Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Februar 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kirnbauer als Schriftführerin in der Finanzstrafsache gegen Herbert B***** wegen Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 38 Abs 1 lit a, 13 FinStrG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 7. Juli 2010, GZ 37 Hv 127/08w-44, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im freisprechenden Teil unberührt bleibt, aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Wiener Neustadt verwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Herbert B***** - soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung - (richtig: jeweils) mehrerer Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 38 Abs 1 lit a, 13 FinStrG (I) und nach §§ 33 Abs 2 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG (II) schuldig erkannt.
Danach hat er (zusammengefasst) in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, eine Verkürzung von Umsatzsteuer
(I) unter Verletzung „seiner“ abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht
A) bewirkt, und zwar von 43.249,32 Euro durch Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2003;
B) zu bewirken versucht, und zwar von insgesamt 72.731,57 Euro durch Nichtabgabe von Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2001, 2002 und 2004;
(II) unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen für die Monate Juli bis Dezember 2000 in Höhe von insgesamt 12.145,01 Euro bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus den Gründen der Z 3, 5, 5a, 9 lit a und b und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist berechtigt.
Zu Recht kritisiert der Beschwerdeführer im Rahmen der Verfahrensrüge (Z 3, der Sache nach Z 9 lit a) hinreichend deutlich, dass das Erstgericht zwar Verkürzungsbeträge festgestellt und diese großteils den angelasteten Taten (vgl allerdings zum Tatbegriff beim Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG: RIS-Justiz RS0124712) zugeordnet hat (US 8 f), die Entscheidungsgründe jedoch Konstatierungen vermissen lassen, welche abgabenrechtlich relevanten Sachverhalte vom Beschwerdeführer nicht erklärte Umsatzsteuern oder Umsatzsteuervorauszahlungen in welchem Ausmaß auslösten (vgl RIS-Justiz RS0107044).
Da der aufgezeigte Rechtsfehler mangels Feststellungen eine Kassation der Schuldsprüche bereits bei der nichtöffentlichen Beratung unumgänglich machte (§ 285e StPO), war auf das weitere Beschwerdevorbringen nicht einzugehen.
Im zweiten Rechtsgang werden - im Fall eines neuerlichen Schuldspruchs - in objektiver Hinsicht auch eindeutige Feststellungen zum Steuersubjekt (den Entscheidungsgründen ist dazu nicht einmal eindeutig zu entnehmen, ob sich der Vorwurf der Abgabenhinterziehung auf den Beschwerdeführer als Einzelunternehmer oder als Geschäftsführer der B***** & B***** GmbH bezieht [vgl US 3, 6 f und 9 f]) und zur subjektiven Tatseite zu treffen sowie § 33 Abs 5 zweiter Satz FinStrG idF BGBl I 2010/104 Rechnung zu tragen sein.
Schlagworte
StrafrechtTextnummer
E96562European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2011:0130OS00139.10F.0217.000Im RIS seit
02.04.2011Zuletzt aktualisiert am
02.04.2011