D3 240478-0/2008/14E
SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES
am 29.10.2008 mündlich verkündeten
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Kuzminski als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Scherz als Beisitzerin in Anwesendheit der Schriftführerin Karin Lechner über die Beschwerde des S.Z. alias K.A., geb. 00.00.1975 alias 00.00.1977, StA. Georgien gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.08.2003, Zahl 03 20.936-BAE, nach Durchführung einer mündl. Verhandlung am 29.10.2008 zu Recht erkannt:
In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
Der Berufungswerber gelangte erstmals am 13.07.2003 illegal nach Österreich und stellte am gleichen Tag einen Asylantrag. Dabei gab er an S.Z. zu heißen, am 00.00.1975 geboren und georgischer Staatsbürger zu sein. Zu seinem Fluchtgrund führte er gegenüber der Polizei aus, dass er auf Grund der politischen Situation und der hohen Arbeitslosigkeit geflohen sei.
Am 28.07.2003 wurde er vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Eisenstadt, unter Beziehung eines Dolmetschers der georgischen Sprache, wie folgt befragt.
F: Können Sie Dokumente, Unterlagen oder sonstige Beweismittel die Ihre heutigen Angaben allgemein, aber insbesondere in Bezug auf Ihre Person bestätigen, in Vorlage bringen?
A: Nein.
F: Besitzen Sie solche Dokumente, insbesondere befinden sich solche in Georgien?
A: Ich hatte einen Inlandspass. Es war mir nicht möglich Dokumente zu beschaffen.
F: Wo befindet sich Ihr Inlandsreisepass?
A: Wir mussten unsere alten Reisepässe beim Umbruch in Russland beim Passamt abgeben. Einen neuen habe ich aber nicht bekommen.
F: Besitzen Sie ein sonstiges Dokument?
A: Nein.
F: Wann und wie haben Sie Ihre Wohnadresse, K., in Georgien wohin verlassen?
A: Im April 2003 habe ich meine Wohnadresse verlassen. Ich bin nach O., in Ossetien, gefahren. Dort habe ich gehört, dass Leute, die keine Dokumente haben, ins Ausland geschleppt werden. Am 9. Juli 2003 habe ich einen Schlepper kennen gelernt, der mich für 200.- US-Dollar in einem LKW ins Ausland brachte. Am 10. Juli 2003 bin ich aus Ossetien abgefahren. Ich war auf dem LKW in einem Container versteckt. Nach Verlassen des LKW¿s, am 13. Juli 2003, wurde ich auf einer Bundesstraße festgenommen.
F: Sie haben angegeben, noch nie einer Beschäftigung nachgegangen zu sein. Wie haben Sie Ihren Lebensunterhalt finanziert?
A: Meine Eltern, und nach dem Tod meines Vaters meine Mutter, haben mich unterstützt.
F: Wie sind Sie ohne Dokumente nach Ossetien gereist?
A: Das war überhaupt kein Problem. Ossetien ist noch ein Bundesland von Georgien. Es gab keine Probleme und keine Kontrollen.
F: Wie lange hat die LKW-Fahrt gedauert?
A: Wir sind vom 10. bis zum 13. Juli durchgefahren, mit kleineren Pausen.
F: Wurden Sie bei Ihrer Ausreise aus Georgien, an der Grenze, persönlich kontrolliert?
A: Nein. Ob der LKW kontrolliert wurde, weiß ich nicht, da ich auf der Ladefläche versteckt war.
F: Wurden Sie an einer anderen Grenze persönlich kontrolliert?
A: Nein.
F: Wie viel Bargeld besitzen Sie derzeit?
A: Ungefähr 10.- US-Dollar.
F: Haben Sie bezüglich des Reiseweges sonst noch etwas anzugeben?
A: Nein.
F: Warum haben Sie im April 2003 Ihre Wohnadresse in K., und in weiterer Folge Georgien verlassen? Bringen Sie frei alles vor, was Sie damals dazu bewogen hat!
A: Seit 1989 war mein Vater Mitglied der Gesellschaft von Konstantin GAMSACHURDIA. Der Sohn von GAMSACHURDIA wurde ein Folge Präsident von Georgien. Am 9. April 1989 kam es zu einem Aufstand, bei dem mein Vater mit einem Gas verletzt wurde. 1992 wurde ich auch Mitglied dieser Gesellschaft. Ich war sehr aktiv. Ich habe an Demonstrationen teilgenommen. Zunächst wurde ich nicht ernst genommen. Etwas später, so im Jahre 1995, wurde ich verfolgt. Meine Wohnung wurde ca. dreimal im Jahr durchsucht. Sie suchten Unterlagen. Ich wusste, dass sie mich suchten, daher hielt ich mich nicht ständig zu Hause auf. Ich war oft in S. und R.. Ich habe öfter daran gedacht, das Land zu verlassen, da ich wusste, dass man mich festnehmen wollte. Am 2. November 2003 werden Parlamentswahlen stattfinden, daher wurden Maßnahmen gegen die Mitglieder unserer Gesellschaft von der Regierung verschärft, daher bin ich aus Georgien geflohen.
F: Das konkret ist der Grund gewesen, weshalb Sie Ihr Heimatland verlassen haben?
A: Ja.
F: Was wäre gewesen, wenn Sie sich in einer anderen Gegend in Georgien, zum Beispiel in der Stadt Gori, niedergelassen hätten?
A: Wenn sie mich finden würden, würden sie mich verhaften.
F: Wobei handelt es sich bei der Gesellschaft von Konstantin GAMSACHURDIA?
A: Das ist eine nationale Befreiungsorganisation. Sie wollte in erster Linie, dass Georgien sich vom kommunistischen Regime, von Russland, befreit. Das gelang auch.
F: Hat diese Gesellschaft auch einen anderen Namen, bzw. wie bezeichnet sich diese Gesellschaft offiziell?
A: Sie nennt sich Gesellschaft von Konstantin GAMSACHURDIA von K..
F: Handelt es sich bei dieser Organisation um eine offiziell anerkannte Organisation?
A: Ja. Aber viele Mitglieder sind aus Georgien geflohen.
F: Wann kam Präsident SHEWARDNADZE an die Macht?
A: Im Jahre 1994.
F: Sind Sie in Georgien politisch tätig und/oder Mitglied einer politischen Partei oder sonstigen Bewegung gewesen?
A: Ja, ich war Mitglied der Gesellschaft von Konstantin
GAMSACHURDIA.
F: Wo haben Sie Ihren Mitgliedsausweis von dieser Organisation?
A: Ich glaube, dieser muss noch im Archiv der Gesellschaft liegen. Wenn ich hier die Möglichkeit habe, werde ich versuchen, den Mitgliedsausweis zu besorgen.
F: Warum haben sie keine Dokumente bei Ihrer Ausreise mitgenommen?
A: Weil ich zu deren Ausstellung zu offiziellen Ämtern gehen hätte müssen. Dort hätte man mich aber verhaftet.
F: Von wem und warum wurden Sie seit 1995 verfolgt?
A: Ich wurde von der derzeitigen Regierung verfolgt. Die Regierung ist mit Gewalt an die Macht gekommen und alle Gegner dieser georgischen Regierung werden von dieser verfolgt.
F: Woher wissen Sie, dass Sie von der georgischen Regierung verfolgt werden?
A: Weil meine Wohnung ständig durchsucht wurde. Polizeibeamte haben in meiner Wohnung nach mir gesucht. Dies hat mir meine Mutter gesagt.
F: Wie oft und wann wurde Ihre Wohnung durchsucht?
A: Mindestens zwanzig Mal. Es begann 1995. Zuletzt war es im Jänner oder im Februar dieses Jahres. Im April habe ich das Land verlassen.
F: Warum wurde Ihre Wohnung so oft durchsucht?
A: Ich nehme an, dass sie Unterlagen gesucht haben, welche unsere politischen Programme beinhaltet haben.
F: Wurde Ihnen bei diesen Wohnungsdurchsuchungen ein Durchsuchungsbefehl vorgelegt?
A: Soviel mir meine Mutter erzählte, stürmten sie in unsere Wohnung. Es wurde ihr kein Durchsuchungsbefehl vorgelegt. Ob sie einen gehabt haben, weiß ich nicht.
F: Werden Sie mit einem Haftbefehl in Georgien gesucht?
A: Ich wurde ohne Haftbefehl zweimal festgenommen. Ich glaube es gibt kein Schriftstück, aber wenn man mich findet, würde man mich auch ohne Haftbefehl festnehmen.
F: Wann und warum wurden Sie zweimal festgenommen?
A: 1998 und im Sommer 2002. Dabei wurde ich jedes Mal in meiner Heimatstadt K. auf der Straße festgenommen. Es waren Polizeibeamte, die mich ins Polizeikommissariat brachten. Ich war jedes Mal ca. zwei Tage in Haft. Ich wurde aufgefordert meine Aktivitäten einzustellen und wurde auch geschlagen. Beim ersten Mal wurde ich nach zwei Tagen von der Polizei wieder freigelassen. Nach dem zweiten Mal nahm ich Kontakt mit einem Anwalt auf, der mich aus der Haft herausholen konnte. Dieser Anwalt hat mir geraten, mich von der Polizei fernzuhalten. Die Polizei hat mir auch gesagt, dass, wenn ich nicht mit meinen politischen Aktivitäten aufhöre, würden sie mir Drogen unterschieben.
F: Wurde Ihnen eine Haftbestätigung über diese zwei Festnahmen ausgestellt?
A: Nein. Vielleicht gibt es aber bei der georgischen Polizei Aufzeichnungen.
F: Ist es bei Ihren Festnahmen zu Anklageerhebungen gekommen?
A: Nein, da ich nichts gemacht habe. Bei meiner ersten Festnahme wollte man mich nur einschüchtern.
F: Welche Funktion hatten Sie bei Ihrer Organisation?
A: Ich war aktives Mitglied. Während des Treffens stand ich neben den Leuten, die Informationen an die Bevölkerung weitergaben. Meine Aufgabe bestand in der Informationsweitergabe an die Bevölkerung.
F: Wie haben Sie Informationen der Gesellschaft an die Bevölkerung weitergegeben? Was konkret haben Sie getan?
A: Ich habe Informationen von meinen Vorgesetzten an die Bevölkerung weitergegeben. Es haben Versammlungen stattgefunden. Es waren dabei ca. 20 Personen anwesend. Während dieser Versammlungen wurden Informationen an die Bevölkerung weitergegeben.
F: Haben Sie persönlich Informationen an die Bevölkerung weitergegeben, wenn ja, wie?
A: Es wurden bei diesen Versammlungen Informationen weitergegeben.
F: Haben Sie persönlich Informationen an die Bevölkerung weitergegeben?
A: Nein. Ich habe aber in meiner Freizeit Gespräche mit den Leuten in der Stadt geführt.
F: Warum haben Sie mit Ihrer Ausreise bis zum Jahr 2003 gewartet, obwohl die Durchsuchungen schon 1995 angefangen haben?
A: Ich habe ständig gehofft, dass sich die politische Situation ändern würde. Ich habe ständig dafür gekämpft. Ich habe auch schon früher an eine Ausreise gedacht, aber ich wusste nicht, wie ich ins Ausland kommen konnte. Zuletzt wurde mir aber auch von Vorgesetzten unserer Gesellschaft geraten aus Georgien auszureisen.
F: Warum geben Ihnen die Vorgesetzten Ihrer Organisation den Rat aus Georgien wegzugehen, obwohl Sie keine führende Position in dieser Organisation gehabt haben?
A: Das weiß ich nicht. Viele Vorgesetzte wurden von der jetzigen Regierung getötet.
F: Sind Sie sonstigen persönlichen Verfolgungen in Georgien ausgesetzt gewesen?
A: Nein, außer dieser politischen Verfolgung nicht.
F: Wann und wo haben Sie an Demonstrationen teilgenommen?
A: Meine Aufgabe bestand in der Absprache mit den Vorgesetzten vor der Demonstration. Während der Demonstration stand ich neben dem Redner bzw. bin ich mitmarschiert.
F: Wann und wo konkret haben Sie an Ihrer letzten Demonstration teilgenommen?
A: Meistens wurden solche in einem Park vor dem Rathaus in K. abgehalten. Dort haben wir uns versammelt. Die letzte Demonstration fand im Jänner 2003 statt. Bei dieser habe ich aber nicht mehr teilgenommen. Ich habe das letzte Mal im Frühling 2002 an einer Demonstration teilgenommen.
F: Wie hat sich eine solche Demonstration zugetragen? Schildern Sie konkret einen solchen Ablauf!
A: Die Vorgesetzten haben eine vorbereitete Rede gehalten. Die Menschen versammelten sich. Meistens vor den Wahlen. Es wurde der Bevölkerung gesagt, dass die Wahlen manipuliert wären.
F: Wann haben die letzten Parlamentswahlen stattgefunden?
A: 1999. Alle vier Jahre finden Parlamentswahlen statt.
F: Wann waren die letzten Präsidentenwahlen?
A: Vor fünf Jahren, 1998 oder 1999. Präsidentenwahlen finden alle fünf Jahre statt.
F: Wie hat sich die Polizei bei Ihren Demonstrationen verhalten?
A: Meiner Meinung nach wurde die Polizei von vornherein beauftragt, die Demonstration zu verhindern. Sie haben ca. 10 Minuten zugesehen. Danach sind sie mit Knüppeln gekommen und haben auf uns eingeschlagen.
F: Waren Ihre Demonstrationen angemeldet, bzw. woher wusste die Polizei davon?
A: Ja, alle Demonstrationen waren angemeldet.
F: Warum haben Sie bei ihrer niederschriftlichen Befragung bei der Grenzbezirksstelle Neusiedl, am 13.07.2003 als Ausreisegrund einzig eine schlechte politische Situation und die hohe Arbeitslosigkeit in Georgien angegeben?
A: Weil mir gesagt wurde, dass ich nur ganz kurz meine Gründe angeben soll.
F: Was würde Ihnen, im Falle einer Rückkehr in Ihr Heimatland, drohen bzw. passieren?
A: Man würde mich physisch vernichten. Die Situation ist derzeit sehr schlecht. Gerade wenn ich aus dem Ausland zurückkommen würde, würde man mir was antun. Nach den Wahlen bestehen aber große Chancen, dass sich die Situation verbessert. Wenn das so ist, möchte ich nach Georgien zurückkehren.
F: Was wäre, wenn Sie sich im Fall Ihrer Rückkehr, an einem anderen Ort in Georgien, zum Beispiel in der Stadt Achmeta, niederlassen würden?
A: Wegen meiner politischen Tätigkeit gibt es mehrere Vermerke bei der Regierung. Wenn ich zurückkehren würde, würde man mich festnehmen.
F: Wie viele Mitglieder hat Ihre Organisation und warum werden Sie konkret gesucht?
A: Es gibt sehr viele Mitglieder, fast in jedem Bundesland gibt es Mitglieder. Ich weiß, dass es in K. über 100 aktive Mitglieder gibt. Die Gesamtzahl kenne ich aber nicht.
F: Warum konkret werden Sie gesucht, bzw. was haben Sie bei den Demonstrationen getan?
A: Weil ich ständig an den Demonstrationen teilgenommen habe. Auf diesen Sitzungen wurde abgesprochen, was wir der Bevölkerung sagen werden. Wir haben immer friedlich demonstriert. Wenn Reden gehalten wurden, stand die Bevölkerung um uns. Manchmal machten wir einen Fußmarsch.
F: Haben Sie alles vorgebracht, was Sie bewogen hat, Ihr Heimatland zu verlassen und was Sie gegenwärtig an einer Rückkehr dorthin hindert?
A: Ja.
F: Die Einvernahme wird beendet. Haben Sie zu dem bereits Gesagten noch etwas hinzuzufügen?
A: Nein.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.08.2003, ZI 03 20.936-BAE, wurde unter Spruchteil I. der Asylantrag vom 13.07.2003 gemäß § 7 AsylG abgewiesen, unter Spruchteil II. die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers nach Georigen gemäß § 8 AsylG ausgesprochen.
In der Begründung des Bescheides wurde die oben bereits vollinhaltlich wiedergegebene Einvernahme dargestellt und anschließend Feststellungen zur Situation in Georgien getroffen sowie die Quellen hierfür angegeben.
Beweiswürdigend wurde hinsichtlich der Identität und Staatsangehörigkeit des Antragstellers zunächst festgehalten, dass er keine Dokumente zu deren Nachweis vorgelegt habe. Die Behauptung auf Grund seiner politischen Gesinnung verfolgt worden zu sein, stelle der Asylwerber nur allgemein in den Raum, ohne dieses durch konkrete Anhaltspunkte zu untermauern. Er habe sich auch insofern widersprochen, als dass er zunächst angegeben habe er sei für die Information der Bevölkerung verantwortlich gewesen, in der Folge jedoch nur mehr angegeben habe, neben den Rednern, die solche Informationen weitergegeben hätten, gestanden zu sein. Er sei auch nicht in der Lage gewesen die Namen der Anhänger von Gamsachurdia zu nennen, was ebenso gegen seine Glaubwürdigkeit spreche. Überdies sei es unplausibel, dass sich der Antragsteller einerseits seit 1995 versteckt haben will, andererseits aber weiterhin an "Demonstrationen" teilgenommen habe, von denen er gewusst habe, dass diese verboten seien und durch die Polizei - mit Festnahmen - aufgelöst werden würden. Weiters sei es unplausibel, dass er nach den angeblichen Festnahmen nach zwei Tagen ohne Anzeigeerhebung oder dergleichen freigelassen worden sei. Es würde auch der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechen, dass der Antragsteller Georgien nicht schon früher verlassen habe oder zumindest aufgehört hätte an den Versammlungen in erster Reihe teilzunehmen. Auch die Art und Weise in welcher der Antragssteller sein Vorbringen erstattet habe - er sei in leeren Floskeln und der Darstellung rudimentärerer Eckpunkte verharrt und habe nicht wie dies zu erwarten gewesen wäre detailreiche und emotionale Angaben gemacht - spreche gegen seine Glaubwürdigkeit. Schließlich würde sein Vorbringen auch im Widerspruch zu den tatsächlichen Verhältnissen in Georgien stehen.
Zu Spruchteil I. wurde rechtlich begründend festgehalten, dass der Antragsteller seine Fluchtgründe nicht glaubhaft gemacht habe, sodass sein Antrag abzuweisen gewesen sei. Soweit er die allgemeine Situation in Georgien ins Treffen führe, sei dies nicht geeignet eine Verfolgung im Sinne der GFK glaubhaft zu machen.
Zu Spruchteil II wurde nach Darlegung der bezughabenden Rechtslage und Judikatur ausgeführt, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestehen würden, dass der Antragssteller im Falle seiner Rückkehr unmenschlicher Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen werde, zumal keine landesweite, allgemeine, extreme Gefährdungslage in Georgien erkennbar sei, weshalb der Antrag auch in diesem Punkt abzuweisen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Asylwerber Berufung (nunmehr als Beschwerde zu behandeln). Darin wurde ausgeführt, dass die von der Behörde herangezogenen Quellen dem Antragsteller nicht vorgehalten worden seien, was einen schweren Verfahrensmangel darstelle. Obwohl der Antragsteller detaillierte und nachprüfbare Angaben gemacht habe, habe die Behörde ausgeführt, dass er den Sachverhalt nur allgemein in den Raum gestellt habe. Hinsichtlich des Ausführung, dass der Beschwerdeführer Georgien schon früher verlassen hätte, wäre er tatsächlich verfolgt, wurde angemerkt, dass er schon früher an eine Flucht gedacht habe, seinen endgültigen Entschluss nach der Verschärfung der Maßnahmen der Regierung gegen die Mitglieder der Gesellschaft von Konstantin Gamsachurdia gefasst habe. Überdies sei "nach Aussage des Gesprächspartners des CIPDD keine Prognose über ein eventuelles Gefährdungsrisiko" losgelöst vom Einzelfall möglich. Hinsichtlich dieser Frage sei auch zu berücksichtigen, dass einige Zviadisten nach wie vor inhaftiert seien, während andere in der Regierung seien. Eine klare Vorgehensweise der georgischen Behörden hinsichtlich der Verhaftung von Zviadisten sei auch in der Vergangenheit nicht erkennbar gewesen. Sowohl hochrangige, wie auch relativ unbekannte Mitglieder seien inhaftiert worden. Unter Hinweis auf einen ACCORD Bericht wurde ausgeführt, dass Personen, die aus Gründen ihrer politischen Gesinnung bereits früher in Konflikt mit den Behörden gestanden seien, nach wie vor einer Verfolgungsgefahr unterliegen würden. Sodann wurde eine neuerliche Einvernahme, sowie die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Zum Refoulement wurde ausgeführt, dass die Sicherheitskräfte in Georgien nicht nur ineffizient, sondern für die meisten Menschenrechtsverletzungen in Georgien verantwortlich seien.
Mit Aktenvermerk vom 08.01.2007 wurde das Asylverfahren gemäß § 24 Abs 2 AsylG 2005 eingestellt.
Mit Schreiben vom 24.04.2007 teilte das Bundeskriminalamt dem Bundesasylamt, und dieses der damaligen Berufungsbehörde mit, dass der Antragsteller am 31.05.2005 unter dem Namen A.G., geb. 00.00.1975, in der Schweiz als Asylwerber erkennungsdienstlich behandelt worden sei.
Mit Fax vom 18.07.2008 teilte die Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag dem Asylgerichtshof mit, dass der Antragsteller am 6.7.2008 einen Asylantrag in der Slowakei gestellt habe, in der Folge aber am 8.7.2008 mit den Namen K.A., geb. 00.00.1977, StA Russische Föderation, wieder in das Bundesgebiet eingereist sei und in Schubhaft genommen worden sei. Im Zuge seiner Einvernahme durch die BPD Wiener Neustadt habe er jedoch um Fortsetzung seines Asylverfahrens ersucht.
Am 3.9.2008 teilte das Bundesasylamt mit, dass der Antragsteller am 1.9.2008 bei dem Versuch eine Wohnungseingangstüre in einem Wohnhaus aufzubrechen betreten worden sei und wegen des versuchten Diebstahls durch Einbruch oder mit Waffen festgenommen worden sei. Eine daraufhin eingeholte Haftauskunft ergab, dass der Antragsteller in der JA Josefstadt in Untersuchungshaft sitze.
Mit Aktenvermerk vom 23.9.2008 wurde daher angesichts des Bekanntseines der nunmehrigen Zustelladresse die Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens verfügt.
Der Asylgerichtshof beraumte sodann für den 29.10.2008 eine öffentliche mündliche Verhandlung an. Der Beschwerdeführer wurde aus der Untersuchungshaft zu dieser Verhandlung, zu der sich das Bundesasylamt entschuldigen ließ, vorgeführt.
Nach Eröffnung des Beweisverfahrens gab der Antragssteller bekannt, in Österreich über keine Dokumente zu verfügen. In Italien habe er jedoch einen russischen Führerschein, den er vorlegen werde, sobald er wieder in Freiheit sei.
Sodann gab er über Befragen durch den vorsitzenden Richter und die beisitzende Richterin Folgendes an:
VR: Wie heißen Sie jetzt wirklich? Sie haben sich als S.Z. und K.A. ausgegeben.
BF: K.Z. ist mein richtiger Vorname und Familienname, weil ich keine Dokumente mit hatte, habe ich mich ursprünglich als S. ausgegeben.
VR: Sind Sie georgischer oder russischer Staatsbürger?
BF: Ich bin russischer Staatsbürger.
Vorhalt: Sie wurden bisher in Georgische einvernommen und sprechen auch heute Georgisch, warum sind Sie dann russischer Staatsbürger wie Sie behaupten?
BF: Ich habe Verwandte in Georgien und hatte viel zu tun mit Georgien, ich bin aber russischer Abstammung.
VR: Welcher Volksgruppe und Religion gehören sie an?
BF: Meine Mutter war Russe und mein Vater Georgier. Ich spreche Georgisch besser als Russisch, bin aber trotzdem russischer Abstammung.
VR: Wo sind sie geboren?
BF: Ich bin in O., Russland geboren.
VR: Wo haben sie im Laufe ihres Lebens gelebt?
BF: Ich war noch klein, als wir nach St. Petersburg übersiedelten, genau kann ich mich nicht erinnern. Ungefähr bis zu meinem 15. Lebensjahr lebte ich in St. Petersburg, aber ich war auch oft in Georgien zB in den Ferien, daher bin ich "fast auf Georgisch aufgewachsen". Die Schule habe ich in St. Petersburg besucht und zwar bis zu meinem 17. Lebensjahr.
BR: Sie haben gesagt, Sie waren nur bis zum 15. Lebensjahr in St. Petersburg?
BF: Nein, die letzten beiden Jahre habe ich auch die Schule in St. Petersburg besucht.
BR: Das heißt Sie haben bis zu Ihrem 17. Lebensjahr in St. Petersburg gelebt?
BF: Ja, dass kann man sagen.
VR: Wo waren Sie nachher?
BF: In Georgien. Ich bin aber nach wie vor zwischen St. Petersburg und Georgien hin und her gependelt.
VR: Sind Sie dann bis zu Ihrer Ausreise zwischen St. Petersburg und Georgien hin und her gependelt?
BF: Vor meiner Ausreise habe ich in Georgien gelebt und war ein aktives Mitglied einer politischen Bewegung.
VR: Wo haben Sie in Georgien gelebt?
BF: In K..
VR: Wo waren Sie 1991/1992?
BF: Ich war in Georgien.
BR: Die Dokumente, die in Italien sind, von wem sind die ausgestellt?
BF: Von den russischen Behörden in St. Petersburg.
BR: Haben Sie jemals einen Reisepass besessen?
BF: Ja, einen solchen hatte ich und zwar einen Russischen.
VR: War das ein Innlands- oder ein Auslandsreisepass?
BF: Es war ein Auslandsreisepass.
VR: Wo befindet sich der?
BR: Den hat M. der Schlepper einbehalten.
VR: Warum haben Sie bis her beim BAA und bei der Fremdenpolizei (13.07.2003, 28.07.2003) angegeben, dass Sie georgischer Staatsbürger sind?
BF: Ja, das habe ich damals so gesagt.
VR: Welche schulische oder sonstige Ausbildung haben Sie erhalten?
BF: Nach der Schule habe ich eine Masseurausbildung erhalten.
VR: Wovon haben Sie in Georgien gelebt?
BF: Ich hatte ein Einkommen von meiner politischen Organisation, für welche ich tätig war.
VR: Haben Sie einen Militärdienst absolviert?
BF: Nein.
VR: Warum nicht?
BF: Einzelkinder werden nicht eingezogen, sowohl in Georgien als auch in Russland.
VR: Haben Sie sich in Georgien politisch betätigt?
BF: Ja.
VR: Seit wann?
BF: Seit 1995.
VR: Bei welcher Partei?
BF: Wie Sie wahrscheinlich wissen, war Zwiad Gamsachurdia Präsident in Georgien und ich war in seiner Partei. Sie hieß "Runder Tisch - freies Georgien".
Vorhalt: Bisher haben Sie behauptet, dass Sie Mitglied der Konstantine Gamsachurdia Gesellschaft waren.
BF: Konstantine Gamsachurdia war der Vater von Zwiad Gamsachurdia, er hat diese Bewegung geleitet, dass ist das Gleiche. Gegen die Kommunisten waren zuerst der Vater und dann der Sohn. Deshalb war Zwiad Gamsachurdia auch einige Male zur Zeit der Sowjetunion in Haft.
VR: Waren Sie Funktionär oder einfaches Mitglied?
BF: Ich war einfaches Mitglied. Wir haben das ausgeführt, was uns beauftragt wurde.
VR: Welche Aktivitäten als Parteimitglied haben Sie gesetzt?
BF: Wir haben versucht, Leute für unsere Partei zu gewinnen, damit diese immer stärker wird.
Vorhalt: Wie Sie selbst angegeben haben, sind Sie nur väterlicherseits georgischer Abstammung und selbst Staatsbürger Russlands. Es erscheint daher nicht sehr plausibel, dass Sie sich einer ultranationalistischen Bewegung angeschlossen haben.
BF: Es kommt darauf an, wie man aufwächst. Ich liebe Georgien mehr als Russland.
VR: Hatten Sie wegen Ihrer politischen Aktivitäten, Probleme mit den georgischen Behörden?
BF: Ja, natürlich. Das ganze was später mit mir geschah, hängt mit diesen Problemen zusammen.
VR: Schildern Sie bitte konkret und chronologisch, welche Probleme Sie in Georgien hatten.
BF: Meine Probleme begannen als Zwiad Gamsachurdia aus Georgien vertrieben wurde und der Kommunistische Präsident Schewardnadze die Macht übernahm. Damals begann die Verfolgung der Parteimitglieder. Die Demonstrationen wurden verboten und ich wurde auch einige Male geschlagen von der Polizei. Manchmal sind wir auch in Hungerstreik getreten und zwar in T., K. und S..
VR: Warum sind Sie, wenn Sie in Georgien Probleme hatten und eigentlich russischer Staatsbürger sind, nicht nach Russland zurückgekehrt?
BF: Doch, ich bin auch nach Russland zurück und zwar nachdem ich schon in Österreich war. Im September 2003. Ich war auch in Italien, dort habe ich Tante und Onkel.
VR: Wie lange waren Sie in Russland?
BF: Ungefähr bis in April 2005. Ich bin entweder im September oder Oktober 2003 nach Russland. Ich verließ Österreich jedenfalls vor Jahresende 2003.
VR: Hatten Sie in Russland Probleme?
BF: Bis 2005 lebte ich normal, aber dann bekam ich dort auch Probleme, weil ich in Russland meine ehemaligen Parteimitglieder um mich gesammelt habe. Wir waren aktiv in St. Petersburg und haben unsere Tätigkeit fortgesetzt. In Russland bekam ich folgende Probleme. Zuerst habe ich Drohbriefe bekommen. Wir haben uns in St. Petersburg versammelt, wir hatten auch ein Büro. In den Drohbriefen stand, dass wir unsere politische Tätigkeit einstellen müssen. Dann wurde mein Hund, den ich sehr gern hatte, vor meine Haustür aufgehängt gefunden. Später wurde ich dann mit 2 Parteikollegen entführt und auf einem Friedhof in St. Peterburg bis zum Hals in die Erde eingegraben.
VR: Wann haben Sie Russland wieder verlassen, und wo sind Sie hingereist?
BF: Etwa im April 2005 war ich gezwungen Russland zu verlassen, dann bin ich über Frankreich in die Schweiz gegangen, dort habe ich alles verschwiegen. In der Schweiz bin ich zufällig in einer Familie gewesen, wo 2 Verbrecher waren und ich wurde mit ihnen gemeinsam festgenommen. Von der Schweiz wurde ich im März 2008 nach Georgien abgeschoben, nachdem man mir nicht geglaubt hat, dass ich kein georgischer Staatsbürger bin. In Georgien wurde ich nach 2 Tagen nach Russland geschickt.
VR: Wie lange waren Sie dann wieder in Russland?
BF: Ungefähr bis Ende Juni 2008.
VR: Wo waren Sie dann nach Ende Juni 2008 aufhältig?
BF: Ich bin über die Türkei in der Slowakei gereist.
BR: Haben Sie in der Slowakei einen Asylantrag gestellt.
BF: Ja.
BR: Haben Sie darüber eine Entscheidung erhalten?
BF: Nein, ich habe die Entscheidung nicht abgewartet, ich bin aus der Slowakei geflüchtet.
VR: Wie kamen Sie dann wieder nach Österreich?
BF: Aus der Slowakei kam ich dann nach Österreich illegal.
VR: Wann war das?
BF: Ungefähr Ende Juli 2008.
VR: Warum wurden Sie dann in Österreich nach kurzer Zeit straffällig?
BF: Ich war zu meiner Tante und zu meinen Onkel nach Italien unterwegs. Ich hatte eine Fahrkarte aber keinen Pass und ich wurde nach Wiener Neustadt gebracht.
BR: Sie wurden dabei betreten, wie Sie eine Wohnungstür versuchten aufzubrechen.
BF: Ja, das stimmt, das war später. Ein Mann und eine Frau kamen zu mir in Wr. Neustadt und dann wurde ich freigelassen.
VR: Warum sind Sie jetzt wieder in Haft?
BF: In Frankreich ist es üblich, dass wenn man obdachlos ist, in leerstehende Häuser einbricht.
VR: Leiden Sie unter gesundheitlichen Problemen?
BF: Nein danke, ich bin gesund.
VR: Gibt es noch etwas, was für die Begründung Ihres Asylantrages wichtig erscheint und Sie noch nicht erwähnt haben?
BF: Nein, mir fällt nichts mehr ein.
Nach Abschluss der Befragung fragte der vorsitzende Richter die Dolmetscherin, ob der Beschwerdeführer Georgisch wie ein Georgier spreche, was diese bejahte.
Sodann schloss der vorsitzende Richter gem. § 39 Abs. 3 AVG das Ermittlungsverfahren und verkündete gem. § 41 Abs. 9 Z 1 AsylG 2005 idgF. das Erkenntnis samt wesentlicher Begründung.
Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 75 AsylG 2005 BGBl. I Nr. 100/2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetztes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt.
Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997 werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002 geführt.
Gemäß § 75 Abs. 7 Z 2 AsylG sind beim Unabhängigen Bundesasylsenat am 01.07.2008 anhängige Verfahren in denen bis zu diesem Zeitpunkt keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, vom dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senat des Asylgerichtshof weiterzuführen.
Gemäß § 61 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes, soweit nicht etwas anders in § 61 Abs 3 AsylG vorgesehen ist.
Da gegenständlicher Asylantrag am 13.07.2003 gestellt wurde, war er nach der Rechtslage des AsylG 1997 idF 126/2002 unter Beachtung der Übergangsbestimmungen, woraus sich die gegenständliche Zuständigkeit ergibt, zu beurteilen.
Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde, so der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.
Gemäß Abs. 3 dieser Gesetzesstelle kann die Berufungsbehörde jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiermit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315, zur Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG durch den Unabhängigen Bundesasylsenat ausgeführt:
"Im Berufungsverfahren vor der belangten Behörde ist gem. § 23 AsylG und Art. II Abs. 2 Z 43a EGVG (unter anderem) § 66 AVG anzuwenden. Nach § 66 Abs. 1 AVG i.d.F. BGBl. I Nr. 158/1998 hat die Berufungsbehörde notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens durch eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde durchführen zu lassen oder selbst vorzunehmen. Außer dem in § 66 Abs. 2 AVG erwähnten Fall hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, gem. § 66 Abs. 4 AVG immer in der Sache selbst zu entscheiden (vgl. dazu unter dem besonderen Gesichtspunkt der Auslegung der Entscheidungsbefugnis der belangten Behörde im abgekürzten Berufungsverfahren nach § 32 AsylG die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 23.07.1998, Zl. 98/20/0175, Slg. Nr. 14.945/A, die mehrfach vergleichend auf § 66 Abs. 2 AVG Bezug nehmen; zu diesem Erkenntnis siehe auch Wiederin, ZUV 2000/1, 20 f).
Thienel (Das Verfahren der Verwaltungssenate 2 [1992] 127 f.), dessen Ausführungen sich insoweit allerdings nicht auf § 66 Abs. 3 AVG, sondern auf die "im § 39 AVG normierten Ermessensdeterminanten" beziehen, vertritt dazu die Ansicht, die Zurückweisung durch einen unabhängigen Verwaltungssenat werde ¿regelmäßig jedenfalls den Geboten der Raschheit und Kostenersparnis zuwiderlaufen' und ¿unnötigen Verwaltungsaufwand' verursachen. Ob andersartige Konstitutionen denkbar seien, wird von Thienel¿ nicht weiterverfolgt'."
Nach Ausführungen zur Frage der Anwendbarkeit des § 66 Abs. 2 AVG außerhalb des abgekürzten Berufungsverfahrens mit dem Ergebnis, dass von einer generellen Unzulässigkeit der Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG nicht auszugehen sei, setzt der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315, fort wie folgt:
"In diese Richtung gehen auch die Gesetzesmaterialen zu § 38 AsylG (RV 686 BlgNR 20. GP 30), weil diese ausdrücklich die Geltung des AVG für das Verfahren vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat betonen und daran anschließend hervorheben, dass die Möglichkeit der ¿Zurückverweisung' durch § 32 AsylG ¿erweitert' worden sei, was in Bezug auf Berufungsverfahren vor der belangten Behörde, in denen § 32 AsylG nicht anzuwenden ist, eine positive Anknüpfung an die in § 66 Abs. 2 AVG vorgesehene Zurückverweisungsmöglichkeit bedeutet
(...).
Der Verwaltungsgerichthof hat im Erkenntnis vom 27.04.1989, Zl. 86/09/0012, Slg. Nr. 12.917/A, aus einer in den Verwaltungsvorschriften angeordneten zwingenden und ohne Ausnahme bestehenden Verpflichtung zur Durchführung einer Berufungsverhandlung trotz Fehlens einer ausdrücklichen Ausnahme hinsichtlich der Geltung des § 66 Abs. 2 AVG die Unanwendbarkeit dieser Bestimmung in einem solchen Berufungsverfahren gefolgert. Das steht aber zu der hier - für das Verfahren vor der belangten Behörde - zu Grunde gelegten gegenteiligen Auffassung schon deshalb nicht im Widerspruch, weil eine derartige uneingeschränkte Verhandlungspflicht für den Unabhängigen Bundesasylsenat nicht besteht. (...) Die Berufungsbehörde darf eine kassatorische Entscheidung nicht bei jeder Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes, sondern nur dann treffen, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Die Berufungsbehörde hat dabei zunächst in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen, ob angesichts der Ergänzungsbedürftigkeit des ihr vorliegenden Sachverhaltes die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unvermeidlich erscheint'. Für die Frage der Unvermeidlichkeit einer mündlichen Verhandlung i.S.d. § 66 Abs. 2 AVG ist es aber unerheblich, ob eine kontradiktorische Verhandlung oder nur eine Vernehmung erforderlich ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 14.03.2001, Zl. 2000/08/0200; zum Begriff ¿mündliche Verhandlung' i.S.d. § 66 Abs. 2 AVG siehe auch die Nachweise im Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2000/20/0084)."
Nach der grundsätzlichen Bejahung der Frage der Anwendbarkeit des § 66 Abs. 2 AVG durch den Unabhängigen Bundesasylsenat führte der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315, zur Frage der Gesetzmäßigkeit der Ermessensübung i. S.d. § 66 Abs. 2 und 3 AVG Folgendes aus:
"Der Gesetzgeber hat in Asylsachen ein zweiinstanzliches Verfahren (mit nachgeordneter Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts) eingerichtet, wobei der belangten Behörde die Rolle einer ¿obersten Berufungsbehörde' zukommt (Art. 129c Abs. 1 B-VG). In diesem Verfahren hat bereits das Bundesasylamt den gesamten für die Entscheidung über den Asylantrag relevanten Sachverhalt zu ermitteln und es ist gem. § 27 Abs. 1 AsylG grundsätzlich verpflichtet, den Asylwerber dazu persönlich zu vernehmen. Diese Anordnungen des Gesetzgebers würden aber unterlaufen, wenn es wegen des Unterbleibens eines Ermittlungsverfahrens in erster Instanz zu einer Verlagerung nahezu des gesamtenVerfahrens vor die Berufungsbehörde käme und die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen damit zur bloßen Formsache würde. Es ist nicht im Sinne des Gesetzes, wenn die Berufungsbehörde, statt ihre (umfassende) Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Behörde ist, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht..."
Bei der Abwägung der für und gegen eine Entscheidung gem. § 66 Abs. 2 AVG sprechenden Gesichtspunkte muss nämlich auch berücksichtigt werden, dass das Asylverfahren nicht nur möglichst kurz sein soll. Zur Sicherung seiner Qualität hat der Gesetzgeber einen Instanzenzug vorgesehen, der zur belangten Behörde und somit zu einer gerichtsähnlichen, unparteilichen und unabhängigen Instanz als besonderem Garanten eines fairen Asylverfahrens führt (vgl. bereits das Erkenntnis vom 16.04.2002, Zl. 99/20/0430). Die der belangten Behörde in dieser Funktion schon nach der Verfassung zukommende Rolle einer¿obersten Berufungsbehörde' (Art. 129c 1 B-VG) wird aber ausgehöhlt und die Einräumung eines Instanzenzuges zur bloßen Formsache degradiert, wenn sich das Asylverfahren einem eininstanzlichen Verfahren vor der Berufungsbehörde nähert, weil es das Bundesasylamt ablehnt, auf das Vorbringen sachgerecht einzugehen und brauchbare Ermittlungsergebnisse in Bezug auf die Verhältnisse im Herkunftsstaat in das Verfahren einzuführen. Diese über die Unvollständigkeit der Einvernahme hinaus gehenden Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens sprechen auch bei Bedachtnahme auf die mögliche Verlängerung des Gesamtverfahrens unter dem Gesichtspunkt, dass eine ernsthafte Prüfung des Antrages nicht erst bei der "obersten Berufungsbehörde" beginnen und zugleich - abgesehen von der im Sachverhalt beschränkten Kontrolle der letztinstanzlichen Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof - bei derselben Behörde enden soll, für die mit der Amtsbeschwerde bekämpfte Entscheidung (so der VwGH in seinem Erkenntnis vom 21.12.200, Zl. 2000/20/0084).
Gemäß § 28 AsylG hat die Behörde in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Bescheinigungsmittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Bescheinigungsmittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Bescheinigungsmittel auch von Amts wegen beizuschaffen.
Gemäß § 27 Abs. 1 leg. cit. sind Asylwerber persönlich vor dem zur jeweiligen Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesasylamtes zu vernehmen, soweit dies ohne unverhältnismäßigen Aufwand möglich ist. Von einer Einvernahme darf abgesehen werden, wann und insoweit die Asylwerber nicht in der Lage sind, durch Aussagen zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen.
Zunächst ist festzuhalten, dass kein Zweifel daran besteht, dass die oben in der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes dargelegten Grundsätze der Anwendbarkeit des § 66 Abs. 2 AVG auf den Unabhängigen Bundesasylsenat auch für den Asylgerichtshof gelten, zumal dieser nicht - wie der UBAS - ein gerichtsähnlicher unabhängiger Verwaltungssenat, sondern ein Höchstgericht darstellt, dem noch weniger zuzusinnen ist, erstmals mit der ernsthaften Prüfung des Antrages zu beginnen und das gesamte Verfahren von Anbeginn an durchzuführen.
Der Frage der Identität und der Staatsangehörigkeit des Antragstellers kommt im Asylverfahren, insbesondere hinsichtlich des Refoulementschutzes besondere Bedeutung zu. Die Behörde I. Instanz ist bei der Prüfung der Asyl und Refoulement - Frage - aufgrund seines früheren Vorbringens - davon ausgegangen, dass als Herkunftsstaat Georgien anzusehen ist. Der Beschwerdeführer behauptete nunmehr in der Beschwerdeverhandlung (wie schon am 09.07.2008 bei der Polizeiinspektion Mürzzuschlag) in Wirklichkeit K.A. bzw. Z. zu heißen und russischer Staatsbürger zu sein. Da der Beschwerdeführer nach wie vor keine Dokumente vorlegen konnte, ist auch der Asylgerichtshof als einziges Beweismittel auf die Aussage des Asylwerbers angewiesen.
Dem Asylgerichtshof ist es jedoch in Anbetracht dieser Umstände verwährt eine inhaltliche Entscheidung zum nunmehr behaupteten Herkunftsstaat Russland zu treffen, weil dadurch der Beschwerdeführer einer Instanz verlustig ginge und dadurch das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt wäre, zumal dieses Recht von der Judikatur als Recht auf Wahrung des Instanzenzuges interpretiert wird (VfSlg 2536). Dieses Recht wird insbesondere dann verletzt, wenn die Berufungsbehörde einen anderen Sachverhalt zum Gegenstand der Entscheidung macht als die Behörde 1. Instanz (VfSlg 2869, VfSlg 6416, VfSlg 8886)
Das Bundesasylamt wird den Asylwerber mit seinen Aliasidentitäten und seinem Wechsel von der georgischen zur russischen Staatsangehörigkeit zu konfrontieren haben und in dahingehend befragen müssen. Im Zweifel wird sich die Refoulementprüfung gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichteshofes auf den vom Asylwerber behaupteten Herkunftsstaat, die Russische Föderation, zu beziehen haben ( VwGH 31.5.2001, 2001/20/0041; siehe dazu auch Fessl, ZUV 2000, (10) 11ff und Fessl/Holzschuster, Asylgesetz 1997, 264 mwN).
Der Erörterung der aufgeworfenen Fragen, mit denen sich die Erstbehörde auseinander zu setzen hat und zu denen der Berufungswerber im neuerlich durchzuführenden Verfahren zu befragen sein wird, kommt für die Beurteilung des Vorliegens von Fluchtgründen (insbesondere auch für die Glaubwürdigkeitsprüfung) entscheidungswesentliche Bedeutung zu.
Die Rechtssache war daher spruchgemäß an die Behörde erster Instanz zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.