TE Vwgh Erkenntnis 2013/9/26 2011/07/0127

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Veröffentlicht am 26.09.2013
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

VwRallg impl;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §138;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde der Gemeinde M in M, vertreten durch Dr. Julius Brändle, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Dr. Waibelstraße 10, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 15. Februar 2011, Zl. VIb-101.02.01/0084, betreffend wasserpolizeilicher Auftrag nach § 138 WRG 1959 (mitbeteiligte Partei: RS in M), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei ist Eigentümerin des Grst. 3980, welches ebenso wie die nachfolgend genannten Grundstücke der KG M. zugehörig sind. Von diesem Grundstück führt zum Grst. 4112 eine Seilhängebrücke (früher: "Position 8" eines Walderlebnispfades), und zum Grst. 3942 ein Steg (mit Halteseil; "Position 9"). Beide Anlagen führen über ein Gewässer.

Mit schriftlicher Zustimmungserklärung vom 14. März 2001 stimmte die mitbeteiligte Partei der Errichtung des Walderlebnispfades durch den Verkehrsverein M. auf ihrem Grst. 3980 zu.

Mit Schreiben vom 18. Jänner 2005 an die Bezirkshauptmannschaft Bregenz (im Folgenden: BH) suchte der Obmann des Verkehrsvereines M. um die Erteilung unter anderem einer wasserrechtlichen Bewilligung für den Walderlebnispfad in M. an. Der Pfad bestehe schon seit dem Jahr 2002, nun solle mit der Erweiterung zum Rundweg die notwendige Verbesserung erzielt werden. Der Verein sei von der BH darauf hingewiesen worden, dass für den Altbestand des Walderlebnispfades ebenfalls weitere Bewilligungen erforderlich seien.

Mit E-Mail vom 22. Mai 2005 übermittelte die mitbeteiligte Partei an die BH einen Einspruch gegen die Erteilung einer Bewilligung für den Ausbau des Walderlebnispfades. Es sei (näher dargelegt) mit zahlreichen Mehrbelastungen zu rechnen.

Am 24. Mai 2005 führte die BH eine mündliche Verhandlung durch, in deren Rahmen die mitbeteiligte Partei ihren Einspruch vom 22. Mai 2005 überreichte und dazu ausführte, dass ihre Zustimmungserklärung vom 14. März 2001 datiere. Diese habe sich auf das Projekt bezogen, als die Positionen 20 bis 31 des Walderlebnispfades noch nicht errichtet gewesen seien. Eine Bewilligung des vorliegenden Antrages hätte zusätzliche Belästigungen zur Folge. Die mitbeteiligte Partei halte daher ihre Zustimmungserklärung vom 14. März 2001 nicht aufrecht.

Mit Schreiben vom 26. Jänner 2006 teilte der Waldpädagogikverein M. der BH mit, dass beide verfahrensgegenständlichen Anlagen von der beschwerdeführenden Gemeinde in Zusammenarbeit mit dem Verkehrsverein M. im Zuge des Vorarlberger Wanderwegekonzeptes im Jahr 1998 errichtet worden seien. Die betreffenden Grundeigentümer hätten damals dazu ihre mündliche Zustimmung erteilt.

Mit weiterem Schreiben vom 22. Februar 2006 teilte der Waldpädagogikverein M. der BH mit, dass der Walderlebnispfad vom Verkehrsverein an den Waldpädagogikverein übertragen worden sei. Der verfahrenseinleitende Antrag vom 18. Jänner 2005 werde dahingehend abgeändert, dass die Positionen 8 und 9 aus dem Antrag zurückgezogen würden.

Mit Spruchpunkt V. des Bescheides der BH vom 27. Juli 2006 wurde dem Waldpädagogikverein M. aufgetragen, die eigenmächtig vorgenommene Errichtung der Anlagen bei Position 8 und 9 bis spätestens 31. Dezember 2006 vollständig zu beseitigen und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen.

Aus Anlass einer Berufung des Waldpädagogikvereines behob die belangte Behörde mit Spruchpunkt C) ihres Bescheides vom 3. Juli 2007 den Spruchpunkt V. des Bescheides der BH vom 27. Juli 2006 gemäß § 66 Abs. 2 AVG. Sie begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass vorrangig die Frage der Verantwortlichkeit für die unter den Positionen 8 und 9 vorhandenen Anlagen zu klären wäre, um danach allfällige wasserrechtliche Wiederherstellungsaufträge gegenüber der tatsächlich verantwortlichen Rechtsperson zu verfügen.

Am 13. April 2010 fand über die Frage der Zurechnung der Anlagen bei den Positionen 8 und 9 eine Besprechung mit dem Ergebnis statt, dass die Seilhängebrücke und der Steg von der beschwerdeführenden Gemeinde errichtet worden seien. Das Halteseil inklusive Verankerung zwischen den Grst. 3980 und 3942 sei vom Waldpädagogikverein errichtet worden.

Die mitbeteiligte Partei erklärte im Zuge der Besprechung zu beiden Positionen, dass sie die Zustimmung für die Errichtung dieser Anlagen auf ihrem Grundstück nicht erteile.

In weiterer Folge ersuchte die mitbeteiligte Partei mit E-Mail vom 26. Juni 2010 an die BH, die Beseitigung der Anlagen zu veranlassen sowie den rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen.

Mit Spruchpunkt I. des Bescheides vom 7. Oktober 2010 trug die BH der beschwerdeführenden Gemeinde gemäß § 138 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) auf, auf ihre Kosten die eigenmächtig vorgenommenen Errichtungen einer Seilhängebrücke zwischen den Grst. 4112 und 3980 (Position 8) sowie eines Steges zwischen den Grst. 3980 und 3942 (Position 9) "bis spätestens 31.08.2010" zu beseitigen und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen.

Mit Spruchpunkt II. wurde dem Waldpädagogikverein M. gemäß § 138 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 WRG 1959 aufgetragen, die eigenmächtig vorgenommene Errichtung eines Halteseiles (inklusive Verankerungen) zwischen den Grst. 3980 und 3942 (Position 9) bis spätestens 31. August 2010 zu beseitigen und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen.

Begründend hielt die BH u.a. fest, aus dem dem Bescheid der BH vom 27. Juli 2006 zugrunde liegenden Verfahren ergebe sich, dass der Walderlebnispfad an einzelnen Tagen von bis zu tausend Besuchern begangen werde. Es sei daher davon auszugehen, dass durch die Errichtung der Positionen 8 und 9 des Walderlebnispfades in die Substanz des Grundeigentums der mitbeteiligten Partei eingegriffen werde. Auf Grund des Antrages der mitbeteiligten Partei vom 26. Juni 2010 seien die im Spruch erfolgten Aufträge zu erteilen gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Gemeinde mit Schreiben vom 20. Oktober 2010 Berufung.

Darin führte sie u.a. aus, dass der Verkehrsverein M. bereits im Jahr 1998 in Zusammenarbeit mit der beschwerdeführenden Gemeinde auf Grund des Vorarlberger Wanderwegekonzeptes diesen Steg ohne Halteseil und eine Seilhängebrücke errichtet habe. Die diesbezügliche Zustimmungserklärung der mitbeteiligten Partei liege im Akt der BH auf. Es sei daher festzuhalten, dass die Gemeinde in Zusammenarbeit mit dem Verkehrsverein diese Seilhängebrücke und den Steg ohne Halteseil nicht eigenmächtig, sondern mit Zustimmung des Grundbesitzers errichtet habe. Ein Widerruf könne nicht einer eigenmächtig vorgenommenen Neuerung gleichgesetzt werden, weshalb die Rechtsgrundlage für die Bescheiderlassung fehle.

Mit Spruchteil A) des nunmehr angefochtenen Bescheides der belangten Behörde vom 15. Februar 2011 wurde Spruchpunkt I. des Bescheides der BH vom 7. Oktober 2010 gemäß § 66 Abs. 4 AVG mit der Maßgabe bestätigt, dass es anstatt "§ 138 Abs. 1 lit. a und Abs. 2" WRG 1959 vielmehr "§ 138 Abs. 1 lit. a" WRG 1959 "iVm § 59 Abs. 2 AVG" zu lauten habe. Gleichzeitig wurde die im erstinstanzlichen Bescheid bis zum 31. August 2010 vorgeschriebene Leistungsfrist durch die "bis spätestens 31.05.2011" lautende Frist ersetzt.

Mit Spruchteil B) wurde die Berufung der beschwerdeführenden Gemeinde, soweit sie sich gegen Spruchpunkt II. des erstinstanzlichen Bescheides richtete, gemäß § 63 Abs. 1 AVG mangels Berufungslegitimation als unzulässig zurückgewiesen. Schließlich wurde mit Spruchteil C) der Spruchpunkt II. des Bescheides der BH gemäß § 68 Abs. 4 Z 3 AVG wegen tatsächlicher Undurchführbarkeit von Amts wegen für nichtig erklärt.

Begründend führte die belangte Behörde u.a. aus, die streitigen Anlagen (Seilhängebrücke und Steg) seien im Jahr 1998 im Rahmen der Umsetzung des Vorarlberger Wanderwegekonzeptes von der beschwerdeführenden Gemeinde in Zusammenarbeit mit dem Verkehrsverein M. errichtet worden und zwischenzeitlich als Positionen 8 und 9 Teil des im Jahr 2005 eingereichten Projektes "Walderlebnispfad M." gewesen. In der Folge seien die Positionen 8 und 9 jedoch wieder von diesem Projekt ausgeschlossen worden. Das Halteseil inklusive Verankerung (als Teil der Position 9) sei vom Waldpädagogikverein M. im Rahmen der Errichtung des Walderlebnispfades errichtet worden.

Die mitbeteiligte Partei als Eigentümer des Grst. 3980 habe zwar am 14. März 2001 ihre Zustimmung für die Errichtung des Walderlebnispfades auf ihrem Grundstück erteilt, jedoch habe sie am 22. Mai 2005 der BH mitgeteilt, die Zustimmungserklärung nicht mehr aufrechtzuerhalten. Zuletzt habe sie mit Schreiben vom 26. Juni 2010 mitgeteilt, dass sie ihre Meinung nicht geändert habe und um Beseitigung der Anlagen (Positionen 8 und 9) ersuche.

Für die Seilhängebrücke, den Steg sowie das später errichtete Halteseil inklusive Verankerung habe zu keinem Zeitpunkt eine Bewilligung nach dem WRG 1959 existiert.

In ihren Erwägungen zu Spruchpunkt A) hielt die belangte Behörde fest, dass die Bewilligungspflicht nach § 38 Abs. 1 WRG 1959 für Brücken, Stege und Bauten am Ufer alleine dadurch ausgelöst werde, dass es sich um Brücken, Stege und Bauten "an Ufern" handle. Für die gegenständlichen Anlagen sei daher eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich. Der Ausnahmetatbestand des Abs. 2 lit. b dieser Bestimmung komme nicht zum Tragen, weil die verfahrensgegenständlichen Anlagen nicht vorwiegend einer bestimmten wirtschaftlichen Betätigung dienten.

Als eigenmächtige Neuerung sei unter anderem die Errichtung von Anlagen zu verstehen, für die eine wasserrechtliche Bewilligung einzuholen gewesen wäre, eine solche aber nicht erwirkt worden sei. Auch die weitere Aufrechterhaltung eines solchen konsenslos geschaffenen Zustandes sei als eigenmächtige Neuerung anzusehen. Als eigenmächtige Neuerung im Sinne dieser Bestimmung sei zudem auch jeder wasserrechtliche Tatbestand zu beurteilen, der von der Zustimmung des Betroffenen abhänge und ohne eine solche gesetzt oder aufrechterhalten werde.

Da für die in Rede stehenden Anlagen trotz bestehender wasserrechtlicher Bewilligungspflicht eine wasserrechtliche Bewilligung bislang nicht erwirkt worden sei und zudem eine zivilrechtliche Einwilligung des betroffenen Grundstückseigentümers nicht (mehr) vorliege bzw. von diesem die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes verlangt werde, seien die errichteten Anlagen als eigenmächtige Neuerungen iSd § 138 Abs. 1 WRG 1959 zu qualifizieren. Ein Anspruch auf Beseitigung einer eigenmächtigen Neuerung bestehe dann, wenn durch diese im § 138 Abs. 6 WRG 1959 genannte Rechte tatsächlich beeinträchtigt würden. Da diese Anlagen an einzelnen Tagen von einer Vielzahl an Besuchern genutzt würden, sei von einem Eingriff in das Grundeigentum der mitbeteiligten Partei auszugehen.

Schon weil die mitbeteiligte Partei die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes verlange, komme ein Auftrag nach § 138 Abs. 2 WRG 1959 nicht in Frage.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes behauptet wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die mitbeteiligte Partei brachte ebenfalls einen Schriftsatz ein, in dem sie ihren Standpunkt bekräftigte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Die im vorliegenden Verfahren maßgeblichen Bestimmungen des WRG 1959 idF BGBl. I Nr. 123/2006 lauten wie folgt:

Gemäß § 38 Abs. 1 WRG 1959 ist zur Errichtung und Abänderung von Brücken, Stegen und von Bauten an Ufern, dann von anderen Anlagen innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses fließender Gewässer sowie von Unterführungen unter Wasserläufen, schließlich von Einbauten in stehende öffentliche Gewässer, die nicht unter die Bestimmungen des § 127 WRG 1959 fallen, nebst der sonst etwa erforderlichen Genehmigung auch die wasserrechtliche Bewilligung einzuholen, wenn eine solche nicht schon nach den Bestimmungen des § 9 oder § 41 dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Die Bewilligung kann auch zeitlich befristet erteilt werden.

Gemäß § 38 Abs. 2 lit. b WRG 1959 bedürfen bei den nicht zur Schiff- oder Floßfahrt benutzten Gewässerstrecken einer Bewilligung nach Abs. 1 nicht kleine Wirtschaftsbrücken und - stege; erweist sich jedoch eine solche Überbrückung als schädlich oder gefährlich, so hat die Wasserrechtsbehörde über die zur Beseitigung der Übelstände notwendigen Maßnahmen zu erkennen.

Gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen.

Gemäß § 138 Abs. 6 WRG 1959 sind als Betroffene im Sinne des Abs. 1 die Inhaber bestehender Rechte (§ 12 Abs. 2), die Fischereiberechtigten sowie die Einforstungsberechtigten anzusehen.

Nach § 12 Abs. 2 WRG 1959 sind als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen.

2. Voranzustellen ist, dass die beschwerdeführende Gemeinde in ihrer Beschwerde zwar die Aufhebung des gesamten Bescheides beantragt, ihre Ausführungen sich aber erkennbar nur gegen Spruchteil A) des angefochtenen Bescheides richten.

Ferner wird in der Beschwerde die Rechtmäßigkeit der Heranziehung der beschwerdeführenden Gemeinde als Adressatin des verfahrensgegenständlichen Beseitigungsauftrages nicht in Zweifel gezogen.

3. In der Beschwerde wird eine Bewilligungsfreiheit der verfahrensgegenständlichen Brücke und des Steges gemäß § 38 Abs. 2 lit. b WRG 1959 mit dem Vorbringen behauptet, bei jenem Gewässer, welches durch die Brücke und den Steg überbrückt werde, handle es sich um ein kleines Rinnsal mit ca. 70 - 140 cm Tiefe, welches für die Schiff- oder Floßfahrt nicht geeignet sei. Die Hängebrücke sei ca. 9,5 m lang und 1 m breit, der Steg sei ca. 6,5 m lang und 0,5 m breit. Nach der Rechtsprechung handle es sich bei derartigen Brücken um kleine Wirtschaftsbrücken, welche nicht bewilligungspflichtig seien. Die Brücke und der Steg hätten in der Vergangenheit touristischen Zwecken gedient. Die verfahrensgegenständlichen Positionen 8 und 9 seien weder gefährlich noch schädlich. Sie dienten vielmehr dazu, den Touristen den weitaus gefährlicheren Gang durch den wasserführenden Graben zu ersparen.

Dem Verwaltungsgerichtshof ist es jedoch verwehrt, auf dieses Beschwerdevorbringen einzugehen. Seiner Beachtlichkeit steht das aus § 41 Abs. 1 VwGG für das verwaltungsgerichtliche Verfahren abzuleitende Neuerungsverbot entgegen. Unter dieses fallen auch solche Rechtsausführungen, deren Richtigkeit nur auf Grund von Feststellungen überprüft werden kann, die im Verwaltungsverfahren deswegen unterblieben sind, weil der Beschwerdeführer in dieser Hinsicht untätig geblieben war (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. April 2009, Zl. 2006/07/0092, mwN).

Mangels eines im Verwaltungsverfahren von der beschwerdeführenden Gemeinde erstatteten Vorbringens im Hinblick auf die Bewilligungsfreiheit der gegenständlichen Anlagen unterblieben auch Sachverhaltsfeststellungen über die Größe der Brücke und ihre vorrangige Nutzung, aber letztlich auch zur Frage, ob die in Rede stehende Gewässerstrecke zur Schiff- oder Floßfahrt nicht benutzt werde. Somit kann es dahingestellt bleiben, ob es sich bei der in der Beschwerde vorgebrachten touristischen Nutzung um eine Nutzung als Wirtschaftsbrücke bzw. -steg im Sinne des § 38 Abs. 2 lit. b WRG 1959 handelt. Im Übrigen käme selbst unter der Annahme, dass eine touristische Nutzung das Kriterium einer zumindest vorwiegend einer bestimmten wirtschaftlichen Betätigung dienenden Nutzung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 1970, Zl. 0056/70) erfüllen könnte, noch hinzu, dass nach den unbestrittenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides die Positionen 8 und 9 zwischenzeitlich vom Projekt "Walderlebnispfad M." ausgeschlossen wurden und auch die Beschwerde von einer "in der Vergangenheit" erfolgten Nutzung der Brücke und des Steges für touristische Zwecke spricht. Für die Beurteilung des nun in der Beschwerde erstatteten Vorbringens betreffend die behauptete Bewilligungsfreiheit fehlten demnach auch notwendige Feststellungen, ob im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides überhaupt (noch) eine touristische Nutzung der beiden Anlagen in einem entsprechenden Ausmaß stattfindet. Das in Rede stehende, erstmals in der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erstattete Vorbringen unterliegt somit dem Neuerungsverbot, sodass es unbeachtlich bleiben muss.

Die gegenständlichen Anlagen sind daher nach den Feststellungen der Verwaltungsbehörden als bewilligungspflichtige Anlagen gemäß § 38 Abs. 1 WRG 1959 anzusehen.

4. Die Beschwerdeführerin bringt ferner vor, dass, wie aus dem angefochtenen Bescheid hervorgehe, die Errichtung der Positionen 8 und 9 bereits im Jahr 1998 mit Zustimmung des Grundeigentümers erfolgt sei. Die Errichtung sei somit weder eigenmächtig vorgenommen worden, noch handle es sich um eine Neuerung im Sinne des WRG 1959. Die Voraussetzungen für die Erlassung eines Abbruchbescheides lägen daher nicht vor. Ein öffentliches Interesse an der Beseitigung der Brücke und des Steges bestehe nicht und es sei dies von der belangten Behörde auch nicht behauptet worden.

Als eigenmächtige Neuerung ist die Errichtung von Anlagen oder die Setzung von Maßnahmen zu verstehen, für die eine wasserrechtliche Bewilligung einzuholen gewesen wäre, eine solche aber nicht erwirkt wurde (vgl. dazu Bumberger/Hinterwirth, WRG2, E 26 zu § 138).

Unstrittig liegt für die verfahrensgegenständlichen Anlagen die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nicht vor. Somit hat die belangte Behörde zutreffend das Vorliegen einer eigenmächtig vorgenommenen Neuerung durch die Errichtung der Anlagen angenommen.

Eine von der mitbeteiligten Partei (schriftlich) am 14. März 2001 - jedoch, wie von ihr mehrfach betont, vor dem Hintergrund eines damals noch kleineren Umfanges des Walderlebnispfades - erteilte Zustimmung wurde im Jahr 2005 widerrufen. Eine Zustimmung der mitbeteiligten Partei zur Nutzung ihres Grundstückes für die verfahrensgegenständlichen Anlagen lag somit im Zeitpunkt der Erteilung des wasserpolizeilichen Auftrages nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 nicht (mehr) vor. Es ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Erteilung eines wasserpolizeilichen Auftrages aber nicht relevant, ob zu einem früheren Zeitpunkt eine Zustimmung des Betroffenen vorlag. Für das Vorliegen einer eigenmächtigen Neuerung im Sinn des § 138 WRG 1959 kommt es lediglich darauf an, ob eine Maßnahme wasserrechtlich bewilligungspflichtig war und sie ohne Vorliegen einer solchen wasserrechtlichen Bewilligung gesetzt wurde, während die zivilrechtliche Befugnis zur Setzung der Maßnahme völlig irrelevant ist (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 11. März 1999, Zl. 97/07/0123, und vom 20. Mai 2009, Zl. 2009/07/0030, mwN).

5. Die beschwerdeführende Gemeinde bestreitet im vorliegenden Verfahren nicht, dass der Mitbeteiligte als Grundeigentümer als Betroffener im Sinne des § 138 Abs. 6 iVm § 12 Abs. 2 WRG 1959 anzusehen ist und auch mehrfach die Beseitigung der verfahrensgegenständlichen Anlagen beantragte bzw. seine Zustimmung zu deren Bestand versagte. Im Hinblick darauf zeigt aber auch das Vorbringen der Beschwerdeführerin, es liege kein öffentliches Interesse an der Beseitigung der Anlagen vor, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist die Beseitigung eigenmächtiger Neuerungen nämlich nicht nur dann vorzunehmen, wenn das öffentliche Interesse es erfordert, sondern auch in jenen Fällen, in denen der Betroffene dies verlangt.

6. Soweit sich die beschwerdeführende Gemeinde schließlich im Ergebnis auch gegen die mit dem angefochtenen Bescheid festgesetzte Frist zur Befolgung des wasserpolizeilichen Auftrages wendet, zeigt sie auch damit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, zumal der Beschwerde keine substantiierte Begründung für dieses Vorbringen entnommen werden kann. Hinzu kommt, dass angesichts der von der Beschwerdeführerin selbst vorgenommenen Beschreibung der Anlagen als "kleine Wirtschaftsbrücken" auch in dieser Hinsicht kein augenscheinlicher Hinweis auf eine Unangemessenheit der von der belangten Behörde festgesetzten Frist von (etwa) drei Monaten besteht.

7. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

8. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 26. September 2013

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Allgemein Anwendbarkeit zivilrechtlicher Bestimmungen Verträge und Vereinbarungen im öffentlichen Recht VwRallg6/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2013:2011070127.X00

Im RIS seit

24.10.2013

Zuletzt aktualisiert am

30.10.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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