TE UVS Wien 1992/03/18 03/16/1122/91

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.03.1992
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Betreff

Der BW war unter anderem bestraft worden, weil er sich als Lenker eines Kfz geweigert hatte, seine Atemluft von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht auf Alkoholgehalt messen zu lassen, obwohl vermutet werden konnte, daß er das Kfz in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Der BW wandte im wesentlichen ein, es könne keine Rede davon sein, daß er sich geweigert habe, den Alkoholtest vorzunehmen; er habe vielmehr die Bereitschaft kundgetan, die Untersuchung an Ort und Stelle abzulegen. Er habe sich jedoch geweigert, diese Untersuchung im Wachzimmer abzulegen, da er früher zumindest einmal schon dort schwerst mißhandelt worden sei. Der UVS ließ sich über diese Angaben auf kein Beweisverfahren ein, sondern würdigte die Einwendungen ausschließlich in rechtlicher Hinsicht. Der UVS gab der Berufung keine Folge und bestätigte die erstinstanzliche Bestrafung.

Spruch

Die Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat

Donaustadt, hat am 8.10.1991 zZl: Pst 2660/Dt/91/Ig, betreffend

Herrn H, ein Straferkenntnis mit folgendem Spruch gefällt:

"Sie haben am 2.5.1991 um 01.15 Uhr in Wien 22, Wagramer Straße in Höhe 0Nr 194 den dem Kennzeichen nach bestimmten PKW gelenkt und 1) sich um 01.20 Uhr geweigert, Ihre Atemluft von einem besonders geschultem und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht auf Alkoholgehalt messen zu lassen, obwohl vermutet werden konnte, daß Sie das KFZ in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt haben, 2) haben Sie das KFZ gelenkt, obwohl das Lenken von Kraftfahrzeugen, für die eine Lenkerberechtigung vorgeschrieben ist, vor der Wiederausfolgung des vorläufig abgenommen Führerscheines unzulässig ist.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1) §99 Abs1 litb StVO 1960 iVm §5 Abs2 und 2a litb StVO 1960, 2) §76 Abs5 KFG 1967.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

Geldstrafe von zu 1) S 30.000,--, zu 2) S 3.000,--, falls diese uneinbringlich sind, Ersatzfreiheitsstrafe von zu 1) 26 Tage, zu

2) 3 Tage, gemäß zu 1) §99 Abs1 litb StVO 1960 und zu 2) §134 KFG 1967.

Ferner haben Sie gemäß §64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

S 3.300,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10% der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher S 36.300,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."

 

Die gegen Punkt 1) fristgerecht eingebrachte Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG, BGBl Nr 51/1991) in einem Verfahren gemäß §51e Abs2 VStG abgewiesen.

Gemäß §64 Abs2 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG, BGBl Nr 52/1991) wird dem Berufungswerber ein Beitrag von S 6.000,-- zu den Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

Text

Begründung:

Der Berufungswerber wendet im wesentlichen ein, es könne keine Rede davon sein, daß er sich geweigert habe, den Alkoholtest vorzunehmen; er habe vielmehr die Bereitschaft kundgetan, die Untersuchung an Ort und Stelle abzulegen. Er habe sich jedoch geweigert, diese Untersuchung im Kommissariat abzulegen, da er zumindest einmal schon im Polizeikommissariat Donaustadt schwerst mißhandelt worden sei.

Dazu ist folgendes zu sagen:

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Weigerung, einem Sicherheitswachebeamten zwecks Vornahme einer Alkoholprobe zum Kommissariat zu folgen, eine Übertretung nach §5 Abs2 StVO 1960 dar - E v 10.6.1964, 2008/63, ZVR 1995/103. Nach der Aktenlage spricht nichts für die Annahme, daß der Berufungswerber einen rechtswidrigen Angriff auf seine körperliche Unversehrtheit durch die amtshandelnden Polizeibeamten zu besorgen gehabt hätte; der Berufungswerber hat dazu auch nichts vorgebracht. Notstand ist aber nur dann gegeben, wenn jemand sich oder einen anderen aus schwerer, unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, daß er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht.

Der objektive Unrechtsgehalt der Übertretung ist, auch wenn keine Folgen aktenkundig sind, hoch. Zweck der übertretenen Norm ist das öffentliche Interesse an der raschen Aufklärung von Alkoholdelikten. Diese Bestimmung dient sowohl dem Schutz der betroffenen Fahrzeuglenker als auch dem Schutz aller anderen Verkehrsteilnehmer, die es sich schließlich nicht aussuchen können, ob sie den Weg eines möglicherweise durch Alkohol beeinträchtigten Fahrzeuglenkers kreuzen.

Daß dem Berufungswerber die Einhaltung der übertretenen Bestimmung aus besonderen Gründen nur erschwert möglich gewesen wäre, ist nicht hervorgekommen; auch sein Verschulden kann nicht als bloß geringfügig angesehen werden.

Das Gesetz sieht für derartige Verwaltungsübertretungen einen Strafrahmen von S 8.000,-- bis zu S 50.000,-- vor. Im Hinblick auf vier(!) ungetilgte einschlägige Verwaltungsvorstrafen ist die von der Behörde 1. Instanz verhängte - sicherlich hohe - Geldstrafe von S 30.000,-- noch immer gering bemessen. Auch die ungünstige wirtschaftliche Lage des Berufungswerbers, der nach eigenen Angaben vermögens- und arbeitslos sowie für zwei Kinder sorgepflichtig ist, vermag eine Herabsetzung dieser Strafe nicht zu begründen. Sollte die Strafe uneinbringlich sein, wird sie eben im Wege der Ersatzfreiheitsstrafe zu verbüßen sein. Der Berufungswerber wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß er im Wiederholungsfall gemäß §100 Abs1 StVO 1960 zusätzlich zur Geldstrafe mit einer primären Freiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu rechnen hat.

Der Ausspruch über die Kosten ist im §64 Abs2 VStG begründet.

Schlagworte
Atemalkoholmessung; Aufforderung; Verweigerung; Notstand; Furcht vor Mißhandlung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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