C10 311792-1/2008/2E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Daniel LEITNER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Dr. René BRUCKNER als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Tanja ANTOVIC über die Beschwerde des J.R., geb. 00.00.1999, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.04.2007, FZ. 05 14.201-BAS, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird stattgegeben und J.R. gemäß §§ 7, 10 AsylG 1997 i. d.F. BGBl 101/2003 Asyl gewährt.
Gemäß § 12 AsylG 1997 i.d.F. BGBl 101/2003 Asyl wird festgestellt, dass J.R. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
I.1. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (Bf.), ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste am 24.12.2005 gemeinsam mit seiner Mutter und seinen Geschwistern legal mit einem Visum der österreichischen Botschaft in Teheran in das Bundesgebiet ein und stellte am 24.12.2005 beim Bundesasylamt, Außenstelle Salzburg (BAS) durch seine Mutter als gesetzliche Vertreterin einen Asylantrag.
2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.04.2007, Zl. 05 14.201-BAS, wurde der Asylantrag des nunmehrigen Bf. vom 24.12.2005 gemäß § 7 AsylG 1997, BGBl Nr. 76/1997 idgF abgewiesen, sowie gemäß § 8 Abs. 1 AsylG festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Bf. nach Afghanistan gem. § 8 Abs. 1 nicht zulässig ist und dem Bf. gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung gem. § 8 Abs. 3 in Verbindung mit § 15 Abs. 2 AsylG erteilt.
3. Gegen Spruchpunkt I dieses Bescheides erhob der nunmehrige Bf., gesetzlich vertreten durch seine Mutter, fristgerecht Berufung (nunmehr als Beschwerde zu werten).
I.2. Sachverhalt:
1. Der Berufungswerber ist der Sohn von N.G., geb. am 00.00.1969.
2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.04.2007, Zl 05 14.196-BAS, wurde der Asylantrag der Mutter des Bf. vom 24.12.2005 gemäß § 7 Asylgesetz abgewiesen (Spruchpunkt I), festgestellt, dass deren Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 AsylG nicht zulässig ist (Spruchpunkt II) und der Mutter des nunmehrigen Bf. gemäß § 8 Abs. 3 in Verbindung mit § 15 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 16.04.2008 erteilt.
Der Asylgerichtshof gab mit Erkenntnis vom 28.10.2008, GZ C10 311787-1/2008/6E der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Beschwerde der Mutter der Bf. gemäß § 7 AsylG statt und stellte gemäß § 12 AsylG fest, dass dieser die Flüchtlingseigenschaft zukomme.
I.3. Beweiswürdigung:
1. Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Akten des BAS und des Asylgerichtshofes.
2. Die Feststellungen zu Namen, Geburtsdatum und Herkunftsstaat sowie zum Verfahren der Mutter des Bf. ergaben sich aus den Angaben vor dem BAS und aus den Angaben ihrer Mutter im Rahmen der zur ihrem Beschwerdeverfahren zu GZ C10 311787-1/2008/6E durchgeführten Verhandlung sowie den im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten
Dokumenten. II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
II.1. Anzuwendendes Recht:
1. In der ggst. Rechtssache sind gemäß der Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 1 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008, iVm. § 44 Abs. 1 des Asylgesetzes 1997 (AsylG 1997), BGBl. I Nr. 76/1997 idF der AsylG-Novelle 2003 BGBl. I Nr. 101/2003, die Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 anzuwenden, zumal der Asylantrag des Bf. am 24.12.2005 und damit nach dem relevanten Stichtag 01.05.2004 gestellt wurde.
2. Gemäß § 75 Abs. 7 Z 2 AsylG 2005 sind Verfahren gegen abweisende Bescheide, die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind und in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichthofes zuständigen Senat weiterzuführen. Das gegenständliche Beschwerdeverfahren war am 01.07.2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängig, eine mündliche Verhandlung hatte nicht stattgefunden.
3. Gemäß § 61 Abs. 1 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes in Senaten oder, soweit dies bundesgesetzlich besonders vorgesehen ist, durch Einzelrichter.
Gemäß § 61 Abs. 3 AsylG 2005 idgF entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden
gegen zurückweisende Bescheide
wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4,
wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5 und
wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG sowie
die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.
4. Die Fälle der Entscheidung des Asylgerichtshofes durch Einzelrichter sind in § 61 Abs. 3 AsylG 2005 taxativ aufgezählt. Da in der ggst. Rechtssache keiner dieser Fälle vorliegt, ist von einer Senatszuständigkeit des Asylgerichtshofes auszugehen.
5. Gemäß § 23 des Asylgerichtshofgesetzes, BGBl. I Nr. 4/2008 (in der Folge: AsylGHG), sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
6. § 10 AsylG 1997 idF der AsylG - Novelle 2003 lautet: " § 10. (1) Familienangehörige ( § 1 Z 6) eines
1. Asylberechtigten;
2. subsidiär Schutzberechtigten (§§ 8 in Verbindung mit 15) oder
3. Asylwerbers
stellen einen Antrag auf Gewährung desselben Schutzes. Für Ehegatten gilt dies überdies nur dann, wenn die Ehe spätestens innerhalb eines Jahres nach der Einreise des Fremden geschlossen wird, der den ersten Asylantrag eingebracht hat.
(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages Familienangehörigen eines Asylberechtigten mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.
(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines im Bundesgebiet befindlichen Familienangehörigen eines subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid den gleichen Schutzumfang zu gewähren, es sei denn, dem Antragsteller ist gemäß § 3 Asyl zu gewähren. Abs. 2 gilt.
(4) Befindet sich der Familienangehörige eines subsidiär Schutzberechtigten im Ausland, kann der Antrag auf Gewährung desselben Schutzes gemäß § 16 drei Jahre nach Schutzgewährung gestellt werden.
(5) Die Behörde hat Asylanträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Dies ist entweder die Gewährung von Asyl oder subsidiärem Schutz, wobei die Gewährung von Asyl vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Antragsteller erhält einen gesonderten Bescheid."
7. Gemäß § 1 Z 6 AsylG 1997 idF der AsylG - Novelle 2003 ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind (Kernfamilie) eines Asylwerbers oder eines Asylberechtigten ist.
8. Gemäß § 41 Abs. 7 AsylG 2005 i.d.g.F. kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 67d AVG.
Im gegenständlichen Verfahren konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, da der Sachverhalt aus der Aktenlage iVm der Beschwerde zweifelsfrei geklärt ist und sich insbesondere in der Beschwerde kein zusätzlicher Hinweis auf die Notwendigkeit ergeben hat, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer zu erörtern.
II.2.
1. Der Mutter des minderjährigen Beschwerdeführers wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 30.10.2008, GZ 311.787-1/2008/6E der Status einer Asylberechtigten zuerkannt. Der Bf. ist daher Familienangehöriger einer Asylberechtigten.
2. Die Unmöglichkeit der Fortsetzung des Familienlebens in einem anderen Staat wird in der Regel dann gegeben sein, wenn kein anderer Staat ersichtlich ist, der dem Asylberechtigten und seinem Angehörigen Asyl oder eine dem Asylrecht entsprechende dauernde Aufenthaltsberechtigung gewährt.
Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte, wonach dem Bf. mit seiner Familie ein Familienleben in einem anderen Staat zumutbar ist oder möglich wäre, sodass Asyl im Zuge eines Familienverfahrens zu gewähren war.
3. Gemäß § 12 AsylG war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Bf. damit kraft Gesetztes Flüchtlingseigenschaft zukommt.