TE AsylGH Erkenntnis 2008/09/02 C12 401170-1/2008

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Veröffentlicht am 02.09.2008
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Spruch

C12 401.170-1/2008/5E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. DRAGONI als Vorsitzenden und den Richter Mag. BÜCHELE als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Frau Mag. HOFBAUER über die Beschwerde des S.K., geb. 00.00.1990, StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.08.2008, FZ. 08 06.899-BAT, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 33 Abs. 1 Z 3 und § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, BGBL. I Nr.100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008 als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

1. Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsbürger, reiste am 00.00.2008 gemeinsam mit einem weiteren indischen Asylwerber aus Doha nach Wien-Schwechat und stellte am Flughafen den Antrag auf internationalen Schutz.

 

2. Bereits davor war die Grenzpolizeiinspektion Flughafen Schwechat von der Qatar-Air über den Umstand in Kenntnis gesetzt worden, dass zwei männliche indische Staatsbürger, die am 00.00.2008 von Wien nach Doha und in weiterer Folge nach Bombay geflogen waren, auf eben diesem Flug ihre Pässe verloren hätten und deswegen von den Behörden in Bombay nach Wien zurückgeschickt worden seien. Weiters konnte in Erfahrung gebracht werden, dass die Tickets für die Flüge Wien - Doha - Bombay im Stadtbüro der Qatar-Air gekauft worden waren.

 

3. Am 00.00.2008 erfolgte die Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes. Dabei gab der Beschwerdfeführer an, dass er ein Monat zuvor mit seinem Reisepass legal aus Indien ausgereist und nun nach drei Zwischenlandungen in unbekannten Ländern nach Wien gekommen sei. Organisiert habe diese Reise ein Schlepper. Als Fluchtgrund gab er Folgendes an: Er betreibe mit einem Partner eine Eisenwarenhandlung. Eben dieser Partner habe sich sein Auto ausgeborgt und damit einen Unfall verursacht. Sein Partner sei daraufhin davongelaufen und der Beschwerdeführer sei als Besitzer ausgeforscht worden. Sein Partner habe gesagt, dass er mit dem Unfall nichts zu tun habe und davon nichts wisse. Die Polizei habe den Beschwerdeführer festnehmen wollen, weil bei dem Unfall eine Person getötet worden sei. Bevor ihn die Polizei festnehmen konnte, sei er geflüchtet.

 

4. Das Bundesasylamt verweigerte daraufhin dem Beschwerdeführer (und dem weiteren indischen Asylwerber) die Einreise und ersuchte die Fremdenpolizei-Flughafen, gemäß § 31 Abs. 1 AsylG 2005 die Vorführung zur Erstaufnahmestelle Flughafen zu veranlassen.

 

5. Am 12.08.2008 wurde der Beschwerdeführer in Anwesenheit eines Rechtsberaters von einem Organ des Bundesasylamtes in der Erstaufnahmestelle Flughafen zu seinem Antrag einvernommen. Dabei gab er zu seinem Fluchtweg an, dass er etwa ein Monat zuvor sein Heimatdorf verlassen habe. Nach zweitägigem Aufenthalt in Delhi sei er in ein anderes Land geflogen, wo er etwa einen Monat in einem Zimmer untergebracht worden sei. Wie er von diesem unbekannten Land nach Österreich gekommen sei wisse er nicht. Er sei dreimal geflogen. Auf die Frage, ob es ihm entgangen sei, dass er in Bombay nicht einreisen durfte schwieg er. Ebenso reagierte er auf den Vorhalt, dass es ihm aufgefallen sein müsste, als er in Bombay nicht einreisen durfte, da Beamte auf ihn zugekommen seien und alles in seiner Muttersprache passiert sei. Er habe nicht gemerkt, dass er wieder in Indien gewesen sei.

 

Betreffend seinen Fluchtgrund wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen seine Angaben aus der Ersteinvernahme. Ergänzend brachte er vor, dass die Polizei in seinem Auto ein Gewehr gefunden habe und daher annehmen würde, dass er Kontakt zu Terroristen hätte. Er habe am Tag nach dem Unfall in seinem Geschäft von einem Buben aus der Nachbarschaft erfahren, das die Polizei ihn suchen würde. Er sei nicht gleich geflüchtet sondern noch in der Ortschaft gewesen und habe mitbekommen, dass jemand bei dem Autounfall gestorben sei. Sein Vater sei von der Polizei festgenommen worden. Der Beschwerdeführer sei daraufhin nach B., zu seinem Onkel geflüchtet. Weil ihn die Polizei bei Verwandten gesucht habe, habe er bei Freunden geschlafen. Die Eltern seines Geschäftspartners hätten angegeben, dass dieser drei Tage krank daheim gelegen sei und er es deshalb nicht gewesen sein könnte.

 

6. Mit Schreiben vom 14.08.2008 übermittelte das Bundesasylamt die Unterlagen an den UNHCR und teilte mit, dass beabsichtigt sei, den gegenständlichen Asylantrag im Zulassungsverfahren in der Erstaufnahmestelle Flughafen gemäß § 33 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 abzuweisen.

 

7. Mit Schreiben vom 18.08.2008 teilte der UNHCR mit, dass die Zustimmung gemäß § 33 Abs. 2 AsylG 2005 erteilt werde, da das Vorbringen des Beschwerdeführers im Einklang mit dem Beschluss Nr. 30 des UNHCR-Exekutivkomitees als offensichtlich unbegründet eingestuft werden könne.

 

8. Mit Spruchpunkt I. des beschwerdegegenständlichen Bescheides des Bundesasylamtes vom 18.08.2008 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 07.08.2008 auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 33 Abs. 1 Z 3 iVm. § 3 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBL I Nr. 100/2005 abgewiesen. Mit Spruchpunkt II. wurde gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf sein Herkunftsland Indien abgewiesen.

 

In der Begründung stellte das Bundesasylamt nach Darstellung des Verfahrensganges und der Aussagen des Beschwerdeführers fest, dass die von ihm behaupteten Fluchtgründe unglaubwürdig seien. Es könnte unter der Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Indien einer realen Gefahr der Verletzung von Art 2 oder Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatliche Konflikts mit sich bringen könnte. Die Beweiswürdigung gründete die Behörde nach umfangreichen Ausführungen zu Indien im Wesentlichen auf seine widersprüchlichen Angaben betreffend Reiseweg und Fluchtgründe. Selbst wenn man von den Angaben des Beschwerdeführers ausgehen würde, seien diese nicht geeignet, eine asylrechtlich relevante Verfolgung in seinem Heimatland darzutun. Es handle sich dabei allenfalls um das Einschreiten staatlicher Behörden zur Aufklärung eines strafbaren Deliktes, was keinem der oben erwähnten Konventionsgründe entsprechen würde.

 

Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 18.08.2008 nachweislich zugestellt.

 

9. Mit Schreiben vom 20.08.2008 brachte der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid fristgerecht eine Beschwerde ein. Entgegen der Ansicht des Bundesasylamtes sei er Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention und seien die Vorfälle, die er in seinem Vorbringen dargelegt habe, als Verfolgungshandlung im Sinne des Art 9 der Statusrichtlinie zu qualifizieren. Er verweise auf seine beiliegenden handschriftlichen Ausführungen und ersuche um deren Berücksichtigung. Jedenfalls mache er eine Verfolgung im Herkunftsstaat geltend und somit seien die Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 nicht erfüllt. Darüber hinaus sei die Sicherung zur Zurückweisung aufzuheben und ihm gemäß § 31 Abs. 2 AsylG 2005 die Einreise zu gestatten, da sein Vorbringen jedenfalls soweit substantiiert sei, dass aufgrund des derzeitigen Standes des Ermittlungsverfahrens die Zurückweisung oder Abweisung im Flughafenverfahren letztlich nicht wahrscheinlich sei. Jedenfalls sei eine Zurückweisung in seine Heimat unzulässig. Schließlich stellte er folgende Anträge:

 

1. eine mündliche Verhandlung vor dem Asylgerichtshof durchzuführen,

 

2. die Sicherung zur Zurückweisung aufzuheben und ihm gemäß § 31 Abs. 2 AsylG 2005 die Einreise zu gestatten,

 

3. seinen Antrag auf internationalen Schutz stattzugeben und ihm den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen,

 

4. in eventu ihm den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Heimatstaat zuzuerkennen und

 

5. der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

 

Der Übersetzung der handschriftlichen Beilage zur Beschwerde ist Folgendes zu entnehmen:

 

"Mein Name ist S.K.; wir sind vier Familienmitglieder. Mein Vater heißt P.S., meine Mutter K.K.. Ich habe noch eine Schwester, sie ist 16 Jahre alt. Ich bin aus N.L., im Bezirk K.. Mein Geburtsdatum ist der 00.00.1990. Mein Vater war beim Militär, ist jetzt in Pension und betreibt eine Landwirtschaft. In Indien war es gefährlich für mich, deswegen bin ich hierhergekommen. Ich hoffe sie werden meine Berufung akzeptieren. Mit mir ist folgendes passiert: Nach zehnjähriger Schulausbildung habe ich Zuhause in der Landwirtschaft gearbeitet, mein Vater sagte, ich solle einer anderen Arbeit nachgehen. Ich habe einen Freund namens J.S., er stammt aus I.. Dieser hat Verwandte in unserem Dorf und war öfter auf Besuch, so lernte ich ihn kennen. Er kennt sich im Stahl und Zementgeschäft sehr gut aus. Nach einem Gespräch mit ihm investierten wir 400.000 Rupien und eröffneten ein Geschäft. Unser Geschäft lief sehr gut und ich verdiente im Monat zwischen 15 und 20.000 Rupien. Ich sperrte das Geschäft jeden Tag um neun Uhr auf und ca. um 23:00 Uhr wieder zu. Weil das Geschäft sehr gut lief war mein Freund neidisch. Er sagte immer wieder ich solle meinen Teil aus dem Geschäft wieder rausnehmen, das wollte ich jedoch nicht. Er wollte das Geld alleine haben. Eines Tages nach Geschäftsschluss wollte er nach Hause in sein Dorf fahren, sein Auto hatte jedoch einen Reifenschaden. Er wollte sich mein Auto ausborgen und es mir am nächsten Tag wider zurückgeben und das eigene Auto reparieren lassen. Mein Haus liegt ca. 10 Minuten vom Geschäft entfernt, um das Auto zu übergeben nahm ich ihn mit nach Hause, so wurde es ca. Mitternacht. Er fuhr dann mit meinem Auto nach Hause. Als ich am nächsten Tag im Geschäft war, kam ein Bursche aus meiner Wohngegend und berichtete mir, dass die Polizei bei mir wäre und nach mir frage, mein Auto sei in einen Unfall verwickelt. Ich dachte mir, da ja mein Freund mein Auto hat, er sei an einem Unfall beteiligt und auf Grund der Zulassung ist die Polizei jetzt bei mir. Aus Angst vor der Polizei bin ich vom Geschäft weggelaufen, danach erfuhr ich, dass bei dem Unfall eine Person auf der Stelle getötet wurde, mein Freund lies das Fahrzeug dort stehen und ging einfach nach Hause. Die Polizei durchsuchte das Auto, fand meine Papiere und ein Gewehr, welches mein Freund dahingelegt hatte um mir Schwierigkeiten zu bereiten. Meine Eltern teilten der Polizei mit, dass das Fahrzeug von meinem Freund J.S. ausgeliehen war. Die Polizei sprach mit der Familie meines Freundes und teilten diese mit, dass J.S. seit zwei Tagen krank sei und er das Haus nicht verlassen hätte. Die Polizei verdächtigte mich, weil sie mich nicht angetroffen haben, nahmen sie meinen Vater mit auf die Polizeistation und haben ihn dort geschlagen. Ich bin weggelaufen und suchte meinen Onkel in B. auf. Dort angekommen habe ich erfahren, dass die Leute aus meinem Dorf, meinen Vater von der Polizeistation abholten und nach Hause brachten. Die Polizei sagte, dass eine Person umgebracht wurde und außerdem eine Waffe gefunden wurde, dies würde beweisen, dass ich Kontakt zu Kriminellen oder Terroristen hätte. Nachdem ich gehört hatte, dass mich die Polizei bei Verwandten suchte, bekam ich Angst und versteckte mich bei Freunden. Danach war ich bei meiner Tante. Meine Eltern dachten daran, mich ins Ausland zu schicken. Mein Onkel kannte jemanden, der Personen ins Ausland bringt. Mein Onkel sprach mit dieser Person, schickte mich nach Delhi, wo ich 2 - 3 Tage blieb, danach schickte er mich in ein anderes Land. Dort angekommen, wurde ich von einem weißen Mann abgeholt, er brachte mich in ein Zimmer wo ich ca. ein Monat blieb. Ich bin dann dort weggeflogen und war auf drei bis vier verschiedenen Flughäfen. Ich weiß wirklich nicht wo ich dieses eine Monat geblieben bin und auf welchen Flughäfen ich war. Der weiße Mann sagte mir, dort wo ich ankomme, sollte ich erzählen, was mir in Indien passiert ist, dort werde man mir weiterhelfen. Ich bin dann hierher gekommen und hoffe, nachdem sie meine Berufung gelesen haben, dass sie mir weiterhelfen werden. Ich möchte nicht nach Indien zurückgeschickt werden und hoffe dass mir hier Asyl gewährt wird. Ich wäre ihnen sehr dankbar."

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Nach § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Gemäß § 33 Abs. 1 AsylG 2005 ist die Abweisung eines Antrages in der Erstaufnahmestelle am Flughafen nur zulässig, wenn sich kein begründeter Hinweis findet, dass dem Asylwerber der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen wäre und

 

1. der Asylwerber die Asylbehörde über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat;

 

2. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht;

 

3. der Asylwerber keine Verfolgung im Herkunftsstaat geltend gemacht hat oder

 

4. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 39) stammt.

 

1.1. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass es sich bei dem Flughafenverfahren nach dem AsylG 2005 um ein dem Sonderverfahren des § 6 AsylG 2003 nachempfundenes, hinsichtlich der Berufungs- und Entscheidungsfristen abgekürztes Verfahren handelt, lässt sich ableiten, dass ein erhöhter Rechtsschutz und damit strengerer Prüfmaßstab zum Tragen kommen muss. Dieser kommt einerseits schon in der restriktiven Formulierung des § 33 Abs. 1 AsylG 2005 zum Ausdruck und ergibt sich andererseits aus den definierten Voraussetzungen für eine solche Abweisung aufgrund vier enumerativ aufgezählter Tatbestände verbunden mit der Zusatzanforderung, dass sich kein begründeter Hinweis auf das Erfordernis der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten ergeben hat, zumal sich der - auch durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorgegebene - Prüfungsumfang im Sinne des § 6 AsylG 1997 durch die Neufassung des AsylG 2005 nicht maßgeblich geändert hat.

 

Zu dem Offensichtlichkeitserfordernis des § 6 AsylG 1997, auch in der Fassung der Novelle 2003, hat der Verwaltungsgerichtshof eine umfangreiche Judikatur entwickelt, insbesondere dass ein solches Maß an Unglaubwürdigkeit erreicht werden muss, dass unmittelbar einsichtig - "eindeutig", "offensichtlich" - ist, dass die Schilderung tatsächlich wahrheitswidrig ist. Dieses Urteil muss sich quasi "aufdrängen", die dazu führenden Gesichtspunkte müssen klar auf der Hand liegen. Im Ergebnis setzt die geforderte "qualifizierte Unglaubwürdigkeit" somit voraus, dass es weder weitwendiger Überlegungen noch einer langen Argumentationskette bedarf, um zu erkennen, dass das Vorbringen eines Asylwerbers nicht den Tatsachen entspricht.

 

1.2. Im gegenständlichen Fall ist dem Bundesasylamt beizupflichten, wenn es von der Unglaubwürdigkeit des Berufungswerbers ausgeht. Das Bundesasylamt hat das Vorbringen des Berufungswerbers einer ausführlichen und schlüssigen Beweiswürdigung unterzogen und zutreffend aufgezeigt, dass der Beschwerdeführer nicht im Stande war, seine Behauptungen glaubhaft zu machen. Bei Vorhalt der zahlreichen Widersprüche durch das Bundesasylamt war Beschwerdeführer nicht in der Lage diese aufzuklären. Auch aus seinen Angeben betreffend seine Anreise nach Österreich, die durch die vorliegenden Informationen eindeutig widerlegt wurden, lässt sich die Unglaubwürdigkeit seines Vorbringens erkennen.

 

2. Dessen ungeachtet gründete das Bundesasylamt die Abweisung des gegenständlichen Asylantrages nicht auf § 33 Abs. 1 Z 2 sondern auf § 33 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005, weil der Asylwerber keine Verfolgung im Herkunftsstaat geltend gemacht hat.

 

2.1. Dem widerspricht nun der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde und bringt vor, dass nach § 2 Abs. 11 AsylG 2005 Verfolgung als jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 Stausrichtlinie definiert sei. Art. 9 der Statusrichtlinie verweise auf die Verfolgung im Sinne der GFK und enthalte in Abs. 2 eine demonstrative Aufzählung der Verfolgungshandlungen. Demnach sei jede Handlung, die die Voraussetzung des Art. 9 der Statusrichtlinie erfüllt, als Verfolgungshandlung zu werten. Das Vorliegen eines Zusammenhanges zwischen der Verfolgungshandlung und Konventionsgrund spiele für die Frage der Verfolgung keine Rolle.

 

2.2. Nach § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005 ist eine Verfolgung jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 Statusrichtlinie (Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes).

 

Art 9 der Statusrichtlinie lautet:

 

"Verfolgungshandlungen

 

(1) Als Verfolgung im Sinne des Artikels 1A der Genfer Flüchtlingskonvention gelten Handlungen, die

 

a) aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten keine Abweichung zulässig ist, oder

 

b) in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der unter Buchstabe a) beschriebenen Weise betroffen ist.

 

(2) Als Verfolgung im Sinne von Absatz 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

 

a) Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,

 

b) gesetzliche, administrative, polizeiliche und/oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,

 

c) unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,

 

d) Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,

 

e) Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des Artikels 12 Absatz 2 fallen, und

 

f) Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

 

(3) Gemäß Artikel 2 Buchstabe c) muss eine Verknüpfung zwischen den in Artikel 10 genannten Gründen und den in Absatz 1 als Verfolgung eingestuften Handlungen bestehen."

 

2.3. Es ist dem Bundesasylamt beizupflichten, dass der vom Beschwerdeführer geschilderte Sachverhalt nicht geeignet ist eine asylrechtlich relevante Verfolgung des Beschwerdeführers in seinem Heimatland darzutun. Der VwGH definiert in ständiger Rechtsprechung Verfolgung im Wesentlichen als einen ungerechtfertigten Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen (zB. VwGH 24.11.1999; 99/01/0280). Die erhebliche Intensität des drohenden Eingriffs liegt dann vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr dorthin zu begründen. Die Abgrenzung gegenüber "bloßer Diskriminierung" oder "bloßer Schikane" spielen dabei in der Praxis eine zentrale Rolle; in solchen Fällen geht es darum, das Ausmaß des jeweils "noch" zumutbaren Nachteils festzustellen bzw. Kriterien für die Zumutbarkeit zu finden (siehe dazu Putzer - Rohrböck, "Asylrecht; Leitfaden zur neuen Rechtslage nach dem AsylG 2005", RZ 50 ff.)

 

Im gegenständlichen Fall bringt der Beschwerdeführer vor, dass er von der Polizei gesucht werde, weil mit seinem Auto einen Unfall verursacht worden und ein Mensch ums Leben gekommen sei. Sein Freund, dem er für den betreffenden Zeitraum sein Auto geliehen habe, habe den Unfallort einfach verlassen, weshalb die Polizei davon ausgehen würde, dass der Beschwerdeführer der Fahrer gewesen sei. Darüber hinaus habe sein Freund ein Gewehr in das Auto gelegt, weshalb die Polizei annehmen würde, dass der Beschwerdeführer mit Terroristen in Verbindung stehen würde. Das Bundesasylamt hat in diesem Zusammenhang zu Recht festgestellt, dass das Einschreiten der staatlichen Behörden (zB. durch Festnahmen, Verhöre oder Befragungen) in einem solchen Fall nicht als Verfolgung sondern als legitime Handlung zur Aufklärung eines allgemein strafbaren Deliktes zu qualifizieren sei und dabei auf die diesbezüglich relevante Judikatur des VwGH verwiesen.

 

Der Beschwerdeführer stellt einerseits zu Recht fest, dass Art 9 Abs. 2 Statusrichtlinie eine demonstrative Aufzählung von Verfolgungshandlungen enthält, übersieht aber andererseits bei seiner weiteren Argumentation, dass auch dabei nur Handlungen in Frage kommen, auf die die Vorraussetzungen des Art. 9 Abs. 1 Statusrichtlinie zutreffen, also Handlungen die entweder aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen oder aufgrund einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher Weise betroffen ist. Dementsprechend ist nach Art 9 Abs. 2 lit. b nicht jede gesetzliche, administrative, polizeiliche und/oder justizielle Maßnahme eine Verfolgung, sondern nur jene die als solche diskriminierend ist oder in diskriminierender Weise angewendet wird; auch eine Strafverfolgung oder Bestrafung ist nach lit. c nur dann eine Verfolgung, wenn sie unverhältnismäßig oder diskriminierend ist.

 

Den Ausführungen des Beschwerdeführers ist jedoch weder ein diskriminierendes noch ein unverhältnismäßiges Vorgehen der Polizei zu entnehmen. Auch in diesem Zusammenhang ist dem Bundesasylamt beizupflichten, dass der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt behauptet hätte, dass er diskriminierend oder anders behandelt werden würde als andere indische Staatsangehörige, falls die Polizei seiner habhaft werden würde. Die der Beschwerde beiliegenden schriftlichen Ausführungen des Beschwerdeführers enthalten diesbezüglich ebenfalls keine neuen relevanten Fakten.

 

2.4. Zusammenfassend hat das Bundesasylamt die Abweisung des vorliegenden Antrags auf internationalen Schutz zu Recht auf § 33 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 gestützt.

 

3 Auch den im angefochtenen Bescheid enthaltenen Ausführungen zu § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist beizupflichten. Der Asylgerichtshof kann auf der Grundlage der Angaben des Beschwerdeführers keine reale Gefahr erkennen, dass dieser bei seiner Rückkehr nach Indien einer Verletzung von Art 2 oder Art 3 EMRK bzw. der Zusatzprotokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK ausgesetzt wäre bzw. für ihn Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bestünde.

 

4. Auf den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war unter Beachtung des § 38 Abs. 1 AsylG 2005 nicht näher einzugehen.

 

5. Die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung konnte gemäß 41 Abs. 7 AsylG 2005 unterbleiben, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde ausreichend geklärt war.

Schlagworte
Flughafenverfahren, mangelnde Asylrelevanz, non refoulement, offensichtlich unbegründete Asylanträge, qualifizierte Unglaubwürdigkeit
Zuletzt aktualisiert am
13.11.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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