TE OGH 2009/5/13 15Os39/09p

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Veröffentlicht am 13.05.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Mai 2009 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hofmann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Heinz G***** wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau als Schöffengericht vom 18. November 2008, GZ 16 Hv 44/08m-22, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Heinz G***** des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 25. oder 26. August 2007 in G***** an der am 14. Jänner 1998 geborenen, mithin unmündigen Yvonne B***** geschlechtliche Handlungen vorgenommen, indem er sie an der Scheide und im Brustbereich betastete.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie schlägt fehl. Die Verfahrensrüge (Z 4) behauptet eine Verletzung der Verteidigungsrechte durch Abweisung des in der Hauptverhandlung (unter Vorlage eines privaten psychologischen Befunds, wonach beim Angeklagten „keine pathologische Symptomatik im Bereich der Persönlichkeit" objektivierbar sei [./I zu ON 21]) gestellten Antrags auf Einholung eines psychiatrischen Gutachtens zum Beweis dafür, dass der Angeklagte „aufgrund seiner Veranlagung überhaupt nicht in der Lage ist, auch nicht prädestiniert ist", sowie „von seiner emotionalen Persönlichkeit nicht dazu geeignet ist, derartige Handlungen an einem Kind zu vollführen" (S 5 in ON 21). Das Schöffengericht durfte den Antrag mit zutreffender Begründung ablehnen, weil eine pädophile Neigung - deren Fehlen beim Angeklagten damit der Sache nach bewiesen werden sollte - weder Tatbestandsvoraussetzung für die inkriminierte Straftat ist, noch dargetan werden konnte, weshalb ohne eine solche pädophile Neigung die Begehung derartiger Straftaten ausgeschlossen sein sollte (vgl 15 Os 54/97, 13 Os 40/06s). Im Übrigen entspricht es gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Frage des Täterprofils bei Sexualdelikten gegen Kinder, dass die Täter nicht unbedingt pädosexuell veranlagt sein müssen (Peter/Bogets, Täter-Opfer-Beziehungen und Täterprofile bei pädosexuellen Straftätern, Kriminalistik 5/2008, 301; Urbaniok/Benz, Der pädosexuelle Täter, Kriminalistik 3/2005, 182; Bundschuh, Pädosexualität, Entstehungsbedingungen und Erscheinungsformen, 28 ff;

Becker, Pädophilie zwischen Dämonisierung und Verharmlosung, Werkblatt 1997, 5; Endres/Scholz, Sexueller Kindesmissbrauch aus psychologischer Sicht - Formen, Vorkommen, Nachweis, NStZ 1994, 466;

Friedrich, Tatort Kinderseele, 42 ff, 60).

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider stand die Aussage des Tatopfers darüber, dass es zur Tatzeit mit einer Jeanshose bekleidet war, den getroffenen Feststellungen schon deshalb nicht entgegen, als die Zeugin B***** - was die Beschwerde jedoch vernachlässigt - darüber hinaus auch angab, dass der Angeklagte deshalb in die Hose greifen habe können, weil diese „locker" gewesen sei (S 7 in ON 5). Demgemäß bedurften diese Depositionen aber keiner besonderen Erörterung im Urteil (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 424). Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang behauptet, „eine Bekleidung der Minderjährigen mit Unterhose, Strumpfhose und enger Jeanshose" hätte die festgestellte Tat „wohl kaum zugelassen", erschöpft sie sich in einer mit eigenständigen Beweiswerterwägungen vorgenommenen Kritik an der tatrichterlichen Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung. Entgegen dem weiteren Vorbringen bedurfte auch die Aussage der Zeugin S***** über das „Nach-Hause-Schicken" des Tatopfers durch sie und den Angeklagten (S 59 f in ON 17) keiner besonderen Erörterung, hat doch - der Beschwerde zuwider - die Sachverständige Dr. G***** weder ausdrücklich noch implizit eine Ablehnung des Tatopfers durch den Angeklagten als möglichen Grund für eine Falschaussage angesehen, sich vielmehr explizit zum Gegenteil bekannt (S 41 in ON 21: „... kann man nicht ableiten, dass das der Grund für eine länger aufrecht erhaltene bewusste Falschaussage wäre").

Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag mit eigenständigen Beweiswerterwägungen über mögliche Motive für eine Falschaussage des Tatopfers keine aus den Akten abzuleitenden erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu wecken. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der dazu erstatteten Äußerung des Verteidigers - als offenbar unbegründet bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Wien zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO). Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Anmerkung

E9091715Os39.09p

Schlagworte

Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inEvBl-LS 2009/114 = Jus-Extra OGH-St 4287XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0150OS00039.09P.0513.000

Zuletzt aktualisiert am

26.08.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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