002/20/0582).

Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solcher exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua).

3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Dem Beschwerdeführer droht in Algerien – wie oben bereits dargelegt wurde – keine asylrelevante Verfolgung.

Auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Algerien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der Beschwerdeführer ist volljährig, gesund und somit arbeitsfähig. Der Beschwerdeführer hat die Schule absolviert und das Handwerk eines Malers gelernt. Zusammen mit seinen Sprachkenntnissen wird er auf dem algerischen Arbeitsmarkt die Möglichkeit haben, sich längerfristig eine – wenn auch bescheidene – Lebensgrundlage zu schaffen.

Damit ist der Beschwerdeführer durch die Abschiebung nach Algerien nicht in seinem Recht gemäß Art 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Algerien besser gestellt ist, genügt nicht für die Annahme, er würde in Algerien keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Ganz allgemein besteht in Algerien derzeit keine solche Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPEMRK) ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem amtliches Wissen darstellenden Länderinformationsblatt für Algerien, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw der Todesstrafe besteht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 8 Abs 1 Z 1 AsylG abzuweisen war.

3.3. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

3.3.1. Rechtslage

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

Gemäß § 58 Abs 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall

Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr iSd § 46a Abs 1 Z 1 oder 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs 1 Z 3 AsylG.

Zu prüfen ist daher, ob eine Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:

Das vorliegende Asylverfahren erreichte, gerechnet von der Antragstellung am 11.08.2015 bis zum Datum der vorliegenden Entscheidung am 05.10.2017 zwar eine gewisse, auch auf – dem Beschwerdeführer nicht zuzurechnende – Verzögerungen zurückgehende Dauer. Der insgesamt sein 27.09.2011 (Datum des Erstantrages) andauernde Aufenthalt des Beschwerdeführers beruhte dessen ungeachtet auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage, weshalb dieser während der gesamten Daher des Aufenthaltes in Österreich nicht darauf vertrauen durfte, dass er sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen kann. Vielmehr musste dem Beschwerdeführer spätestens seit dem abweislichen Erkenntnis des Asylgerichtshofes über den Erstantrag 02.02.2012 bewusst sein, dass sein bloß auf der unberechtigten Antragstellung auf internationalen Schutz beruhender Aufenthalt im Bundesgebiet unrechtmäßig ist. Bloß faktisches Verbleiben im Bundesgebiet vermag keinen Grund dafür bieten, dass der Beschwerdeführer erwarten durfte im Bundesgebiet zu verbleiben. Das gilt auch für den vor diesem Hintergrund gestellten Folgeantrag und den damit legitimierten Aufenthalt im Bundesgebiet.

Das Gewicht seiner privaten Interessen wird daher dadurch gemindert, dass sie in einem Zeitpunkt entstanden, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war (vgl VwGH 19.02.2009, 2008/18/0721; 30.04.2009, 2009/21/0086; VfSlg. 18.382/2008 mHa EGMR 24.11.1998, 40.447/98, Mitchell; EGMR 11.04.2006, 61.292/00, Useinov). Der Beschwerdeführer hat – wie die belangte Behörde zu Recht ausführt – nach eigenen Angaben keinen Familienbezug in Österreich. Es fehlen alle Sachverhaltselemente, aus denen sich die Existenz gewisser in einem Zeitraum eines (gerechnet vom Erstantrag) rund sechsjährigen Aufenthaltes entstandener – unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens relevanter – Bindungen allenfalls hätte ergeben können (wie etwa Teilnahme am Erwerbsleben und am sozialen Leben in Österreich, Selbsterhaltungsfähigkeit, Erwerb von nachweisbaren Sprachkenntnissen). Sein größter, für die Beurteilung der Integration aber nicht dienlicher Bezug zu Österreich ist sein Aufenthalt in Haftanstalten zur Verbüßung seiner Freiheitstrafen. Gleichzeitig hat der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und knapp den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, sprachliche und kulturelle Verbindungen und auch familiäre Anknüpfungspunkte.

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich (bzw Europa) stehen öffentliche Interessen gegenüber.

Ihm steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind – gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz – auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Im Fall des Beschwerdeführers, der keine nennenswerten Integrationsschritte in Österreich vorzuweisen hat, kommt hinzu, dass er insgesamt vier Male einschlägig und in kurzer Folge hintereinander durch das Landesgericht XXXX rechtskräftig zu Freiheitsstrafen verurteilt wurde. Mit den durch das Landesgericht XXXX am 21.12.2011 rechtskräftig festgestellten Übertretungen gegen das StGB (gewerbsmäßiger Diebstahl, Urk

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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