RS UVS Oberösterreich 2006/07/05 VwSen-161431/6/Br/Ps

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Veröffentlicht am 05.07.2006
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Rechtssatz

Gemäß § 18 Abs.4 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges mit größeren Längsabmessungen (Lastfahrzeuge, Kraftwagenzüge, Omnibusse und dgl.) auf Freilandstraßen (dazu zählen auch Autobahnen) nach einem solchen Fahrzeug einen Abstand von mindestens 50 m einzuhalten (s. UVS-Steiermark v. 23.9.2004, 30.18-20/2004).

Das Schutzziel des § 18 Abs.4 StVO ist primär in der Überholmöglichkeit von Fahrzeugen mit größeren Längsabmessungen zu erblicken. Die gesetzliche Bestimmung des § 18 Abs.4 StVO soll gewährleisten, dass eine Kolonnenbildung durch mehrere hintereinanderfahrende Fahrzeuge mit größeren Längsabmessungen, insbesondere von Lkw-Kolonnen, verhindert wird, die auf Freilandstraßen ein erhebliches Hindernis durch andere Fahrzeuge bilden können. Dies trifft jedoch - wie vorhin dargestellt - für das Gebot möglichst kurz zu haltender Überholvorgänge auf Autobahnen gerade nicht zu. Daher kann aus empirischer Sicht mit dem kurzzeitigen Unterschreiten des 50-m-Abstandes im Zusammenhang eines gegenseitigen Überholens von Lastkraftwagen mit größeren Längsabmessungen, zumindest das in der Erleichterung des Überholens definierte Schutzziel der genannten Bestimmung wohl kaum als geschädigt erachtet werden. Dies belegt vor allem die auf Autobahnen tausendfach festzustellende Realität, die sich dahingehend gestaltet, dass sich - abgesehen im Bereich von Ausfahrten - das Einreihen zwischen zwei hintereinander fahrenden Lkw´s wohl kaum als geboten erweist.

Es liegt aber nicht im Ermessen der Vollziehung dies zu kritisieren. Nur dem Gesetzgeber wäre es anheim gestellt, im Lichte der gepflogenen Praxis und der Praxisauswirkungen den "50-m-Abstand" für Autobahnen angesichts des dort offenbar nicht erreichbaren Regelungsziels außer Kraft zu setzen.

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird hinsichtlich des Schutzzweckes auf die obigen Ausführungen verwiesen. Neben den objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat kommt im ordentlichen Verfahren als Strafbemessungsgrundlage die Prüfung der subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat, somit auch die in der Person des Beschuldigten gelegenen Umstände, hinzu. Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) daher die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.

Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Hier gelangen bei der Beurteilung des Sanktionsbedarfs ausschließlich mildernde Umstände zur Wertung.

Diesem auf der Autobahn verwirklichten Tatbild liegt - entgegen der teilweise auch in der Judikatur vertretenen Auffassung - kein vom Schutzziel des § 18 Abs.4 StVO intendierter Unwertgehalt inne; vielmehr wird durch ein aus der Fahrdynamik resultierendes vorübergehendes Verkürzen dieses Abstandes (im Gegensatz zum Sicherheitsabstand iSd § 18 Abs.1 StVO) die Überholmöglichkeit für schnellere Fahrzeuge nachhaltig erleichtert. Das in der StVO ebenfalls definierte Schutzziel der "Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs" würde in der auf den Wortlaut reduzierten Inhalt der Bestimmung geradezu eine Wirkungsumkehr erfahren.

Der Unabhängige Verwaltungssenat übersieht aber nicht, dass dem Wortlaut dieser gesetzlichen Bestimmung entsprechend jedwede Unterschreitung des 50-m-Abstandes als rechtswidrig zu qualifizieren ist.

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde jedoch ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn neben dem geringfügigen Verschulden des Beschuldigten auch die Folgen der Übertretung unbedeutsam sind. Davon ist hier auszugehen gewesen, weil in einem fahrdynamisch relevanten Zusammenhang ein Überholvorgang unverzüglich aus dem hier angelasteten Tiefenabstand ausgeführt wurde, wobei der hier angelastete Abstand zum Vorderfahrzeug auch noch (knapp) dem § 18 Abs.1 StVO (Sicherheitsabstand) entsprochen hat.

Demnach liegen hier für die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG erforderlichen Voraussetzungen vor

Schlagworte
Absehen von Strafe, Wirkungsumkehr Schutzziel, Sicherheitsabstand
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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