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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO Wr §71;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde der Elisabeth von Pezold in Pöls, vertreten durch Dr. Peter Kammerlander, Rechtsanwalt in Graz, Kalchberggasse 12, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 22. Februar 2000, Zl. MD-VfR - B IV - 7/99, betreffend ein Bauverfahren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ. 1036, Grundbuch 01011 Wieden, mit den Grundstücken Nr. 75/3, Prinz Eugen Str. 18, und Nr. 75/4. Für diese Liegenschaft wurde mit Plandokument Nr. 6964 (Beschluss des Gemeinderates der Stadt Wien vom 2. Juni 1999, Pr. Zl. 90 GPZ/1999) die Widmung Wohngebiet, Bauklasse V, geschlossene Bauweise, Schutzzone und Wohnzone, festgesetzt. Die bebaubaren Flächen sind durch Baufluchtlinien beschränkt, die dem vorhandenen Baubestand auf der Liegenschaft angepasst sind. Die Fläche des bestehenden Innenhofes ist als gärtnerisch auszugestaltende Fläche ausgewiesen.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37 (MA), vom 14. Februar 1989 wurde für diese Liegenschaft gemäß § 70 Bauordnung für Wien (BO) und in Anwendung des Wiener Garagengesetzes (WGG) unter Bezugnahme auf diesem Bescheid angeschlossene Pläne ein Einstellplatz für Kraftfahrzeuge mit 12 "freiwilligen KFZ-Stellplätzen im Innenhof der Liegenschaft" bewilligt. Mit Bescheid des MA vom 17. Oktober 1997 wurde plangemäß die Anordnung der Stellplätze im Hof abgeändert, "wobei die Anzahl der bereits bewilligten 12 Stellplätze gleich bleibt".
Mit Eingabe vom 18. Februar 1999 beantragte die Beschwerdeführerin die Bewilligung "von zusätzlich sieben Stellplätzen entsprechend anliegendem Einreichplan". Auf Grund dieses Planes sollen im Innenhof des auf der obgenannten Liegenschaft errichteten Hauses anstatt der 12 bewilligten nunmehr 19 Stellplätze errichtet werden.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde "gemäß §§ 70 und 71 der Bauordnung für Wien (BO) in Verbindung mit § 3 des Wiener Garagengesetzes (WGG) (...) nach dem mit dem amtlichen Sichtvermerk versehenen Plan die Bewilligung für die (...) Bauführung auf der (...) Liegenschaft versagt". Für die Beurteilung des Bauvorhabens seien die Bestimmungen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes, Plandokument Nr. 6964, maßgebend. Für den Innenhof der gegenständlichen Liegenschaft, in welchem die Stellplätze geschaffen werden sollen, sei "gärtnerische Ausgestaltung" vorgeschrieben. Die Bewilligungspflicht des § 3 Abs. 1 lit. b WGG beziehe sich auf die Verwendung von Flächen oder Räumen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen; eine Bauführung werde ausdrücklich für nicht erforderlich erklärt. Einstellplätze könnten nach § 2 Abs. 4 WGG auch unbebaut sein. Eine Änderung der Flächenwidmungs- und Bebauungspläne habe auf den Bestand bereits rechtskräftig bewilligter Gebäude zwar keinen Einfluss, neue Vorhaben müssten hingegen dem jeweils geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan entsprechen. Ein neuer Flächenwidmungs- und Bebauungsplan sei somit für jedes einzelne neue Bauvorhaben wirksam und nicht erst, wenn die Liegenschaft zur Gänze neu bebaut werde. Da für die gegenständliche Fläche die Bauklasse V festgesetzt sei, könnte die im § 4 Abs. 4 WGG normierte Ausnahme von der grundsätzlichen Unzulässigkeit von Anlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen auf gärtnerisch auszugestaltenden Teilen nicht zum Tragen kommen. Eine Bewilligung gemäß § 71 BO komme nicht in Betracht, weil die Einstellplätze auf Dauer bestehen bleiben sollen. Auch sei kein von § 71 BO geforderter Ausnahmegrund ersichtlich.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich ihrem Vorbringen zufolge durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Bewilligung des beantragten Vorhabens verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Die beantragte Erweiterung der Abstellfläche auf der - als Kfz-Einstellanlage - baubehördlich genehmigten Fläche im Hofbereich sei eine Erweiterung der Abstellfläche und keine Erweiterung der Fläche der Bauanlage; es handle sich hiebei lediglich um eine Änderung der Nutzungsmöglichkeit im Rahmen der bestehenden Bauanlagen-Widmung, und zwar um eine Mittelanlage im Sinne des § 2 Abs. 9 WGG. Auf der rechtswirksam bestehenden Anlage im Sinne des § 2 Abs. 1 WGG sei eine Erweiterung der Anzahl der abstellbaren Kraftfahrzeuge im Rahmen der zur Verfügung stehenden, gewidmeten und ausgestalteten Innenhoffläche zulässig. Es liege keine Neugenehmigung einer Flächennutzung, sondern lediglich die Umgestaltung der bereits für eine Anlage im Sinne des § 2 WGG genehmigten Flächennutzung durch Erhöhung der abstellbaren Kraftfahrzeuge vor. § 4 Abs. 4 WGG stehe dem nicht entgegen, da die rechtmäßig gewidmete Abstellfläche keine gärtnerisch auszugestaltende Teilfläche der Liegenschaft sei. Es liege bereits eine bewilligte Bauanlage vor. Die Baubehörden hätten nicht die rechts- und sachgerechte Unterscheidung zwischen der konsentierten baulichen Anlage und der zulässigen Nutzung dieses Anlagenbestandes gemacht. Es liege keiner der im § 3 WGG genannten Genehmigungstatbestände vor. Die bereits konsentierte Fläche werde nicht verändert, der substantielle Baukonsens bleibe sohin unverändert erhalten. Lediglich auf der schon zum Abstellen von Kraftfahrzeugen konsentierten Fläche sollen mehr Fahrzeuge abgestellt werden. Es handle sich somit keinesfalls um ein neues Bauvorhaben, sondern nur um eine Intensivierung der konsensgemäßen Nutzung. Jedenfalls wäre eine beschränkte Bewilligung im Sinne des § 71 BO bis zu jenem Zeitpunkt zu erteilen gewesen, in welchem die baurechtliche Anlage des Einstellplatzes im Sinne des § 2 Abs. 1 WGG rechtswirksam aufgegeben werde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Die Beschwerdeführerin replizierte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 des Gesetzes vom 27. September 1957 über Anlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen und über Tankstellen in Wien (Wiener Garagengesetz; im Folgenden kurz: WGG), LGBl. Nr. 22, in der hier anzuwendenden Fassung der Novelle vom 2. Februar 1999, LGBl. Nr. 10/1999, fallen unter die Bestimmungen dieses Gesetzes Anlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen und Tankstellen. Gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle gelten für die in Abs. 1 bezeichneten Anlagen, soweit dieses Gesetz keine abweichenden Vorschriften enthält, die Bestimmungen der Bauordnung für Wien.
Gemäß § 2 Abs. 1 WGG wird unter dem Einstellen von Kraftfahrzeugen im Sinne dieses Gesetzes jedes Abstellen betriebsbereiter Kraftfahrzeuge auf anderen als öffentlichen Verkehrsflächen über die zum Aus- und Einsteigen oder zum Be- und Entladen erforderliche Zeit hinaus verstanden. Gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle sind Anlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen Garagen (Einstellräume) oder Einstellplätze samt den dazugehörigen Nebenanlagen. Gemäß Abs. 4 sind Einstellplätze unbebaute oder mit Schutzdächern versehene, nicht dem öffentlichen Verkehr dienende Flächen, die zum Einstellen von Kraftfahrzeugen bestimmt sind.
Gemäß § 3 Abs. 1 lit. b WGG bedürfen einer behördlichen Bewilligung im Sinne der §§ 60 und 70 oder 71 der Bauordnung für Wien, sofern nicht § 62a oder § 70a der Bauordnung für Wien zur Anwendung kommt, die Verwendung von Flächen oder Räumen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen, ohne dass eine Bauführung erfolgt, soweit hiefür eine behördliche Bewilligung noch nicht vorliegt.
Mit ihrem dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Antrag begehrt die Beschwerdeführerin die Bewilligung zum Einstellen weiterer (hier: sechs) Kraftfahrzeuge auf einer Fläche (hier: Innenhof eines Hauses), deren Verwendung zum Einstellen von (bisher) zwölf Kraftfahrzeugen bereits rechtskräftig bewilligt worden ist. Die Verwendung von Flächen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen, ohne dass eine Bauführung erfolgt, ist gemäß § 3 Abs. 1 lit. b WGG - von den im Beschwerdefall nicht in Betracht kommenden Ausnahmen (siehe § 62a und § 70a und § 3 Abs. 2 BO) abgesehen - bewilligungspflichtig, soweit hiefür eine behördliche Bewilligung noch nicht vorliegt. Abgesehen davon, dass - wie den vorliegenden Plänen zu entnehmen ist - mit der beantragten Vermehrung der Einstellplätze auch eine Vergrößerung der zum Einstellen von Kraftfahrzeugen verwendeten Fläche des Innenhofes der beschwerdegegenständlichen Liegenschaft verbunden wäre, bedarf schon das Einstellen zusätzlicher Kraftfahrzeuge auf einer schon bisher zum Einstellen von Kraftfahrzeugen verwendeten Fläche einer Bewilligung gemäß § 3 Abs. 1 lit. b WGG (arg. "soweit hiefür eine behördliche Bewilligung noch nicht vorliegt"; vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 31. Jänner 1995, Zl. 94/05/0351, und vom 27. Februar 1996, Zl. 95/05/0328).
Eine Bewilligung nach § 3 WGG ist eine solche im Sinne der §§ 60 und 70 oder 71 BO. Auch ein Vorhaben nach § 3 WGG hat die Behörde daher wie ein Bauvorhaben u. a. nach den Anordnungen des § 67 Abs. 1 BO dahin zu überprüfen, ob es den Bestimmungen dieses Gesetzes und den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen - hiezu gehören insbesondere die Flächenwidmungs- und Bebauungspläne - entspricht. Nach dem im Zeitpunkt der hier angefochtenen Entscheidung (zur maßgebenden Rechtslage siehe die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, Seiten 1298 f., wiedergegebene hg. Rechtsprechung) für das vom Vorhaben betroffene Grundstück gültigen Flächenwidmungsplan (Plandokument Nr. 6964) ist der für die beantragten Einstellplätze für Kraftfahrzeuge vorgesehene Innenhof als gärtnerisch auszugestaltende Fläche ausgewiesen. Anlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen sind aber gemäß § 4 Abs. 4 WGG auf gärtnerisch auszugestaltenden Teilen der Liegenschaft grundsätzlich unzulässig. Die in dieser Gesetzesstelle genannten Voraussetzungen für eine Ausnahme von dieser Regel (Kleinanlage mit einer Bodenfläche bis zu 50 m2, Bauklasse I und II, u. a.) liegen hier nicht vor.
Zutreffend haben daher die Baubehörden die beantragte Bewilligung nach § 3 WGG wegen Widerspruchs des Vorhabens zum Flächenwidmungsplan verweigert. Mit ihrem Vorbringen, die Fläche des Innenhofes könne auf Grund eines früheren Bewilligungsbescheides (in Übereinstimmung mit dem damals geltenden Flächenwidmungsplan) zur Gänze zum Einstellen von Kraftfahrzeugen verwendet werden und es sei daher die Änderung des Flächenwidmungsplanes im Beschwerdefall nicht von Bedeutung, verkennt die Beschwerdeführerin, dass sich - wie den oben zitierten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes zu entnehmen ist - die Bewilligung nach § 3 Abs. 1 lit. b WGG auf die bestimmte (d. h. örtlich und lagemäßig hinreichend determinierte) Verwendung von Flächen oder Räumen zum Einstellen einer bestimmten Anzahl von Kraftfahrzeugen bezieht. Jede bewilligungspflichtige Änderung einer solchen Bewilligung muss daher (auch) den Bestimmungen der BO und den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen (hier: Flächenwidmung) entsprechen. § 3 Abs. 1 lit. b WGG stellt die Bewilligungspflicht nicht auf eine Bauführung sondern darauf ab, ob eine bestimmte behördliche Bewilligung für die Verwendung der Flächen vorliegt oder nicht.
Eine Bewilligung nach § 71 BO kommt im Beschwerdefall ebenfalls nicht in Betracht. Voraussetzung für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 71 BO ist, dass es sich um Bauten handelt, die vorübergehenden Zwecken dienen oder nicht dauernd bestehen bleiben können. Kann bei einem auf Dauer angelegten Projekt von vornherein erkannt werden, dass ein sachlicher Widerrufsgrund nicht denkbar ist, so darf auch keine Bewilligung auf Widerruf erteilt werden (vgl. dazu u.a. die hg. Erkenntnisse vom 25. Jänner 1971, Slg. Nr. 7950/A, und 2. Juli 1985, Zl. 85/05/0010, BauSlg. Nr. 477). Die Beschwerdeführerin ist den Ausführungen der belangten Behörde, nichts weise darauf hin, dass kein Ausnahmegrund vorliege, nicht begründet entgegengetreten. Auch der Verwaltungsgerichtshof findet keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Bestand der hier zu beurteilenden Anlage nur ein vorübergehender sein soll. Damit kommt schon aus diesem Grund die Erteilung einer Baubewilligung auf Widerruf nicht in Betracht, weil bei gleichbleibender Sach- und Rechtslage ein Widerruf nicht sachgerecht wäre. Weiters würde die Erteilung der Bewilligung nach der in Rede stehenden Bestimmung bedeuten, dass die Behörde auch in gleich oder ähnlich gelagerten Fällen eine Ausnahmebewilligung erteilen müsste, wollte sie sich nicht dem Vorwurf einer willkürlichen Handhabung des Ermessens aussetzen. Dies liefe auf eine Unvollziehbarkeit des Flächenwidmungsplanes hinaus. Die Beschwerdeführerin hat auch nicht um eine Bewilligung auf eine bestimmte Zeit angesucht, weshalb eine befristete Bewilligung ebenfalls nicht in Frage gekommen ist (siehe hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 20. März 1990, Zl. 84/05/0231).
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 4. September 2001
Schlagworte
Baubewilligung BauRallg6European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000050070.X00Im RIS seit
29.10.2001Zuletzt aktualisiert am
30.07.2009