B12 302.480-C1/2008/16E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Josef Rohrböck als Einzelrichter über die Beschwerde des Herrn A. M., geb. 1983, StA. Türkei, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 17. Mai 2006, Zl. 05 01.710-BAL, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25. Oktober 2007 zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde des Herrn A. M. gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 17. Mai 2006, Zl. 05 01.710-BAL, wird stattgegeben und Herrn A. M. gemäß § 7 Asylgesetz 1997 Asyl gewährt.
II. Gem. § 12 Asylgesetz 1997 wird festgestellt, dass Herrn A. M. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
III. Die Spruchpunkte II und III des Bescheides des Bundesasylamts vom 17. Mai 2006, Zl. 05 01.710-BAL, werden ersatzlos aufgehoben.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer brachte am 7. Februar 2005 beim Bundesasylamt einen Antrag auf Asyl ein. Er gab hierbei an, den Namen A. M. zu führen, Staatsangehöriger der Türkei und 1983 geboren zu sein. Am 28. Februar 2005 wurde Herr A. M. vor dem Bundesasylamt vernommen, wobei in der Niederschrift vom selben Tag festgehalten wurde:
"(...)
Frage: Besitzen Sie einen Reisepass.
Antwort: Nein.
Frage: Haben Sie um einen Reisepass angesucht.
Antwort: Nein.
Frage: Besitzen Sie einen Führerschein.
Antwort: Nein.
Frage: Haben sie Ihr Heimatland schon früher einmal verlassen.
Antwort: Nein.
Frage: Haben Sie irgendwo anders um Asyl angesucht.
Antwort: Nein.
Frage: Wann und wie haben Sie Ihr Heimatland verlassen, wie kamen Sie nach Österreich?
Antwort: Wir vereinbarten alles mit einem Schlepper.
Frage: Wann haben Sie Ihr Heimatland verlassen und wie kamen Sie nach Österreich.
Antwort: Ich glaube, es war der 27. oder 28.01.2005. Wir mussten uns im LKW verstecken. Lebensmittel und Getränke konnten wir zu uns nehmen. Um uns war alles verschlossen. Mit dem Zug kamen wir bis Wien. In Österreich ließ man uns aussteigen.
Frage: Wo sind Sie in den Zug eingestiegen.
Antwort: Das weiß ich nicht. Der LKW war nicht am Zug aufgeladen, wir reisten ganz normal.
Frage: Wer ist mit Ihnen mitgereist.
Antwort: Zwei Iraner.
Frage: Wie heißen die Zwei.
Antwort: Das weiß ich nicht.
Frage: Wie sehen sie aus.
Antwort: Dunkler als ich, einer 45 und der andere 48.
Frage: Von wo waren sie.
Antwort: Denen bin ich in Agri begegnet. Da ich Englisch konnte, war es möglich, uns zu verständigen. Sie wollten mit mir gemeinsam in ein europäisches Land. Wir fragten im Bekanntenkreis nach Schlepper. Sie gaben uns die Telefonnummer eines Chauffeurs. Die Person, die wir dann anriefen, teilte uns mit, dass er selbst solche Arbeiten nicht mache, aber dass er uns eine andere Person vermitteln kann. Ich habe dann den anderen Chauffeur angerufen und sprach auch im Namen der Iraner. Für die Iraner verlangte er 8.000,--. Die Iraner versprachen mir, wenn es ihnen gelingt, ausreisen zu können, würden sie auch meinen Aufwand finanzieren. Der Chauffeur sagte, dass er mich nicht mitnehmen würde, sondern nur die Iraner. Daraufhin sagte ich ihm, dass ich mich beschweren werde, wenn er nur die Iraner mitnimmt. Dann meinte der Chauffeur, dass auch ich noch 1.500,-- dazuzahlen soll. Ich verhandelte mit ihm und gab ihm ein Handy und 500,--. Wir vereinbarten einen Treffpunkt. Als er uns abholte, war es dunkel. Damit die Plane des LKW nicht aufgemacht wird, ist er abgestempelt, laut dem Chauffeur. Deshalb zerriss man die Plane oberhalb und so kamen wir dann auch rein. Uns wurde ein Platz auf der Ladefläche vorbereitet mit Decke und Lebensmittel, Getränke, Käse. Es war schon alles vorbereitet. Und wir fuhren Richtung Europa.
Frage: Wo sind Sie eingestiegen.
Antwort: In Istanbul, Außerhalb von Istanbul.
Frage: Wie kamen Sie von Agri nach Istanbul.
Antwort: Die Iraner sind mit ihrem Reisepass bis Istanbul gekommen und da ich sowieso türkischer Staatsbürger bin, war bei mir keiner nötig.
Frage: Wie lange fuhren Sie mit dem LKW.
Antwort: 3, 4 Tage.
Frage: Wo sind Sie ausgestiegen.
Antwort: In Österreich ließ man mich aussteigen. Die anderen sind weitergefahren. Sie sagten, dass sie nach Frankreich fahren werden.
Frage: Wo sind Sie dann in den Zug eingestiegen.
Antwort: Ich habe nicht aufgepasst und da ich ohnehin schlaflos war, habe ich nicht allzu sehr damit beschäftigt.
Frage: Wie lange fuhren Sie mit dem Zug.
Antwort: Ich weiß nicht, ich habe mich kurz niedergelegt und geschlafen. Ich denke, dass es schon 2 Stunden gedauert hat.
Frage: Sind Sie in Österreich in den Zug eingestiegen.
Antwort: Ja.
Frage: War der LKW auf einem Zug oder auf einem Schiff aufgeladen.
Antwort: Nein.
Frage: Woher hatten Sie das Geld.
Antwort: Die Iraner gaben mir das.
Frage: Sind Sie ein Schlepper.
Antwort: Nein. Das sind die zwei Iraner, die mitgefahren sind.
Frage: Aber sie bekamen Geld, dass sie Schlepper besorgen.
Antwort: Ja die haben die Kosten für die Fahrt übernommen. Versprechen wurde vereinbart.
Frage: Wie lautet die Telefonnummer vom Chauffeur, der Sie und die Iraner mitgenommen hat.
Antwort: Weiß ich nicht.
Vorhalt: Sie haben diesen Mann angerufen.
Antwort: Wir mussten dem Chauffeur versprechen, dass wir keine Informationen über ihn weitergeben.
Frage: Wollen Sie etwas von uns.
Antwort: Ich will Asyl.
Frage: Dann können Sie uns die Nummer bekannt geben.
Antwort: Der Zettel, worauf diese stand, wurde vernichtet und ich habe die Nummer nicht im Kopf.
Frage: Haben Sie im Bereich der EU, in Norwegen oder in Island Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht?
Antwort: Nein.
Frage: Schildern Sie bitte kurz, warum Sie Ihre Heimat verlassen haben?
Antwort: Soll ich in der Vergangenheit beginnen und bis Heute erzählen.
Frage: Schildern Sie in einem Satz warum Sie Ihre Heimat verlassen haben. Sie werden später genauer befragt.
Antwort: Die Polizei u. das Militär hat mich angerufen und ich wurde als Agent von Abdullah Özallah beschuldigt. Sie meinten, dass ich für seinen Namen arbeite.
Frage: Haben Sie ein strafbares Delikt begangen.
Antwort: Nein.
Frage: Waren Sie in Haft.
Antwort: Ja. Als Verdächtiger musste ich hin und wieder 5,10,15 Tage in U-Haft, gefoltert.
Frage: Sind Sie Mitglied einer Partei.
Antwort: Nein.
Frage: Wurden Sie festgenommen.
Antwort: Ja.
Frage: Werden Sie in Ihrem Heimatland verfolgt.
Antwort: Ja.
Frage: Was würde mit Ihnen passieren, wenn Sie in Ihr Heimatland zurückkehren würden.
Antwort: Sie würden mich umbringen. Entweder da draußen wenn ich unterwegs bin oder beim Militär.
Frage: Waren Sie bei der Stellung.
Antwort: Ja.
Frage: Warum waren Sie noch nicht beim Heer.
Antwort: Ich habe es verschoben.
Frage: Bis wann.
Antwort: Glaublich bis Ende 2005. Nein Ende 2004 Anfang 2005.
Frage: Wann wurden Sie das letzte Mal festgenommen.
Antwort: Letzten Frühling.
Frage: Wie oft wurden Sie festgenommen.
Antwort: Insgesamt 15-20 Mal. Es war sehr oft der Fall.
Frage: Wann wurden Sie das erste Mal festgenommen.
Antwort: Als ich zu den Prüfungen in Ankara angetreten bin. Ich glaube Frühling 2002.
Frage: Wann waren Sie genau in U-Haft.
Antwort: Am Prüfungstag.
Frage: Wann war das genau.
Antwort: Es war ein Wochenende aber an das genaue Datum kann ich mich nicht erinnern.
Frage: Von wem wurden Sie gefoltert.
Antwort: Es war ein Gefangenhaus. Ich denke es war ein Kommandant oder, Soldat. Ich wurde befragt warum ich zu dieser Prüfung antreten will und zum Militär will, was mein Ziel wäre. Sie fragten ob ich vor habe für die PKK ein Agent zu sein oder jemanden in höherer Position umbringen will. Ob ich die Absicht habe.
Frage: Wann war das genau.
Antwort: Im Frühling 2002.
Frage: Wer verfolgt sie in der Türkei.
Antwort: Die Polizei und das Militär.
Frage: Gibt es einen Haftbefehl gegen Sie.
Antwort: Nein. Eigentlich bin ich einer, der keine Straftat begannen hat. Das weiß auch die Polizei und das Militär. Die Polizei und das Militär machen alles und machen sich das heimlich unter sich aus.
Frage: Wer würde Sie umbringen.
Antwort: Noch viel mehr das Militär.
Frage: Können Sie das näher erklären.
Antwort: Ich habe die Universitätsprüfung bestanden, sodass ich nur noch eine Prüfung für die Polizeischule benötige. Deswegen wurde noch viel mehr Verdacht geschöpft. Weil sie glaubten, dass mich jemand dazu verleitet.
Frage: Wie kommen die darauf, dass jemand sie verleitet.
Antwort: Weil in ganz Südostanatolien und Ostanatolien nur einer diese Prüfung bestanden hat.
Frage: Wer ist das.
Antwort: Das weiß ich nicht. Das wurde in den Medien veröffentlicht. Sie stellten sich die Frage, warum ein Kurde das sich so sehr wünscht, das auszuüben. Deshalb entstanden die vielen Zweifel.
Frage: Wollten Sie Offizier beim Militär oder bei der Polizei werden.
Antwort: Zuerst beim Militär, und wenn dann die Ergebnisse der Universitätsprüfung gekommen sind und diese natürlich positiv ist, dann wäre ich zur Polizei. Beim Militär hätte ich schon beginnen können aber ich wurde zu diesem Zeitraum oft in U-Haft genommen.
Frage: Was wurde ihnen genau für ein Delikt vorgeworfen.
Antwort: Weil keiner der Kurden bisher zum Militär freiwillig gehen würde. Das kurdische Volk hasst das Militär aufgrund der erlebten Folterungen. Die, die zum Militär wollen, hinterlassen beim Militär viele Fragezeichen. Sie zweifeln.
Vorhalt: Es müssen alle männlichen türkischen Staatsangehörigen, egal ob Kurden oder Türken zum Militär einrücken.
Antwort: Ja. Wenn ich einrücken müsste, hätte man mich in den Osten gebracht und ich hätte gegen meine Brüder kämpfen müssen. Damit meine ich mein eigenes Volk.
Vorhalt: Sie wollten ja zum Militär.
Antwort: Ich wollte zuerst Offizier werden. Zwischen Soldat und Offizier ist ein großer Unterschied. Als Soldat werden einem Befehle erteilt. Aber als Offizier wird man ganz anders behandelt.
Frage: Muss man in der Türkei nicht zuerst einen Grundwehrdienst ableisten, bevor man Offizier wird.
Antwort: Nein, da geht man in die Offizierschule. Ihnen wird nun mitgeteilt, dass Ihr Asylverfahren zulässig ist. Das Verfahren wird in einer Außenstelle des Bundesasylamtes weitergeführt werden, diesbezüglich werden Sie eine schriftliche Ladung erhalten. Weiters wird Ihnen zur Kenntnis gebracht, dass Sie einer Betreuungseinrichtung zugewiesen werden können. Jede Änderung der Abgabestelle müssen Sie sofort dem Bundesasylamt mitteilen.
Antwort: Ich möchte etwas sagen. In der türkischen Geschichte ist ein Name Celali Isyan angeführt. Das brauchen sie nicht aufschreiben. Bei diesen Celali sind früher 100.000 Kurden umgekommen. Seit diesem Zeitpunkt setzt sich der Hass gegen die Kurden fort.
Frage: Haben Sie alle Asylgründe vorgebracht.
Antwort: In den Medien wird das nicht berichtet, aber bei uns dort setzten sich die Auseinadersetzungen und Kämpfe noch immer fort. Wir sind ein Volk, dessen nächster Tag ungewiss ist.
Frage: Waren das alle Asylgründe.
Antwort: Ja. Die vom Militär umgebrachten Kurden scheinen nirgendwo auf.
Frage: Wollen Sie noch etwas anführen.
Antwort: Nein.
Frage: Haben Sie den Dolmetscher während der gesamten Befragung einwandfrei verstanden?
Antwort: Ja.
Frage des Rechtsanwaltes: Wollen Sie jetzt auch noch den Militärdienst ableisten.
Antwort: Das ist die gleiche Frage, willst Du dich umbringen lassen."
Bei einer neuerlichen Einvernahme durch das Bundesasylamt am 11. Mai 2006 gab der Beschwerdeführer sodann Folgendes an:
"(...)
Frage: Sie wurden in Thalham (EAST-West) niederschriftlich einvernommen. Entsprachen ihre damaligen Angaben der Richtigkeit.
Antwort: Ja.
Frage: Haben Sie diesen Angaben selbstständig etwas hinzuzufügen.
Antwort: Ich kann nur Klarheit schaffen. Man hat mich in Thalham um die Namen der anderen Asylwerber gefragt und ich habe nur zwei Namen genannt. Die sind aber nicht die richtigen Namen der Leute. Man hat mich auch dort gefragt ob ich im Gefangenhaus war. Ich war nicht im Gefangenhaus, ich bin nur festgenommen worden. Weiters habe ich auch dort gesagt, dass der Streit weiter geht. Das hat sich ja durch die Medien bestätigt.
Frage: Was meinen sie damit genau.
Antwort: Die Vorurteile gegen die Kurden in der Türkei gehen weiter.
Frage: Sie haben bei der Ersteinvernahme angegeben mit dem Zug in Wien angekommen zu sein und zuvor mit den LKW in Österreich angekommen zu sein.
Antwort: Ja das ist richtig, ich bin mit dem LKW nach Österreich gekommen und mit dem Zug nach Wien gefahren.
Frage: Waren sie da allein.
Antwort: Ja im Zug war ich allein.
Frage: Wo haben sie die Fahrkarte gekauft.
Antwort: Den Namen vom Bahnhof weiß ich nicht.
Frage: War es bei einem Automaten.
Antwort: Ich habe die Karte vor dem Einsteigen beim Schaffner gekauft.
Frage: War das die gleiche Person die die Karte im Zug kontrolliert hat.
Antwort: Ja
Frage: Wie haben sie die Karte erhalten.
Antwort: Der Schaffner hat sie mir im Zug ausgestellt. Ich habe mich mit ihm in Englisch verständigt. Ich habe damals noch etwas besser Englisch gesprochen. Jetzt habe ich schon einiges vergessen.
Frage: Haben sie die Fahrkarte noch.
Antwort: Nein.
Frage: Wie viel haben sie für die Karte bezahlt.
Antwort: Ich habe 50 Euro Schein gegeben. Der Schaffner hat mir etwas Restgeld zurückgegeben. Den genauen Preis weiß ich nicht mehr.
Frage: Wie sah die Station aus.
Antwort: Ein Kleiner Ort.
Frage: Wie oft blieb der Zug nach Wien stehen.
Antwort: Ich glaube nur 2 Stunden gefahren. Ich habe geschlafen.
Frage: Könne sie sich noch an die Uniform des Schaffners erinnern.
Antwort: Ich erinnere mich nicht. Ich habe nicht darauf geachtet.
Frage: Sie haben bei der Ersteinvernahme angegeben zum Militär zu wollen und dort Offizier zu werden, fügten aber später an, dass das Militär laufend Kurden tötet.
Antwort: Ich habe zwei Gründe gehabt, warum ich zur Aufnahmeprüfung angetreten bin. Ich wollte als Offizier mich für die Kurden einsetzen und andererseits wollte ich auch einen sicheren Beruf haben. Deswegen habe ich auch Studiert.
Frage: Was habe sie Studiert.
Antwort: Ich habe das Gymnasium absolviert.
Frage: Sie haben keine Hochschule besucht.
Antwort: Nein, ich wollte deswegen die Universität besuchen nach der Aufnahmeprüfung.
Frage: Wann haben sie sich für die Aufnahmeprüfung beworben.
Antwort: Im Jahre 2002. Ich glaube 2002.
Frage: Ich diese Bewerbung schriftlich zu machen. Haben sie darüber Unterlagen.
Antwort: Man schickt die Bewerbung schriftlich mit den Unterlagen der bestandenen Reifeprüfung und Meldezettel. Ich habe diese Unterlagen persönlich in Istanbul abgegeben.
Frage: Haben sie darüber noch Unterlagen.
Antwort: Die Unterlagen existieren nicht mehr.
Frage: Was sagte der Offizier zu ihnen, als sie die Unterlagen abgaben.
Antwort: Man hat mir gesagt, dass ich eine Verständigung bekomme. Das war auch der Fall. Die Probleme haben erst am Prüfungstag begonnen.
Frage: Sie haben eine schriftliche Verständigung bekommen. Können sie dies noch vorlegen. Wie lange mussten sie darauf warten.
Antwort: Ich musste ca 1 Monat warten. Ich habe sie nicht aufgehoben.
Frage: Sie sind nach Ankara zur Aufnahmeprüfung gefahren.
Antwort: Ich kann mich jetzt nicht mehr daran erinnern. Ich habe das Datum bei der Ersteinvernahme angegeben.
Frage: Könne sie mir das Jahr sagen.
Antwort: Ich glaube 2002 im Frühling.
Frage: Schildern sie mir bitte wie diese Aufnahmeprüfung abgelaufen ist.
Antwort: Ich reiste einen Tag vorher mit dem Autobus nach Ankara. Man hat gesagt, vor dem tatsächlichen Aufnahmebeginn mussten wir im Stadion einen Leistungstest machen. Man nahm mir den Aufnahmeschein ab. Ein Mann sagt mir ich solle mitkommen und man hat mich befragt und ich konnte an der Prüfung nicht teilnehmen. Man fragte mich wie ich es wagen kann, mich für die Aufnahmeprüfung zu bewerben.
Frage: Wie lange wurden sie befragt.
Antwort: Ich wurde eine Woche lang angehalten und auch geschlagen.
Frage: Wo war das.
Antwort: Vorerst dort, danach stieg ich in einen Wagen ein und man brachte mich woanders hin.
Frage: Wohin war das.
Antwort: In Ankara in ein Gebäude, genau weiß ich das nicht.
Frage: Wo wurden sie angehalten.
Antwort: Es sah aus wie ein Gefangenenhaus.
Frage: Schildern sie mir das etwas detaillierter und lassen sie sich nicht alles fragen.
Antwort: Man denkt es ist ein Polizeirevier. Ich war im Keller festgehalten, glaube ich. Aber die Beamten trugen Militäruniform. Nach einer Woche hat man mich freigelassen. Man sagte ich könne gehen. Fr Mag S. ersucht den AW noch einmal nachzufragen, dass etwas detailliert zu schildern.
Frage: Schildern sie diese Woche wo sie festgehalten wurde bitte noch näher. Wie sie gefoltert wurden und bedroht.
Antwort: Der Aw gibt an, dass man ihn immer befragte, wie er sich das erlauben kann, sich als Offizier zu bewerben. Wir werden als Kurden immer benachteiligt. Ich wollte mich einfach bewerben. Die Kurden werden in der ganzen Türkei benachteiligt. In der Türkei gibt es noch eine Staat den man nicht sicht. Dem AW wird mitgeteilt, dass die Schilderung der allgemeinen Sachen nicht das ist was wir ihn gefragt haben.
Antwort: Ich habe nur die Situation im Heimatland erzählt. Es gibt immer Widersprüche. Ich wollte das nur erzählen. Man fragte mich immer nach meinen Absichten und wie ich das wagen konnte. Sie glaubten, dass ich den Staat schaden wollte. Die Absicht war von den Schulbehörden, dass die andere Rassen nicht rein lassen wollten.
Frage: Sie haben angegeben mehrere Male festgenommen worden zu sein. Wie kam es dazu.
Antwort: Die kommen in der Nacht wo ich wohne und machen Hausdurchsuchungen. Mitnehmen und schlagen. Sie hatten keine Beweise, weil ich nichts Gesetzwidriges gemacht habe. Sie mussten mich immer wieder freilassen. Ich weiß nicht, warum sie immer wieder zu mir gekommen sind.
Frage: Wer kam in der Nacht.
Antwort: Die Polizei.
Frage: Wo war das.
Antwort: In Istanbul bei meinem Onkel. Ich habe dort oft den mesopatischen Kulturverein besucht.
Frage: Was möchten sie mir damit sagen.
Antwort: Vielleicht haben sie mich deswegen gesucht und festgenommen.
Frage: Was habe sie dort gemacht.
Antwort: Ich hörte kurdische Musik und trank Kaffee und unterhielt mich mit Freunden.
Frage: Glauben sie das sie deswegen festgenommen und gefoltert wurden.
Antwort: In erster Linie weil ich Kurde bin und den kurdischen Kulturverein besuchte. Das glaube ich, es gibt sonst keinen Grund, dass ich immer wieder festgenommen wurde. Ich habe nicht Gesetzwidriges gemacht. Der Verein wurde ständig kontrolliert.
Frage: Wohin wurden sie mitgenommen.
Antwort: Ich glaube die Polizei hat eigene Stellen für solche Befragungen.
Frage: Könne sie mir diese Festnahmen und Folterungen näher schildern.
Antwort: Es ist eine Zelle, wo man eingesperrt wird. Dort wurde ich auch befragt. Die Beamten die mich befragten waren in Zivil. Wenn ich nicht viel rede, bekommt man Schläge. Man bekommt kein Essen. Die Beamten schlagen mich. Man fragte mich wer uns organisiert und führt. Warum wir gegen den Staat vorgehen. Ich konnte dazu nichts sagen. Man glaubte mir nicht.
Frage: Wurden sie durch die Schläge irgendwie verletzt.
Antwort: Keine bleibenden Schäden. Ab und zu hatte ich Prellungen und Nasenbluten.
Frage: Waren sie deswegen einmal bei einem Arzt.
Antwort: Nein. Weil ich nicht soviel Geld habe.
Frage: Haben sie nicht daran gedacht, jemanden um Hilfe zu bitten.
Antwort: Gegen Polizei oder Militär wagt das kaum jemand. Jeder bekommt da nur Schwierigkeiten.
Frage: Hätten sie das nicht bei der Staatsanwaltschaft anzeigen könne.
Antwort: In der Türkei Recht zu bekommen ist sehr schwierig. Nein, dass habe ich auch nicht gemacht.
Frage: Sie haben es aber auch gar nicht versucht.
Antwort: Nein. Ich konnte das nicht wagen. Ich habe es mir nicht zugetraut.
Frage: Sind sie gerichtlich vorbestraft
Antwort: Nein.
Frage: Waren Sie jemals inhaftiert oder festgenommen.
Antwort: Ja. Ich habe keine Beweise dafür. Wie ich es schon angegeben habe. Mehrere Male, genau weiß ich es nicht.
Frage: Wurden sie in Istanbul immer an denselben Ort gebracht, wenn sie befragt wurden. Meisten ja. Ich wurde von verschieden Personen befragt.
Frage: Nahmen sie in ihrem Heimatland an bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen teil.
Antwort: Nein.
Frage: Sind oder waren sie politisch tätig.
Antwort: Nein. Ich habe nur die HADEP unterstützt.
Frage: Hatten sie gröbere Probleme mit Privatpersonen (Blutfehden, Racheakte etc.)
Antwort: Nein.
Frage: Hatten Sie Probleme mit den Behörden Ihres Heimatlandes.
Antwort: Außer Polizei und Militär nicht.
Frage: Wann hätten sie den Grundwehrdienst leisten müssen.
Antwort: Ich kann mich nicht daran erinnern. 2003 oder 2004
Frage: Wenn es 2003 gewesen wäre, dann wäre das vor der Aufnahmeprüfung zur Offiziersausbildung gewesen.
Antwort: Ich habe wegen dem Studium den Wehrdienst verschieben lassen.
Frage: Hat man ihnen diesen Aufschub gewährt ja.
Antwort: Ja, ich hatte ja keine Probleme zu diesem Zeitpunkt.
Vorhalt: Wie passt das zusammen, einerseits werden sie vom Militär festgenommen und gefoltert. Andererseits wird ihnen der Grundwehrdienst aufgeschoben.
Frage: Haben sie eine Bestätigung über den Aufschub der Wehrdienstzeit. Könne sie das vorlegen.
Antwort: Ich habe so etwas bekommen. Ich weiß nicht wo das jetzt ist.
Frage: Was würde sie konkret erwarten, wenn sie in ihr Heimatland zurückkehren müssten.
Antwort: Wenn ich in die Türkei zurückkehre, wird man auf meinen Namen ein rotes Kreuz machen und man wird mich beseitigen. In letzter Zeit sind häufig solle Fälle in der Türkei passiert. Auch im Fernsehen wird laufend darüber berichtet. Zuerst wird man freigelassen und danach umgebracht und man berichtet nach außen, dass die PKK die eigenen Leute umgebracht hat. Auch vor 3 Monaten sind solche Vorfälle passiert.
Frage: Warum sollte die Polizei oder das Militär gerade an ihnen ein besonderes Interesse haben, wenn sie nichts Gesetzwidriges angestellt haben.
Antwort: Ich habe auch ein Foto von mir angefertigt vor der PKK Fahne und deshalb glaube ich könnten sie mich verfolgen. Der AW legt ein Foto vor.
Frage: Haben sie sämtliche Gründe, die sie veranlasst haben, ihr Heimatland zu verlassen, vollständig geschildert. Wurde alles ausreichend behandelt.
Antwort: Ja. In der Türkei wird von Beamten ein Volk umgebracht und dafür bekommt der auch noch Lob von seinen Vorgesetzten. Ein solches Land verstehe ich nicht. Wenn ich hier weggehen muss, werde ich zum Militär eingezogen und dort umgebracht und man wird wieder sagen, die eigenen Leute haben einen umgebracht. Die Kurden werden in der ganzen Türkei so behandelt.
Frage: Wurde ihnen ausreichend Zeit eingeräumt, ihre Probleme vollständig und so ausführlich, wie sie es wollten, zu schildern.
Antwort: Ja
Frage: Wollen sie noch etwas angeben, was ihnen besonders wichtig erscheint.
Antwort: Nein.
Frage: Haben Sie Verwandte in Österreich.
Antwort: Ja, eine Tante.
Frage: Leben Sie mit diesen zusammen.
Antwort: Ja ich lebe bei ihr in W.. Fr Mag S. wird gefragt, ob sie etwas fragen möchte und verneint. Nach erfolgter Rückübersetzung gebe ich an, dass meine Angaben der Richtigkeit entsprechen und vollständig sind.
Frage: Sie wurden das letzte Mal im Frühjahr 2004 festgenommen. Warum haben sie erst ein Jahr später die Türkei verlassen.
Antwort: Fluchtmöglichkeiten habe ich vorher nicht gefunden.
Frage: Haben sie den Dolmetsch während der g e s a m t e n Einvernahme einwandfrei verstanden.
Antwort: Ja.
Frage: Hat der Dolmetsch das rückübersetzt, was sie gesagt haben.
Antwort: Ja.
Frage: Sind Ihre Angaben korrekt.
Antwort: Ja.
Frage: Sind Sie vollständig.
Antwort: Ja."
Das Bundesasylamt wies den Asylantrag mit Bescheid vom 17. Mai 2006 in Spruchteil I unter Berufung auf "§ 7 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idgF", ab; in Spruchteil II erklärte es die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Türkei gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig und verfügte unter Spruchpunkt III die Ausweisung des Beschwerdeführers gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet. Dazu hielt das Bundesasylamt begründend fest:
"Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens gelangt die Behörde nach unten angeführter Beweiswürdigung zu folgenden Feststellungen:
Es wird festgestellt, dass der Antragsteller unter Umgehung der Grenzkontrolle (illegal) in das österreichische Bundesgebiet eingereist.
Die Identität des Antragstellers steht auf Grund seines Personalausweises fest.
Der ASt. hat keine Verfolgung im Sinne des AsylG 1997 glaubhaft gemacht.
Es bestehen keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass der ASt. im Falle der Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung einer Gefahr im Sinne des § 57 Abs.1 und Abs. 2 FrG ausgesetzt ist.
Bei der Betrachtung des vom ASt. vorgebrachten Sachverhaltes konnte unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden, dass der ASt. im Falle einer Rückkehr in die Türkei dort der Gefahr einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung iSd GFK ausgesetzt ist.
Weiters konnte unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden, dass die Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des ASt nach Türkei, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde, oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Eine Verfolgung aufgrund der kurdischen Herkunft und/oder durch türkische behördliche Organe konnte nicht festgestellt werden.
Es existieren unter Berücksichtigung aller bekannten Tatsachen keine Umstände, welche einer Ausweisung des ASt. aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden.
Zur Türkei werden folgende Feststellungen getroffen:
Die Türkei ist seit 1923 eine Republik (türkisch Türkiye Cumhuriyeti) mit Verfassung i.d.g.F von 1982.
Am 12. September 1980 putschte die Armee unter der Führung des Generalstabchefs Kenan Evren. Als Staatspräsident und Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsrates (Admiral Bülent Ulusu wurde Ministerpräsident) setzte er die Verfassung außer Kraft und verhängte das Kriegsrecht. Alle politischen Aktivitäten wurden untersagt, Tausende verhaftet und die Presse zensiert.
Die neue Verfassung, die 1982 in einem Referendum angenommen wurde, schrieb die "demokratisch legitimierte" politische Machtposition des Militärs fest.
Das Parlament besteht aus 550 Mitgliedern, die in der Regel alle 5 Jahre gewählt werden.
Die letzten Wahlen fanden am 3.11.2002 statt, wobei lediglich 2 Parteien die in der Türkei notwendige 10% Hürde erreichten.
Dies waren die AKP (Gerechtigkeits- und Fortschrittspartei) mit 34,3% der Stimmen, die mit Erdogan den Regierungschef stellen, und die CHP (Sozialdemokratische Republikanische Volkspartei) mit 19,4% der Stimmen.
Die Türkei hat ca. 67 Millionen Einwohner, wobei die ethnische Verteilung mit ca. 70% Türken, 20% Kurden, 2% Arabern, u.a. kleineren Volksgruppen (unter 1%) angegeben wird.
Größte Städte: Istanbul (über 10 Mio. Einwohner), Ankara (Hauptstadt, 3 Mio. Einwohner), Izmir (2,2 Mio), Adana (1,2 Mio), Bursa und Konya (über 1 Mio).
Ungefähr ein Fünftel der Bevölkerung der hit76Türkei (ca. 13 bis 14 Mio. Menschen), wie bereits ausgeführt, ist kurdisch-stämmig. Im Westen der Türkei und an der Südküste leben die Hälfte bis annähernd 2/3 der kurdisch-stämmigen Bevölkerung der Türkei weitgehend friedlich assimiliert (ca. 3 Mio. im Großraum Istanbul, 2 bis 3 Mio. an der Südküste, 1 Mio. an der Ägäis-Küste, eine Mio. in Zentralanatolien gegenüber rund 6 Mio. in der Ost und Süd-Ost Türkei). Ethnische bedingte Unruhen zw. türkischen Staatsbürgern kurdischer Volkszugehörigkeit und türkischen Staatsbürgern anderer ethnischer Abstammung hat es auch im vergangenen und in diesem Jahr nicht gegeben.
Es gibt aber viele hochrangige Kurden, die in der türkischen Gesellschaft voll assimiliert sind und ihre kurdische Herkunft nicht verleugnen. In Parlament, Regierung und allgemeine Verwaltung sind Kurden ebenso vertreten wie in Stadtverwaltungen, Gerichten und Sicherheitskräften. Ähnlich sieht es in Industrie, Wissenschaft, Geistesleben und Militär aus. Eine große Zahl von Parlamentsabgeordneten ist kurdischer Abstammung, allerdings vertreten diese zumeist die Schicht der sogenannten "Agas", Grundherren eines im Südosten noch immer anzutreffenden semifeudalen Systems. Auch im Südosten der Türkei werden Kurden allein aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit keinen staatlichen Sanktionen unterworfen. "Separatismus" und "Mitgliedschaft in einer bewaffneten Bande" werden jedoch kurdisch-stämmigen Türken öfter als anderen Türken vorgeworfen. In der Praxis können im Südosten geborenen Personen, gleich welcher Ethnie, leichter als andere Staatsangehörige in der Verdacht geraten, "Separatisten" zu sein, mit "Separatisten" zu sympathisieren, diese zu unterstützen oder Mitglied einer bewaffneten Bande zu sein. Hierbei geht es jedoch um individuelle, nicht um eine Gruppe bezogene Maßnahmen.
Die Lebensverhältnisse in der Türkei sind durch ein starkes West-Ost-Gefälle geprägt. Die anhaltende schwere Wirtschaftskrise hat die wirtschaftlichen und sozialen Disparitäten noch verstärkt. Der Abwanderungsdruck aus dem Südosten in den Süden und Westen der Türkei und in das Ausland hält unvermindert an. Das Pro-Kopf-Einkommen ist im Vergleich zum Vorjahr stark gesunken (vgl. Ziff. I 3) und wird für 2001 unter 3.000 ¿ liegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in der Türkei eine kleine Schicht von sehr Reichen den deutlich ärmeren breiten Bevölkerungsschichten gegenüber steht. Der aktuell gültige Netto-Mindestlohn beträgt etwa 125 ¿. Aufgrund Arbeitslosigkeit, Inflation bei gleichzeitigem horrenden Preisanstieg für Dollar-indexierte Waren (bes. Energie, Importe) hat es für die ärmeren Schichten eine deutliche Verschlechterung des Lebensstandards gegeben. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Arbeitslosenquote deutlich über den für Oktober 2001 offiziell angegebenen 6,9% liegt. Trotz Reformbemühungen der Regierung kennt die Türkei bisher weder eine funktionierende Arbeitslosenversicherung noch eine staatliche Sozialhilfe. Soziale Unterstützung Bedürftiger bleibt im wesentlichen der Großfamilie und religiösen Stiftungen überlassen. Bis auf wenige Ausnahmen muss jedoch niemand in der Türkei Hunger leiden. Es gibt keine generelle Existenzbedrohung, auch wenn die Wirtschaftskrise viele Familien in Existenznot gebracht hat.
Rückkehr:
Die Tatsache der Asylantragstellung allein ist strafrechtlich nicht relevant. Nur wenn der Betroffene in einem anderen Staat um politisches Asyl gebeten hat, wird er nicht staatlichen Repressionen ausgesetzt. Den türkischen Behörden ist bekannt, dass viele Türken aus wirtschaftlichen Gründen mit den Mitteln der Asylantragstellung versuchen, ein Aufenthaltsrecht zu erlangen. Sie wissen, dass der Weg vor allem über die Behauptung politischer Verfolgung führt. Bei der Einreise in die Türkei hat sich jeder, auch Ab- und Zurückgeschobene sowie abgelehnte Asylwerber, gleich welcher Volkszugehörigkeit, einer Personenkontrolle zu unterziehen.
Türkische Staatsangehörige, die ein gültiges türkisches, zur Einreise berechtigendes Reisedokument besitzen, können die Grenzkontrolle normalerweise ungehindert passieren. Wird der türkischen Grenzpolizei bekannt, dass es sich um eine abgeschobene Person handelt, wird sie einer Routinekontrolle unterzogen, die eine Abgleichung des Fahndungsregisters nach strafrechtlich relevanten Umständen und eine eingehende Befragung beinhaltet. Gleiches gilt, wenn jemand keine gültigen Reisedokumente vorweisen kann oder aus seinem Reisepass ersichtlich ist, dass er sich ohne Aufenthaltsgenehmigung in einem anderen Staat aufgehalten hat. Die Fragen der Vernehmungsbeamten bezieht sich regelmäßig auf Personalienfeststellungen, Grund und Zeitpunkt der Ausreise aus der Türkei, Grund der Abschiebung, eventuellen Vorstrafen im Ausland, Asylantragstellung, Kontakte zu illegalen türkischen Organisationen. Die Einholung von Auskünften kann je nach Einreisezeitpunkt (nachts, am Wochenende) und dem Ort, an dem das Personenstandsregister geführt wird, zwischen einigen Stunden und mehreren Tagen dauern.
Es gibt kein Zentralregister für Personenstandsangelegenheiten, das Personenstandsregister wird jeweils vor Ort geführt. Abgeschobene können in den Diensträumen der jeweiligen Polizeiwache vorübergehend festgehalten werden. Besteht der Verdacht einer Straftat (z.B. Passvergehen, illegale Ausreise, Wehrpflicht) werden strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet. Nach dem türkischen Passgesetz, gemäß § 33 Abs. 1, wird die illegale Ausreise aus der Türkei, d.h. ohne gültigen Reisepass, mit bis zu 3 Monate geringer Haftstrafe oder mit Geldstrafe in der Höhe von mindestens 33.591.000 Türkischer Lira bestraft. Wobei dies die Mindestgeldstrafe darstellt und der Richter in den meisten Fällen eine höhere Geldstrafe verhängt. Auch kann der Richter beide Strafen nebeneinander verhängen, d.h. Haft- und Geldstrafe. Schwierigkeiten für Abgeschobene können eintreten, wenn Befragung oder Durchsuchung des Gepäcks bei den Grenzbehörden oder Recherchen bei den Heimatbehörden den Verdacht der Mitgliedschaft in oder der Unterstützung der PKK oder anderer illegaler Organisationen begründen. Die Betreffenden werden dann den zuständigen Sicherheitsbehörden übergeben. Eine in die Türkei zurückkehrende Person wird aber im Zuge der Routinekontrolle nicht etwa nur wegen ihrer Zugehörigkeit zur kurdischen Volksgruppe misshandelt und gefoltert.
(Quellen:
http://www.encarta.msn.de/find/concise.asp?mod=1&ti=761575380&page=6#s37,
www.ecoi.net, Fischer Weltalmanach 2003, Aktuell 2003, Bericht des Auswärtigen Amtes vom 01.03.2001 bzw. Februar 2002, Türkei, dem Fax der Österreichischen Botschaft Ankara vom 04.01.2001 und dem Länderbericht Türkei der Österreichischen Botschaft Ankara, Stand Oktober 2000, UBAS Zl. 214.850/4-IV/10/00, UBAS vom 06.11.2000, Zl.217.046/0-IV/11/00).
Aktuelle Entwicklungen:
In allen Provinzen wurde der Notstand aufgehoben bzw. das Notstandsrecht gemäß Gesetz Nr. 2935 vom 25.10.1983 nicht mehr verlängert.
Mit 1.7.2002 war dies in den Provinzen Tunceli und Hakari, mit 1.12.2002 in den letzten davon betroffenen Provinzen, Diyarbakir und Sirnak, der Fall.
Die Einschränkungen im Alltagsleben, Ausflüsse des Notstandsrechtes, wie Lebensmittelrationierungen, vermehrte Kontrollen, diverse Verbote und Vorschriften etc. fal-len somit weg.
Die 1978 gegründete PKK hatte 1984 den bewaffneten Kampf gegen Ankara aufgenommen. In dem Krieg, der bis 1999 dauerte, starben mehr als 30.000 Menschen.
Die PKK hat seit über drei Jahren Ihre militärischen Aktivitäten im Staatsgebiet der Türkei eingestellt und sich in das Grenzgebiet Türkei-Iran-Nordirak zurückgezogen.
Auf zwei ihrer Kongresse hat sie einen generellen Gewaltverzicht erklärt, an den sie sich auch gehalten hat. Die PKK bezieht sich ausschließlich auf politische und friedliche Mittel um eine Lösung des seit nun fast 80 Jahren ungelösten kurdischen Konfliktes zu erreichen.
Terroristische Anschläge der PKK sind seit dem Aufruf des inhaftierten PKK-Führers Öcalan zum Verzicht auf Gewalt nicht mehr vorgekommen. Anschläge im Zusammenhang mit der Gefängnisrevolte vom Dezember 2000 richteten sich gezielt gegen die Polizei.
Am 10. April 2002 fand dieser Prozess der Transformationen der kurdischen Bewegung seinen ausdrücklichen Abschluss: Die 8. Parteikonferenz beschloss die vollständige Auflösung der PKK und die entschiedene Neugestaltung ihrer ausschließlich auf Frieden und Demokratie gerichteten Arbeit unter dem Namen "Kurdischer Kongress für Freiheit und Demokratie" (KADEK).
(Quellen: Türkische, kurdische und deutschsprachige Zeitungen vom 30.11.2002 (Cumhüriyet, Kurdish Observer, NZZ, Salzburger Nachrichten, Presse, OÖ Nachrichten bzgl. Notstandsaufhebung;
http://www.yekkom.com/dossier.htm, http://www.nadir.org/nadir/periodika/kurdistan_report/2002/104/04.htm, Kurdistanrundbrief, Yendici Gündem v. 20.4.2002 - kurdische Medien; http://www.pds-hh.de/presse/pe0204301.php, Salzburger Nachrichten vom 16.4.2002, BBC World News v. 16.4.2002, NZZ, Frankfurter Rundschau vom 7.2.2002, AsylMagazin September 1999, TAZ vom 12.3.2002, Die Welt vom 3.6.1999 u.v.a.)
Das türkische Parlament hat nach der Abschaffung der Todesstrafe die Reformen im August 2002 fortgesetzt und eine Reihe weiterer Reformen verabschiedet, die das Land näher an die EU bringen sollen. Insbesondere wurde im Prinzip die Verwendung der kurdischen Sprache in Radio und Fernsehen erlaubt. Auch dürfen private Institutionen nun Unterricht in Kurdisch sowie in anderen Sprachen anbieten, die in der Türkei zwar gesprochen werden, deren Gebrauch aber durch zahlreiche Gesetze und Bestimmungen bisher stark eingeschränkt war. Der Gebrauch des Kurdischen unterliegt jedoch auch weiterhin der Kontrolle durch die Aufsichtsbehörde für Radio und Fernsehen beziehungsweise des Erziehungsministeriums.
Ausweitung der Bürgerrechte
Hinzu kommen eine Reihe weiterer Liberalisierungen wie das Verbot willkürlicher Hausdurchsuchungen. Jüdische und christliche Gemeinden können ihr Eigentum nun als Besitz ihrer Stiftungen eintragen lassen, was einen besseren Schutz ihrer Eigentumsrechte bedeutet. Bisher hatte es geschehen können, dass sie auf die eine oder andere Weise zum Beispiel das Eigentumsrecht auf eine Kirche verloren. Daneben wurden aber auch einige Verschärfungen in die Gesetze eingewoben, wie die Möglichkeit, Internet-Cafés zu schließen, wenn von ihnen aus auf Web-Seiten zugegriffen wird, welche "im Widerspruch zur unteilbaren Einheit des Staates, der allgemeinen Sicherheit, der Sitten und der verfassungsmäßigen Ordnung stehen".
Hinzu kommen auch von den Europäern ersehnte Gesetze gegen den Menschenschmuggel. Für den Fall, dass Schlepper Flüchtlinge etwa in schlecht gelüfteten Containern unterbringen und diese deshalb darin umkommen, drohen bis zu zehn Jahre Gefängnis. Alle Beobachter waren ein wenig überrascht darüber, wie gut nach den hitzigen Auseinandersetzungen und den vielen taktischen Winkelzügen das Reformpaket durch das Parlament kam. Nachdem am Freitag die Abschaffung der Todesstrafe beschlossen worden war, schien es, als sei ein Damm gebrochen.
Die Straftatbestände der "Beleidigung" des Militärs und staatlicher Organe werden weitgehend gestrichen. Die Polizei muss sich strengeren rechtsstaatlichen Regeln unterwerfen.
Auch aus Brüssel war Lob zu hören. Der Kommissar für die EU-Erweiterung, Günter Verheugen, sagte, die Türkei sei ohne Zweifel an der Seite Europas. Die EU-Kommission begrüßte die neuen Gesetze. Sie erklärte aber auch, dass sie deren Anwendung genau verfolgen werde.
(Quellen: NZZ, TAZ, Junge Welt, Frankfurter Rundschau, Die Welt, FAZ, Süddeutsche Zeitung, Neues Deutschland, Salzburger Nachrichten, OÖ Nachrichten u.v.a., vom 5.8.2002)
www.ecoi.net,
http://www.nadir.org/nadir/initiativ/isku/AKTUELL/2002/32/index.html
Es konnte nicht festgestellt werden, dass Sie im Fall der Rückkehr nach Indien Gefahr liefen, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.
Zum Wehrdienst in der Türkei und der Situation der Kurden wird festgestellt:
Die Auseinandersetzung mit einem entschlossenen Gegner verlangt auch in den eigenen Reihen motiviertes Personal. Jeder Dienstpflichtige wird in diesem Zusammenhang sehr sorgfältig überprüft. Kampfeinsätze gegen die PKK werden von speziell ausgebildeten und ausgewählten Verbänden der Armee und der Gendarmerie, so genannten Kommandoeinheiten, wie auch von Spezialeinheiten der Polizei zur Terrorbekämpfung, sogenannten Özel Tims, durchgeführt. Die Özel Tims bestehen aus kampfbereiten Soldaten, welche nach Absolvierung ihres Militärdienstes die Polizeilaufbahn eingeschlagen haben, das heißt freiwillig diesen Dienst wählen. Die Kommandoeinheiten von Armee und Gendarmerie werden aus dazu geeigneten Rekruten zusammengestellt. Auf Grund einzelner Schilderungen ist offenbar der Ansturm von Freiwilligen bei den Kommandoeinheiten so groß, dass nicht alle Interessierten berücksichtigt werden können. Eine systematische Schlechterstellung kurdischer Soldaten ist trotz kurdenkritischer Tendenzen in den Armeen nicht zu erkennen.
Es leisten zwar auch Soldaten kurdischer Herkunft in Ostanatolien ihren Wehrdienst ab, da auch Großverbände aus dem Westteil der Türkei eingesetzt sind und sich die Stärke der dort stationierten Sicherheitskräfte auf etwa 300.000 Mann beläuft und sich demzufolge zwangsläufig auch kurdische Volkszugehörige unter den Angehörigen von Armee und Gendarmerie befinden, zumal die Armee keine ethnischen Unterschiede kennt. Bei solchen Personen handelt es sich jedoch um Kurden, deren Loyalität dem türkischen Staat gegenüber nach dem Urteil ihrer Vorgesetzten über jeden Zweifel erhaben ist. Dazu zählen in erster Linie Berufssoldaten und Freiwillige, die mit der Wahl ihrer Laufbahn zugleich ein Bekenntnis zum türkischen Staat abgelegt haben. Kurden gibt es auf allen Kommandoebenen der Armee, auch im Generalstab. Personen, die unter Bezugnahme auf ihre kurdische Volkszugehörigkeit um politisches Asyl angesucht haben, werden kaum diese Anforderungen besonderer Loyalität erfüllen und ist es daher unwahrscheinlich, dass sie nach ihrer Rückkehr in die Türkei den Militärdienst im Osten des Landes leisten müssen. Artikel 63 bzw. 66 des Militärstrafgesetzbuches regeln das Strafausmaß bezüglich Musterungsflüchtlinge, Militärdienstflüchtlinge und Deserteure. Die Strafe liegt zwischen einem Monat und drei Jahren, wobei darauf Rücksicht genommen wird, ob sich der F