Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richter Dr. Gföllner als Vorsitzende, Dr. A. Henhofer und Dr. Morbitzer in der Strafsache gegen Ing. R***** Z***** u.a. wegen der Vergehen der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach §§ 159 Abs 1 und 2 (Abs 5 Z 3 und 4), 161 Abs 1 StGB über die Beschwerde der Angeklagten DI T***** Z*****, Ing. R***** Z*****, I***** Z*****, und H***** K***** gegen den Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom 20.11.2009, 40 Hv 132/08y-61, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:
Spruch
Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass die Gebühren des Sachverständigen Mag. H***** S*****, ***** mit EUR 4.000,-- (darin 20% USt) bestimmt werden.
Das Mehrbegehren von weiteren EUR 10.140,60 wird abgewiesen.
Text
B e g r ü n d u n g :
Die Staatsanwaltschaft Salzburg legt mit Strafantrag vom 25.08.2008, 19 St 260/08i (= ON 39), den Angeklagten Ing. R***** Z*****, I***** Z***** und H***** K***** jeweils das Vergehen der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach §§ 159 Abs 1 (Abs 5 Z 3 und 4), 161 Abs 1 StGB sowie T***** Ü***** und DI T***** Z***** jeweils die Vergehen der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach §§ 159 Abs 1 und 2 (Abs 5 Z 3 und 4), 161 Abs 1 StGB zur Last.
In diesem Strafverfahren war mit Beschluss vom 14.06.2007 Mag. H***** S***** zum Sachverständigen bestellt und mit der Erstattung eines schriftlichen Gutachtens zu den Ursachen und dem Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit der Ing. R. Z***** GmbH beauftragt worden (AS 1b).
Nach Durchführung einer Hauptverhandlung am 17.03.2009 (ON 50) wurde er vom Einzelrichter mit Note vom 02.04.2009 um Ergänzung des Gutachtens ersucht (AS 1g).
Mit Schreiben vom 29.06.2009 bestätigte der Sachverständige Mag. H***** S***** das Einlangen des Auftrags in seiner Kanzlei am 09.04.2009 und teilte „der Vorsicht halber mit, dass die Gebühren aufgrund der umfangreichen vorgelegten Unterlagen EUR 4.000,-- übersteigen können (§ 25 Abs 1a GebAG)“(ON 51a). Diese Mitteilung wurde vom Einzelrichter (kommentarlos) zur Kenntnis genommen.
Am 12.08.2009 langte das Ergänzungsgutachten samt Gebührennote über EUR 14.140,60 (darin enthalten EUR 2.356,75 USt) beim Erstgericht ein (ON 53).
Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte der Erstrichter die Gebühren des Sachverständigen Mag. H***** S***** antragsgemäß mit EUR 14.140,60 (ON 61).
Dagegen richtet sich die (gemeinsam ausgeführte) Beschwerde der Angeklagten Ing. R***** Z*****, I***** Z*****, DI T***** Z***** und H***** K***** mit dem Antrag, die Kosten des Sachverständigen mit EUR 4.000,-- zu bestimmen, weil er der Kostenwarnpflicht des § 25 Abs 1a GebAG nicht entsprochen habe; überdies sei ihnen die Gebührennote nicht zur Äußerung zugestellt worden und seien weder die für die beigezogenen Hilfskräfte verzeichneten Kosten (insgesamt EUR 3.055,--) noch die Kopierkosten (in Höhe von EUR 1.176,80) nachvollziehbar und sei auch die Gebühr für Mühewaltung (insgesamt EUR 7.238,--) unrichtig ermittelt worden (ON 62).
Der Sachverständige erstattete dazu eine Gegenäußerung, in welcher er ua geltend macht, mit Schreiben vom 29.06.2009 eine Kostenwarnung übermittelt zu haben (ON 65).
Die Beschwerde ist berechtigt.
Vorauszuschicken ist zunächst, dass den Angeklagten bislang keine Gelegenheit zur Äußerung zur Gebührennote (§ 39 Abs 1 GebAG) eingeräumt worden ist. Der Erstrichter hat zwar am 26.08.2009 die Zustellung des Ergänzungsgutachtens samt Kopie der Gebührennote an die Verteidiger „zur Äußerung binnen 10 Tagen“ verfügt (AS 1g verso). Die Kopien der Gebührennote befinden sich aber nach wie vor im Akt und wurden sichtlich nicht abgefertigt, weshalb die Verteidiger sich auch nur zum Ergänzungsgutachten äußerten (ON 59 und 60), nicht aber zur Honorarnote.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 25 Abs 1a GebAG hat der Sachverständige das Gericht bzw die Staatsanwaltschaft rechtzeitig bei sonstigem Entfall des entsprechenden Gebührenanspruchs auf die voraussichtlich entstehende Gebührenhöhe hinzuweisen, wenn zu erwarten ist oder sich bei der Sachverständigentätigkeit herausstellt, dass die tatsächlich entstehende Gebühr EUR 4.000,-- übersteigt. Diese, den Sachverständigen treffende Warnpflicht entfällt nur dann, wenn ihn das Gericht bzw die Staatsanwaltschaft davon anlässlich des Auftrages befreit hat.
Nach der Aktenlage erfolgte keine ausdrückliche Entbindung von dieser Verpflichtung. Das Schreiben des Sachverständige Mag. S***** vom 29.06.2009, wonach die Gebühren EUR 4.000.- übersteigen können (ON 51a), ist auch keine Kostenwarnung im Sinn des § 25 Abs 1a GebAG, weil sie nicht der vom Gesetz geforderten Kostenschätzung entspricht.
Die Vorschrift über die Warnpflicht soll gewährleisten, dass sich das Gericht (und die Parteien) möglichst frühzeitig eine grobe Vorstellung von den Kosten des Gutachtens machen können. Bei Gefahr einer erheblichen Kostenüberschreitung kann die Warnung des Sachverständigen auch Anlass sein, den Gutachtensauftrag präziser zu fassen, um (für das Beweisverfahren) frustrierte Aufwendungen zu vermeiden (303 der Blg XXIII.GP S 47). Der Sachverständige muss den erwartenden Kostenaufwand beziffern; die Warnung muss daher jedenfalls einen Betrag nennen, mit dem das Gericht und die Parteien bezüglich der Gutachtenskosten rechnen müssen. Es handelt sich dabei um eine ex ante Beurteilung, die von der Aktenlage im Zeitpunkt der Warnung auszugehen hat. Sollte sich diese Einschätzung im Laufe der Gutachtensarbeit ändern, muss der Sachverständige – gegebenenfalls mehrfach – die Warnung modifizieren (EFSlg 118.498 ff).
Dem von § 25 Abs 1a GebAG erhobenen Anforderungsprofil, das insbesondere einen Hinweis auf die Höhe der voraussichtlich entstehenden Kosten verlangt, wird das Schreiben des Sachverständigen Mag. H***** S***** vom 29.06.2009 nicht gerecht. Die bloße Mitteilung, dass die Gebühren aufgrund der umfangreichen vorgelegten Unterlagen EUR 4.000,-- übersteigen können (ON 51a), ist zur Erfüllung der Warnpflicht nicht ausreichend. Damit verliert der Sachverständige insoweit seinen Gebührenanspruch (vgl dazu auch 18 Bs 73/09f und 21 Bs 88/09h je des Oberlandesgerichtes Wien; Krammer in RZ 2009, 228; insoweit zustimmend auch Keppert in RZ 2009, 227; die Entscheidung 8 Bs 117/09a des Oberlandesgerichtes Linz hingegen betrifft einen nicht vergleichbaren Sachverhalt einer ungefähren Schätzungssumme).
Es waren daher die Gebühren des Sachverständigen mit EUR 4.000,-- (inkl. USt) zu bestimmen und das Mehrbegehren – zufolge Unterlassung der Warnung nach § 25 Abs 1a GebAG – abzuweisen. Damit erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen.
Aus § 41 Abs 3 letzter Satz GebAG ist abzuleiten, dass im Gebührenbestimmungsverfahren weder der Sachverständigen noch die Parteien einen Anspruch auf Kostenersatz haben. Dies gilt sowohl für die Gebührenverzeichnung, die Äußerung nach § 39 Abs 1 als auch für Rechtsmittel und Rechtsmittelbeantwortungen (Krammer/Schmidt GebAG3 Anm 16 zu § 41). Die Angeklagten haben daher die Kosten ihres - erfolgreichen - Rechtsmittels selbst zu tragen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung steht kein weiteres Rechtsmittel zu.
Textnummer
EL0000116European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OLG0459:2010:0070BS00110.10S.0409.000Im RIS seit
05.10.2010Zuletzt aktualisiert am
05.10.2010