A9 228.541-0/2008/6E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Schnizer-Blaschka als Vorsitzende und den Richter Dr. Pipal als Beisitzer über die Beschwerde von I.S., geb. 00.00.1979, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.04.2002, GZ. 01 24.701-BAL, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.10.2008 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 7 des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 (AsylG) und § 8 Abs. 1 AsylG idF BGBl. I Nr. 101/2003 als unbegründet abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I.1. Der Beschwerdeführer brachte nach seiner illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 24.10.2001 den gegenständlichen Asylantrag ein.
Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 28.01.2002 gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt folgendes an:
"Am Morgen des 20. 09. 2001 ging ich in das Schlafzimmer meines Vaters um ihn zu grüßen. Als ich dorthin kam, stellte ich fest, dass er tot war. Ich rief aus dem Zimmer um Hilfe. Die Leute rundherum stürmten herein. Sie sagten mir, ich soll nicht mehr weiterweinen. Es war gegen 09.00 Uhr am morgen.
Gegen 10.00 Uhr desselben Tages sah ich eine Gruppe von Leuten, die zu meinem Vater gingen. Sie gingen zu seinem Schrank, um dort etwas heraus zu holen. Es sah aus wie ein menschlicher Kopf. Als ich dies sah, schrie ich auf der Stelle " JESUS!". Sie sagten mir, nicht zu schreien, ich soll diesen Namen nicht mehr sagen. Das Erwähnen dieses Namens ist gegen ihre Religion, diese heißt "ASIGIDI" ( Anmerkung: Der AW wurde aufgefordert, den Namen aufzuschreiben, was dieser auch tat.)
Mein Vater gehörte auch zu den Asigidi. Ein Mann dieser Gruppe sagte zu mir, dass nun, da mein Vater tot sei, ich die Position meines Vaters übernehmen soll. Ich sagte ihnen, dass ich das nicht könne, da ich Christ bin. Sie gaben mir vier Tage Zeit, um darüber nachzudenken. Sie sagten mir, ich solle nachdenken über böse Dinge, die mir zustoßen könnten.
Am 25.09.2001 gegen 22.00 Uhr kam dieselbe Gruppe zurück. Sie forderten mich auf, Ihnen zu folgen. Ich weigerte mich, dies zu tun. Sie begannen mich anzuschreien und beauftragten einige Mitglieder dies meiner Tante zu sagen. Sie wollten mich dazu zwingen, in ein Auto einzusteigen. Ich konnte jedoch flüchten und lief zu einem Freund. Er sagte mir, er könne mich nicht bei sich behalten, denn man würde mich töten. Ich lief zum Haus meines Pastors. Er behielt mich in seinem Haus etwa eine Woche lang. Ich war dort versteckt. Ich wurde krank, dies deshalb da ich damals so einen Schock hatte und ich begann zu zittern. Freunde meines Vaters gingen zum Haus des Pastors und informierten den Pastor darüber, dass diese Leute mich töten würden, da dies ein Gesetz der Asigidi ist.
Am 02.10.2001 kamen diese Leute zum Haus meines Pastors und bedrohten ihn, er soll mich herausgeben oder sie würden das Gotteshaus niederbrennen. Der Pastor sagte, er würde mich zu diesen zurückbringen, da ihm angedroht wurde, sein Gotteshaus zu zerstören.
Am nächsten Tag brachte mich der Pastor mit seinem Auto nach Lagos. Die Fahrtdauer weiß ich nicht, aber wir kamen dort am gleichen Tag an. Er übergab mich seinem Freund.
Am nächsten Morgen brachte mich der Freund zu einem Platz, wo drei weiße Männer waren. Von diesen wurde ich auf einem Schiff versteckt.
Frage: Haben Sie noch andere Gründe, weshalb Sie Nigeria verlassen haben?
Antwort: Nein ich habe keine anderen Gründe.
Frage: Weshalb haben Sie diese Personen nicht bei der Polizei zu Anzeige wegen der Morddrohung gebracht.
Antwort: Die Polizei hilft in Nigeria nicht. Wenn man ein Problem hat und zu ihnen geht, dann geben sie dich den Leuten zurück die nach dir suchen.
Frage: Weshalb begaben Sie sich nicht in andere Landesteile Nigerias um sich eine neue Existenz aufzubauen?
Antwort: Die Asigidi sind überall in Nigeria.
Frage: Was erwarten Sie bei einer Rückkehr nach Nigeria?
Antwort: Böse Dinge würden mir passieren."
2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde I. der Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG abgewiesen und II. festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria gemäß § 8 AsylG zulässig sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
II. Der Asylgerichtshof führte am 09.10.2008 eine mündliche
Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer unter Beiziehung
eines Dolmetschers für die englische Sprache einvernommen wurde. Der
genaue Verhandlungsverlauf ist der Verhandlungsniederschrift (OZ 4)
zu entnehmen. Zu seinen Fluchtgründen führte er im Wesentlichen
folgendes aus ("VR"= vorsitzende Richterin, "BR" = beisitzender
Richter, "BF" = Beschwerdeführer):
"VR: Welcher Volksgruppe gehören Sie an?
BF: Ich gehöre dem Stamm der Isoko an. Der Stamm der Isoko ist in Delta-State beheimatet. Ich habe aber in Benin gelebt.
VR: Gibt es noch Familienangehörige in Nigeria?
BF: Ich habe noch meine jüngere Schwester in Nigeria, sie heißt I.J.. Ihren jetzigen Aufenthaltsort weiß ich nicht, damals haben wir in Benin-City gewohnt. Ich denke, ich müsste noch andere Verwandte in Nigeria haben, ich weiß aber eigentlich nichts von ihnen.
VR: Wie haben Sie gelebt bevor Sie ausgereist sind?
BF: Ich habe damals bei meinem verstorbenen Vater zusammen mit meiner jüngeren Schwester gewohnt. Ich habe die X-School in Benin-City besucht, aber die 6. Klasse nicht abgeschossen. Danach war ich eine Zeit lang zuhause und habe dann die Höhere Technische Schule besucht. Diese technische Schule habe ich auch nicht abgeschlossen, sonst habe ich keine Schule besucht. Da ich die Schule nicht abgeschlossen habe, hatte ich auch keine Arbeit.
VR: Sie haben angegeben, Sie haben einen Dienstgeber gehabt und seien in der Feinmechanikerlehre gewesen (Seite 14)!
BF: Nein, dass war keine Anstellung, sondern bin ich damals in die genannte technische Schule gegangen, dort hat man uns gelehrt, wie man diese technischen Arbeiten macht, aber wir wurden dafür nicht bezahlt, es war eine Schule und keine Anstellung.
VR: Nennen Sie bitte die Gründe, warum Sie Nigeria verlassen haben?
BF: Am 2. September 2001 bin ich in der Früh aufgewacht und ins Schlafzimmer meines Vaters gegangen, um ihm Guten Morgen zu sagen. Da habe ich feststellen müssen, dass mein Vater mir nicht mehr antworten kann. Ich habe ihn angefasst und zu ihm gesprochen, aber er hörte mich nicht mehr. Ich sah, dass er tot war. Ich habe geschrien und bin aus dem Zimmer gerannt. Leute in der Nähe hörten meine Schreie und kamen. Die Leute hielten mich fest und sagten, ich solle nicht weinen, mein Vater sei gestorben. Am Abend desselben Tages sah ich eine Gruppe von Menschen, die in roten Kleidern und hintereinander in einer Reihe zum Anwesen meines Vaters kamen. Diese Menschen gingen ins Schlafzimmer meines Vaters, er hatte dort einen Spind bzw. Kasten. Die Leute fassten in den Kasten und holten einen Totenschädel heraus, ich schrie dann nur noch "Jesus"!
BR: Wie viele Leute waren das und wer hat ihnen die Tür geöffnet?
BF: Ich kann mich nicht mehr erinnern, wie viele Leute damals gekommen sind, die Tür war nicht verschlossen, sie konnten von alleine eintreten. Nach der ungefähren Zahl befragt: Es werden ca. 10 gewesen sein.
VR: Bitte schildern Sie weiter!
BF: Einer von diesen Leuten sagte mir dann, ich solle den Mund halten und das Wort Jesus nicht in den Mund nehmen, denn ich sei gegen ihre Religion. Er fragte mich, ob ich nicht wüsste, dass mein Vater bei einer Vereinigung Mitglied war. Ich antwortete ihm, dass ich dies nicht gewusst hätte. Dieser Mann sagte mir dann, dass mein Vater einem Geheimbund namens Asigidi angehört habe und ich als sein erster Sohn seine Position bei diesem Bund einnehmen müsse oder sonst geopfert würde, wobei dieses Opfer noch vor dem Begräbnis stattfinden müsste. Ich antwortete diesen Leuten, dass ich Christ sei und die Position meines Vaters nicht übernehmen könne und auch nicht Teil eines solchen Geheimbundes sein kann. Die Männer gaben mir dann ein paar Tage zum Überlegen und sagten, sie würden in wenigen Tagen wieder zurückkommen. Nach einer Woche bzw. 5 Tagen kamen sie dann mit ganzer Gewalt zu mir und fragten mich, ob ich bereit sei, die Position meines Vaters zu übernehmen, anderenfalls würde jetzt die Opferung stattfinden. Sie zerrten mich in einen Wagen, prügelten mich und ich weiß gar nicht, wie ich überhaupt entkommen konnte. Ich floh zu einem Freund. Doch dieser sagte mir, er könne mir nicht weiter helfen. Denn wenn jemand davon erfährt, würde man uns beide umbringen. Deshalb bin ich dann weiter zum Haus meines Pastors geflohen, dieser hat mich dann bei sich aufgenommen.
VR: Zu welcher Tageszeit sind diese Leute gekommen und wie viele waren es?
BF: Sie kamen gegen 22:00 Uhr und waren bei diesem Mal zu sechst.
VR: Was haben diese Leute genau zu Ihnen gesagt?
BF: Sie sagten zu mir: Entweder du bist bereit, die Position deines Vaters zu übernehmen oder wir bringen dich fort zur Opferung. Ich sagte ihnen, dass ich diese Position nicht übernehmen könne und ihnen das schon beim ersten Mal gesagt habe, daraufhin zerrten sie mich weg und verprügelten mich. Da haben wir diese Männer dann auch gesagt, das ich irgendein Zeichen auf meinem Körper hätte, dass ich schon kurz nach der Geburt bekommen hätte. Mein Vater hätte das veranlasst und es sei dies eine ganz bestimmte Regel dieses Geheimbundes.
Wie gesagt, dieser Pastor hat mich dann bei sich aufgenommen, gab mir zu Essen und zu Trinken. Ich war ca. eine Woche bei ihm aufhältig. Am 2. Oktober kamen dieselben Leute gegen 22:00 Uhr in der Nacht zum Haus des Pastors, sie sagten, dass sie wüssten, dass er die einzige Person ist, die mir geholfen habe. Der Pastor müsse mich herausgeben oder sie würden seine Kirche niederbrennen. Mein Pastor versprach sein bestes zu tun. Er ersuchte die Leute wieder nachhause zu gehen und versprach mich morgen zu ihnen zu bringen. Dafür sollten sie seine Kirche nicht niederbrennen. Am nächsten Morgen weckte mich mein Pastor auf und forderte mich auf, mit ihm mitzugehen. Ich hatte Angst, dass ich sterben würde. Doch er brachte mich dann zu seinem Wagen und fuhr mich in einen Ort, indem ich noch nie zuvor gewesen war, dieser Ort heißt Lagos. Dort traf er sich mit drei weißen Männern und erzählte ihnen alles über mich. Ich musste inzwischen warten. Dann kam einer der drei weißen Männer auf mich zu und sagte, ich solle mit ihm mitgehen und dann bin ich am 4. Oktober 2001 mit dem Schiff ausgereist.
VR: Wann haben Sie erstmals die Asigidi-Leute gesehen?
BF: Das war am Todestag meines Vaters am Abend gegen 22:00 Uhr.
VR: Sie haben bei der Erstinstanz ausgesagt, dass diese Leute um 10:00 Uhr gekommen seien (Seite 15 oben)!
BF: Das wurde dann bei der Erstinstanz falsch protokolliert. Mein Vater starb am Morgen und am Abend desselben Tages sind diese Leute dann gekommen.
VR: Wieso waren diese Leute so auffällig gekleidet?
BF: Ich weiß das nicht wirklich. Ich glaube aber, dass ist das Gewand, das die Leute dieser Gesellschaft tragen.
BR: Wann haben Sie zum ersten Mal gehört, dass es die Asigidi-Gesellschaft überhaupt gibt?
BF: Bis zum Tod meines Vaters hatte ich von dieser Gesellschaft noch nie gehört. Der Pastor sagte mir später dann, dass diese Leute sehr mächtig sind.
Vorhalt der VR (Ermittlungsergebnisse der Berufungsinstanz im zeitlichen Nahebereich der Ausreise des BF):
Die Azigidi-Gesellschaft existiert im Bundesstaat Edo und insbesondere in Benin-Stadt. Sie hat viele einflussreiche Mitglieder. Diese Gesellschaft bringt keine Menschenopfer dar und begeht keine Ritualmorde. Es handelt sich um einen okkulten Geheimbund, der nach dem Fetischglauben seiner Mitglieder übernatürliche Schutzkräfte besitzt und dadurch spirituelle und metaphysische Angriffe abwehren sowie die Lebensqualität verbessern kann. Es handelt sich nicht um einen gewalttätigen Geheimbund und es wird auch kein Mitglied, das austreten will, deswegen angegriffen.
Hiezu werden folgende Quellen ins Verfahren eingeführt:
Österreichische Botschaft Lagos, Bericht des Vertrauensanwaltes, 08.05.2002; siehe zum Sektenwesen auch: Home Office, Country of Origin Information Report Nigeria, 13.11.2007, Pkt. 29.01, 29.02; Home Office, Immigration and Nationality Directorate, Operational Guidance Note Nigeria, 18.01.2007, Pkt. 3.12; Immigration and Refugee Board of Canada, Country of Origin Research, Nigeria, 12.07.2005; Gutachten von Reinhard Schmidt-Grüber, 05.10.2004, Fragen 26-31; ACCORD, Birgit Kirsten Müllner/Barbara Svec, Nigeria. Länderbericht August 2004, S. 57-68.)
BF: Hätten diese Leute nicht selbst gesagt, dass sie eine Opferung durchführen würden, hätte ich das nicht gewusst. Es gibt viele Geheimkulte, die Rituale vollziehen. Außerdem habe ich mit eigenen Augen gesehen, wie sie einen Totenschädel aus dem Kasten meines Vaters nahmen.
BR: Hat Ihr Vater auch ein rotes Gewand gehabt?
BF: Ich habe meinen Vater nie in einem derartigen roten Gewand gesehen.
VR: Den Quellen ist auch zu entnehmen, dass die Mitglieder des Bundes angesehen sind und die Zugehörigkeit als Ehre und Mittel zur Lebensverbesserung angesehen wird. Es ist unplausibel, dass jemand zum Beitritt gezwungen wird!
BF: Das stimmt nur zum Teil. Wenn jemandes Vater eine Position in diesem Bund innehat, dann muss dessen Sohn seine Position übernehmen. Wer sich weigert, wird dazu gezwungen, vorher muss noch eine Opferung erfolgen. Das wird immer so sein, weil diese Leute Angst haben, dass man sonst etwas über sie preisgeben könnte.
VR: Welchen Beruf hat Ihr Vater ausgeübt?
BR: Mein Vater war Landwirt. Er war nicht reich, darum will ich auch sagen, es gibt sehr viele arme Mitglieder bei diesem Kult.
VR: Sie sagen Sie seien Isoko, es handelt sich aber um einen Geheimbund einflussreicher Binis, Angehörige anderer Volksgruppen werden nur ausnahmsweise aufgenommen!
BF: In Nigeria kann man Isoko, Ibo oder Ghanier sein, jeder der in Benin-City wohnt, kann den Asigidis beitreten.
VR: Warum haben Sie in der Erstinstanz den Ursprung der Narben nicht erwähnt?
BF: Ich selbst weiß über diese Narben bzw. Zeichen nichts. Man hat mir damals gesagt, ich hätte diese speziellen Zeichen auf dem Körper, das stimmt auch, ich habe diese Zeichen, aber ich weiß darüber nichts.
VR: Sie haben aber bei der Erstinstanz den Ursprung dieser Narben nicht erwähnt!
BF: Doch, ich habe damals folgendes gesagt: Diese Leute machten mich auf ein Zeichen auf meinem Körper aufmerksam und sagte, dass mein Vater dieses aufbringen ließ bzw. dass dies bedeutet, dass ich seine Position nach seinem Tod übernehmen müsse. Ich habe das auch gesagt, dass ich mich vor diesen Leuten nirgends verstecken kann, eben weil ich dieses Zeichen trage. Dies habe ich auch bei der Caritas erwähnt.
VR: Welche Position hatte Ihr Vater im Geheimbund inne?
BF: Ich weiß es nicht, ich habe die Leute von diesem Geheimbund derartiges nie gefragt.
VR: Wieso sind Sie nicht in einen anderen Teil Nigerias gegangen, z. B. Delta-State?
BF: Soviel ich weiß, gibt es diesen Geheimbund in ganz Nigeria. Außerdem haben mir diese Leute gesagt, es wäre ein leichtes für sie, mich zu finden, selbst wenn ich zur Polizei ginge, sie würden mich überall finden.
VR: Wie sollen diese Leute das machen, es gibt in etwa 135 Millionen Einwohner in Nigeria?
BF: Ich weiß es nicht, wie sie das machen, ich weiß nur, dass es anscheinend für die Leute leicht ist, mich zu finden. Wie gesagt, ich weiß nicht, wie diese Leute das anstellen. Ich weiß nur, dass ich mich nirgends vor ihnen verstecken kann. Ich war schon in Österreich, als ich einen Telefonanruf erhielt. Da sagte mir jemand, dass er wisse, dass ich jetzt in Österreich sei und seine Leute mich kriegen würden. Ich bin daraufhin gleich zur Caritas gelaufen und habe ihnen von diesem Anruf erzählt. Dort hat man mich aber beruhigt und man hat mir erklärt, da wäre ich sicher.
VR: Können Sie erklären, wie irgendjemand in Nigeria an Ihre Telefonnummer herankommen sollte?
BF: Das ist auch mir unerklärlich. Ich habe meine Telefonnummer nie jemand anderem gegeben und doch habe ich diesen Telefonanruf erhalten.
VR: Vorhalt Beilage A (vorläufige Feststellungen des Asylgerichtshofes zur politischen und menschenrechtlichen Situation in Nigeria). Folgende Quellen werden ins Verfahren eingeführt:
United States Department of State, Nigeria. Country Report on Human Rights Practices 2007, 11.03.2008; Auswärtiges Amt Berlin, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, 06.11.2007.
BF: Ich kann nicht sagen, wie es woanders in Nigeria aussieht, ich war mein ganzen Leben lang nur in Benin-City und habe Benin-City erst verlassen, als mich der Pastor nach Lagos brachte, das war auch das erste Mal, dass sich damals andere als schwarze Menschen getroffen habe.
VR: Möchten Sie sonst noch etwas ausführen?
BF: Ich wurde am Schiff mit Essen und Trinken versorgt. Dann bin ich schließlich in Österreich von einem guten Samariter von der Caritas zum Bundesasylamt gebracht worden."
III. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1.1. Zur Person und den Fluchtgründen des Beschwerdeführers wird festgestellt:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria, gehört der Volksgruppe der Isoko an und lebte vor seiner Ausreise in Benin City. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Fluchtgründe (Bedrohung durch Mitglieder der Sekte Asigidi im gesamten Staatsgebiet Nigerias wegen der Weigerung des Beschwerdeführers, in die Position seines verstorbenen Vaters in dieser Geheimgesellschaft als Nachfolger einzutreten) werden mangels Glaubwürdigkeit und fehlender Plausibilität nicht festgestellt. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Nigeria aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht wäre. Es konnten auch keine konkreten Gründe festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Gefahr liefe, in Nigeria einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.
1.2. Zur politischen und menschenrechtlichen Situation in Nigeria werden folgende Feststellungen getroffen:
Die Situation in Nigeria ist grundsätzlich ruhig, die Staatsgewalt (Polizei und Justiz) funktionsfähig. Anzumerken ist jedoch, dass die nigerianische Bundespolizei in personeller Hinsicht im Vergleich zu westlichen Staaten relativ schlecht ausgestattet und verschiedentlich auch mangelhaft ausgebildet ist, weshalb in einzelnen Bundesstaaten so genannte Bürgerwehren polizeiliche Aufgaben übernommen haben. In einzelnen Landesteilen Nigerias (z. B. in den nördlichen Bundesstaaten Kano und Kaduna) kommt es wiederholt zu religiös motivierten Auseinandersetzungen zwischen Christen und Moslems. Weiters kommt es im Niger-Delta verschiedentlich zu Auseinandersetzungen zwischen verfeindeten Volksgruppen. In bestimmten Fällen wurde das Militär zur Niederschlagung von Unruhen eingesetzt. Abgesehen von diesen lokal begrenzten Auseinandersetzungen ist die Situation in Nigeria jedoch ruhig. Im Zuge der Gouverneurs- und Präsidentenwahlen 2007 kam es in einzelnen Landesteilen zu mittlerweile beendeten Unruhen, es herrscht kein Bürgerkriegszustand.
Die im Mai 1999 in Kraft getretene nigerianische Verfassung verfügt im Kapitel V über einen Grundrechtskatalog, der sich an den einschlägigen völkerrechtlichen Instrumenten orientiert. Die nigerianische Regierung bekennt sich auch politisch zum Schutz der Menschenrechte und zählt diesen zu den Prioritäten des Regierungshandelns. Die Verfassung garantiert die Religionsfreiheit, definiert Nigeria als säkularen Staat und verbietet es dem Bundesstaat oder einzelnen Staaten, eine Religion zur Staatsreligion zu machen.
Grundsätzlich kann, insbesondere wegen des fehlenden Registrierungswesens, örtlich begrenzten Konflikten bzw. Verfolgungsmaßnahmen durch Übersiedlung in einen anderen Landesteil ausgewichen werden. Alle nigerianischen Großstädte sind multi-ethnisch. In der Regel wohnen die Angehörigen der jeweiligen Volksgruppe möglichst in derselben Gegend, wenn sie nicht sogar ausschließlich ganze Stadtviertel belegen. Jeder der fremd in eine Stadt kommt, wird sich in die Gegend begeben, wo er "seine Leute" findet. Unter "seinen Leuten" können nicht nur Angehörige derselben Ethnie, sondern auch Personen desselben Religionsbekenntnisses, Absolventen derselben Schule oder Universität, Bewohner desselben Dorfes oder derselben Region verstanden werden. Von diesen Personengruppen kann der Betreffende Unterstützung erwarten. In der Regel wird ihm die Bestreitung des Lebensunterhaltes ermöglicht werden.
Es liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass abgelehnte Asylwerber bei der Rückkehr nach Nigeria nach Beantragung von Asyl in einem westeuropäischen Land mit staatlichen Repressionen zu rechnen hätten. Außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise (z. B. Verhaftung) von abgeschobenen oder freiwillig ausgereisten Asylwerbern sind bisher nicht bekannt geworden. Die Basisversorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln ist zumindest im städtischen Bereich grundsätzlich gewährleistet. In den Großstädten ist eine ausreichende medizinische Versorgungslage gegeben, es gibt sowohl staatliche als auch zahlreiche privat betriebene Krankenhäuser.
1.3. Zu traditionellen Religionen und Geheimkulten werden folgende Feststellungen getroffen:
In Nigeria wird vielfach an Magie (Zauberei, Juju) geglaubt. Viele Volksgruppen Nigerias bekennen sich auch zu - regional unterschiedlichen - traditionellen Religionen. Diese werden teilweise neben der christlichen oder der islamischen Religion praktiziert. Ritualmorde und Menschenopfer sollen früher praktiziert worden sein. Heute sollen Menschenopfer im Zuge von religiösen Zeremonien hingegen nicht mehr vorkommen. Jedoch kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass es auch heute noch in Nigeria zu Gewalttaten mit religiöser oder ritueller Komponente kommt. Es gibt aber keine Hinweise darauf, dass solche Straftaten von den staatlichen Organen geduldet bzw. nicht verfolgt würden. Beispielsweise wurden im Jahr 2003 vom nigerianischen Höchstgericht Todesurteile gegen sieben Personen, denen Beteiligung an einem so genannten Ritualmord vorgeworfen wurde, bestätigt. Ritualmord oder der Besitz von Leichen, Leichenteilen oder menschlichem Blut ohne entsprechendes medizinisches Zertifikat ist in manchen Bundesstaaten sogar ein eigener Straftatbestand.
In Nigeria existieren Geheimkulte, deren bekanntester die Ogboni-Gesellschaft ist. Die Bedeutung der Geheimkulte liegt darin, dass die Mitgliedschaft häufig Ressourcen, Einfluss und Arbeit sichert und Bestandteil der sozialen Integration ist und damit über Leben und Status der jeweiligen Familie bestimmt. Normalerweise liegt keine Zwangsmitgliedschaft vor, doch fühlen sich viele Personen - in der Regel von der eigenen Familie - auf Grund der Vorteile, die ein Beitritt zu einem Geheimkult mich sich bringt, unter Druck gesetzt. Die Geheimgesellschaften akzeptieren nicht jedermann, sondern laden Mitglieder angesehener Familien zum Beitritt ein. Auf Unwillige, nur durch Zwang rekrutierte Mitglieder wird in der Regel kein Wert gelegt. Allenfalls kann derjenige, der sich weigert beizutreten, sein Eigentum und Erbe verlieren, muss aber nicht um sein Leben fürchten. Verfolgung durch einen Geheimkult ist allerdings dann zu befürchten, wenn jemand seine Geheimnisse preisgibt. Diese Geheimnisse sollen sich nicht auf die Namen der Mitglieder beziehen, da diese in der Regel ohnehin allgemein bekannt sind, sondern auf die Entscheidungen und Interna der Geheimgesellschaft. Wenn ein Mitglied des Geheimkultes diesen verlassen will, dann führt dies nicht zwangsläufig zu nachteiligen Auswirkungen oder einer Verfolgung. Geheimkulte beziehen einen Teil ihrer Macht aus dem verbreiteten Glauben daran, dass ihnen übernatürliche Kräfte zukommen.
Die Asigidi-Gesellschaft existiert im Bundesstaat Edo und insbesondere in Benin-Stadt. Sie hat viele einflussreiche Mitglieder. Diese Gesellschaft bringt keine Menschenopfer dar und begeht keine Ritualmorde. Es handelt sich um einen okkulten Geheimbund, der nach dem Fetischglauben seiner Mitglieder übernatürliche Schutzkräfte besitzt und dadurch spirituelle und metaphysische Angriffe abwehren sowie die Lebensqualität verbessern kann. Es handelt sich nicht um einen gewalttätigen Geheimbund.
2.1. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers gründen sich auf dessen eigene Angaben in den Einvernahme, die zur mangelnden Glaubwürdigkeit seiner Fluchtgründe auf dessen Aussagen vor der Erstbehörde und dem Asylgerichtshof im Zusammenhalt mit den in der Verhandlung erörterten Länderberichten: So traten Widersprüche in der Darstellung der unmittelbaren Bedrohung auf (zB.: Erstinstanz: Die Verfolger schrien ihn an, erzählten seiner Tante über die Weigerung und wollten ihn in ein Auto zerren, doch gelang ihm die Flucht; Beschwerdeverhandlung: danach zerrten ihn die Verfolger in ein Auto und verprügelten ihn).
Weiters führte er in der Beschwerdeverhandlung erstmals den Ursprung von Narben auf die Sektenzugehörigkeit zurück, welcher Zusammenhang - träfe das diesbezügliche Vorbringen zu - nach den Erfahrungen in Asyleinvernahmen sogleich schon vor der Erstbehörde dargelegt worden wäre, und zwar spätestens bei der Frage nach einer innerstaatlichen Fluchtalternative, da in solchen potentiellen Erkennungsmerkmalen ein zusätzliches Gefährdungsmoment innewohnt. Dafür, dass der Beschwerdeführer keine ausreichende Gelegenheit zu zweckentsprechenden Angaben gehabt hätte oder diese nur unvollständig protokolliert worden wären, gibt es keinen Anhaltspunkt.
Auch ist es unplausibel, dass dem (erwachsenen) Beschwerdeführer sein ganzes Leben lang nicht aufgefallen ist, dass der im gemeinsamen Haushalt lebende Vater, mit dem ihm - nach weiteren Darstellungen - ein enges Naheverhältnis verband (zB Guten Morgen-Gruß im Schlafzimmer des Vaters am Todestag), eine Position in einer angesehenen Sekte innehatte, noch dazu, wo sich deren Mitglieder offenbar auffällig kleiden (nach seinen Angaben: Trauerzug in roten Gewändern). Auch dass er von der Asigidi-Gesellschaft an sich vor dem Tod seines Vaters nie gehört haben will (Aussage in der Beschwerdeverhandlung), sondern erst nach Aufklärung durch seine Bedroher ist - insbesondere im Hinblick auf die angebliche Position des Vaters in dieser - nicht glaubwürdig, sodass aus diesen Gründen schon die tatsächliche Mitgliedschaft des Vaters bei dieser Gesellschaft nicht glaubhaft ist.
Weiters ließ der Beschwerdeführer für die weitere Behauptung in der Beschwerdeverhandlung, wonach ihn sogar in Österreich ein telefonischer Drohanruf der Verfolger erreicht haben will, jegliche plausible Erklärung vermissen und es liegt eine solche auch nicht auf der Hand, ist doch unerfindlich, wie die Bedroher an seine Telefonnummer in Österreich herangekommen sein sollen (nach eigenen Angaben habe er sie niemandem bekannt gegeben).
Auch ist vor dem Hintergrund der Länderberichte keineswegs nachvollziehbar, dass jemand gegen seinen Willen zum Beitritt zu dieser Gesellschaft gezwungen wird, gilt doch die Zugehörigkeit als Ehre und Mittel zur Lebensverbesserung. Dass der Beschwerdeführer aber - wie er über Befragen andeutungsweise zu erklären versuchte - durch seine Opferung daran gehindert hätte werden sollen, Interna über die Gesellschaft preis zu geben, ist unerfindlich, da er ja nach übrigem Vorbringen zu Beginn der Bedrohung nicht einmal über die Existenz der Gesellschaft an sich - geschweige denn somit über deren Interna - Bescheid gewusst haben will.
Letztlich hat der Beschwerdeführer in beiden Einvernahmen keine nachvollziehbare Erklärung dafür abgegeben, wieso es ihm nicht möglich sein sollte, sich in einem anderen Teil Nigerias auf zumutbare Weise niederzulassen, um dieser Gefahr zu entkommen, das Fehlen einer solchen Möglichkeit ist auch nicht erkennbar.
2.2. Die Feststellungen zur politischen und menschenrechtlichen Situation in Nigeria stützen sich auf die in der Verhandlung erörterten - vom Asylgerichtshof für unbedenklich und aussagekräftig erachteten - Quellen, nämlich: United States Department of State, Nigeria. Country Report on Human Rights Practices 2007, 11.03.2008; Auswärtiges Amt Berlin, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, 06.11.2007.
2.3. Die Feststellungen zu traditionellen Religionen und Geheimkulten im allgemeinen stützen sich auf die in der Verhandlung erörterten - vom Asylgerichtshof ebenfalls für unbedenklich und aussagekräftig erachteten - Quellen, nämlich: Home Office, Country of Origin Information Report Nigeria, 13.11.2007, Pkt. 29.01, 29.02; Home Office, Immigration and Nationality Directorate, Operational Guidance Note Nigeria, 18.01.2007, Pkt. 3.12; Immigration and Refugee Board of Canada, Country of Origin Research, Nigeria, 12.07.2005; Gutachten von Reinhard Schmidt-Grüber, 05.10.2004, Fragen 26-31; ACCORD, Birgit Kirsten Müllner/Barbara Svec, Nigeria. Länderbericht August 2004, S. 57-68.; jene zur Asigidi-Gesellschaft im besonderen auf den (im zeitlichen Nahebereich der Flucht des Beschwerdeführers erstellten) Bericht der Österreichischen Botschaft Lagos vom 08.05.2002.
3. Rechtlich ergibt sich Folgendes:
3.1. Gemäß § 75 Abs. 1 erster und zweiter Satz AsylG 2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt.
Nach § 75 Abs. 7 AsylG 2005 sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe näherer Bestimmungen weiterzuführen.
Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG idF BGBl. I Nr.101/2003 sind Verfahren über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002 zu führen.
Nach Abs. 3 dieser Bestimmung sind die §§ 8, 15, 22, 23 Abs. 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 auch auf Verfahren gemäß Abs. 1 anzuwenden.
Da der im Beschwerdefall zu beurteilende Asylantrag vor dem 30. April 2004 gestellt wurde, wird das gegenständliche Verfahren nach den Bestimmungen des AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002 geführt. Hinsichtlich des Abspruches über den subsidiären Schutz wird, da die Erstbehörde eine Entscheidung nach § 8 AsylG in der Stammfassung getroffen hat, iSd oben dargestellten Übergangsbestimmungen § 8 Abs. 1 AsylG idF BGBl. I Nr. 101/2003 angewendet.
3.2. Zu Spruchpunkt I. (Asylgewährung):
Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt. Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Flüchtling im Sinne des AsylG 1997 ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (vgl. z.B. VwGH 09.03.1999, 98/01/0370). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 23.09.1998, 98/01/0224). Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (vgl. zur der Asylentscheidung immanenten Prognose z.B. VwGH 09.03.1999, 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet. Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine so genannte inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH 24.03.1999, 98/01/0352).
Nach den getroffenen Feststellungen wurde das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seiner konkreten Bedrohungssituation an sich schon nicht als glaubwürdig beurteilt und zudem ausgeführt, dass im Verfahren auch keine andere konkret den Beschwerdeführer betreffende individuelle, auf Konventionsgründen beruhende Gefahr in Nigeria festgestellt werden konnte. Dazu kommt, dass selbst für den Fall des Zutreffens des Vorbringens, dass der Beschwerdeführer von einzelnen regional (im Edo State) agierenden Sektenmitgliedern verfolgt werden sollte, er sich jedenfalls in einem anderen Landesteil Nigerias, etwa in einer der großen Städte, auf zumutbare Weise niederlassen und auf diese Weise mit hinreichender Wahrscheinlichkeit der Gefahr entziehen könnte.
Der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war daher der Erfolg versagt.
3. 3. Zu Spruchpunkt II. (Ausspruch über den subsidiären Schutz):
Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist (§ 57 FrG); diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden.
Gemäß § 57 Abs. 1 FrG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde.
Gemäß § 57 Abs. 2 und 4 FrG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder - mit einer für den vorliegenden Fall nicht in Betracht kommenden Einschränkung - Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 GFK).
Zur Auslegung des § 57 FrG ist im Wesentlichen weiterhin die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 37 Fremdengesetz, BGBl. Nr. 838/1992, heranzuziehen. Danach erfordert die Feststellung nach dieser Bestimmung das Vorliegen einer konkreten, den Beschwerdeführer betreffenden, aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbaren Gefährdung bzw. Bedrohung. Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher ohne Hinzutreten besonderer Umstände, welche ihnen noch einen aktuellen Stellenwert geben, nicht geeignet, die begehrte Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011; VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122). Die bloße Möglichkeit einer solchen Gefahr in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen (vgl. VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427). Im Übrigen ist auch im Rahmen des § 8 AsylG zu beachten, dass mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben das Bestehen einer aktuellen Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinne des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG glaubhaft zu machen ist (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).
Zu diesem Punkt wird auf die getroffenen Feststellungen (Punkt III. 1.1.) verwiesen, wonach die behauptete Bedrohung des Beschwerdeführers nicht festgestellt wurde. Da auch nicht erkennbar ist, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr auf exzeptionelle Umstände träfe, die eine Rückführung im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortung liegende Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen lassen könnten, dementsprechend insgesamt eine dem Beschwerdeführer drohende Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinne des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG nicht vorliegt, war spruchgemäß zu entscheiden.