Index
44 Zivildienst;Norm
ZDG 1986 §14 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des M G in I, vertreten durch Dr. Hermann Rieder, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Stiftgasse 23, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 3. Oktober 2012, Zl. 378434/4- III/7/b/12, betreffend Aufschub des ordentlichen Zivildienstes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 11. Mai 2012, den Antritt des ordentlichen Zivildienstes bis August 2015 aufzuschieben, abgewiesen.
In der Begründung führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei aufgrund des mit 21. Jänner 2010 datierten Beschlusses der Stellungskommission des Militärkommandos Tirol "bis Oktober 2011 vorübergehend untauglich" gewesen. Mit Schreiben (gemeint: Beschluss) der Ergänzungsabteilung des Militärkommandos Tirol vom 17. November 2011 sei erstmals die Tauglichkeit des Beschwerdeführers festgestellt worden.
Seit 4. August 2011 sei der Beschwerdeführer Student an der Universität Innsbruck im Bachelorstudium "Wirtschaftswissenschaften", mit 24. Februar 2012 habe der Beschwerdeführer das Diplomstudium "Wirtschaftsrecht" begonnen.
Mit Telefax vom 11. Mai 2012 habe der Beschwerdeführer den eingangs erwähnten Antrag auf Aufschub des Zivildienstes bis August 2015 gestellt, der mit erstinstanzlichem Bescheid der Zivildienstserviceagentur abgewiesen worden sei, weil die Leistung des ordentlichen Zivildienstes für den Beschwerdeführer keine außerordentliche Härte im Sinne des § 14 Abs. 2 Zivildienstgesetz 1986 (ZDG) darstelle.
In der Berufung habe der Beschwerdeführer ausgeführt, er sei am 1. Jänner 2011 in Schulausbildung (AHS) gestanden und hätte diese im Mai 2011 mit Matura abgeschlossen. Nach ursprünglich festgestellter Untauglichkeit sei die Feststellung seiner Tauglichkeit (mit 17. November 2011) nicht vorhersehbar gewesen und die Unterbrechung des zum letztgenannten Zeitpunkt bereits begonnenen Studiums unzumutbar.
Mit Schreiben vom 10. August 2012 habe der Beschwerdeführer ein Schreiben der Österreichischen Hochschülerschaft vorgelegt, wonach die Ableistung des Zivildienstes für den Beschwerdeführer eine wesentliche Behinderung seines bereits begonnenen Studiums bedeuten würde, weil er dadurch zumindest vier Semester verlieren würde. Das schon angeeignete Wissen würde mit ziemlicher Sicherheit größtenteils wieder verloren gehen und müsste für aufbauende Kurse wieder mühsam erarbeitet werden.
In rechtlicher Hinsicht ging die belangte Behörde davon aus, dass der maßgebende Zeitpunkt nach § 14 Abs. 1 ZDG iVm § 25 Abs. 1 Z. 4 Wehrgesetz 2001 (WG 2001) der Beginn des Kalenderjahres 2011 gewesen sei, zu welchem der Beschwerdeführer sein Studium an der Hochschule noch nicht begonnen hatte. Der vorliegende Antrag sei daher nicht nach § 14 Abs. 1 ZDG, sondern nach Abs. 2 leg. cit. zu beurteilen. Aufgrund der letztgenannten Bestimmung könne dem Antrag des Beschwerdeführers nur stattgegeben werden, wenn die Unterbrechung des Studiums des Beschwerdeführers eine außerordentliche Härte für den Beschwerdeführer darstellen würde, was aber aus folgenden Gründen nicht der Fall sei:
Mit dem Vorbringen, er würde vier Semester verlieren, könne der Beschwerdeführer eine außerordentliche Härte im Sinn des § 14 Abs. 2 ZDG nicht dartun, weil er diese Behauptung einerseits nicht weiter begründet habe und andererseits nur durch ein Schreiben der Österreichischen Hochschülerschaft, nicht aber der Universität Innsbruck, belegt habe. Außerdem sei die bloße Verlängerung des Studiums infolge der Zivildienstleistung nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 17. November 1998, Zl. 98/11/0115) eine natürliche Folge der Erfüllung der in Rede stehenden staatsbürgerlichen Pflicht und könne daher von vornherein keine außerordentliche Härte begründen. Aus dem zitierten Erkenntnis ergebe sich überdies, dass der Verlust (bloß) eines weiteren Semesters infolge einer Unterbrechung des Studiums keine außerordentliche Härte darstelle.
Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, bei Beginn des Studiums sei die (erst danach erfolgte) Feststellung der Tauglichkeit des Beschwerdeführers nicht vorhersehbar gewesen, entgegnete die belangte Behörde, dass der Beschwerdeführer auf Grund des Beschlusses der Stellungskommission des Militärkommandos Tirol vom 21. Jänner 2010 "lediglich bis Oktober 2011 vorübergehend untauglich" gewesen sei und daher für den Zeitraum danach mit der Feststellung seiner Tauglichkeit habe rechnen müssen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluss vom 12. Juni 2013, B 1378/2012-7, abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.
Der Beschwerdeführer hat in der vom Verfassungsgerichtshof abgetretenen Beschwerde die an den Verwaltungsgerichtshof gerichtete Beschwerde bereits ausgeführt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Die Bestimmungen des Zivildienstgesetzes 1986, BGBl. Nr. 679/1986 in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 53/2012 (ZDG), lauten auszugsweise:
"§ 14. (1) Zivildienstpflichtigen, die zu dem im § 25 Abs. 1 Z 4 WG 2001 genannten Zeitpunkt in Berufsvorbereitung, Schul- oder Hochschulausbildung stehen, ist - sofern Erfordernisse des Zivildienstes nicht entgegenstehen - auf deren Antrag der Antritt des ordentlichen Zivildienstes bis zum Abschluß der begonnenen Ausbildung oder Berufsvorbereitung, längstens jedoch bis zum Ablauf des 15. September des Kalenderjahres aufzuschieben, in dem die Zivildienstpflichtigen das 28. Lebensjahr vollenden. Im Falle der Einbringung einer Zivildiensterklärung nach vollständiger Ableistung des Grundwehrdienstes gilt als maßgeblicher Zeitpunkt jener des Entstehens der Zivildienstpflicht.
(2) Zivildienstpflichtigen ist auf Antrag der ordentliche Zivildienst aufzuschieben, wenn Erfordernisse des Zivildienstes nicht entgegenstehen, sie noch nicht zum ordentlichen Zivildienst mit Dienstantritt innerhalb eines Jahres nach Wirksamwerden der Zivildiensterklärung oder nach Ende des Aufschubes gemäß Abs. 1 zugewiesen sind und durch die Unterbrechung einer Berufsvorbereitung, Schul- oder Hochschulausbildung, die sie nach dem in § 25 Abs. 1 Z 4 WG 2001 genannten Zeitpunkt begonnen haben, einen bedeutenden Nachteil erleiden würden. Dasselbe gilt, wenn der Zivildienstpflichtige ohne zugewiesen zu sein, eine weiterführende Ausbildung, etwa ein Hochschulstudium, begonnen hat und eine Unterbrechung der Ausbildung eine außerordentliche Härte bedeuten würde.
(3) Der Aufschub kann in den Fällen des Abs. 2 bis zum Abschluß der begonnenen Ausbildung oder Berufsvorbereitung, längstens jedoch bis zum Ablauf des 15. September des Kalenderjahres gewährt werden, in dem die Zivildienstpflichtigen das 28. Lebensjahr vollenden.
…"
1.2. Die Bestimmungen des Wehrgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 146/2001 in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 63/2012 (WG 2001), lauten:
"Aufgaben
§ 17. (1) …
(2) Die Stellungskommissionen haben die Eignung der Personen nach Abs. 1 zum Wehrdienst auf Grund der ärztlichen und psychologischen Untersuchungen mit einem der folgenden Beschlüsse festzustellen: 'Tauglich' oder 'Vorübergehend untauglich' oder 'Untauglich'.
…
Ausschluss von der Einberufung
§ 25. (1) Von der Einberufung zum Präsenzdienst sind ausgeschlossen
…
4. hinsichtlich der Einberufung zum Grundwehrdienst jene Wehrpflichtigen, die nachweislich in einer laufenden Schul- oder Hochschulausbildung oder sonstigen Berufsvorbereitung am Beginn jenes Kalenderjahres standen, in dem jene Stellung begann, bei der erstmals oder, im Falle einer zwischenzeitlich festgestellten vorübergehenden Untauglichkeit oder Untauglichkeit, neuerlich ihre Tauglichkeit festgestellt wurde.
Wird die Stellung nach Z 4 zu einem späteren Termin als jenem begonnen, zu dem der Wehrpflichtige erstmals aufgefordert wurde, so ist der Beginn des Kalenderjahres maßgeblich, in dem dieser erstmalige Stellungstermin lag.
…"
2. In der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde werden die Feststellungen der belangten Behörde bestätigt, wonach sich der Beschwerdeführer am 1. Jänner 2011 in Schulausbildung (AHS) befunden habe, nach Feststellung seiner Untauglichkeit am 4. August 2011 das Studium an der Universität Innsbruck begonnen habe und seine Tauglichkeit erstmals am 17. November 2011 festgestellt worden sei.
Sodann bringt der Beschwerdeführer (nach auszugsweise Wiedergabe des § 25 Abs. 1 Z 4 WG 2011) wie folgt vor:
"Der Beschwerdeführer stand am 1. Jänner 2011 in Schulausbildung (AHS), schloss diese im Mai 2011 mit Matura ab war im Zeitpunkt des Beginns des Hochschulstudiums untauglich. Die Feststellung seiner Tauglichkeit war weder an sich, noch zu einem bestimmten Zeitpunkt bei Studiumsbeginn vorhersehbar.
Die Unterbrechung eines derart begonnenen Studiums ist unzumutbar und stellt damit jedenfalls einen bedeutenden Nachteil dar."
3.1. Zutreffend hat die belangte Behörde zunächst erkannt, dass der vorliegende Antrag auf Aufschub des Zivildienstes nicht nach § 14 Abs. 1 ZDG zu beurteilen ist: Die Stellung, anlässlich welcher der Beschwerdeführer erstmals für tauglich befunden wurde, erfolgte unstrittig am 17. November 2011. Der nach § 14 Abs. 1 ZDG infolge des Verweises auf § 25 Abs. 1 Z 4 WG 2011 maßgebliche Stichtag ist folglich der 1. Jänner 2011. Da der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt noch nicht in der in seinem Antrag auf Aufschub genannten Hochschulausbildung stand, ist § 14 Abs. 1 ZDG im Beschwerdefall nicht einschlägig. Der Antrag des Beschwerdeführers ist vielmehr, wie von der belangten Behörde zutreffend erkannt, an § 14 Abs. 2 ZDG zu messen (vgl. zum Ganzen auch das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 2013, Zl. 2012/11/0081).
3.2. Für die Anwendbarkeit des § 14 Abs. 2 erster Satz ZDG ist entscheidend, dass der Antragsteller im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides zum Zivildienst nicht derart zugewiesen war, dass er den Zivildienst binnen Jahresfrist (gerechnet ab dem Wirksamwerden der Zivildiensterklärung bzw. ab dem Ende des Aufschubes gemäß Abs. 1 leg. cit.) anzutreten hatte. Ein solcher Zuweisungsbescheid wurde von der belangten Behörde weder festgestellt noch vom Beschwerdeführer behauptet. Daher kommt es fallbezogen darauf an, ob der Beschwerdeführer durch die Unterbrechung des Studiums zum Zwecke der Zivildienstleistung einen Nachteil im Sinne dieses Absatzes erleiden würde (vgl. auch dazu das zitierte hg. Erkenntnis Zl. 2012/11/0081).
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde greift der Beschwerdeführer sein im angefochtenen Bescheid zitiertes Vorbringen, er würde durch die Ableistung des Zivildienstes zumindest "vier Semester verlieren", nicht mehr auf, sodass darauf nicht weiter einzugehen ist (vgl. im Übrigen zur Verlängerung des Studiums infolge der Ableistung des Zivildienstes das hg. Erkenntnis vom 22. März 2002, Zl. 2001/11/0395, mwN). Ohne weitere Begründung wäre dieses Vorbringen auch nicht nachvollziehbar (vgl. das Erkenntnis vom 26. Februar 2002, Zl. 2001/11/0008).
Der Beschwerdeführer macht in seinen Beschwerdegründen, wie wörtlich wiedergeben, nur geltend, er sei im Zeitpunkt des Beginns des Hochschulstudiums (4. August 2011) noch untauglich gewesen, zu diesem Zeitpunkt sei die Feststellung seiner Tauglichkeit (17. November 2011) nicht vorhersehbar gewesen.
Unbestritten bleiben aber die Feststellungen der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer auf Grund des Beschlusses der Stellungskommission vom 21. Jänner 2010 nur bis Oktober 2011 "vorübergehend untauglich" (§ 17 Abs. 2 WG 2001) war. Schon vor diesem Hintergrund kommt seinem Einwand, die Feststellung seiner Tauglichkeit sei nicht vorhersehbar gewesen, sodass ihm die Unterbrechung des Studiums unzumutbar sei und einen Nachteil im Sinne des § 14 Abs. 2 ZDG darstelle, keine Berechtigung zu.
Da somit bereits die Beschwerde zeigt, dass dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 26. September 2013
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2013:2013110165.X00Im RIS seit
23.10.2013Zuletzt aktualisiert am
11.12.2013