TE OGH 2009/8/26 9Ob20/09w

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Veröffentlicht am 26.08.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Familienrechtssache des Antragstellers Gustav ***** L*****, vertreten durch Friedl & Holler RA-Partnerschaft in Gamlitz, gegen die Antragsgegnerin Ingrid L*****, vertreten durch Dr. Ralph Forcher, Rechtsanwalt in Graz, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 4. Februar 2009, GZ 1 R 273/08m-22, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Deutschlandsberg vom 20. September 2008, GZ 6 C 42/07a-18, aufgehoben und der Aufteilungsantrag zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Rekursgericht aufgetragen, über den Rekurs der Antragsgegnerin inhaltlich zu entscheiden.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die am 26. 1. 2002 geschlossene Ehe der Streitteile wurde am 27. 11. 2006 aus dem gleichteiligen Verschulden beider Parteien geschieden. Am 22. 11. 1993 - zu diesem Zeitpunkt lebten die Parteien bereits in Lebensgemeinschaft - hatte der Antragsteller um 300.000 ATS eine Liegenschaft mit einem Haus gekauft. Von 1996 bis 2001 nahmen die Parteien gemeinsam wesentliche Umbaumaßnahmen an den auf der Liegenschaft errichteten Gebäuden vor. Das Wohnhaus wurde wesentlich vergrößert, ein neuer Dachstuhl errichtet und das Dach neu eingedeckt. Die vorhandenen Räume wurde völlig neu adaptiert. Außerdem wurde ein neues Badezimmer errichtet. 2001 erwarb der Antragsteller eine weitere Grundfläche im Ausmaß von etwa 400 bis 500 m², die der in Rede stehenden Liegenschaft einverleibt wurde. Bei weiteren Umbaumaßnahmen wurden ein Wirtschaftsgebäude, eine Garage und ein Schwimmbad neu errichtet. Die Finanzierung dieser Maßnahmen erfolgte aus den Ersparnissen beider Streitteile. Zusätzlich nahm der Antragsteller einen Kredit auf, der zum 30. 11. 2006 mit 5.242,65 EUR aushaftete. Für diesen Kredit haftet nur der Antragsteller. Zum Zeitpunkt der Eheschließung am 26. 1. 2002 waren die Umbaumaßnahmen abgeschlossen. Sämtliche Vermögenswerte, die die Antragsgegnerin erspart hatte, waren zu diesem Zeitpunkt in die Liegenschaft investiert. Nach der Eheschließung wurde der Bereich zwischen Garage und Hauseingang überdacht und verfliest, das Schwimmbad adaptiert und der Garten durch die Antragsgegnerin gestaltet.

Mit Notariatsakt vom 25. 11. 2004 übertrug der Antragsteller einen Hälfteanteil der Liegenschaft im Schenkungsweg an die Antragsgegnerin. Dabei wurde festgehalten, dass die Antragsgegnerin

18.500 EUR zu den Umbauten beigetragen habe und die Liegenschaft um diesen Betrag mehr wert geworden sei. Ferner wurde in den Vertrag die Erklärung der Geschenknehmerin (Antragsgegnerin) aufgenommen, dass sie „als teilweise Gegenleistung für die Schenkung" ... „dem Geschenkgeber diese Schuld von EUR 18.500" erlasse und die Erklärung beider Vertragsteile, „dass hinsichtlich dieses Betrages zwischen ihnen gänzliche Forderungsaufhebung eintritt".

Bis Mitte 2006 stellte die Liegenschaft die Ehewohnung dar, in der auch die beiden Kinder der Parteien wohnten.

Mit seinem Aufteilungsantrag vom 12. 4. 2007 begehrte der Antragsteller die Übertragung des Hälfteanteils der Antragstellerin an der Liegenschaft in sein Eigentum und die Löschung des auf der Liegenschaft haftenden gegenseitigen Belastungs- und Veräußerungsverbots gegen eine Ausgleichszahlung von 10.000 EUR. Ferner begehrt er den Ausspruch seiner alleinigen Haftung für den von ihm aufgenommenen Kredit, sodass in Hinkunft er der Hauptschuldner sei und die Antragsgegnerin nur als Ausfallbürgin hafte. Der Antragsteller brachte vor, sowohl den Kaufpreis als auch die Investitionen - teilweise aus von ihm allein zurückzuzahlenden Fremdmitteln - finanziert zu haben. Er und eine minderjährige Tochter der Parteien lebten in der auf der Liegenschaft befindlichen Wohnung; er sei auf diese Wohnung angewiesen.

Die Antragsgegnerin erklärte sich mit der Übertragung ihrer Liegenschaftshälfte nur gegen Leistung einer Ausgleichszahlung einverstanden, die sie zunächst mit 75.000 EUR, zuletzt aber mit 158.878,68 EUR bzw - unter Berücksichtigung der durch die Baumaßnahmen eingetretenen Wertsteigerungen - mit 165.414,50 EUR bezifferte. Schließlich begehrte sie, die Ausgleichszahlung pfandrechtlich sicherzustellen.

Die Antragsgegnerin brachte vor, in die Liegenschaft 572.000 EUR investiert zu haben. Sie habe auch zu den Kosten der Lebensführung beigetragen und trotz Berufstätigkeit den Haushalt geführt sowie die Kinder betreut

Das Erstgericht übertrug den Hälfteanteil der Antragsgegnerin an der Liegenschaft an den Antragsteller, ordnete die Löschung des Belastungs- und Veräußerungsverbots an und trug dem Antragsteller eine Ausgleichszahlung von 10.000 EUR auf. Den Antrag des Antragstellers auf Beschlussfassung iSd § 98 EheG wies es ebenso ab, wie das Begehren der Antragsgegnerin auf Zuspruch einer 10.000 EUR übersteigenden Ausgleichszahlung. Mit diesem zuletzt genannten Begehren wurde die Antragsgegnerin auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Sachen, die ein Ehegatte in die Ehe eingebracht habe, unterlägen nicht der Aufteilung. Münde eine Lebensgemeinschaft in eine Ehe, behielten die von den Lebensgefährten einzeln oder gemeinsam in die Ehe eingebrachten Sachen ihre bisherige rechtliche Zuordnung, sei es als Eigentum eines der beiden, sei es als gemeinschaftliches Eigentum. Der Antragsteller habe daher die Liegenschaft in die Ehe eingebracht. Durch die während der Ehe erfolgte Schenkung des Hälfteanteils an die Antragsgegnerin unterliege dieser Hälfteanteil grundsätzlich der Aufteilung, wobei bei Liegenschaftsschenkungen unter Ehegatten im Allgemeinen der Wert der Liegenschaft bei der Ermittlung des dem Geschenkgeber aufzuerlegenden Ausgleichsbetrags weitgehend außer Ansatz bleibe. Lediglich eine Wertsteigerung der Liegenschaft zwischen Schenkungs- und Bewertungsstichtag könne berücksichtigt werden. Die wesentliche Wertsteigerung der Liegenschaft sei hier aber schon während der vorehelichen Lebensgemeinschaft erfolgt. Für die nach der Eheschließung erfolgten Investitionen und Adaptierungen sei eine Ausgleichszahlung von 10.000 EUR - unter Anwendung des § 273 ZPO - angemessen.

Der Antrag auf Beschlussfassung iSd § 98 EheG sei abzuweisen, weil der Antragsteller für den von ihm aufgenommenen Kredit ohnedies allein hafte.

Die Abweisung des Antrags iSd § 98 EheG erwuchs unangefochten in Rechtskraft.

Im Übrigen hat das Rekursgericht über Rekurs der Antragsgegnerin den erstgerichtlichen Beschluss aufgehoben und den Aufteilungsantrag des Antragstellers zurückgewiesen. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Der erstgerichtliche Beschluss sei im angefochtenen Umfang nichtig, weil das Erstgericht Verfügungen über einen Gegenstand getroffen habe, der nicht Gegenstand des Aufteilungsverfahrens sei. Zwar unterliege auch die von einem Ehegatten in die Ehe eingebrachte Wohnung der Aufteilung, wenn der andere Ehegatte auf die weitere Benützung zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse angewiesen sei oder wenn ein gemeinsames Kind an ihrer weiteren Benützung einen berücksichtigungswürdigen Bedarf habe (§ 82 Abs 2 EheG). Ein solcher Bedarf sei jedoch von der Antragsgegnerin nicht geltend gemacht worden. Dass die Liegenschaft bis Mitte November 2006 als Ehewohnung gedient habe, reiche für die Einbeziehung in die Aufteilungsmasse nicht aus.

Hier habe der Antragsteller die Liegenschaft, die er bereits vorher um 300.000 ATS gekauft habe, in die Ehe eingebracht. Der Großteil des nunmehrigen Werts sei durch beiderseitige Investitionen während der Lebensgemeinschaft geschaffen worden und unterliege somit nicht der nachehelichen Aufteilung. Die Liegenschaftshälfte der Antragsgegnerin sei im Sinn der Entscheidung 4 Ob 593/87 auch nicht dadurch Aufteilungsmasse geworden, dass ihr der Antragsteller diesen Anteil erst während der Ehe geschenkt habe. Die Streitteile könnten ihre Ansprüche daher nur im dafür vorgesehenen streitigen Verfahren geltend machen. Der angefochtene Beschluss müsse daher aufgehoben und das Verfahren für nichtig erklärt werden; der Aufteilungsantrag sei zurückzuweisen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, die zweitinstanzliche Entscheidung aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an das Erst- oder an das Rekursgericht zurückzuverweisen „oder" die angefochtene Entscheidung im Sinn der Bestätigung des erstgerichtlichen Beschlusses abzuändern. Die Antragsgegnerin beantragte, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, hilfsweise, ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus den im Folgenden angestellten Überlegungen zulässig und berechtigt.

Unbestritten steht fest, dass die Antragsgegnerin ihren Hälfteanteil an der den Gegenstand des Aufteilungsantrags bildenden Liegenschaft während der Ehe durch Schenkung erworben hat. Nun trifft es zwar zu, dass § 82 Abs 1 Z 1 EheG ua solche Sachen von der Aufteilung ausnimmt, die „ein Dritter" dem Ehegatten geschenkt hat. Daraus ist aber nach völlig herrschender Auffassung der Umkehrschluss zu ziehen, dass dieser Ausschluss für jene Sachen nicht gilt, die einem Ehegatten vom anderen geschenkt wurden (RIS-Justiz RS0057377; zuletzt 1 Ob 158/08d; Stabentheiner in Rummel³ § 82 EheG Rz 4; Bernat in Schwimann, ABGB³ § 82 EheG Rz 5; Hopf/Kathrein, Eherecht² § 82 EheG Anm 6; Koch in KBB² § 82 EheG Rz 2). Damit ist aber hier der vom Rekursgericht herangezogene Ausschlussgrund nicht verwirklicht. Das Rekursgericht begründet seine gegenteilige Rechtsauffassung mit der Entscheidung 4 Ob 593/87. In der Tat wurde in dieser Entscheidung die Zugehörigkeit einer der Ehegattin während der Ehe vom Ehemann geschenkten Liegenschaftshälfte zur Aufteilungsmasse verneint. Grundsätzlich wurde aber auch in dieser Entscheidung daran festgehalten, dass Sachen, die einem Ehegatten vom anderen geschenkt wurden, nicht unter die Ausnahme des § 82 Abs 1 Z 1 ABGB fallen. Die gegenteilige Beurteilung des konkreten Falls wurde mit den damals gegebenen besonderen Umständen begründet. Die Ehegatten hatten in diesem Fall schon vor der Ehe die Liegenschaft gemeinsam erworben und in weiterer Folge darauf gemeinsam ein Haus gebaut. Trotzdem stand die Liegenschaft zum Zeitpunkt der Eheschließung im Alleineigentum des Mannes. Durch die Schenkung der Liegenschaftshälfte während der Ehe sei daher - so die damalige Begründung - lediglich der den beiderseitigen Beiträgen zu Grunderwerb und Hausbau entsprechende Grundbuchstand hergestellt worden. Dies ändere aber nichts daran, dass beide Ehegatten Grund und Haus vor ihrer Eheschließung aus gemeinsamen Mitteln angeschafft haben und dass daher die Liegenschaft nur in Bezug auf die darauf gelegene Ehewohnung der Aufteilung unterliege.

Mit diesem der Entscheidung 4 Ob 593/87 zugrunde liegenden Sachverhalt ist jedoch der vorliegende Fall nicht vergleichbar. Hier war es der Antragsteller, der die Liegenschaft (und auch die nachträglich erworbene Erweiterungsliegenschaft) aus eigenen Mitteln bzw zum Teil aus von ihm zurückzuzahlenden Fremdmitteln erworben hat. Gemeinsam finanziert - zu welchen Anteilen wurde nicht festgestellt - wurde lediglich der Um- und Ausbau des schon zum Zeitpunkt des Erwerbs auf der Liegenschaft befindlichen Hauses. Dass - wie im Fall der Entscheidung 4 Ob 593/87 - durch die nach der Eheschließung erfolgte Schenkung einer Liegenschaftshälfte nur die Herstellung des Grundbuchstands erfolgte, der den beiderseitigen Beiträgen zum Ankauf und zum Bau des (zunächst nicht vorhandenen) Hauses entspricht, trifft daher im vorliegenden Fall nicht zu, in dem die Liegenschaft als solche und auch - jedenfalls in der Substanz - das darauf befindliche Haus vom Antragsteller aus seinen Mitteln erworben wurde. Entgegen der Meinung des Rekursgerichts liegt daher - wovon in erster Instanz ohnedies beide Parteien ausgegangen sind - der Ausschlussgrund des § 82 Abs 1 Z 1 EheG nicht vor.

Im Übrigen hat der Antragsteller vorgebracht, auf der Liegenschaft bzw in dem darauf befindlichen Haus, bei dem es sich bis zur Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft um die Ehewohnung handelte, mit einer minderjährigen Tochter der Parteien zu leben und auf diese Wohnmöglichkeit angewiesen zu sein (§ 82 Abs 2 EheG). Das Erstgericht ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass die Liegenschaft der Aufteilungsmasse unterliegt.

Eine andere Frage ist, wie die während der Ehe geschenkte Sache bei der Aufteilung wertmäßig den Ehegatten zuzuordnen ist (vgl dazu etwa 1 Ob 158/08d). Dies ist aber eine Frage der inhaltlichen Entscheidung des Aufteilungsverfahrens.

Da somit der vom Rekursgericht herangezogene Nichtigkeitsgrund nicht gegeben ist, war der angefochtene Beschluss aufzuheben und dem Rekursgericht aufzutragen, inhaltlich über den Rekurs der Antragsgegnerin gegen den erstinstanzlichen Beschluss zu entscheiden. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 78 Abs 1 AußStrG.

Anmerkung

E920259Ob20.09w

Schlagworte

Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inZak 2009/663 S 414 - Zak 2009,414 = EvBl-LS 2010/17 XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0090OB00020.09W.0826.000

Zuletzt aktualisiert am

15.03.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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