TE AsylGH Erkenntnis 2008/07/30 D7 258617-3/2008

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.07.2008
beobachten
merken
Spruch

D7 258617-3/2008/3E

 

Erkenntnis

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. Loitsch als Einzelrichterin über die Beschwerde des R. K., geb. 1980, Staatsangehörigkeit Ukraine, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.07.2008, Zahl 08 04.851-EAST Ost, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 in der Fassung BGBl. I Nr. 5/2008 (AVG), in Verbindung mit

 

§ 68 Abs. 1 AVG und § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008 (AsylG 2005), als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

1. Der (nunmehrige) Beschwerdeführer, Staatsangehörigkeit Ukraine, gelangte unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet und brachte am 06.12.2004 beim Bundesasylamt seinen ersten Asylantrag, Zahl 04 24.590-BAE, ein. Der Antragsteller wurde anlässlich niederschriftlicher Einvernahmen vor dem Bundesasylamt am 15.12.2004 und am 15.02.2005 zu seinen Ausreisegründen befragt. Mit Bescheid vom 17.02.2005, Zahl:

 

04 24.590-BAE, wies das Bundesasylamt den Asylantrag in Spruchpunkt I. gemäß

 

§ 7 AsylG 1997, BGBl I Nr. 76/1997 idgF ab und erklärte in Spruchpunkt II. des Bescheides die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers in die Ukraine gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. für zulässig. In Spruchpunkt III. des Bescheides wurde der Asylwerber gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen.

 

Gegen den Bescheid des Bundesasylamtes, zugestellt am 18.02.2005, richtete sich eine fristgerecht am 23.02.2005 eingebrachte Berufung.

 

Mit Telefax vom 31.03.2005 langten ein Protokollvermerk und eine gekürzte Urteilsausfertigung des Landesgerichtes beim Unabhängigen Bundesasylsenat ein. Mit Telefax vom 24.08.2005 übermittelte das Bundesasylamt ein Email der Bundespolizeidirektion, Fremdenpolizeiliches Referat, vom selben Tag, worin mitgeteilt wurde, dass sich der Beschwerdeführer seit 08.08.2005 in der Justizanstalt J. in Untersuchungshaft befinde.

 

Mit Aktenvermerk des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 31.08.2005 wurde das Berufungsverfahren wegen Abwesenheit des Beschwerdeführers gemäß § 30 AsylG 1997 eingestellt.

 

Mit Schreiben vom 13.09.2005 übermittelte das Bundesasylamt ein Telefax der Bezirkshauptmannschaft B., Außenstelle Traiskirchen, aus dem hervorging, dass sich der Beschwerdeführer seit 12.09.2005 im Polizeianhaltezentrum in Schubhaft befinde.

 

Für den 19.10.2005 wurde zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat anberaumt. Der Beschwerdeführer wurde ordnungsgemäß geladen. Der Beschwerdeführer blieb, trotz nachweislichen Erhaltes der Ladung zur öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat am 19.10.2005, der Verhandlung unentschuldigt fern.

 

Für den 14.12.2005 wurde zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes neuerlich eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat anberaumt. Der Beschwerdeführer wurde ordnungsgemäß geladen, blieb aber dennoch der Verhandlung unentschuldigt fern.

 

Mit Aktenvermerk des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 15.12.2005 wurde das Berufungsverfahren wegen Abwesenheit des Beschwerdeführers neuerlich gemäß

 

§ 30 AsylG 1997 eingestellt.

 

Am 19.01.2006 langte ein schriftlicher Antrag auf Fortsetzung des Berufungsverfahrens beim Unabhängigen Bundesasylsenat ein. Für den 30.03.2006 wurde zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes zum dritten Mal eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat anberaumt.

 

Mit Schreiben des Bundesasylamtes vom 30.01.2006 wurde ein Email der Polizeiinspektion T. übermittelt, wonach der Beschwerdeführer wegen eines aufrechten Haftbefehls am 26.01.2006 in das Landesgericht eingeliefert wurde.

 

Die für den 30.03.2006 im Gebäude des Unabhängigen Bundesasylsenates geplante Verhandlung wurde abberaumt und für den 00.02.2006 im Landesgericht für Strafsachen eine mündliche Verhandlung vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat anberaumt und danach mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 14.03.2006, Zahl:

258.617/32-VIII/40/06, die Berufung gemäß §§ 7, 8 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. 101/2003 (AsylG 1997) mit der Maßgabe abgewiesen, dass Spruchpunkt III. zu lauten hat: "Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997 wird R. K. aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Ukraine ausgewiesen."

 

Der Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 14.03.2006 wurde dem Beschwerdeführer am 21.03.2006 in der Justizanstalt zugestellt und erwuchs damit in Rechtskraft.

 

2. Der Beschwerdeführer brachte am 31.08.2006 beim Bundesasylamt seinen zweiten Antrag, diesmal auf internationalen Schutz, Zahl: 06 09.115 EAST-Ost, ein. Der Antragsteller wurde am 06.09.2006 vor dem Bundesasylamt zu den Gründen für Einbringung seines zweiten Antrages befragt und gab diesbezüglich im Wesentlichen kurz zusammengefasst an, dass er seit seiner ersten Asylanragstellung nicht in seinen Herkunftsstaat zurückgekehrt sei. Der Asylwerber habe seine Probleme in der Ukraine bereits anlässlich seiner ersten Asylantragstellung erzählt. Er habe keine neuen Fluchtgründe vorzubringen. Seine Fluchtgründe hätten bereits zum Zeitpunkt der ersten Asylantragstellung bestanden. Der Asylwerber habe keine Beweismittel vorzulegen.

 

Der Antragsteller wurde am 11.09.2006 neuerlich vor dem Bundesasylamt zu den Gründen für die Einbringung eines Antrages auf internationalen Schutzes befragt und gab diesbezüglich im Wesentlichen kurz zusammengefasst an, dass er noch immer Angst vor den gleichen Personen in der Ukraine habe und dass er dies bereits anlässlich seiner ersten Asylantragstellung geschildert habe.

 

Mit Bescheid vom 13.09.2006, Zahl 06 09.115 EAST-Ost, wies das Bundesasylamt den Antrag des Asylwerbers gemäß § 68 Abs. 1 AVG, BGBl 1991/51 idgF in Spruchpunkt I. wegen entschiedener Sache zurück. In Spruchpunkt II. des Bescheides wurde der Asylwerber gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Ukraine ausgewiesen.

 

Gegen den am 14.09.2006 zugestellten Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.09.2006, Zahl 06 09.115 EAST-Ost, richtete sich eine fristgerecht am 25.09.2006 eingebrachte Berufung.

 

Die Berufung wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 12.10.2006, Zahl 258.617/37-VIII/40/06, gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 61 des Asylgesetzes BGBl. Nr. 100/2005 im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG und § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 abgewiesen.

 

Eine Anfrage beim Zentralen Melderegister am 12.10.2006 verlief erfolglos, der neue Aufenthaltsort des Beschwerdeführers war nicht bekannt und vom Beschwerdeführer dem Unabhängigen Bundesasylsenat nicht mitgeteilt worden, weshalb der Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates am 12.10.2006 gemäß § 8 in Verbindung mit

 

§ 23 Zustellgesetz am selben Tag beim Unabhängigen Bundesasylsenat hinterlegt wurde und in Rechtskraft erwuchs.

 

3. Am 30.05.2008 verfasste das Stadtpolizeikommando J., Polizeiinspektion F., einen Amtsvermerk, wonach der Beschwerdeführer beschuldigt worden sei, an eine Körperverletzung beteiligt gewesen zu sein. Der Beschwerdeführer wurde festgenommen und ins Polizeianhaltezentrum H. eingeliefert (erstinstanzlicher Verwaltungsakt, Seiten 21 bis 23).

 

Der Beschwerdeführer befand sich ab 31.05.2008 in Schubhaft und brachte am 03.06.2008 einen dritten Antrag auf internationalen Schutz beim Bundesasylamt, Zahl 08 04.851-EAST Ost, ein.

 

Am selben Tag erfolgte vor der Bundespolizeidirektion, Landespolizeikommando für Wien, Polizeianhaltezentrum, eine niederschriftliche Erstbefragung des Antragstellers. Der Antragsteller gab im Wesentlichen kurz zusammengefasst an, dass er seit seiner ersten Asylantragstellung den EU-Raum nicht verlassen habe. Er sei auch nicht in seiner Heimat gewesen. Der Antragsteller wolle nicht in seine Heimat zurück, weil die Probleme zu Hause noch existieren würden. Der "alte Fluchtgrund" sei nach wie vor aufrecht. Im Fall seiner Rückkehr würde der Antragsteller wieder dieselben Probleme haben, die er schon gehabt habe. Aus diesem Grund seien auch seine Freunde geflüchtet und sie seien jetzt in ganz Europa verstreut (erstinstanzlicher Verwaltungsakt, Seiten 3 bis 13).

 

Am 10.06.2008 wurde der Antragsteller vor dem Bundesasylamt zu den Gründen für die dritte Einbringung eines Antrages befragt. Der Antragsteller behauptete anlässlich der Erstbefragung am 03.06.2008 verschwiegen zu haben, dass er für ein paar Tage in die Ukraine gefahren sei. Der Antragsteller sei am 07.02.2008 weggefahren und sei bereits am 10.02.2008 wieder in Wien gewesen. Er sei illegal in die Ukraine gefahren und illegal nach Österreich eingereist. Der Antragsteller sei in der Ukraine nur in U., in der Nähe der slowakischen Grenze, gewesen. Dort habe er seine Mutter und seine Schwester getroffen. Der Antragsteller hätte sich ungefähr eineinhalb Tage in der Ukraine aufgehalten. Außerdem sei der Antragsteller im Dezember 2005 (Anmerkung: im Dezember 2005 war die Berufung gegen den ersten Asylantrag, Zahl 04 24.590-BAE, beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängig), in U. in der Ukraine gewesen. Er bringe einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz ein, weil er nicht in seine Heimat zurückkehren wolle. Im Fall seiner Rückkehr in die Ukraine drohe dem Antragsteller Gefahr. Das habe er alles bereits bei seinen bisherigen Asylverfahren angegeben. "Es" hätte im Jahr 2004 begonnen. Der Antragsteller hätte in Österreich keine Verwandten. In der Ukraine lebten der Sohn, die Mutter und die Familie des Antragstellers. Der Antragsteller hätte seine Familie in letzten vier Jahren nur zwei Mal gesehen. Er könne einfach nicht nach Hause zurück. In Österreich hätte der Antragsteller eine Freundin, eine Wohnung und habe eineinhalb Jahre in einem Betrieb, der Baumaterial produziert, gearbeitet. Den Namen der Firma und die Adresse wolle der Antragsteller nicht bekannt geben, da er dort nicht legal gearbeitet habe. Der Antragsteller wohne in Österreich, wisse jedoch nicht die Hausnummer, da er dort erst seit kurzem wohne und nicht gemeldet sei. Seine Lebensgefährtin sei litauische Staatsbürgerin und lebe schon lange in Österreich und mit dem Antragsteller seit eineinhalb Jahren im gemeinsamen Haushalt. Der Antragsteller gab entsprechend befragt an, dass er mit seiner Lebensgefährtin kein gemeinsames Kind habe und zur Lebensgefährtin keine finanzielle Abhängigkeit bestehe (erstinstanzlicher Verwaltungsakt, Seiten 45 bis 57).

 

Dem Beschwerdeführer wurde am 10.06.2008 eine Mitteilung des Bundesasylamtes gemäß

 

§ 29 Abs. 3 AsylG 2005 vom selben Tag ausgefolgt, wonach beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG zurückzuweisen (erstinstanzlicher Verwaltungsakt, Seite 59).

 

Mit Aktenvermerk vom 16.06.2008 hielt ein Referent des Bundesasylamtes fest, dass der Antragsteller angebe auf Grund seines Hungerstreiks nicht in der Lage zu sein, am Parteiengehör teilzunehmen und der Einvernahme vor dem Bundesasylamt zu folgen. Vom zuständigen Arzt des Polizeianhaltezentrums sei jedoch bestätigt worden, dass der Antragsteller sehr wohl der Einvernahme folgen könne. Dem Antragsteller sei erklärt worden, dass, sollte er der Ladung zur Einvernahme nicht folge leisten, er seine Mitwirkungspflicht verletzten würde. Der Antragsteller hätte sich weiter geweigert, weshalb die Einvernahme nicht durchgeführt worden sei. Gemäß § 28 Abs. 2 AsylG gelte die Frist von 20 Tagen mit 16.06.2008 nicht mehr (erstinstanzlicher Verwaltungsakt, Seite 67).

 

Gemäß Aktenvermerk des Bundesasylamtes vom 23.06.2008 habe ein Referent des Fremdenpolizeilichen Büros mitgeteilt, dass dem Antragsteller offensichtlich eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung ausgestellt worden sei. Ein entsprechender Vermerk finde sich im Ausländerinformationssystem (AIS). Der Referent des Bundesasylamtes hielt fest, dass eine Karte offensichtlich irrtümlich, ohne entsprechende Grundlage, von der Exekutive der EAST Ost ausgedruckt worden sei (erstinstanzlicher Verwaltungsakt, Seite 69). Mit Schreiben des Bundesasylamtes vom selben Tag wurde die Aufenthaltsberechtigung widerrufen (erstinstanzlicher Verwaltungsakt, Seite 71).

 

Mit Telefax vom 02.07.2008 teilte die Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizei, dem Bundesasylamt mit, dass der Antragsteller am 27.06.2008 wegen Haftunfähigkeit aus der Haft entlassen worden sei (erstinstanzlicher Verwaltungsakt, Seite 75).

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.07.2008, Zahl 08 04.851-EAST Ost, wurde der Antrag des Beschwerdeführers in Spruchpunkt I. gemäß § 68 Abs. 1 AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idgF wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und der Antragsteller in Spruchpunkt II. des Bescheides gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr.100/2005 idgF aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Ukraine ausgewiesen (erstinstanzlicher Verwaltungsakt, Seiten 97 bis 133).

 

Anfragen des Bundesasylamtes beim Zentralen Melderegister bezüglich des Antragstellers und seiner Lebensgefährtin und beim Fremdenpolizeilichen Büro der Bundespolizeidirektion Wien am 00.07.2008 verliefen negativ (erstinstanzlicher Verwaltungsakt, Seiten 77 bis 85). Der Bescheid des Bundesasylamtes wurde am 08.07.2008 im Akt hinterlegt und die Hinterlegung beurkundet (erstinstanzlicher Verwaltungsakt, Seiten 145 bis 147).

 

Mit Email an das Bundesasylamt vom 10.07.2008 wurde die rechtsfreundliche Vertretung des Beschwerdeführers bekannt gegeben und um Übermittlung einer Kopie des Bescheides des Bundesasylamtes vom 07.07.2008, Zahl 08 04.851-EAST Ost, ersucht. Das Bundesasylamt übermittelte eine Kopie des Bescheides noch am selben Tag per Email (erstinstanzlicher Verwaltungsakt, Seiten 149 bis 153).

 

Gegen den am 08.07.2008 zugestellten Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.07.2008, Zahl 08 04.851-EAST Ost, richtet sich die fristgerecht am 21.07.2008 eingebrachte Beschwerde (erstinstanzlicher Verwaltungsakt, Seiten 155 bis 159).

 

Mit Email vom 24.07.2008 teilte der Asylgerichtshof dem Bundesasylamt mit, dass die Beschwerdevorlage am 23.07.2008 beim Asylgerichtshof eingelangt ist.

 

Auf telefonische Anfrage eines Mitarbeiters des Asylgerichthofs vom 28.07.2008 teilte ein Mitarbeiter der Fremdenpolizei mit, dass sich der Fremdenakt derzeit auf Grund einer Haftbeschwerde beim Unabhängigen Verwaltungssenat befinden würde. Nach teefonischer Rücksprache mit einer Mitarbeiterin des Unabhängigen Verwaltungssenates wurde zugesagt, Kopien möglicher im Akt befindlicher Identitätsdokumente oder Heimreisezertifikate an den Asylgerichthof zu übermitteln (siehe Aktenvermerk vom 28.07.2008).

 

Am 28.07.2008 übermittelte der Unabhängigen Verwaltungssenat per Telefax die Kopie eines Heimreisezertifikates.

 

II. Der Asylgerichtshof hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

 

1. Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz, BGBl. I Nr. 4/2008 (AsylGHG), tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I. Nr. 100/2005, außer Kraft.

 

Gemäß § 22 Abs. 1 AsylG, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I 4/2008 (AsylG 2005), ergehen Entscheidungen des Bundesasylamtes über Anträge auf internationalen Schutz in Bescheidform. Entscheidungen des Asylgerichtshofes in der Sache selbst ergehen in Form eines Erkenntnisses, alle anderen in Form eines Beschlusses. Die Entscheidungen des Bundesasylamtes und des Asylgerichtshofes haben den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Asylwerber verständlichen Sprache zu enthalten.

 

Gemäß § 61 Abs. 1 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

Beschwerden gegen Bescheid des Bundesasylamtes und

 

Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

zurückweisende Bescheide

 

wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4;

 

wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5;

 

wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG und

 

die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I. Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Im gegenständlichen Fall handelt es sich um ein Beschwerdeverfahren gemäß

 

§ 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 in der Fassung BGBl. I Nr. 5/2008 (AVG), das gemäß § 61 Abs. 3 Z 1 lit. c AsylG 2005 von der nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichterin zu entscheiden ist.

 

2. Gemäß § 75 Abs. 4 AsylG 2005 begründen ab- oder zurückweisende Bescheide auf Grund des Asylgesetzes, BGBl. Nr. 126/1968, des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, sowie des Asylgesetzes 1997 in derselben Sache in Verfahren nach diesem Bundesgesetz den Zurückweisungstatbestand der entschiedenen Sache (§ 68 AVG).

 

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der

 

§§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

 

Für den Asylgerichtshof ist Sache des gegenständlichen Verfahrens die Frage, ob das Bundesasylamt mit Recht den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß

 

§ 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

 

Ansuchen, die offenbar die Aufrollung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezwecken, sind auch dann, wenn das Begehren nicht ausdrücklich dahin lautet, wegen "res iudicata" zurückzuweisen. Die Wesentlichkeit einer Sachverhaltsänderung als Kriterium der "res iudicata" ist nicht nach der objektiven Rechtslage, sondern nach der Wertung zu beurteilen, die das geänderte Sachverhaltselement in der seinerzeitigen, rechtskräftigen Entscheidung erfahren hat (VwGH E vom 22.05.2001, Zl. 2001/05/0075).

 

Nach der Rechtsprechung liegen verschiedene "Sachen" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteienbegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern. Es kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen nach § 28 AsylG 1997 - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (VwGH E vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315).

 

Das im erstinstanzlichen Verfahren über den zweiten Asylantrag erstattete Vorbringen zu Tatsachen, die erst nach dem rechtskräftigen Abschluss des Vorverfahrens eingetreten sind, ist in Bezug auf die Frage des Vorliegens einer Sachverhaltsänderung an dem im Vorbescheid angenommenen Sachverhalt (und nicht unbedingt am damaligen Vorbringen) zu messen. Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen gemäß § 28 AsylG - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtliche Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 25. Oktober 2000, Zl. 99/06/0169, und vom 22. Mai 2001, Zl. 2001/05/0075 (VwGH E vom 20.03.2003, Zl. 99/20/0480)).

 

Gemäß der Judikatur des VwGH ist davon auszugehen, dass wenn ein Asylwerber einen weiteren Asylantrag auf behauptete Tatsachen stützt, die bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die der Asylwerber jedoch nicht bereits im ersten Asylverfahren vorgebracht hat, aus diesem Grund schon nach dem Vorbringen des Asylwerbers keine Sachverhaltsänderung vorliegt und der weitere Asylantrag vom Bundesasylamt wegen entschiedener Sache zurückzuweisen ist (siehe dazu VwGH E vom 24.08.2004, Zl. 2003/01/0431).

 

Der Beschwerdeführer brachte beim Bundesasylamt seit seiner Einreise nach Österreich im Dezember 2004 einen Asylantrag und zwei Anträge auf internationalen Schutz ein. Der Beschwerdeführer wurde in Österreich straffällig und brachte nach rechtskräftigem Abschluss des ersten Asylverfahrens, in diesem hatte eine mündliche Verhandlung vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat stattgefunden und die Berufung gegen den ersten Bescheid des Bundesasylamtes wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 14.03.2006, Zahl:

258.617/32-VIII/40/06, gemäß §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. 101/2003 abgewiesen, keinen geänderten Sachverhalt vor. Vielmehr gab der Beschwerdeführer anlässlich der beiden Befragungen zu seinem dritten Antrag dieselben Gründe für seine Ausreise aus der Ukraine an, die er bereist anlässlich der vorangegangenen beiden Asylverfahren angegeben hatte. Hatte der Beschwerdeführer anlässlich der Erstbefragung im dritten Asylverfahren am 03.06.2008 noch behauptet, seit seiner ersten Asylantragstellung in Österreich nicht in die Ukraine zurückgekehrt zu sein, behauptete er widersprüchlich dazu in seiner Einvernahme am 10.06.2008 zwar schon alles gesagt zu haben aber verschwiegen zu haben, dass er am 07.02.2008 illegal in die Ukraine gefahren zu sein. Der Beschwerdeführer habe sich eineinhalb Tage in U., in der Nähe der slowakischen Grenze, aufgehalten, dort seine Mutter und seine Schwester getroffen und sei bereits am 10.02.2008 wieder in W. gewesen. Ansonsten habe der Beschwerdeführer alles gesagt.

 

Der Beschwerdeführer brachte am 10.06.2008 neu vor, sich eineinhalb Tage in der Ukraine aufgehalten und seine Mutter und Schwester getroffen zu haben. Der Beschwerdeführer brachte aber keinen neuen asylrelevanten Sachverhalt oder entscheidungsrelevante Tatsachen vor, die erst nach rechtskräftigem Abschluss des ersten Asylverfahrens eingetreten sind. Derartiges konnte auch nicht von Amts wegen festgestellt werden. Das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Gründen für die Ausreise aus der Ukraine bezog sich immer auf den Sachverhalt, der von der Rechtskraft des Bescheides des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 14.03.2006, Zahl:

258.617/32-VIII/40/06, umfasst ist.

 

3. 1. Der Vertreter des Beschwerdeführers brachte in der Beschwerde im Wesentlichen kurz zusammengefasst vor, dass der Beschwerdeführer nach wie vor in der Ukraine verfolgt werde. Das Bundesasylamt habe das Verfahren zugelassen und dem Antragsteller am 10.06.2008 eine Aufenthaltsberechtigungskarte ausgefolgt. Damit hätte das Asylbegehren inhaltlich behandelt werden müssen.

 

Zwar bestimme § 28 Abs. 1 letzter Satz AsylG, dass die Zulassung einer späteren Zurückweisung nicht entgegenstehe. Es entspreche jedoch dem gesetzgeberischen Willen, mit diese Bestimmung der jederzeitigen unvorhersehbaren und damit willkürlichen Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz Tür und Tor zu öffnen, dies würde dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit zuwiderlaufen. Vielmehr hielten die parlamentarischen Materialien zu § 28 AsylG fest: "Die Praxis nach der AsylG-Nov 2003 hat jedoch gezeigt, dass manche Zurückweisungstatbestände erst nach dem Zulassungsverfahren zu Tage treten; hier musste umständlich das Zulassungsverfahren wieder aufgenommen werden. Um dies in Zukunft zu verhindern und klarer darzustellen, dass Zulassungsverfahren und materielles Verfahren nur Teile eines Asylverfahrens sind, steht eine Zulassung einer späteren Zurückweisung nicht entgegen. Damit ist auch klargestellt, dass eine Zulassung alleine keine "Prüfung eines Asylantrages" im Sinne von Art 2 lit. E der Dublin-Verordnung darstellt. Dies wird aber die Ausnahme sein" (vgl. 952 d. Blg. NR XXII, GP, S 50).

 

Demnach sei es Intention des Gesetzgebers gewesen, umständliche Wiederaufnahmeverfahren im Fall des Hervorkommens neuer Zustückweisungstatbestände nach der Zulassung zum materiellen Asylverfahren zu vermeiden. Dass die Fälle der neuerlichen Zurückweisung von Anträgen auf internationalen Schutz die Ausnahme darstellen solle, unterstreiche, dass die unvorhersehbare neuerliche Zurückweisung ohne das Hervorkommen neuer Tatsachen keinesfalls gesetzgeberischer Wille gewesen sei. Orientierungsmaßstab stelle vielmehr

 

§ 69 AVG dar, der die Wiederaufnahme von Verfahren regle. Demnach wäre eine neuerliche Zurückweisung beispielsweise in Fällen denkbar, in denen ein Asylwerber über die Reiseroute, Aufenthaltstitel, Antragstellung etc. gelogen habe, die Zulassung auf Grund dieser falschen Angaben erfolge und die Wahrheit in Weitere Folge ans Licht komme. Eine spätere zurückweisende Entscheidung könne auch statt finden, wenn die Zulassung durch falsche Angaben erschlichen worden sei, oder neue Tatsachen oder Beweismittel hervorgekommen seien, die im Zulassungsverfahren ohne Verschulden des Bundesasylamtes nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich nicht die Zulassung zum inhaltlichen Asylverfahren herbeigeführt hätten. Der UBAS äußere sich in der Vergangenheit auch in diesem Sinn: ... (Anmerkung: der Vertreter zitiert aus einem Bescheid vom 20.03.2006, Zahl 268.810/1-XVI/48/06, mit dem einer Berufung gegen § 5 Abs. 1 iVm § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 gemäß § 41 Abs. 3 AsylG 2005, BGBl I Nr. 10072005 stattgegeben, der Asylantrag zugelassen und der bekämpfte Bescheid behoben wurde).

 

Dem angefochtenen Bescheid es Bundesasylamt seien keine neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweise zu entnehmen und berufe sich das BAA im Zurückweisungsbescheid auf keinen anderen Sachverhalt, als in der vor Zulassung am 10.06.2008 erfolgten Einvernahme hervorgekommen. Die Bindungswirkung der durch Aushändigung der Aufenthaltberechtigung erfolgten Zulassung sei daher nach wie vor maßgebend.

 

Die ukrainischen Vertretungsbehörden in Wien hätten für den Beschwerdeführer bereits zweimal Heimreisezertifikate ausgestellt, dies befänden sich im Fremdenakt, daher sei die Identität geklärt - entgegen der Feststellungen des Bundesasylamtes. Ausgehend von dieser geklärten Identität hätten daher auch neue Ermittlungsansätze bestanden, das Bundesasylamt hätte etwa die Verfolgung des Beschwerdeführers im Rahmen ihrer amtswegig bestehenden Ermittlungspflicht durch eine Vor-Ort-Recherche in der Ukraine überprüfen und diesfalls auch zu einem inhaltlich andern Ergebnis kommen können.

 

Der Beschwerdeführer stelle daher den Antrag, der Asylgerichtshof möge den angefochtenen Bescheid aufheben, die Angelegenheit zur Durchführung eines inhaltlichen Asylverfahrens und Erlassung eines neuen Bescheides durch eine österreichische Asylbehörde an das Bundesasylamt zurückzuverweisen. In eventu beantrage der Beschwerdeführer, der Asylgerichtshof möge ihm nach Durchführung von Erhebungen in der Ukraine in Österreich internationalen Schutz gewähren, in eventu subsidiären Schutz bzw. ihn nicht ausweisen. Weiters beantrage der Beschwerdeführer seine neuerliche Einvernahme im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof.

 

3.2. Der Vertreter des Beschwerdeführers verkennt in seiner Stellungnahme, dass der Beschwerdeführer nicht zum Asylverfahren zugelassen wurde.

 

Gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist einem Asylwerber, dessen Verfahren zuzulassen ist, eine Aufenthaltsberechtigungskarte auszustellen. Die Karte ist bis zu einer durchsetzbaren Entscheidung, zur Einstellung oder zur Gegenstandslosigkeit des Verfahrens gültig. Gemäß Abs. 2 dient die Aufenthaltsberechtigungskarte dem Nachweis der Identität für Verfahren nach diesem Bundesgesetz und der Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes im Bundesgebiet. Nach Beendigung des Verfahrens oder bei Entzug des Aufenthaltsrechts ist die Aufenthaltsberechtigungskarte vom Fremden dem Bundesasylamt zurückzustellen.

 

Aus der der Einvernahme vom 10.06.2008 geht zweifelsfrei hervor, dass das Bundesasylamt nicht beabsichtigt hat, den Beschwerdeführer zum Verfahren zuzulassen: "... Verfahrensanordung: der AW erhält eine schriftliche Mitteilung gemäß § 29/3/4 Asylgesetz, in welcher ihm die beabsichtige Vorgehensweise des Bundesasylamtes gesondert mitgeteilt wird. Der Inhalt der Mitteilung wird ihm zur Kenntnis gebracht. Eine vom AW unterschriebenen Gleichschrift der § 29/3/4-Mitteilung wird zum Akt genommen.

 

Erklärung: Es wird Ihnen zur Kenntnis gebracht, dass Sie die Möglichkeit haben, im Beisein eines Rechtsberaters, im Zuge einer niederschriftlichen Befragung, zum heutigen mitgeteilten Sachverhalt neuerlich Stellung zu beziehen. ...." (erstinstanzlicher Verwaltungsakt, Seite 55).

 

Im Akt des Bundesasylamtes findet sich eine vom Beschwerdeführer am 10.06.2008 unterfertigte zweisprachige (Anmerkung: Deutsch und Russisch) Mitteilung aus der hervorgeht, dass gemäß § 29 Abs. 3 AsylG beabsichtigt ist, den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da entschiednen Sache im Sinne des § 68 AVG vorliegt. Zusatz für die Fremdenpolizei: Die Mittelung gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 oder 5 AsylG gilt auch als eingeleitetes Ausweisungsverfahren (erstinstanzlicher Verwaltungsakt, Seite 59).

 

Laut Auszug aus dem Fremdeninformationssystem (FI) wurde am 10.06.2008 unter Punkt 5 die Ausweisung mit Bescheiddatum 10.06.2008, Zahl 08 04.851-EAST Ost, Anlass: Einleitung eines Ausweisungsverfahren gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 iVm § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG, tritt außer Kraft: 10.09.2014, eingetragen.

 

Dem Beschwerdeführer wurde noch am selben Tag irrtümlicherweise (siehe dazu Aktenvermerk vom 23.06.2008, erstinstanzlicher Verwaltungsakt, Seite 69) eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung ausgestellt. Dass es sich bei Ausstellung der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung um einen Irrtum gehandelt hat, ergibt sich auch aus dem FI, da Punkt 5 und 6 am selben Tag eingetragen wurden und sich offensichtlich widersprechen. Im Eintrag des FI findet sich außerdem nicht einmal eine konkrete gesetzliche Grundlage für die Ausstellung. Der Eintrag unter Punkt 6 lautet: vorläufige Aufenthaltsberechtigung "gemäß AsylG" EAST Ost, Datum des Speicherersuchens: 10.06.2008, Gültig von 10.06.2008, Widerrufen am 23.06.2008, Zusätze: Widerrufgrund: irrtümlich ausgedruckt (siehe AV).

 

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 eine Aufenthaltsberechtigungskarte auszustellen ist, wenn ein Asylwerber zum Verfahren zugelassen wurde. Die Ausstellung der Karte, die dem Nachweis der Identität für Verfahren nach diesem Bundesgesetz und der Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes im Bundesgebiet dient, hat somit deklaratorischen Charakter. Der Beschwerdeführer wurde im gegenständlichen Fall nicht, wie von seinem Vertreter verkannt, zum Asylverfahren zugelassen, weshalb der diesbezüglichen Argumentation in der Beschwerde nicht gefolgt werden konnte.

 

3.3. Der Vertreter des Beschwerdeführers geht in der Beschwerde davon aus, dass auf Grund des Heimreisezertifikates die Identität des Beschwerdeführers geklärt wäre und deshalb neue Ermittlungsansätze bestanden hätten, weshalb das Bundesasylamt die Verfolgung des Beschwerdeführers im Rahmen ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht durch eine Vor-Ort-Recherche in der Ukraine überprüfen und zu einem inhaltlich anderen Ergebnis hätte kommen können.

 

Der Vertreter des Beschwerdeführers führte diesbezüglich in der Beschwerde aus, dass sich im Fremdenakt, zwei Heimreisezertifikate befinden würden und deshalb entgegen der Auffassung des Bundesasylamtes die Identität des Beschwerdeführers geklärt sei. Auf Nachfrage des Asylgerichtshofes beim Unabhängigen Verwaltungssenat am 28.07.2008, wo sich Akt der Fremdenbehörde zum Anfragezeitpunkt befand, wurde tatsächlich die Kopie eines Heimreisezertifikates der Ukraine vom 19.09.2005 übermittelt. Es fiel auf, dass sich der Name des Beschwerdeführers laut Kopie des Heimreisezertifikates nicht R. K., sondern R. K., schreibt. Der Beschwerdeführer hatte die Schreibweise seines Namens in nicht weniger als drei Asylverfahren nicht korrigiert.

 

Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 14.03.2006, Zahl:

258.617/32-VIII/40/06, war die Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes gemäß

 

§§ 7, 8 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. 101/2003 (AsylG 1997) abgewiesen worden. Im Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenat wurde festgestellt, dass die Identität des Beschwerdeführers nicht feststehe (siehe II.1. bzw. Bescheid vom 14.03.2006, Zahl: 258.617/32-VIII/40/06, Seite 12). Getrennt davon, wurde festgestellt, dass das Vorbringen des Berufungswerbers bezüglich seiner angeblichen Verfolgung in der Ukraine nicht glaubhaft ist (siehe II.2. bzw. Bescheid vom 14.03.2006, Zahl: 258.617/32-VIII/40/06, Seite 12). In der Beweiswürdigung wurde unter Punkt III.1. ausgeführt, dass die Identität des Beschwerdeführers mangels Vorlage von Identitätsdokumenten nicht feststellbar war (Bescheid vom 14.03.2006, Zahl: 258.617/32-VIII/40/06, Seite 12). Getrennt davon wurde in der Beweiswürdigung unter III.2. ausführlich begründet, weshalb das Vorbringen des Beschwerdeführers zu den Gründen für seine Ausreise aus der Ukraine unglaubwürdig war.

 

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der Vertreter des Beschwerdeführers in der Beschwerde verkannt hat, dass die Feststellungen und die diesbezügliche Beweiswürdigung zur Unglaubwürdigkeit des Vorbringens zu den Gründen für die Ausreise aus der Ukraine (siehe dazu Bescheid Punkte II.2. und III.2.), nicht auf der mangels Vorlage von Identitätsdokumenten nicht feststellbaren Identität des Beschwerdeführers beruhten (siehe dazu Bescheid Punkte II.1. und III.1).

 

Entgegen der Auffassung des Vertreters des Beschwerdeführers ist insgesamt davon auszugehen, dass sich das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Gründen für die Ausreise aus der Ukraine immer auf den Sachverhalt bezog, der von der Rechtskraft des Bescheides des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 14.03.2006, Zahl:

258.617/32-VIII/40/06, umfasst ist.

 

4. Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn

 

1. der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird;

 

2. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird;

 

3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

 

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn

 

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder

 

2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist (§ 10 Abs. 3 AsylG).

 

Eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, gilt stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen (§ 10 Abs. 4 AsylG).

 

Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich und brachte am 06.12.2004 beim Bundesasylamt einen Asylantrag ein. Mit Bescheid vom 17.02.2005, Zahl: 04 24.590-BAE, wies das Bundesasylamt den Asylantrag in Spruchpunkt I. gemäß § 7 AsylG 1997, BGBl I Nr. 76/1997 idgF ab und erklärte in Spruchpunkt II. des Bescheides die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers in die Ukraine gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. für zulässig. In Spruchpunkt III. des Bescheides wurde der Asylwerber gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen, gegen den der Asylwerber fristgerecht Berufung erhob. Für den 22.02.2006 wurde im Landesgericht für Strafsachen eine mündliche Verhandlung vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat anberaumt und danach mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 14.03.2006, Zahl: 258.617/32-VIII/40/06, die Berufung gemäß §§ 7, 8 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. 101/2003 (AsylG 1997) mit der Maßgabe abgewiesen, dass Spruchpunkt III. zu lauten hat: "Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997 wird R. K. aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Ukraine ausgewiesen." Der Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats wurde dem Beschwerdeführer am 21.03.2006 in der Justizanstalt zugestellt und erwuchs damit in Rechtskraft.

 

Der Beschwerdeführer brachte am 31.08.2006 beim Bundesasylamt seinen zweiten Antrag, diesmal auf internationalen Schutz, Zahl: 06 09.115 EAST-Ost, ein. Mit Bescheid vom 13.09.2006, Zahl 06 09.115 EAST-Ost, wies das Bundesasylamt den Antrag des Asylwerbers gemäß § 68 Abs. 1 AVG, BGBl 1991/51 idgF in Spruchpunkt I. wegen entschiedener Sache zurück. In Spruchpunkt II. des Bescheides wurde der Asylwerber gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Ukraine ausgewiesen. Die Berufung wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 12.10.2006, Zahl 258.617/37-VIII/40/06, gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 61 des Asylgesetzes BGBl. Nr. 100/2005 im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG und § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 abgewiesen. Der Bescheid erwusch am 12.10.2006 in Rechtskraft.

 

Der Beschwerdeführer befand sich ab 31.05.2008 in Schubhaft und brachte 03.06.2008 einen dritten Antrag beim Bundesasylamt, Zahl 08 04.851-EAST Ost, ein.

 

Der Beschwerdeführer hat in der Ukraine geheiratet. Seine gesamte Familie, darunter auch sein Sohn, leben nach wie vor in der Ukraine. Der Beschwerdeführer gibt zwar an, in Österreich mit einer Frau aus Litauen seit ca. eineinhalb Jahren im gemeinsamen Haushalt zu leben und mit ihr eine Liebesbeziehung zu haben, hat mit ihr jedoch weder Kinder, noch ist er von ihr finanziell oder auf sonstige Weise abhängig (erstinstanzlicher Verwaltungsakt, Seiten 51 bis 55).

 

In der Beschwerde wurden keinerlei überzeugende Einzelheiten genannt, aus denen schlüssig hervorgehen würde, dass das Bundesasylamt in der gesetzlich geforderten Interessensabwägung gefehlt hätte. Derartiges konnte auch nicht von Amts wegen festgestellt werden, weshalb sich die Richterin des Asylgerichtshofes in Spruchpunkt II. den zutreffenden rechtlichen Ausführungen des Bundesasylamtes vollinhaltlich anschließt.

 

5. Wird gegen einen mit einer zurückweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundene Ausweisung Beschwerde ergriffen, hat der Asylgerichtshof dieser binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde durch Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die Ausweisung lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde (§ 37 Abs. 1 AsylG 2005).

 

Gegenständliche Beschwerde langte am 23.07.2008 beim Asylgerichtshof ein. Da der Asylgerichtshof noch vor Ablauf der in § 37 Abs. 1 AsylG 2005 genannte Frist spruchgemäß entschied, konnte die Prüfung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerdevorlage entfallen.

 

6. Das Bundesasylamt hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und eine schlüssige Beweiswürdigung vorgenommen. Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 4 AsylG 2005 unterbleiben.

Schlagworte
Ausweisung, Prozesshindernis der entschiedenen Sache
Zuletzt aktualisiert am
17.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten