Bei der rechtskräftigen Bestrafung wegen Hinterziehung von Parkgebühren stellen Entscheidung des UVS, wonach erst im Zuge späterer Verfahren das Fehlen einer die Gebührenpflicht begründenden Verordnung hervorgekommen ist, aus nachstehenden Gründen keinen Wiederaufnahmsgrund dar:
Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 19.06.1991, 91/13/0101; 19.02.1992, 90/12/0244; 15.12.1994, 93/09/0434 u.v.a.) sind als "Tatsachen" im Sinne des erstgenannten Wiederaufnahmegrundes nur Geschehnisse im Seinsbereich, auch wenn es sich um "innere Vorgänge" handelt, zu verstehen, nicht aber Rechtsänderungen oder spätere Gutachten über die Tatsachen, ebenso nicht das nachträgliche Erkennen, daß im abgeschlossenen Verwaltungsverfahren Verfahrensmängel oder eine unrichtige rechtliche Beurteilung seitens der Behörde vorgelegen sind, sowie auch nicht Unkenntnis der Gesetzeslage. Gleiches gilt für das nachträgliche Bekanntwerden von Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes, aus denen sich ergibt, daß die von der Behörde im abgeschlossenen Verfahren vertretene Rechtsauffassung verfassungs- oder gesetzwidrig war (VwGH 16.03.1987, 84/10/0072 u.a.). § 69 Abs 1 Z 2 AVG bildet für die Behörde keine geeignete Grundlage dafür, im wiederaufgenommenen Verfahren ihre ursprüngliche rechtliche Beurteilung eines in Wahrheit unveränderten Sachverhaltes zu ändern (VwGH 13.09.1974, 1735/73). Ebenso hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu der sinngemäß gleichlautenden Bestimmung des § 303 Abs 1 lit b BAO judiziert, daß Tatsachen im Sinne dieser Bestimmung ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände sind; also Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis (als vom rechtskräftigen Bescheid zum Ausdruck gebracht) geführt hätten, etwa Zustände, Vorgänge, Beziehungen, Eigenschaften. Neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung solcher Sachverhaltselemente - gleichgültig ob diese späteren rechtlichen Erkenntnisse (neue Beurteilungskriterien) durch die Änderung der Verwaltungspraxis oder Rechtsprechung oder nach vorhergehender Fehlbeurteilung oder Unkenntnis der Gesetzeslage eigenständig gewonnen werden, sind nicht Tatsachen
unzutreffenden Würdigung oder Wertung des offengelegt gewesenen Sachverhaltes oder einer fehlerhaften rechtlichen Beurteilung - gleichgültig durch welche Umstände veranlaßt - lassen sich bei unveränderter Tatsachenlage nicht nachträglich im Wege der Wiederaufnahme des Verfahrens beseitigen (vgl. VwGH 02.12.1995, 84/15/0217; sowie Stoll, Bundesabgabenordnung, Handbuch, Wien 1980, S. 723f und die dort aus der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zitierten Erkenntnisse). Diese Judikatur ist auch im Lichte des Fehlerkalküls der Rechtsordnung (vgl. dazu Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Auflage, Wien 1986, 515 ff) zu sehen, demzufolge unter Inkaufnahme menschlicher Fehlleistungen prinzipiell der Rechtssicherheit der Vorrang gegenüber der Rechtsrichtigkeit gegeben wird. Durchbrechungen der materiellen Rechtskraft, wie sie etwa die §§ 68 und 69 AVG vorsehen, sind daher nur bei bestimmten taxativ aufgezählten, vom Gesetzgeber für besonders schwer erachteten Fehlern vorgesehen und als Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz der Bestandssicherheit von Bescheiden prinzipiell eng auszulegen.