Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf, Hon-Prof. Dr. Kuras, Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Ursula Sänger, 1120 Wien, Edelsinnstraße 34/1/2, 2.) Andreas Eder, 2301 Probsdorf, Fadenweg 4, 3.) Ing. Herbert Langner, 2040 Breitenwaida, Tullner Straße 159, alle vertreten durch Mag. Dr. Katrin Gürtler und Mag. Nikolaus Reisner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei TNT-Paintballers, Verein, ZVR 847384544, 2380 Perchtoldsdorf, Brunnergasse 29/15, vertreten durch Mag. Brunner, Mag. Stummvoll, Rechtsanwälte OG in Graz, wegen Unterlassung (Streitwert 12.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 23. Dezember 2010, GZ 12 R 204/10y-66, mit dem infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 13. August 2010, GZ 23 Cg 146/07i-62, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 963,88 EUR (darin enthalten 160,64 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Entscheidung des Berufungsgerichts, dass das Erstgericht berechtigt dem Klagebegehren auf Unterlassung von Veranstaltungen oder den Betrieb von Paintball-Zusammenkünften, Paintball-Spielen oder ähnlichen Veranstaltungen auf einem bestimmten Grundstück im Rahmen des Jagdgebiets der Kläger stattgegeben hat, ist zutreffend. Der Oberste Gerichtshof kann daher nach § 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO insoweit auf die Richtigkeit dieser Entscheidung verweisen.
Ergänzend ist Folgendes hervorzuheben:
1. Der wesentliche Sachverhalt lässt sich dahin zusammenfassen, dass sich die Aktivitäten des beklagten Paintball-Vereins auf einem etwa 5500 - 6000 m² großen Grundstücksteil im Gebiet der von den drei klagenden Jagdpächtern gepachteten Genossenschaftsjagd entfalten. An ca 25 bis 35 Spieltagen pro Jahr werden im Schnitt zwischen 25.000 und 35.000 Schuss abgegeben. Dadurch tritt eine Beunruhigung des Wildes ein. Inwieweit die Reduktion des Wildbestands auf den Betrieb des Paintball-Spiels zurückzuführen ist, kann nicht mit Sicherheit beurteilt werden, jedoch ist die von diesem Spiel ausgehende Störung mancher Wildarten als erheblich einzustufen und geeignet eine Reduktion des Wildbestands im näheren Umfeld des Spielfelds herbeizuführen.
Rechtliche Beurteilung
2. Nach § 97 Abs 1 des NÖ Jagdgesetzes 1974 ist - unbeschadet der Bestimmung des § 99 Abs 7 des NÖ Jagdgesetzes 1974 - jagdfremden Personen, also solchen, die von den Jagdausübungsberechtigten zur Jagd weder zugelassen noch für diese verwendet werden, jede Verfolgung oder Beunruhigung des Wildes untersagt. § 99 Abs 7 des NÖ Jagdgesetzes legt dann fest, dass jeder befugt ist, im Einzelnen aufgezähltes Wild durch verschiedene Vorrichtungen von seinem Grundstück fernzuhalten und daraus zu vertreiben.
Die §§ 64 und 65 des NÖ Jagdgesetzes regeln die Befugnisse der Jagdaufsicht im Zusammenhang mit der Abwehr von Verletzungen der zum Schutz des Wildes und der Jagd erlassenen Bestimmungen.
3. Der Oberste Gerichtshof hat nun bereits ausgesprochen, dass ein Jagdberechtigter gegen die Störungen innerhalb seiner rechtlichen Befugnisse nicht nur auf die Erstattung von Verwaltungsanzeigen verwiesen wird, sondern auch Unterlassungsklagen einbringen kann (RIS-Justiz RS0118323; SZ 2003/143). Auch zum NÖ Jagdgesetz wird festgehalten, dass die Berechtigung zur Abwehr störender Einflüsse auf das Jagdrevier auch dann gegeben ist, wenn eine konkrete Beunruhigung nicht nachgewiesen wurde, aber dem Verhalten die Eignung innewohnt, das Wild zu stören und damit den Jagdbetrieb zu beeinträchtigen (RIS-Justiz RS0113799). In diesem Zusammenhang wurden etwa sowohl Nachtsafaris (7 Ob 251/03t = SZ 2003/143) aber uU auch Mountainbikefahren als solche Verrichtungen angesehen (1 Ob 159/00i; ähnlich zum Modellflugbetrieb 5 Ob 204/01p). Gegenteiliges kann auch nicht der Entscheidung 6 Ob 56/08s entnommen werden, weil damals die beweispflichtigen Beklagten (vgl auch RIS-Justiz RS0010474) bereits eine Gewöhnung des Wildes an eine Forststraße und insoweit die mangelnde Eignung nachgewiesen hatten.
4. An diesen Grundsätzen kann es auch nichts ändern, wenn der Grundeigentümer in diesem Fall der Präsident des beklagten Vereins ist. Dies schon deshalb, weil der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen hat, dass der Gesetzgeber auch verfassungsrechtlich einwandfrei Eigentumsbeschränkungen verfügen kann, wenn dies nicht den Wesensgehalt des Grundrechts berührt und im öffentlichen Interesse liegt (RIS-Justiz RS0038544 mzwN). Davon kann aber schon im Hinblick auf das Bedürfnis nach einer geordneten Ausübung der Jagd ausgegangen werden (vgl VfSlg 9121; EGMR Bsw 9300/07).
5. Soweit sich der Beklagte auch noch auf die „ortsübliche Benutzung“ iSd § 364 Abs 2 ABGB bezieht (vgl auch RIS-Justiz RS0010587 - zur Beeinträchtigung der örtsüblichen Nutzung), ist ihm entgegenzuhalten, dass er einen dahingehenden Einwand im erstgerichtlichen Verfahren nicht konkretisiert hat. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, inwieweit das Verhalten des Beklagten als „ortsüblich“ zu qualifizieren wäre.
6. Insgesamt ist daher der Revision des Beklagten nicht Folge zu geben.
7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50 und 41 ZPO. Es war von einem Einheitssatz von 50 % auszugehen.
Textnummer
E97673European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2011:0090OB00015.11P.0628.000Im RIS seit
12.07.2011Zuletzt aktualisiert am
20.09.2011