D13 412760-1/2010/15E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Dajani als Vorsitzenden und den Richter Mag. Auttrit als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX StA. der Ukraine, gegen die Spruchpunkte II. und III. des Bescheides des Bundesasylamtes vom 22.03.2010, FZ. 09 08.546-BAT, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 04.04.2013 zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF wird
XXXX der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine zuerkannt.
II. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 11.07.2014 erteilt.
III. In Erledigung der Beschwerde wird Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Ukraine, reiste am 18.07.2009 illegal von Tschechien kommend in Österreich ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Zuge der niederschriftlichen Erstbefragung vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 18.07.2009 gab die Beschwerdeführerin an, dass sie ihren Herkunftsstaat am 11.07.2009 verlassen habe und mittels Schlepper über die Ukraine, Polen und Tschechien - wo sie sich eine Woche aufgehalten habe - nach Österreich gelangt sei. Sie haben ihren Herkunftsstaat verlassen, weil sie von ihrem XXXX Freund im achten Monat schwanger sei. Ihr Halbbruder sei Alkoholiker und sei schon ihr ganzes Leben gegen die Beschwerdeführerin gewesen. Er die Beschwerdeführerin und ihre Mutter geschlagen. Die Beschwerdeführerin habe keine eigene Unterkunft. Sie möchte ihr Kind zu Welt bringen. Politisch sei sie nicht verfolgt worden.
In weiterer Folge wurden Konsultationen mit Polen und Tschechien gemäß Art. 21 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates geführt. Tschechien teilte mit Schreiben vom 03.08.2009 mit, dass die Beschwerdeführerin von XXXX in Besitz eines tschechischen Sichtvermerkes gewesen sei. Weitere Informationen über die Beschwerdeführerin würden nicht vorliegen. Die polnischen Behörden teilten mit Schreiben vom 14.09.2009 mit, dass für die Beschwerdeführerin weder ein Sichtvermerk noch eine Aufenthaltsgenehmigung ausgestellt worden sei.
Am XXXX wurde die Tochter der Beschwerdeführerin, XXXX (D13 412761-1/2010), geboren und stellte am 03.09.2009 durch die Beschwerdeführerin als gesetzliche Vertreterin einen Antrag auf internationalen Schutz im Familienverfahren.
Die Beschwerdeführerin wurde am 12.11.2009 vom Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die ukrainische Sprache niederschriftlich einvernommen und gab an, dass sie keine Dokumente vorlegen könne. Ihr Bruder habe ihren Reisepass einfach zerrissen und den Inlandspass habe sie nicht mitgenommen. Zu ihrer gesundheitlichen Situation befragt gab die Beschwerdeführerin an, dass sie sich nach dem XXXX nicht sehr gut fühle. Sie habe starke Bauchschmerzen und erhöhten Blutdruck. Die Tochter der Beschwerdeführerin sei mit XXXX zur Welt gekommen. Es sei ein MRT gemacht worden und es sei vermutlich nicht so gefährlich. In drei Monaten müsse sie zur Kontrolle. Die Ärzte seien sich nicht einig, was das sei. Sie habe keine Befunde bekommen.
In Österreich habe die Beschwerdeführerin keine Verwandten. Im Herkunftsstaat leben die Mutter, ein Halbbruder und eine Halbschwester der Beschwerdeführerin. Die Beschwerdeführerin sei in XXXX aufgewachsen. Von 2007 bis ungefähr zwei Monate vor ihrer Ausreise habe sie in einer Mietwohnung in KIEW gelebt und dort schwarz als Köchin gearbeitet. Sie sei aber in KIEW nicht registriert gewesen. Aus XXXX sei sie weggezogen, weil sie Probleme mit ihrem Halbbruder und ihrer Mutter gehabt habe und in KIEW arbeiten habe wollen. Ihr Bruder sei Alkoholiker und habe sie immer sekkiert und von ihr Geld gefordert. In KIEW habe sie eigentlich keine Probleme mit ihrem Bruder gehabt. Sie sei ausgereist, weil sie schwanger geworden sei und nicht mehr länger dort bleiben habe können. Sie habe einen festen Wohnsitz gebraucht. Der Vater ihres Kindes, XXXX, sei in sein Heimatland XXXX gefahren. Sie habe derzeit keinen Kontakt zu ihm. Eine offizielle Arbeit habe sie in KIEW nicht finden können. Das sei praktisch nicht möglich. Zu ihrer Mutter nach XXXX könne sie nicht zurückkehren. Ihre Mutter habe nie viel übrig gehabt für sie. Sie habe sie nie unterstützt. Nachdem sie von der Schwangerschaft der Beschwerdeführerin erfahren habe, habe sie das dem Bruder erzählt. Sie wissen auch von der XXXX des Kindes. Deshalb dürfe die Beschwerdeführerin nicht mehr nach Hause. Bei ihrer Cousine oder ihrer Schwester könne sie nicht leben. Da hätte die Beschwerdeführerin keinen Platz. Im Falle ihrer Rückkehr würde sich die Beschwerdeführerin Sorgen wegen der XXXX ihres Kindes machen. Es gebe viele Überfälle auf XXXX in der Ukraine. Sie mache sich auch Sorgen, weil sie keine Wohnung habe und dass ihr Bruder dem Kind etwas antun würde. In den letzten zwei Monaten vor ihrer Ausreise sei sie nach XXXX zurückgekehrt und habe bei einer Freundin und ihrer Cousine gewohnt. Der Vater der Beschwerdeführerin sei vor kurzem verstorben.
Der Beschwerdeführerin wurden aktuelle Länderberichte zur Lage in der Ukraine zur Kenntnis gebracht und ihr die Möglichkeit gegeben, dazu Stellung zu beziehen. Darauf verzichtete die Beschwerdeführerin.
Mit Schreiben vom 12.11.2009 richtete das Bundesasylamt eine Anfrage an die Staatendokumentation zu den Fragen, welche Unterstützungsmöglichkeiten bzw. Sozialleistungen der Beschwerdeführerin als alleinerziehende Mutter bei einer Rückkehr zur Verfügung stehen würden, ob ihr Lebensunterhalt bzw. ihre wirtschaftliche Existenz gewährleistet wäre und ob das Kind aufgrund seiner XXXX Diskriminierungen oder Gefährdungen in der Ukraine ausgesetzt wäre.
Der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 20.11.2009 ist kurz zusammengefasst Folgendes zu entnehmen: Ukrainische Staatsbürger, Ausländer, Staatenlose und Flüchtlinge, die ihren rechtmäßigen Wohnsitz in der Ukraine haben, haben Anspruch auf soziale Unterstützung seitens des ukrainischen Staates. Der ukrainische Staat bezahlt Kindergeld. Auch alleinstehenden Frauen steht Unterstützung zu. Seitens der ukrainischen Regierung gibt es keine gesonderte Unterstützung für die Wiedereingliederung in die Ukraine heimkehrender Staatsbürger. Die Unterstützung bei der Unterbringung Obdachloser gilt auch für ukrainische Heimkehrer. Es sei der Staatendokumentation nicht möglich eine Aussage darüber zu treffen, ob Lebensunterhalt und wirtschaftliche Existenz der Beschwerdeführerin und ihres Kindes in der Ukraine tatsächlich gewährleistet seien. Die Staatendokumentation könne lediglich Quellen zusammentragen. Die CARITAS unterstütze Rückkehrer mit Kleidung, bei der Arbeitssuche. Es gebe eine Unterkunft in KIEW, wo Rückkehrer bleiben können. Die Behörden führen keine offizielle Statistik über rassistisch motivierte Vorfälle oder damit zusammenhängende Verurteilungen. Medien und NGOs sprechen aber von einem signifikanten Anstieg von Gewaltakten gegen Angehörige verschiedener Minderheiten, besonders im ersten Quartal 2008.
Die Beschwerdeführerin wurde am 11.01.2010 vom Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, in Anwesenheit eines Dolmetschers für die russische Sprache niederschriftlich einvernommen und gab zur gesundheitlichen ihrer Tochter befragt an, dass die Ärzte nach wie vor nicht genau wissen, was die Tochter habe. Die Beschwerdeführerin habe heute aber Befunde mit. Abgesehen von der Muskelhypertrophie sei die Tochter aber gesund.
Der Beschwerdeführerin wurden die Ermittlungsergebnisse der Staatendokumentation zur Kenntnis gebracht und ihr die Möglichkeit gegeben, dazu Stellung zu beziehen. Darauf verzichtete sie. Der Beschwerdeführerin wurde vorgehalten, dass aufgrund der Länderfeststellungen ersichtlich sei, dass für alleinerziehende Mütter staatliche Unterstützung vorgesehen sei. Die Beschwerdeführerin sagte, was solle sie mit einem Kind machen, dass eine XXXX habe. Auf Vorhalt, dass ihr Kind aufgrund seiner XXXX keiner Gefährdung im Herkunftsstaat ausgesetzt sei, entgegnete die Beschwerdeführerin, sie habe das so verstanden, dass sich die Situation seit 2008 hinsichtlich rassistischer Übergriffe verschlechtert habe. Ihr stelle sich auch die Frage, wo sie dann wohnen soll. Es sei laut Länderfeststellungen schwer, eine Wohnung zu bekommen. Wenn die Verwandten ihr helfen könnten, wäre sie nicht hier.
Am 28.01.2010 langten eine Kopie des ukrainischen Inlandspasses der Beschwerdeführerin sowie eine Kopie der Sterbeurkunde ihres Vaters beim Bundesasylamt ein.
Mit Bescheid vom 22.03.2010, Zahl: 09 08.546-BAT, wies das Bundesasylamt den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg. cit. in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine ab (Spruchpunkt II.) und wies die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 leg. cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Ukraine aus (Spruchpunkt III.). Beweiswürdigend wurde kurz zusammengefasst festgehalten, dass die Befürchtung der Beschwerdeführerin dominiere, dass sie im Heimatland als alleinerziehende Mutter mit einem Kind XXXX keine Unterkunft und keine Versorgungsmöglichkeiten habe. Sie habe ihre "ganz auf sich allein gestellte Situation" mit dem Alkoholproblem des Bruders, seiner Aggressivität und der daraus resultierenden Verfolgung erklärt. Diese nachhaltige Verfolgung sei aber für die erkennende Behörde nicht glaubhaft nachvollziehbar. Bezüglich ihrer finanziellen Zukunftsängste werde angeführt, dass es Netzwerke gebe, die Rückkehrer und auch sozial schwache Bürger wie z.B. alleinerziehende Mütter nachhaltig unterstützen. Außerdem gebe es Kindergeld und Anspruch auf staatliche Unterstützung. Bezüglich ihrer Befürchtung, die Tochter wäre wegen ihrer XXXX rassistisch motivierten Übergriffen ausgesetzt, werde auf die Ausführungen im Bescheid der Tochter verwiesen.
Dagegen wurde mit formularartigem Schriftsatz vom 07.04.2010 fristgerecht Beschwerde wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Rechtswidrigkeit des Inhalts erhoben und die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung beantragt. Die Beschwerdeführerin erwähnte erneut, dass ihre Tochter eine XXXX habe und sich die Situation in der Ukraine seit 2008 hinsichtlich rassistischer Übergriffe sehr verschlechtert habe.
Mit Schreiben vom 10.06.2011 übermittelte die Beschwerdeführerin einen Entlassungsbericht des XXXX vom 13.10.2010, wonach die Beschwerdeführerin von 24.09.2010 bis 12.10.2010 wegen "Ikterus-V.a. Steinabgang bei Cholezystolthiasis, Verdacht auf NASH, Metabolisches Syndrom - Diabetes mellitus de novo, Arterielle Hypertonie, Adipositas, Hypercholesterinämie, Mikroalbuminurie" in stationärer Behandlung stehe.
Mit Schreiben vom 12.07.2011 übermittelte die Beschwerdeführerin einen Kurzarztbrief des XXXX vom 29.06.2011, wonach sie von 26.06.2011 bis 30.06.2011 wegen "K80.2 Cholezystolthiasis bei chronischer Cholecystitis, Arterieller Hypertonie, IDDM" in stationärer Behandlung gestanden sei.
Mit Schriftsatz vom 09.08.2011 gab die Beschwerdeführerin bekannt, dass sie einen Mitarbeiter von XXXX mit ihrer Vertretung beauftragt habe.
Mit einem weiteren Schreiben vom 21.01.2013 legte die Beschwerdeführerin einen Befund des XXXX vom 17.12.2012 vor, wonach sie wegen "Adipositas per magna (BMI 39), Arterieller Hypertonie, Insulinpflichtiger Diabetes mellitus und Hyperlipidämie" behandelt worden sei und am 13.12.2012 einen "Laparoskopischen Magenbypass" bekommen habe.
Mit Schreiben vom 25.02.2013 übermittelte die Beschwerdeführerin einen Schriftsatz. Bezugnehmend auf die bevorstehende Verhandlung möchte sie vorbereitend die Unterlagen zur Integration vorlegen. Weiters möchte sie auch auf die derzeitige Lage betreffend Rassismus in der Ukraine hinweisen und zitierte die Beschwerdeführerin hierzu diverse Länderberichte. Daraus ergebe sich, dass sich die Lage bezüglich Xenophobie und Rassismus nicht bloß, wie bereits im Zuge der Länderrecherche während des erstinstanzlichen Verfahrens festgestellt, seit 2008 verschlechtert habe, sondern dass diese Talfahrt sich seither fortgesetzt habe, was sich nicht zuletzt durch die Wahlergebnisse 2012, in der die rechtsgerichtete Partei "Swoboda" erstmals mit einem Wahlergebnis von rund 10 Prozent ins Parlament eingezogen sei, zeige. Da die Tochter der Beschwerdeführerin durch ihren XXXX Vater als XXXX gelte, hätte auch sie bereits als Kind mit diesem Problemen zu kämpfen. Die Beschwerdeführerin verweise auf die UN- Kinderrechtskonvention, die in Österreich in Verfassungsrang stehe. Im Falle einer Rückkehr drohe der minderjährigen Tochter regelmäßig massive Diskriminierung bis hin zu körperlichen Übergriffen, was einem Kind angesichts der Kinderrechtskonvention keineswegs zumutbar wäre. Auch in der Judikatur des Asylgerichtshofes sei in vergleichbaren Fällen bereits Asyl gewährt worden. Die Beschwerdeführerin zitierte aus einem Erkenntnis betreffend ein Mädchen, dessen Mutter aus der Ukraine und dessen Vater aus Afghanistan stamme (Asylgerichtshof 15.12.2009, C2 401.144-1/2008). Auch die Beschwerdeführerin und ihre Tochter gehören damit in Gesamtschau der aktuellen Länderberichte sowie der Judikatur des AsylGH einer sozialen Gruppe an, die einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt sei.
Die Beschwerdeführerin legte folgende Beweismittel vor:
Teilnahmebestätigung der XXXX vom 28.01.2013, wonach die Beschwerdeführerin seit Mai 2011, derzeit laufend, regelmäßig am Deutschkurs für Fortgeschrittene teilnehme;
Bestätigung der XXXX vom 22.02.2013, wonach die Tochter der Beschwerdeführerin, seit September 2012 im Kindergarten angemeldet sei, bis dato den Kindergarten an 28 Tagen besucht habe und die restliche Zeit Großteils unentschuldigt nicht anwesend gewesen sei;
Schreiben von XXXX vom 11.02.2013, wonach sie einen landwirtschaftlichen Betrieb habe und die Beschwerdeführerin anstellen und bei sich wohnen lassen möchte.
Am 04.04.2013 führte der erkennende Senat des Asylgerichtshofes eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, an welcher die Beschwerdeführerin, deren rechtsfreundliche Vertreterin sowie eine Dolmetscherin für die russische und ukrainische Sprache teilgenommen haben (siehe Verhandlungsprotokoll OZ 14Z). Das Bundesasylamt teilte mit Schreiben vom 13.03.2013 mit, dass die Teilnahme eines informierten Vertreters an der Verhandlung aus dienstlichen und personellen Gründen nicht möglich sei, beantragte jedoch aufgrund der gegebenen Aktenlage die Abweisung gegenständlicher Beschwerde.
In dieser Verhandlung zog die Beschwerdeführerin, nach eingehender und detaillierter Belehrung durch den vorsitzenden Richter über die rechtlichen Folgen und insbesondere die Rechtskraftwirkungen sowie nach Rücksprache mit ihrer rechtsfreundlichen Vertreterin, ihre Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. des o.a. Bescheides zurück. Somit erwuchs Spruchpunkt I. des o.a. Bescheides vom 22.03.2010, Zahl: 09 08.546-BAT, damit in Rechtskraft. Ihre Beschwerde gegen die Spruchpunkte II. und III. des o.a. Bescheides vom 22.03.2010 hielt die Beschwerdeführerin jedoch ausdrücklich aufrecht.
Die gegenständlich relevanten Teile der Verhandlung waren:
(...)
Möchten Sie zu den im erstinstanzlichen Verfahren bzw. der Berufungsschrift vorgebrachten Fluchtgründen bzw. Umständen Ihrer Flucht von sich aus eine Erklärung abgeben bzw. Richtigstellungen oder Ergänzungen vornehmen?
BF: Nein ich möchte nichts mehr hinzufügen, ich habe wahre Angaben getätigt. Die Verfahrensführung von seitens des BAA war korrekt. Ich möchte keine weiteren Ergänzungen vornehmen.
VR: Bitte schildern Sie mir in kurzen Worten Ihren Lebenslauf und detailliert die Gründe Ihrer Flucht.
BF: Am XXXX wurde ich in XXXX in der Ukraine geboren. Ich besuchte den Kindergarten, danach 8 Jahre Grundschule. Ich besuchte auch eine 3 jährige Berufsschule für Schneiderinnen, diese habe ich auch abgeschlossen. Danach arbeitete ich und ich habe mich mit Sport beschäftigt. Ich habe während meiner Schulzeit schwimmen gelernt. Ich habe wenig in meinem Beruf gearbeitet, darunter verstehe ich, dass ich nicht lange gearbeitet habe. Ich habe bei einem Schneider in einem Atelier gearbeitet und anschließend in einer Fabrik. Es gab in der Fabrik einen Konkurs, wann kann ich nicht genau sagen. Ich habe die Arbeit verloren und habe dann Gelegenheitsarbeiten angenommen dies war in XXXX. Einige Zeit vor der Ausreise nach Österreich arbeitete ich in Kiew in einem Restaurant, das war Ende 2007 bis knapp vor der Ausreise. Ein paar Monate vor der Ausreise verließ ich Kiew.
VR: Wo waren Sie zwischen der Ausreise und dem Verlassen aus Kiew?
BF: Ich war bei Freunden in XXXX, von dort bin ich dann auch ausgereist.
VR: Warum haben Sie die Ukraine verlassen?
BF: Unser Land ist ein rassistisches Land. Auch gibt es Differenzen zwischen Katholiken und Orthodoxen. Ich hatte einen Freund, sein Vater war aus XXXX und mein Freund wurde in der Ukraine getötet. Mit diesem Freund meine ich aber nicht den Vater meines Kindes. Das war nur ein Freund, er ist in XXXX aufgewachsen und ist auch dort geboren. Er war Trainer für Judo und Karate.
VR: Wann ist dieser Vorfall geschehen und wie hieß dieser Freund?
BF: Das war ca. im Jahr 2000 in XXXX. Bei uns hat man das alles als Unfall abgeschrieben. Er hieß XXXX.
VR: Bitte schildern Sie mir Ihre familiären Verhältnisse.
BF: Meine Mutter hatte aus der ersten Ehe eine Tochter und einen Sohn. Als diese Kinder ca. 14 Jahre alt waren, heiratete sie meinen Vater. Die vorhergehende Ehe wurde geschieden. Die Ehe ging schlecht, sie vertrugen sich nicht. Sie haben sich auch ebenfalls scheiden lassen. Das dürfte ca. XXXX gewesen sein, ich war damals XXXX Jahre alt. Mit meiner Halbschwester hatte ich guten Kontakt. Zu meinem Halbbruder gibt es gar keinen Kontakt. Nach dem Militärdienst begann er stark zu trinken. Er hat sich als Chef der Familie gefühlt und hat mich und meine Mutter des Öfteren verprügelt. Wir hatten nie ein nahes Verhältnis. Es war sehr schwierig, da wir in einer Wohnung wohnten. Das Verhältnis zu meiner Mutter war auch nicht sehr nahe, da sie mich nie verstanden hatte. Sie sagte, wenn ich ein XXXX Kind zu Welt bringen würde, bräuchte ich gar nicht mehr nach Hause kommen. Sonst war das Verhältnis wie es zwischen Töchtern und Müttern üblich ist.
VR: Bitte schildern Sie mir, wie Ihre Beziehung, aus der Ihre Tochter entstanden ist begann, und wie haben Sie diesen Mann kennenglernet?
BF: Ich habe ihn in Kiew kennengelernt, es war Ende 2007. Wir haben uns in einem Einkaufszentrum kennengelernt, ich arbeitete in einem Restaurant und er arbeitete als Wachmann. Er hat mir angeboten, dass ich zu ihm ziehen solle, damit wir das Geld nicht für 2 Wohnungen verschwenden würden. Ich bin dann zu ihm in Kiew gezogen. Danach war sein Visum abgelaufen. Er sollte ausreisen. Da war ich schon schwanger. Er ist dann ausgereist und danach reiste dann ich aus.
VR: Warum verließ er die Ukraine?
BF: Es war nicht so wie eine Verfolgung, aber es war so, als wir auf die Straße gingen, hörten wir die Leute sprechen und sein Visum war kurz vor dem ablaufen. Er wollte sich ein Visum für Europa ausstellen lassen, er sagte, er würde mich finden.
VR: Hatten Sie Probleme in Kiew?
BF: Ich nicht. Das einzige Problem war, dass meine Arbeit nicht legal war im Restaurant.
VR: Im Rahmen Ihrer Einvernahme am 12.11.2009 haben Sie folgendes angegeben: "Der Vater meiner Tochter, XXXX ist in sein Heimatland gefahren, ich bin schwanger, ich habe in Kiew schwarz gearbeitet und hatte dort nichts. Was hätte ich dort machen sollen? XXXX war verheiratet, konnte jedoch keine Kinder bekommen, seine Gattin befand sich in XXXX, er wollte nach Hause fahren und sich dort scheiden lassen." Im Rahmen dieses Verfahrens haben Sie nicht angegeben, dass Ihr Lebenspartner aus aufenthaltsrechtlichen Gründen die Ukraine verlassen hat und dass er dort aufgrund seiner XXXX einer Verfolgung ausgesetzt war.
BF: Das war nicht oft, verstehen Sie. Das sein Visum kurz vor dem Ablauf war, das ist die Wahrheit.
VR: Um meine Frage zu erläutern: Ihre Schilderungen im erstinstanzlichen Verfahren klingt so als ob Ihr XXXX Partner in die Heimat gefahren wäre um seine familiären Verhältnisse zu klären und dann der Kontakt abgerissen wäre.
BF: Ja, so ist es.
VR: Hatten Sie nach seiner Abreise noch Kontakt zu ihm?
BF: Nein. Ich habe meiner Schwester die Telefonnummer gegeben, aber er hat nicht angerufen.
VR: Hat er welche Kontaktdaten in XXXX angeben?
BF: Er hat nur die Stadt angegeben, sie hieß XXXX, aber eine genauere Adresse weiß ich nicht.
VR: Wann haben Sie entdeckt, dass Sie schwanger sind?
BF: Es war im Dezember 2008.
VR: Wie reagierte ihr damaliger Freund?
BF: Anfangs hat er lange nachgedacht, weil er mit seiner ersten Frau keine Kinder hatte. Dann hat er im Fernsehen eine Werbung eines neugeborenen Kindes gesehen und er sagte, es sei alles gut, weil er sehr lange nachgedacht hat. Er dachte ungefähr 1 Woche nach.
VR: Wann haben Sie Ihre Familie über Ihren Zustand informiert?
BF: Ich rief meine Mutter von Kiew aus an, oder war es die Schwester, ich weiß es nicht mehr. Ich habe mit meiner Mutter gesprochen, sie sagte, mein Bruder wisse alles. Meine Cousine wusste bereits davon und der Vater meiner Cousine hat es auch bereits gewusst. Meine Mutter besuchte oft diesen Onkel. Ich habe die Details schon vergessen.
VR: Wie reagierte Ihre Mutter darauf?
BF: Sie hat geweint und sagte zu mir, dass sie nicht dachte, dass ich ihr das in ihren alten Jahren noch antun würde. Für meine Mutter war es immer sehr wichtig, was die Leute herum sprechen würden. Sie sagte, wenn das Kind XXXX zur Welt kommt, dann bräuchte ich nicht mehr nach Hause kommen.
VR: Wie ging es nach diesem Anruf weiter?
BF: Ich habe dann aufgehört zu arbeiten und bin nach XXXX zurückgekehrt. Ich kam nach Hause zu meiner Cousine. Ich wohnte bei ihr 1 Monat und dann bei einer Freundin in XXXX.
VR: Warum sind Sie von Ihrer Cousine weggegangen?
BF: Es war schon Zeit, die Geburt stand bevor, sie sagte sie würde mir helfen.
VR: Das kann sich zeitlich nicht ausgehen, bitte denken Sie noch einmal genau nach, wie die chronische Abfolge war.
BF: Ich rief die Mutter im März 2009 an.
VR: Wann haben Sie Ihre Arbeit beendet?
BF: Es war Ende April 2009.
VR: Was geschah dann?
BF: Ich bin nach XXXX zu meiner Cousine gegangen. Sie hat sich gefreut, dass ich schwanger sei. Ich war in der Ukraine bei einer Ärztin die mir sagte, dass ich keine Kinder bekommen könnte, dies stimmte sichtlich nicht. Das war meine erste Schwangerschaft mit 35 Jahren.
VR: Wie reagierte Ihre Cousine auf die Herkunft des Vaters Ihre Kindes?
BF: Ganz normal. Sie ist nicht rassistisch eingestellt.
VR: Warum sind Sie dann von Ihrer Cousine ausgezogen?
BF: Sie lebt mit Ihrer Familie (Mann, Sohn und Tochter, welche ein Baby bekam), es waren einfach zu viele Personen in der Wohnung.
VR: Wie reagierte die Familie Ihrer Cousine auf die Schwangerschaft?
BF: Die Mutter meiner Cousine verstarb 2003, mein Onkel hat sich sehr darüber gefreut. Der Rest der Familie von ihr hat gut auf die Situation reagiert.
VR: Haben Sie sonstige Freunde oder Bekannt von Ihrer Schwangerschaft informiert?
BF: Ja. Ich rief einen Freund an und erzählte ihm, dass ich schwanger sei, er dachte natürlich, dass ich von einem Ukrainer schwanger sei, als ich ihm erzählte, dass der Vater ein XXXX sei. Meinte er nur, ob ich nicht verstehen würde, dass das Kind dann auch XXXX sei. Danach habe ich den Kontakt abgebrochen. Ich habe nicht besonders viele Freunde.
VR: Aus den Länderberichten geht hervor, dass die Situation für Frauen mit Kindern aus Ehen mit XXXX problematisch ist, das rassistisch motivierte Übergriffe vorkommen, gleichzeitig werden rassistische Übergriffe in der Ukraine entsprechend verfolgt und geahndet, da diese gesetzlich verboten sind und strafbare Handlungen darstellen.
Die BF ersucht um eine ausführliche rechtliche Bedeutung zwischen Asylgewährung und subsidiären Schutz.
Die BF bespricht sich ausführlich mit der anwesenden BFV. Im Anschluss zieht die BFV unter Zustimmung der Mandantin die Beschwerde gegen Spruchpunkt I ihres Bescheides sowie des Bescheides ihrer Tochter zurück. Ausdrücklich aufrechterhalten bleiben die Beschwerden gegen Spruchpunkt II.
Der VR fragt die BF ob Sie verstehe, worum es bei einer Zurückziehung geht und erteilt eine Belehrung der rechtlichen Folgen. Die BF bejaht dies.
Sohin wird festgehalten, dass der Spruchpunkt I des Bescheides vom 22.03.2010, FZ: 09 08.546-BAT betreffend XXXX ebenso in Rechtskraft erwächst, wie der Spruchpunkt I des Bescheides Ihrer Tochter vom 22.03.2010, FZ: 09 10.640-BAT betreffend XXXX.
VR: Gesetz den Fall Sie müssten in die Ukraine zurückkehren, an wen könnten Sie sich wenden, wer würde Sie unterstützen?
BF: Ich könnte bei niemanden leben. Meine Verwandten sind weder finanziell in der Lage dazu, noch gibt es für mich Platz. Auch meine Mutter lehnt ein Zusammenleben ab, da ich ein XXXX Kind habe. Auch lebt mein Halbbruder bei meiner Mutter, welcher mich auch schon früher geschlagen hat. Ich weiß, dass er aus meinem Kind einen Invaliden machen würde. Ich habe daher große Angst. Ich wüsste auch nicht wo ich eine Arbeit finden könnte, da es grundsätzlich sehr schwierig ist in der Ukraine Arbeit zu finden, ganz besonders schwierig ist es für mich, da große Teile der ukrainischen Gesellschaft Vorurteile gegen mich hegen würde. Die grundsätzlich schwierige Lage alleinerziehender Mütter in der Ukraine würde sich wegen meiner Lebensumstände ganz dramatisch darstellen.
VR: Bitte schildern Sie mir die gesundheitliche Situation Ihres Kindes.
BF: Mein Kind hatte unmittelbar nach der Geburt ein XXXX Problem im Gesicht, momentan sieht man davon gar nichts mehr. Ich glaube es geht auch mit einer XXXX einher. Das Kind sollte in Zukunft eine Art XXXX erhalten. Die Situation ist aber keinesfalls lebensbedrohlich, zumindest nicht mehr.
VR: Leidet Ihre Tochter unter sonstigen Krankheiten.
BF: Nein.
VR: Bitte schildern Sie mir Ihre gesundheitliche Situation.
BF: Ich hatte 3 Operationen in Österreich. Die erste Operation war Kaiserschnitt, die zweite war eine Gallenoperation und die 3 war einen Magenbypass, ich leide unter hohen Blutdruck und an Diabetes. Derzeit nehme ich auch Medikamente gegen Blutdruck, Zucker und Cholesterin.
VR: Würden Sie sich selbst als arbeitsfähig bezeichnen?
BF: Ja.
VR: Sind Sie unter ständiger medizinischer Betreuung?
BF: Ich bin nicht in Behandlung, aber ich muss wegen der Zuckerkrankheit zur Kontrolle.
Folgende Erkenntnisquellen werden der beschwerdeführenden Partei genannt und deren Inhalt erörtert: Beilage 1, Beilage 2, Beilage 3 und Beilage 4
Der VR bringt der BF und der BFV nachfolgende - vorläufige - Beurteilung der politischen und menschenrechtlichen Situation im Herkunftsstaat der BF unter Berücksichtigung des Vorbringens der BF auf Grund der dem Asylgerichtshof vorliegenden Informationsunterlagen (siehe oben) zur Kenntnis: Beilage 1, Beilage 2, Beilage 3 und Beilage 4
VR fragt um eine Stellungnahme.
BF: Ich möchte dazu keine Stellungnahme abgeben.
VR fragt die BF, ob sie noch etwas Ergänzendes vorbringen will.
BF: Ich möchte mich bedanken.
VR fragt die BFV, ob sie noch etwas Ergänzendes vorbringen will; dies wird verneint.
VR fragt die BF, ob sie die Dolmetscherin gut verstanden haben; dies wird bejaht.
Der Asylgerichtshof erhob Beweis durch folgende Handlungen:
Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Bundesasylamtes der Beschwerdeführerin.
Einsichtnahme in die Länderberichte, die der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegt wurden (vgl. Beilagen 1 bis 4 zum Verhandlungsprotokoll vom 04.04.2013 OZ 14Z), zu welchen die Beschwerdeführerin aber nicht Stellung nahm.
Die hinsichtlich der Länderfeststellungen verwendeten Quellen waren insbesondere:
Länderfeststellungen des Asylgerichtshofes zur Lage in der Ukraine (Stand Februar 2013, Beilage 1);
Bericht Staatendokumentation über die aktuelle Menschenrechtssituation in der Ukraine (Stand September 2012, Beilage 2);
Schreiben des Polizeilichen Verbindungsbeamten in der Ukraine vom 30.06.2010 (Beilage 3);
ACCORD Anfragebeantwortung vom 13.10.2009 (Beilage 4).
Abhaltung einer mündlichen Verhandlung am 04.04.2013 vor dem erkennenden Senat des Asylgerichtshofes (Zum exakten Inhalt wird auf die Niederschrift verwiesen, vgl. OZ 14Z).
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Folgender Sachverhalt steht als erwiesen fest:
1.1 Zum Herkunftsland der Beschwerdeführerin (Ukraine) wird Folgendes festgestellt:
Hinsichtlich der relevanten Situation in der Ukraine wird zunächst prinzipiell auf die im Akt einliegenden und der Beschwerdeführerin in der mündlichen Beschwerdeverhandlung überreichten Länderfeststellungen (vgl. die Beilagen 1 bis 4 zum Verhandlungsprotokoll vom 04.04.2013 OZ 14Z) verwiesen, zu denen die Beschwerdeführerin nicht substantiiert Stellung nahm. Aus diesen Länderfeststellungen ergibt sich für die im vorliegenden Fall relevante Situation, dass die Lage in der Ukraine, insbesondere im Hinblick auf die privaten, familiären und gesundheitlichen Probleme der Beschwerdeführerin, der angespannten Arbeitsmarktsituation im Herkunftsstaat sowie der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin ein Kind mit einem XXXX Staatsbürger hat, einem Refoulement der Beschwerdeführerin in die Ukraine gegenwärtig entgegenstehen würde.
Zwar muss grundsätzlich festgehalten werden, dass der ukrainische Staat hinsichtlich etwaiger rassistisch motivierter Übergriffe schutzwillig und schutzfähig ist, dass das ukrainische Gesundheitssystem prinzipiell intakt ist und auch alleinerziehende bzw. alleinstehende Frauen prinzipiell relativ problemlos in der Ukraine leben können, gegenständlich jedoch aufgrund der Rahmenbedingungen des Falles (XXXX Vater ihrer Tochter, welcher wieder in seinen Herkunftsstaat zurückgekehrt ist und zu dem die Beschwerdeführerin keinen Kontakt mehr hat, somit alleinerziehende und alleinstehende Mutter einer XXXX minderjährigen Tochter, zu erwartende gesellschaftliche Schwierigkeiten aufgrund der XXXX ihres Kindes, kein familiärer Rückhalt, da die Beschwerdeführerin wegen ihres XXXX Kindes von ihrer Mutter "verstoßen" wurde und auch mit ihrem bei der Mutter lebenden alkoholkranken Halbbruder deshalb Probleme bekommen würde, gesundheitliche Probleme der Beschwerdeführerin, nämlich vor allem Adipositas, arterielle Hypertonie, insulinpflichtige Diabetes mellitus, Hypercholesterinämie, angespannte Arbeitsmarktsituation) nicht sichergestellt ist, dass die Beschwerdeführerin die notwendige medizinische Versorgung erhalten und das zu ihrem Überleben und dem Überleben ihrer Tochter Notwendige durch ihre eigenen Arbeitsleistung erwirtschaften kann.
Aus diesen Länderfeststellungen werden insbesondere folgende Teile hervorgehoben:
(...)
Frauen / Kinder
Im 450-Sitze-Parlament waren 2010 36 Frauen vertreten den Posten des Sekretärs des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats. Unter den 18 Verfassungsrichtern waren zwei Richterinnen.
Vergewaltigung ist gesetzlich verboten, jedoch erwähnt das Gesetz nur indirekt die Vergewaltigung in der Ehe. Gemäß ukrainischem Innenministerium gab es 2011 586 angezeigte Fälle von Vergewaltigung oder versuchter Vergewaltigung. Das ist ein Rückgang von 2,3% gegenüber 2010.
Häusliche Gewalt gegen Frauen war weiterhin ein ernstes Problem. Vergewaltigung in der Ehe häufig.
Die Gesetze sehen bis zu fünf Tage Verwaltungshaft für häusliche Gewaltdelikte vor.
2011 registrierte das Innenministerium 162.768 Beschwerden wegen häuslicher Gewalt. Mit Jahresende waren 109.468 Personen deswegen unter Polizeibeobachtung, verglichen mit 102.133 2010. Die Polizei sprach in den ersten 9 Monaten 2011 76.100 Verwarnungen aus.
Laut Gesetz muß die Regierung ein Frauenhaus in jeder größeren Stadt betreiben, was sie in der Praxis teilsweise aus Geldmangel nicht tat. Nach offiziellen Angaben gibt es in der Ukraine 21 sozialpsychologische Beratungszentren und 15 Hilfszentren für Mütter und Kinder. NGOs betrieben zusätzliche Zentren in 8 Oblasten.
Private und kommunale Frauenhäuser existierten, waren aber nicht immer zugänglich oder nahmen keine Frauen von außerhalb auf. Zentren der Regierung konnten nur bedingt psychologische oder rechtliche Hilfe leisten.
Sexuelle Belästigung wird vor dem Gesetz wie Diskriminierung behandelt. Frauenrechtsgruppen bemängeln, dass es keinen effektiven Schutz gegen sexuelle Belästigung bieten kann. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz war ein verbreitetes Problem.
Laut Gesetz haben Frauen und Männer dieselben Rechte und werden für gleiche Arbeit gleich bezahlt, was in der Praxis generell beachtet wurde. Industrien in denen Frauen dominieren hatten dennoch die relativ geringsten Löhne.
(US DOS - US Department of State: 2011 Human Rights Reports: Ukraine, 05.2012)
Einige Fortschritte gab es auf dem Gebiet der Kinderrechte.
(EC - European Commission: Implementation of the European Neighbourhood Policy in 2011: Country Report on Ukraine, 15.5.2012)
Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ist gemäß der Verfassung verboten, Frauenrechte stellen jedoch für Regierungsbehörden keine Priorität dar. Menschenrechtsgruppen kritisieren die offene Diskriminierung durch Arbeitgeber aufgrund von Geschlecht, physische Erscheinung und Alter.
Frauenhandel für Prostitutionszwecke ist weiterhin ein großes Problem.
(Freedom House: Freedom in the World 2013, 01.2013)
Am 11. August 2011 gründete Präsident Janukowitsch per Dekret einen Ombudsmann für Kinderrechte.
Die ukrainische Staatsbürgerschaft wird durch Geburt in der Ukraine (jus soli) oder über die Eltern erworben (jus sanguinis). Ein Kind das staatenlosen Eltern in der Ukraine geboren wird ist Ukrainer. Kinder müssen innerhalb einen Monats aber der Geburt registriert werden.
Obwohl Schulbildung kostenlos und bis zum 15. Lebensjahr verpflichtend ist, leidet das Schulsystem an chronischer Unterfinanzierung. Gerade Kinder armer Eltern verlassen die Schule oft früher. Nach NGO-Angaben besuchten 2009 mehr als 20.000 Kinder keine Schule. Mangel an erreichbaren Schulen ist vor allem in ländlichen Gegenden und bei Roma ein Problem. Viele Kinder arbeiten in der Landwirtschaft, in illegalen Kohlegruben oder werden von ihren Eltern zum Betteln gezwungen.
Gewalt gegen Kinder und Missbrauch waren weiterhin ein Problem. In den ersten 11 Monaten 2011 wurden 9.926 Kinder Opfer von Verbrechen, darunter 57 vorsätzliche Körperverletzungen. Das Büro des Generalstaatsanwalts registrierte im selben Zeitraum 124 Vergewaltigungen von Kindern. Für das Zwingen von Kindern zur Bettelei ist eine Gefängnisstrafe bis zu 3 Jahren vorgesehen.
Kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Kindern ist weiterhin ein ernstes Problem, so kommt etwa ein signifikanter Anteil der Internet-Kinderpornographie aus der Ukraine. Am 20. Jänner 2010 verschärfte das ukr. Parlament die Strafen für Kinderpornographie.
Im November 2011 gab es im Land 117 Unterbringungszentren für Kinder im ganzen Land mit einer Kapazität von 4.243 Plätzen. Bis September 2011 kamen 10.700 Kinder in diese Zentren.
(US DOS - US Department of State: 2011 Human Rights Reports: Ukraine, 05.2012)
(...)
Minderheiten
Ethnische Gruppen: Ukrainer 77.8%, Russen 17.3%, Weißrussen 0.6%, Moldawier 0.5%, Krimtartaren 0.5%, Bulgaren 0.4%, Ungarn 0.3%, Rumänen 0.3%, Polen 0.3%, Juden 0.2%, andere 1.8% (2001 census)
Offizielle Amtssprache ist Ukrainisch, das 67% der Ukrainer als Muttersprache sprechen. 24% geben Russisch an und 9% eine andere Sprache (es existieren kleine rumänische, polnische und ungarische Sprachgruppen.
(CIA World Factbook: Ukraine, 31.12.2012, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/up.html)
Ukrainisch ist einzige Staatssprache, jedoch wurden es mit Verabschiedung des sogenannten "Sprachengesetzes" im Sommer 2012 die Minderheitensprachen aufgewertet. Dies betrifft v.a. Russisch, aber auch Krimtatarisch sowie Rumänisch und Ungarisch in Teilen der Westukraine. Der ukrainischsprachige Unterrichtsanteil an Schulen und Hochschulen hat in den letzten Jahren mehr als 85 Prozent erreicht, während Russisch als Verkehrssprache nach wie vor sehr verbreitet ist und wieder an Bedeutung gewinnt. Generell ist der Westen des Landes eher ukrainischsprachig, der Osten und Süden eher russischsprachig.
(AA - Auswärtiges Amt: Länder, Reisen, Sicherheit: Ukraine - Kultur und Bildung, Oktober 2012)
Misshandlung von Minderheiten und Bedrohung gegenüber Fremden nicht-slawischen Aussehens waren weiterhin ein Problem, die Rate der Hassverbrechen sank aber weiter.
Anstiftung zu ethnischem und religiösem Hass ist verboten. Allerdings monieren Menschenrechtsorganisationen, dass die Bestimmung die den Nachweis eines direkten Vorsatzes verlangt, es schwierig macht dieses Gesetz in der Praxis anzuwenden. In der Tat verfolgten Polizei und Staatsanwälte Verdächtige eher wegen Hooliganismus.
Die Regierung räumte ein, dass Rassismus und ethnisch motivierte Angriffe ein Problem waren, dennoch sehen manche Offizielle die Angriffe als ein isoliertes Phänomen. Es gibt auch keine offiziellen Statistiken über rassistische Angriffe. NGOs zählten 2011 23 Angriffe mit 40 Opfern, gegenüber 7 Angriffen 2010. Die Polizei eröffnete Untersuchungen in 8 Fällen. Gemäß Büro des Generalstaatsanwalts wurden 2011 3 Fälle vorsätzlicher Anstiftung zum Hass vor Gericht gebracht. Untersuchungen in 3 weiteren Fällen waren zu Jahresende offen. Unterm Jahr wurden 5 Personen wegen Verstößen gegen das Gesetz zur Anstiftung zu ethnischem und religiösem Hass schuldig gesprochen (2010: 3; 2009: 4). 4 dieser 5 wurden amnestiert, der fünfte wegen tätiger Reue entlassen.
Das Strafgesetzbuch sieht erhöhte Strafen für Hassverbrechen vor.
NGOs berichten, die Polizei würde dunkelhäutige Personen willkürlich öfter kontrollieren. Es seien auch Opfer fremdenfeindlicher Übergriffe gelegentlich wegen Selbstverteidigung angeklagt worden.
(US DOS - US Department of State: 2011 Human Rights Reports: Ukraine, 05.2012)
Es gibt weiterhin Berichte über Diskriminierung aufgrund von Nationalität oder ethnischer Herkunft.
(EC - European Commission: Implementation of the European Neighbourhood Policy in 2011: Country Report on Ukraine, 15.5.2012)
Ein im August 2012 angenommenes Sprachengesetz, das Russisch offiziellen Status gewährt, wenn es in einer Region von mehr als 10% der Bevölkerung gesprochen wird, begünstigt effektiv das Russische gegenüber dem Ukrainischen. Minderheiten wie Krimtataren, Polen, Ungarn und Ruthenen u.a. sehen für siche keinen Nutzen aus diesem Gesetz.
(Freedom House: Freedom in the World 2013, 01.2013)
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Religionsfreiheit
Aufstachelung zum ethnischen oder religiösen Hass gilt als Verbrechen, es ist jedoch sehr schwer Vorsatz nachzuweisen. Daher verfolgten Polizei und Staatsanwaltschaft derartige Verbrechen als Hooliganismus. Das Strafgesetzbuch sieht erhöhte Strafen für Hassverbrechen vor.
(US DOS - US Department of State: 2011 Human Rights Reports: Ukraine, 05.2012)
Die Verfassung und die Gesetze garantieren Religionsfreiheit und die Regierung respektierte dieses Recht generell. Gelegentlich bezogen lokale Beamte bei Streitigkeiten zwischen Religionsgemeinschaften Stellung zugunsten einer Seite. Die Restitution von Eigentum an Religionsgemeinschaften war weiterhin ein Problem, die Regierung bemühte sich aber das zu beschleunigen.
Religiöse Gruppen müssen sich als lokale oder nationale Organisation registrieren lassen. Dazu brauchen sie zumindest zehn erwachsene Mitglieder um als juristische Person eingestuft zu werden. Die Registrierung ist notwendig um Geschäftsfähigkeit entfalten zu können, wie Eröffnen von Konten, Veröffentlichung eines Organs usw. Die Registrierung sollte laut Gesetz 1 Monat dauern. Abgelehnte Registrierungen können vor Gericht beeinsprucht werden. Die Registrierung wird durch widersprüchliche gesetzliche Bestimmungen erschwert.
Im Dezember 2010 schaffte Präsident Janukowitsch das Staatliche Komitee für Nationalitäten und Religionen (SCNR) ab und übertrug die meisten seiner Aufgaben dem Kulturministerium. Die Verantwortung für die Registrierung wurde dem neu geschaffenen Staatlichen Registrationsdienst übergeben.
Die Gesetze schränken die Aktivitäten von Religionsgemeinschaften mit Sitz im Ausland und von Priestern, Predigern und Lehrern ohne ukrainische Staatsbürgerschaft ein, es gibt aber keine Berichte, dass die Regierung das benutzt hätte um Gemeinschaften in ihren Aktivitäten zu beschränken.
Es gab Berichte über gesellschaftliche Diskriminierung aufgrund der Religion, inklusive Fälle von Antisemitismus und Anti-Islamismus und Vandalismus religiösen Besitzes.
(US DOS - US Department of State: 2011 International Religious Freedom Report: Ukraine, 30.7.2012)
Die Regierung schätzt dass es mehr als 35.000 Religionsgemeinschaften mit 55 Konfessionen in der Ukraine gibt. Nach Regierungsangaben machen christlich-orthodoxe Gruppen 51% der Religionsgemeinschaften aus. Die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche (Kiewer Patriarchat) ist die größte orthodoxe Gruppe (31% der Bevölkerung rechnen sich ihr zu), gefolgt von der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche (Moskauer Patriarchat) (26%) und der Ukrainischen Autokephal-Orthodoxen Kirche (2%).
Die Ukrainisch Griechisch-Katholische Kirche ist die größte nicht-orthodoxe Kirche der Ukraine. Außerdem leben etwa 1 Mio. Katholiken in der Ukraine.
Moslemführer schätzen die Zahl der Moslems in der Ukraine auf 2 Millionen, die Regierung und unabhängige Think Tanks hingegen schätzen sie auf 500.000.
Ca. 30% der Religionsgemeinschaften der Ukraine sind protestantisch, die Evangelikale Baptistische Union der Ukraine ist deren größte. Andere protestantische Gemeinschaften umfassen Pfingstbewegung, Siebenten-Tags-Adventisten, Lutheraner, Anglikaner, Calvinisten, Methodisten und Presbyterianer.
Geschätzte 103.600 Juden leben in der Ukraine, die Zahl der Menschen mit jüdischen Wurzeln wird auf 370.000 geschätzt.
Andere Gemeinschaften umfassen, Zeugen Jehovahs, Mormonen, Buddhisten, Falun Gong und Hare Krishnas.
(US DOS - US Department of State: 2011 International Religious Freedom Report: Ukraine, 30.7.2012)
(...)
Rückkehrfragen
Die Ukraine ist eine offene, wenig diversifizierte und stark modernisierungsbedürftige Volkswirtschaft. Sie gehört mit einem Pro-Kopf-Einkommen von rd. 3.600 USD in der Kategorisierung der Weltbank zu den "lower middle income"-Ländern. In den Jahren bis zu Beginn der internationalen Wirtschafts- und Finanzkrise 2008 konnte die Armutsrate deutlich gesenkt werden. Es gibt aber nach wie vor ein starkes Einkommensgefälle zwischen der Stadt Kiew und den übrigen Landesteilen.
Die Ukraine hat 2011 mit 5,2% nicht das notwendige Wachstum für eine nachhaltige wirtschaftliche Erholung erreicht, obwohl das Wachstum gegenüber 2010 (4,2%) bescheiden gestiegen ist. Noch immer leidet die ukrainische Wirtschaft an den Folgen des massiven Einbruchs 2009, als die Wirtschaftsleistung um 15% zurückging.
Der IWF unterstützt die Ukraine mit einem Milliardenkredit, der an eine Reihe von Auflagen geknüpft ist, die das Land bisher jedoch nicht umfassend umgesetzt hat. Die Auszahlung der Kredittranchen wurde daher vorläufig ausgesetzt.
Die Ukraine ist eine exportorientierte Volkswirtschaft. Die Exporte machen ca. 40% des BIP aus. Die wichtigsten Handelspartner der Ukraine nach Gesamtvolumen des Warenaustauschs sind Russland, Deutschland und China. Seit 2008 ist die Ukraine Mitglied der WTO. Sie hat außerdem mit der EU ein umfassendes und vertieftes Freihandelsabkommen ausgehandelt. Dieses ist Teil des EU-Ukraine-Assoziierungsabkommens, das noch nicht unterzeichnet wurde.
Russland drängt auf eine Mitgliedschaft der Ukraine in der Zollunion zwischen Russland, Kasachstan und Belarus.
(AA - Auswärtiges Amt: Länder, Reisen, Sicherheit: Ukraine - Wirtschaft, Oktober 2012)
Sozialleistungen des ukrainischen Staats setzen ein vorheriges Arbeitsverhältnis voraus. Das Sozialsystem umfasst Pensionen, medizinische Versorgung, Mutterschutz, Arbeitsverletzungen, Arbeitslosigkeit und Familienbeihilfe. Für Personen, die sich nicht für eine Alterspension qualifizieren gibt es eine Sozialpension. Die Krankenversicherung gilt auch für als arbeitslos gemeldete Personen.
(SSA - U.S. Social Security Administration, Social Security Programs Throughout the World: Europe, 2012: Ukraine, 08.2012)
Das Pensionssystem steht allen ukrainischen Staatsbürgern offen (einschließlich Rückkehrern).
(IOM - Internationale Organisation für Migration: Länderinformationsblatt Ukraine, August 2012)
Die offizielle Arbeitslosenrate liegt bei 2,1% (2010: 2,2%). Nach Schätzungen macht die Schattenwirtschaft etwa 20% der Arbeitsplätze aus.
Das im Oktober 2011 in Kraft getretene Gesetz über die Pensionsreform erhöhte die Mindestarbeitszeit für einen Pensionsanspruch (15 Jahre statt bisher 5) bzw. für den vollen Pensionsanspruch (35 Jahre statt bisher 25). Das Pensionsalter für Frauen und Staatsbeamte wurde auf 60 bzw. 62 Jahre erhöht. Als Teil einer Verwaltungsreform wurden im April 2011 spezielle Services für Behinderte und Veteranen geschaffen. Das Ministerium für Sozialpolitik erhielt die Verantwortung für die Auszahlung von Sozialgeldern an Familien und Jugendliche. Die Sozialdienstzentren werden reformiert.
(EC - European Commission: Implementation of the European Neighbourhood Policy in 2011: Country Report on Ukraine, 15.5.2012)
Die Caritas Ukraine unterstützt sozial schwache Bürger, beispielsweise alte Menschen (Heimhilfe), HIV-positive und aidskranke Menschen, Alkohol-/Drogenabhängige, "Krisenfamilien", Straßenkinder, (Sozial-)Waisen, Behinderte, Rückkehrer, Strafgefangene usw. Das Metropolitan Andrey Sheptytsky Hospital in Lemberg bietet medizinische, soziale, ambulante u.a. Dienste für Alte, Patienten die psychische Beratung benötigen, HIV-positive (auch Kinder) und deren Familien), Alkohol-/Drogensüchtige usw. und es gibt eine Palliativ- und Hospizstation.
(Caritas Ukraine,
http://caritas-ua.org/index.php?option=com_content&view=article&id=461&Itemid=89&lang=en,)
2008 entstand aus dem ERSO-Netzwerk, eines Verbundes von elf europäischen NGOs, der es sich zum Ziel gesetzt hat Rückkehrwilligen in der Ukraine nachhaltig zu helfen, das Ukrainian Solidarity Network, das 30 Partnerorganisationen aus 15 Regionen der Ukraine umfasst. Dieses Netzwerk fördert Reintegrationsprojekte, die ukrainische Migranten, die heimkehren wollen, mit sozialer, psychologischer, informativer, rechtlicher und finanzieller Unterstützung helfen.
2011 begann die Caritas Ukraine mit dem Projekt STAVR (Strengthening Tailor-made Assisted Voluntary Return) zur Rückkehrhilfe für Ukrainer in Belgien.
(Caritas Ukraine: Reintegration Assistance,
http://caritas-ua.org/index.php?option=com_content&view=article&id=468%3Areintegration-assistance&catid=34%3Amigration-processes&Itemid=93&lang=en,)
Gesundheitswesen
In der Ukraine haben auch in den letzten Jahren HIV-Infektionen und Tuberkuloseerkrankungen weiterhin zugenommen; besonders betroffen ist die Region Odessa. Die Ukraine hat europaweit eine der höchsten und am schnellsten wachsenden Raten an HIV-Neuinfektionen. Als Ursache sind der intravenöse Drogenmissbrauch und ungeschützter, heterosexueller Geschlechtsverkehr anzusehen.
Die medizinische Versorgung entspricht nicht westeuropäischem Standard.
(AA - Auswärtiges Amt: Länder, Reisen, Sicherheit: Ukraine - Reise- und Sicherheitshinweise, 11.1.2013 (unverändert gültig seit: 23.10.2012)
Die Ukraine hat ein Gesundheitsreformkonzept entwickelt und Pilotprojekte zur Dezentralisierung gestartet. Das Gesetz über die Gesundheitssicherheit und Bereitstellung von Gesundheitsversorgung und etablierte neue Institutionen für Gesundheitsfragen und Epidemiologie; Qualitätskontrolle bei Medikamenten; und HIV/AIDS. Im Jänner 2011 unterzeichnete der Präsident ein Gesetz über HIV/AIDS-Prävention und sozialen Schutz, das auch zum Kampf gegen Tuberkulose beiträgt. Das Land nahm weiterhin am HIV/AIDS-Think Tank der Europäischen Kommission teil. Im Jänner 2012 erhielt die Ukraine vom Globalen Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria USD 305 Mio. (EUR 228 Mio.) für den Kampf gegen HIV/AIDS 2012-2016.
(EC - European Commission: Implementation of the European Neighbourhood Policy in 2011: Country Report on Ukraine, 15.5.2012)
Der Verfassung zufolge, ist der Staat für die Schaffung von effizienten medizinischen Strukturen verantwortlich, die allen Bürger zugänglich sein sollen. Die staatlichen und kommunalen Gesundheitsinstitutionen bieten im Krankheitsfall eine kostenlose Versorgung an, benötigte Medikamente sind jedoch nicht eingeschlossen.
Die Kosten der Medikamente sind vom Anwendungsgebiet und vom Hersteller abhängig. Importierte Medikamente sind teurer als solche, die in der Ukraine hergestellt werden. Aspirin (20 Tabletten), das in der Ukraine hergestellt wurde kostet ca. UAH 5,-- (ca. EUR 0,50), wenn es aus der Schweiz stammt UAH 22,-- (ca. EUR 2,20).
Die Wirtschaftskrise hatte erhebliche Auswirkungen auf die medizinische Infrastruktur. In den großen Städten ist die Versorgung im Allgemeinen besser als in den ländlichen Gebieten.