Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber über die am 19. Oktober 1998 eingelangte Beschwerde des Herrn Dipl. Ing. J L, vertreten durch Mag. Dr. R B, Rechtsanwalt in G, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der Bundespolizeidirektion Graz gemäß §§ 67 a Abs 1 Z 2, 67 c Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG), §§ 6 Abs 5, 57 Abs 8, 58 Abs 1 Kraftfahrgesetz 1967 (im folgenden KFG), § 3 d Kraftfahrgesetz - Durchführungsverordnung 1967 (im folgenden KDV) und § 10 Abs 2 Z 4 und Abs 5 Prüf- und Begutachtungsstellenverordnung, BGBl. II 1998/78 (im folgenden PBStV), wie folgt entschieden:
Die Beschwerde über die Abnahme der Kennzeichentafel beim Motorfahrrad Kennzeichen G-59 CLD am 8. September 1998, um ca. 17.45 Uhr, durch ein Organ der Bundespolizeidirektion Graz in Graz, Wienerstraße - An der Kanzel, wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundespolizeidirektion Graz als Rechtsträger des Bundes gemäß § 79 a AVG in Verbindung mit der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl. Nr. 1995/855, die für den Zweck entsprechende Rechtsverfolgung notwendigen und mit S 6.300,-- bestimmten Kosten binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
I.1. In der eingebrachten Beschwerde vom 19. Oktober 1998 wird nachfolgendes vorgebracht:
I. Am 8.September 1998 fuhr ich mit meinem Fahrzeug Puch Maxi, Kennzeichen G 59 CLD, von Gratkorn in Richtung Graz. Um ca. 17.30 Uhr wurde ich im Bereich 'An der Kanzel' zwischen Andritz und Gratkorn von einer motorisierten Verkehrsüberwachung der Bundespolizeidirektion Graz aufgehalten. Frau G, ein Organ der Bundespolizeidirektion - Dienstnummer 1, führte bei meinem Fahrzeug Puch Maxi eine Fahrzeugkontrolle durch. Anläßlich dieser Kontrolle stellte sie einen Bremsdefekt fest. Die Überprüfung erfolgte durch lockeres Anziehen des Bremshebels mit drei Fingern ohne besondere Kraftanstrengung. Das Fahrzeug ließ sich weiterschieben. Mein Bremsversuch - ordentliches Anziehen des Bremshebels, bis das Fahrzeug nur mehr unter größter Kraftanstrengung ein paar Zentimeter fortzubewegen war - wurde ignoriert. Eine nochmalige Überprüfung der Bremsen wurde vom behördlichen Organ nicht vorgenommen, vielmehr wurde die Verkehrsunzuverlässigkeit des Fahrzeuges angenommen, die Abnahme der Kennzeichen
veranlaßt und sofort (dh. ca 18.00 Uhr) an Ort und Stelle - mit meiner Mithilfe - durchgeführt. Ich mußte mein Fahrzeug am Ort der Verkehrskontrolle stehen lassen und die Heimfahrt mit einem Taxi, das über Funk gerufen wurde, vornehmen.
II. Die Abnahme der Kennzeichentafeln stellt einen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar. Derartige Akte sind nur dann rechtmäßig, wenn sie den gesetzlichen Rahmen sowie die gesetzlichen Voraussetzungen einhalten. Im vorliegenden Fall wurden diese Grenzen aus folgenden Gründen überschritten:
Ich anerkenne durchaus, daß es unter bestimmten Voraussetzungen gerechtfertigt sein kann, daß Kennzeichen unmittelbar an Ort und Stelle abgenommen werden. Insbesondere dann, wenn die Verkehrssicherheit gefährdet ist und Gefahr im Verzug vorliegt (vgl. z.B. § 57 Abs.8 oder 102 Abs. 12 Kraftfahrgesetz), kann zur Sicherung der Verkehrssicherheit eine Abnahme gerechtfertigt sein. Dabei muß aber davon ausgegangen werden, daß die Abnahme von Kennzeichentafeln immer nur die äußerste und letzte Maßnahme sein kann. Bei
Zwangsmaßnahmen - und insbesondere bei solchen, die in das verfassungsgesetzlich gewährtleistete Grundrecht auf Eigentum eingreifen (vgl. dazu für die Kennzeichenabnahme zB. VfSlg 7428) - muß immer entsprechend dem 'Schonungsprinzip' vorgegangen werden, das heißt, es sind zuerst jene Maßnahmen zu setzen, die weniger stark eingreifen. Wenn falsche Maßnahmen gesetzt werden, sind diese rechtswidrig.
Um ca. 19.00 Uhr desselben Tages - nach Abnahme der Kennzeichentafeln - habe ich die Firma K und K OEG mit der Abholung und Instandsetzung des Fahrzeuges beauftragt. Herr K hat das Fahrzeug am selben Abend (ca. 20.00 Uhr) abgeholt und begutachtet. (Auf Grund dieser zeitlichen Abfolge ist erkennbar, daß für mich keine Zeit vorhanden war, am Fahrzeug Manipulationen, dh. Instandsetzungsarbeiten, durchzuführen.)
Am nächsten Tag in der Früh hat mich Herr K angerufen. Dabei hat er mir mitgeteilt, daß die Bremse vollkommen in Ordnung sei (siehe Gutachten der Firma K und K OEG) - nur die Stellschraube des Seilzuges wurde ein wenig angezogen. Die Kennzeichenabnahme sei, so Herr K, in keinem Fall gerechtfertigt gewesen.
Auf Nachfrage beim Leiter der motorisierten Verkehrsüberwachung der Bundespolizeidirektion, Oberst S, wurde Herr N, ein Mitarbeiter von Oberst S, mit der sofortigen Überprüfung des Fahrzeuges beauftragt. Auch Herr N stellte nach einer Überprüfung des Fahrzeuges in den Lokalitäten der Firma K und K OEG fest: 'Das war eine überzogene Amtshandlung. Eine Kennzeichenabnahme war überhaupt nicht gerechtfertigt.' Das Kennzeichen wurde mir an Ort und Stelle ausgefolgt. Sowohl dem Gutachten und den Ausführungen der Firma K und K sowie den Äußerungen von Herrn N ist zu entnehmen, daß Frau G bei der Oberprüfung des Fahrzeuges nicht ordnungsgemäß vorgegangen sein kann, weil sonst - nämlich bei sorgfältiger Oberprüfung und ausreichendem Bremstest - für sie eindeutig klar gewesen wäre, daß das Fahrzeug in Ordnung ist. Darüber hinaus mußte auch ihr bekannt sein, daß die Betätigung einer Mofabremse zumindest eines gewissen Maßes an
Kraftanstrengung bedarf.
Zusätzlich möchte ich feststellen, daß mein Fahrzeug jedenfalls verkehrssicher war. Erst zwei Monate vor der Amtshandlung hatte ich mein Fahrzeug der wiederkehrenden Begutachtung unterzogen und eine neue Begutachtungsplakette erhalten (siehe die beiliegende Überprüfung vom 8. Juli). Zwischen Begutachtung und der Amtshandlung fuhr ich lediglich 200 km; in diesem Zeitraum und bei dieser Fahrleistung ändert sich der Zustand einer Bremse nur marginal.
Ich möchte auch darauf hinweisen, daß mit der wiederkehrenden Begutachtung und der im vorliegenden Fall vorgenommenen Überprüfung unterschiedliche Firmen betraut waren, beide die Verkehrssicherheit angenommen haben und somit ein 'Gefälligkeitsgutachten' jedenfalls ausgeschlossen werden kann. Mein Fahrzeug hat somit alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt und war daher verkehrssicher. Aber selbst dann, wenn bei meinem Fahrzeug ein geringer Mangel vorhanden gewesen sein sollte, wäre eine Abnahme der Kennzeichentafeln nicht gerechtfertigt gewesen. Nicht jeder bei einer Überprüfung vorgefundene Mangel, der die Ursache des nicht verkehrs- und betriebssicheren Zustandes des Fahrzeuges bildet, ist zugleich ein solcher, bei dessen Vorliegen die Verkehrssicherheit durch die weitere Verwendung des Fahrzeuges gefährdet wird (VfGH 28.6.1973, B 314/71; VfSlg 7091).
Es ist somit davon auszugehen, daß Frau G bei der Amtshandlung überschießend gehandelt hat. Die Abnahme der Kennzeichen war eine Maßnahme, die nicht gerechtfertigt war."
Es wurde daher der Antrag gestellt, die Abnahme der Kennzeichentafel für rechtswidrig zu erklären sowie die entsprechenden Kosten zuzuerkennen.
Beigelegt wurde eine Bestätigung der Firma "Zweirad K & K", wonach das Fahrzeug "Puch Maxi mit dem behördlichen Kennzeichen G-55 CLD zum Zeitpunkt der Kennzeichenabnahme vollkommen in Ordnung war. (Es war lediglich die Stellschraube locker.)" sowie das Gutachten gemäß § 57 a Abs 4 KFG vom Motorfahrrad, ausgestellt von der Begutachtungsstelle Nr. St-G 0232, E M, KFZ-Reparaturwerkstätte.
2. Die Bundespolizeidirektion Graz legte eine Gegenschrift vom 10. November 1998 mit nachfolgendem Inhalt vor:
1) Sachverhaltsdarstellung
Im Zuge des Verkehrsüberwachungsdienstes wurde der BF als Lenker eines Motorfahrrades von Insp G Y gem. § 97 Abs. 5 der StVO zur Lenker- und Fahrzeugkontrolle angehalten. Nach Abgabe des Haltezeichens benötigte der Lenker längere Zeit, um das Kfz zum Stillstand zu bringen. Dabei konnte das einschreitende Organ feststellen, wie der Lenker den Bremshebel durchgedrückt hatte und zusätzlich - offensichtlich zur Verstärkung des Bremsvorganges - mit den Füßen mitbremste. Dadurch ergab sich der Verdacht, daß die Bremsanlage des Motorfahrrades nicht in Ordnung war, was sich bei der anschließenden Prüfung des Kfz an Ort und Stelle gem. § 58 Abs. 1 KFG auch bestätigte. Insp G betätigte den Bremshebel der Vorderradbremse. Dieser ließ sich vollkommen bis zur Lenkstange durchdrücken. Im Vollanschlag ließ sich das Motorfahrrad vom Organ aber noch nach vorne schieben, sodaß eine äußerst geringfügige Bremswirkung vorlag. Die Ursache für diesen Zustand der Bremse konnte der BF nicht nennen, er gab an, daß es sich nicht um sein Kfz handelt, sondern er sich das Mofa nur ausgeborgt habe. Allerdings sei das Kfz vor kurzer Zeit überprüft und als in Ordnung befunden worden. Auf die Lenkerpflichten gem. § 102/ 1 KFG (Überprüfung des Kfz vor Inbetriebnahme in zumutbarer Weise) angesprochen, gab der BF an, keine Prüfung vor Fahrtantritt durchgeführt zu haben. Als der BF aufmerksam gemacht wurde, daß vor der Weiterfahrt eine unverzügliche Behebung des Mangels erforderlich sei, wandte er ein, eine Behebung an Ort und Stelle nicht durchführen zu können, überdies sei er nicht Besitzer des Mofas. Weiters sei eine unverzügliche Verbringung des Kfz zu einer Reparaturwerkstätte nicht sinnvoll, da auf Grund der eingetretenen Geschäftsschlusszeit eine unverzügliche Mängelbehebung nicht möglich sein werde. Da somit bei der Weiterverwendung eine Gefahr für die Verkehrssicherheit gegeben war, wurde von Insp G gem. § 57 Abs. 8 KFG die Abnahme der Kennzeichentafel und des Zulassungsscheines ausgesprochen. Nach Abnahme wurde die Weiterfahrt untersagt. Weiters wurde dem BF auf seinen Wunsch hin ein Taxi zum Vorfallsort gerufen. Vor Eintreffen des Taxis entfernte sich Insp G mit dem Dienstkollegen RevInsp G vom Ort der Amtshandlung. Am folgenden Tag sprach der BF im Kommando der Verkehrsabteilung bei Obst S vor. Da er angab, daß sich das Kfz nunmehr in einem vorschriftsmäßigen Zustand befinde, wurde der diensthabende Wachkdt., BezInsp N, beauftragt, beim angegebenen Kfz - Betrieb den Zustand des Mofas zu überprüfen und gegebenenfalls die Kennzeichentafel und den Zulassungsschein auszufolgen. Der dort anwesende Mechaniker gab an, daß die Bremse jetzt technisch in Ordnung sei. Hr. BezInsp N überprüfte die Bremse und stellte die Funktionsfähigkeit fest. Allerdings konnte er auch wahrnehmen, daß die Bremse an der Stellschraube nachgestellt worden war. Diese war um mindestens 0,5 cm nachjustiert worden, das heißt, der Seilzug war gespannt worden. Diese Feststellung ergab sich für BezInsp N eindeutig aufgrund der Sauberkeit des Gewindes in dieser Länge, da der übrige Gewindeteil verschmutzt war.
Hierauf wurden dem BF an Ort und Stelle die Kennzeichentafel und der Zulassungsschein ausgefolgt.
2) Rechtliche Begründung:
Gem. § 58 Abs. 1 des KFG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes berechtigt, jederzeit an Ort und Stelle die Wirksamkeit der Teile und Ausrüstungsgegenstände zu prüfen, die für die Verkehrs- oder Betriebssicherheit von Bedeutung sind. Diese Prüfung trifft daher sicherlich auf die Bremsen eines Kfz zu, deren Wirkung für die Verkehrs- und Betriebssicherheit von hoher Bedeutung ist.
Gem. den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage des KFG (1967 - EB zu § 6 Abs. 5) ist bei einspurigen Kfz aus fahrtechnischen Gründen keine Unterscheidung zwischen der Betriebsbremsanlage und der Hilfsbremsanlage vorgesehen. Beide sollen als Betriebsbremsanlage verwendet werden können und sollten sich daher in ihrer Wirksamkeit nicht voneinander unterscheiden.
Gem. § 10 Abs. 5 der Prüf- und Begutachtungsstellenverordnung (BGBl. 1998/II/78) ist bei Prüfungen an Ort und Stelle gem. § 58 KFG bezüglich der Mängelbeurteilung nach Abs. 2 und 3 sowie der Anlage 6 vorzugehen. Im Absatz 2 des § 10 wird eine Unterteilung der Mängel in Gruppen vorgenommen (Ohne Mängel, Leichte Mängel, Schwere Mängel, Mängel mit Gefahr im Verzuge sowie Vorschriftsmängel).
Die Anlage 6 zu § 10 führt hinsichtlich der Mängelgruppe Bremsen - Mechanischer Zustand und Funktion unter Anlage 1.1.2 mit der Nummer 603 der Anlage 2 folgendes aus:
Zustand des Pedals und Weg der Betätigungseinrichtung Weg übermäßig oder keine ausreichende Wegreserve vorhanden SM (Schwerer Mangel), GV (Gefahr im Verzuge)
Da der BF diesen Mangel an Ort und Stelle nicht beheben konnte bzw. zur sofortigen Behebung dieses schweren Mangels keine unverzüglichen Vorkehrungen (Verbringung zu einer Reparaturwerkstätte) traf, lag für die Verkehrssicherheit bei Weiterverwendung Gefahr
im Verzuge vor.
Gem. § 58 Abs. 1 zweiter Satz i.V. mit § 57 Abs. 8 KFG erfolgte daher die unverzügliche Abnahme der Kennzeichentafel und des Zulassungsscheines.
Als der vorschriftsmäßige Zustand behoben wurde, erfolgte die unverzügliche Wiederausfolgung der Kennzeichentafel und des Zulassungsscheines.
Weiters wird den Beschwerdeausführungen entgegengehalten:
1) Das einschreitende Organ, Insp G zog den Bremshebel der Vorderradbremse voll bis zum Anschlag an.
Insp G ist im Besitze der Lenkberechtigung für die Klasse A, sie hat im April dieses Jahres die Ergänzungsprüfung von der Vorstufe
A (vormals A L) auf A absolviert, sie lenkt sowohl privat als auch im Dienst Motorräder, sodaß ihr die sachgemäße Betätigung der Vorderradbremse eines einspurigen Kfz vertraut ist.
2) Der BF führte während der Amtshandlung keinen Bremsversuch durch, sodaß sein Versuch gar nicht ignoriert werden konnte.
3) Die vorgelegte Bestätigung der Fa. K und K bestätigt in keiner Weise, daß sich zum Zeitpunkt der Prüfung des Kfz an Ort und Stelle der Zustand der Bremse in einem ordnungsgemäßen Zustand befunden hat. Vielmehr bestätigt dies die Feststellung über den ordnungswidrigen Zustand, da im Schreiben festgehalten wird, daß die Stellschraube locker war. Ob die einzelnen Teile im wesentlichen funktionsfähig waren, hat für die ggst. Beurteilung keine Bedeutung, vielmehr kommt es bei der Beurteilung der Verkehrssicherheit auf die Wirksamkeit der Bremsanlage im Verkehr an.
Daß ein Nachstellen der Bremse nach der Amtshandlung erfolgte und somit erst dadurch die Wirksamkeit der Bremse erlangt wurde, konnte auch von BezInsp N bei Ausfolgung der Kennzeichentafel und des Zulassungsscheines festgestellt werden.
Gegen den BF wurde, wie auch gegen die Zulassungsbesitzerin, unter der Anzeigennummer 15.737 der Motorisierten Verkehrsgruppe wegen der Übertretung gem. § 6 Abs. 5 KFG eine Verwaltungsstrafanzeige erstattet."
Es wurde beantragt die Beschwerde abzuweisen und den entsprechenden Kostenersatz dem Berufungswerber vorzuschreiben. Desgleichen wurde die Anzeige der Bundespolizeidirektion Graz, Motorisierte Verkehrsgruppe/A/1,
Anzeigen-Nr.: 15.737 vom 2. November 1998, vorgelegt.
3. Als Gegenäußerung zur Darstellung der belangten Behörde gab der Beschwerdeführer am 23. Dezember 1998 nachfolgende
Stellungnahme ab:
Ad 1) Sachverhaltsdarstellung
Unrichtig ist die Behauptung, daß ich als Lenker des Mofas G55CLD längere Zeit zum Anhalten des Fahrzeuges benötigte. Wahr ist vielmehr, daß ich genau die Zeit zum Anhalten des Fahrzeuges benötigte, die einem normalen Bremsvorgang bei diesem Fahrzeugtyp entspricht.
Außerdem möchte ich feststellen, daß ich mich mit motorisierten Fahrzeugen stets nach dem Prinzip 'Gleiten statt Hetzen' fortbewege, d.h. es für mich einen völlig normalen Vorgang darstellt, beim Anhalten eines Fahrzeuges (wie z.B. das oben angeführte Mofa) vor einem Haltesignal oder einem Hindernis keine scharfe Bremsung durchzuführen.
Unrichtig ist die Behauptung, daß ich als Lenker die Bremshebel durchgedrückt hatte und mit den Füßen mitbremste.
Wahr ist vielmehr, daß sich der Bremshebel des Mofas zu keinem Zeitpunkt, indem ich es in Verwendung hatte - das war seit der wiederkehrenden Überprüfung am 8. Juli bzw. 200 gefahrene Kilometer vorher - sich völlig durchdrücken ließ (wie in der Stellungnahme der Polizei 5 Zeilen später nochmals angeführt wird). Außerdem habe ich niemals mit den Füßen mitgebremst. Dies hätte ja eine geringere Bremswirkung zur Folge, da es mir als Fahrzeuglenker nicht möglich gewesen wäre, die Rücktrittbremse des Mofas zu betätigen.
Unrichtig ist, daß sich das Fahrzeug wegen eines völlig durchgedrückten Bremshebels nach vorne schieben ließ. Wahr ist vielmehr, daß sich das Moped bewegen ließ, da Frau Insp. G den Bremshebel der Vorderradbremse mit nur 3 Fingern ohne ersichtliche Kraftanstrengung vorsichtig anzog. Da durch einen solchen Bremsversuch niemals eine ordentliche, geschweige denn eine volle Bremswirkung bei einer Seilzug-Trommelbremse (wie beim überprüften Mofa vorhanden) erzielt werden kann, ist es logisch, daß das Mofa sich noch weiterbewegen ließ. Ein Bremsversuch mit 3 Fingern reicht bei Motorrädern mit Scheibenbremsen für eine volle Bremswirkung meist aus. Solche Fahrzeugtypen steuert Frau Insp. G laut Stellungnahme der Polizei im Dienst und privat, hat also eine solche Bremswirkung vor Augen, wenn sie eine Seilzug-Trommelbremse, also eine Bremse völlig anderer Bauart und Bremswirkung mit einer ihr gewohnten Bremse vergleicht. Unrichtig ist, daß ich angegeben habe keine Überprüfung des Kfz vor Fahrtantritt in zumutbarer Weise vorgenommen zu haben (§ 102/1 KFG). Wahr ist vielmehr, daß allein durch den speziellen Startvorgang eines Puch Maxis - des Kraftfahrzeugtyps des überprüften Mofas - unter anderem die Vorderbremse anzuziehen ist, um sicherzustellen, daß das Moped während des 'Antretens' im Stand nicht davon rollt. D.h. die Bremse wird von mir im Stand bei jeder Inbetriebnahme automatisch in bezug auf einen ausreichenden Abstand des Bremshebels zur Lenkstange und ein 'Greifen' der Bremse.
Unwahr ist die Behauptung, ich hätte geäußert, daß eine Verbringung des Kfz in eine Reperaturwerkstätte wegen eingetretener Geschäftsschlußzeit nicht sinnvoll sei. Wahr ist vielmehr, daß mir die K&K OEG durch mehrmalige Telefonate mit selbiger als eine Firma bekannt war, die bis Wochentags bis mind. 19:00 geöffnet hat. D.h. eine Verbringung des Kfz in eine Werkstatt wurde von mir mehrmals erbeten, von Frau BezInsp G jedoch kategorisch abgelehnt.
Völlig falsch ist die Tatsache, daß sich BezInsp G und Revlnsp G vor Eintreffen des von ihnen gerufenen Taxis vom Ort der Amtshandlung entfernten. Wahr ist vielmehr, daß sich der Taxifahrer nach seinem eintreffen am Ort der Amtshandlung einige Minuten gedulden mußte, da mir eine Bestätigung über die Abnahme der Kennzeichen ausgefolgt wurde. Dann entfernte ich mich mit dem von Herrn K - ein geladener Zeuge - gelenkten Taxi vom Ort der Amtshandlung, wobei die beiden Polizeibamten am Ort der Amtshandlung verblieben.
Unwahr ist, daß ich Oberst S erzählte, daß sich das Fahrzeug nunmehr in einem vorschriftsmäßigen Zustand befinde. Wahr ist vielmehr, daß ich mehrmals darauf hinwies, daß sich das Fahrzeug - vom Mechaniker bestätigt - immer in einem vorschriftsmäßigen Zustand befunden hat.
Unwahr ist die Behauptung von BezInsp N, daß der beim Kfz-Betrieb anwesende Mechaniker angegeben habe, die bremse sei jetzt technisch in Ordnung.
Wahr ist vielmehr, daß der anwesende Mechaniker Herr K - ein geladener Zeuge - bestätigte, daß die Vorderradbremse des Mofas schon bei seiner Abholung um ca. 20.00 des Vortages in Ordnung gewesen sei und sich an diesem Zustand seither nichts geändert hätte.
Ad 2) Rechtliche Begründung
Unwahr ist die Feststellung, daß ich keine unverzüglichen Vorkehrungen traf, das Fahrzeug in eine Reperaturwerkstätte zu bringen. Wahr ist vielmehr, daß BezInsp G meine mehrmalige Bitte nach Verbringung des Kfz in eine Reperaturwerkstätte kategorisch ablehnte.
Ad Punkt
'Weiters wird der Beschwerdeführung entgegengehalten':
Zu 1) Ein Motorrad bzw. dessen Bremse läßt sich mit einem Mofa nicht vergleichen.
Zu 2) Unwahr ist, daß ich keinen Bremsversuch durchgeführt habe. Wahr ist vielmehr, daß ein zweimaliger Bremsversuch meinerseits, bei dem das Mofa bauartgerecht gebremst wurde, von Frau G trotz mehrmaliger bitten, es selbst nochmals zu versuchen, abgelehnt wurden.
Zu 3) Unrichtig ist, daß BezInsp N ein Nachstellen an der Bremse feststellte. Wahr ist vielmehr, daß er sich bei der Rückgabe des Kennzeichens für das Fehlverhalten von Frau Insp. G entschuldigte, die Abnahme des Kennzeichens als 'überzogene' Amtshandlung bezeichnete und mir eine Beschwerde empfahl. Die Überprüfung des Fahrzeuges bestand in einem einmaligen Betätigen des Bremshebels als Überprüfung der Vorderbremse, jedoch nicht eine Begutachtung oder sogar nur eine zur Kenntnisnahme der Feststellschraube (Augen- und Ohrenzeuge Herr K). Erst durch die Kenntnis des Wortlautes des Gutachtens der K & K OEG wurde das von BezInsp N nachstellen der Bremse durch die Polizei 'konstruiert'.
Wichtige Tatsachen:
a) technisches Beispiel zur Bremswirkung:
Der Vergleich einer Felgenbremse eines Fahrrades mit einer Cantileverbremse, V-Break oder einer pneumatischen Bremse derselben Fahrzeugtype liefert ein gutes Vergleichsbeispiel. Bei letztgenannter ist mit dem geringsten Kraftaufwand die größte Bremswirkung erzielen - und doch sind sowohl sie als auch alle anderen oben angeführten Bremsen zum Verkehr zugelassen. Der Vergleich Felgenbremse - pneumatische Bremse ist übertragbar auf den Vergleich Trommelbremse (die Bremse des überprüften Mofas) mit einer Scheibenbremse, wie sie bei Fahrzeugen, zu deren Lenkung die Führerscheingruppe A nötig ist, als Vorderradbremse eingesetzt wird. Frau BezInsp G hatte durch ihre erst kurz zurückliegende Motorradführerscheinprüfung und durch ihre in der Gegendarstellung angeführte oftmalige Lenkung von Motorrädern scheinbar nur die Bremswirkung einer Scheibenbremse eines Motorrades 'im Griff', die sich in keiner Weise mit der einer Trommelbremse eines Mofas vergleichen läßt!! Das war der Grund für die Fehlbeurteilung der Bremswirkung der Mofa-Vorderbremse.
b) zum Zeugen Herr RevInsp Herbert G:
Herr RevInsp G saß während der gesamten Fahrzeugüberprüfung durch BezInsp G im Polizeifahrzeug (ca. 30-40 Meter vom Ort des Geschehens entfernt; ein Bus-Warthäuschen verhinderte den Blick auf das Geschehen). Erst nach Beenden der Fahrzeugüberprüfung und nachfolgender Diskussionen, während Bezlnsp G und ich versuchten das Kennzeichen abzuschrauben, kam er vom Polizeifahrzeug direkt zum Mofa, sah, daß Werkzeug benötigt wurde und besorgte selbiges vom Polizeifahrzeug. Mit der Hilfe des von Revlnsp G geholten Schraubenziehers und zwei Leatherman - das sind Multifunktionswerkzeuge - von Frau BezInsp G und mir konnte das Kennzeichen entfernt werden."
II.1. Nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung am 13. Jänner 1999, in der der Beschwerdeführer, die Zeugen Insp. I G, Rev. Insp. H G, H K und K H K einvernommen wurden sowie unter Heranziehung eines gerichtlich beeideten Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen, Herrn Univ. Prof. Dipl. Ing. Dr. Hermann Steffan, als auch unter Heranziehung des Akteninhaltes, wird von nachfolgendem, entscheidungsrelevanten Sachverhalt ausgegangen:
Am 8. September 1998, um ca. 17.45 Uhr, versahen die Zeugen Insp. I G und Rev. Insp. H G Verkehrsüberwachungsdienst in Graz, Wienerstraße - An der Kanzel. Als sich der Beschwerdeführer mit seinem Fahrzeug näherte, wurde ihm das Haltezeichen gegeben und ca. drei bis vier Meter vor dem Stillstand des Fahrzeuges schleifte der Beschwerdeführer mit beiden Füßen am Boden und konnte die Zeugin G feststellen, daß er den Bremshebel voll durchgezogen hatte. Das Fahrzeug wurde am Anhalteort zum Stillstand gebracht und nach Überprüfung der Fahrzeugpapiere kontrollierte - auf Grund des Anhaltevorganges - die Meldungslegerin die Bremse des Motorfahrrades. Dies geschah in der Art und Weise, daß sie das Motorfahrrad vom Hauptständer hinunterstellte und den Bremshebel durchzog. Dabei konnte sie den Bremshebel bis zur Lenkstange hin ohne Widerstand durchzuziehen und in dem Augenblick auch mit angezogenem Bremshebel das Motorfahrrad schieben, wobei sie lediglich eine geringe Bremswirkung feststellen konnte. In dieser Situation wurde das Motorfahrrad ca. zwei bis drei Meter nach vor bewegt. Der Beschwerdeführer wurde mit dem Mangel konfrontiert und er verwies darauf, daß das Motorfahrrad erst kurz vorher begutachtet worden sei. Der Beschwerdeführer selbst machte während der Amtshandlung keine Bremsprobe, sondern führte Insp. G eine weitere Bremsprobe durch und stellte das gleiche - wie bei der ersten Bremsprobe - fest. Dem Beschwerdeführer wurde auch Gelegenheit gegeben den Mangel an Ort und Stelle zu beheben, wobei er angab nicht zu wissen, was bei der Bremse nicht funktioniere. Auch wurde ihm Gelegenheit gegeben das Fahrzeug sofort zu einer Werkstätte zu stellen, wobei er entgegnete, daß dies nicht möglich sei, weil es schon kurz vor 18.00 Uhr sei und zu diesem Zeitpunkt die Werkstätten bereits schließen würden. Sodann wurde dem Beschwerdeführer die Weiterfahrt nach Abnahme des Zulassungsscheines und der Kennzeichentafel untersagt und ihm ein Taxi gerufen. Das Motorfahrrad blieb am Anhalteort unter einem Wartehäuschen stehen und wurde noch am gleichen Tag von der K & K OEG abgeholt. Der Zeuge K konnte am nächsten Tag feststellen, daß die Handbremse erst im letzten Drittel gegriffen hat und auch eine Bremswirkung vorhanden gewesen sei. Er hat die Stellschraube nur ca. einen halben Zentimeter nachdrehen müssen und es war sodann wieder die volle Bremswirkung gegeben.
2. Der beigezogene Sachverständige für das Kraftfahrzeugwesen Herr Dr. Dipl. Ing. Hermann Steffan gab nach Anhörung der Zeugen und des Beschwerdeführers nachfolgendes Gutachten ab:
Gutachten:
Zunächst kann davon ausgegangen werden, daß die Gewichtsverteilung des Puch Maxi im unbeladenen Zustand in etwa 50/50 beträgt. Somit ergibt sich, daß die Radaufstandskraft des Vorderrades sich aus dem Eigengewicht des Fahrzeuges zu ca. 23 daN errechnet. Die des Hinterrades beträgt ebenfalls ca. 23 daN. Für der Fahrer ergibt sich hierbei eine Sitzposition, bei der mit seinem Schwerpunkt (Gesamtschwerpunkt) sich ca. 40 cm vor dem hinteren Radaufstandspunkt befindet. Somit ergibt sich, daß ca. 36 % seines Gewichtes auf die Vorderachse wirkt und ca. 64 % auf die Hinterachse. Bei dem Normgewicht eines Fahrzeuglenkers von ca. 70 kg ergibt sich hierbei, daß ca. 45 kg auf die Hinterachse wirken und ca. 25 kg auf die Vorderachse. Somit ergibt sich, daß das Summengewicht auf der Vorderachse sich zu ca. 48 kg, das Summengewicht auf der Hinterachse sich zu ca. 69 kg errechnet. Das Gesamtgewicht vom Fahrer plus Motorfahrrad errechnet sich zu ca. 116 kg (Normfahrer). Geht man nun davon aus, daß aufgrund der Fahrzeugkonstruktion sich die Höhe des Gesamtschwerpunktes dieses Fahrzeuges inkl. Fahrer sich in eine Höhe von ca. 0,7 m über den Boden befindet, so ergibt sich, daß je einem Meter/sec2 Bremsverzögerung sich die Radaufstandskraft um ca. 7 daN verringert. Dies aufgrund der dynamischen Änderung der Radlastverteilung bei einem Bremsvorgang.
Um nun dieses Fahrzeug mit 4,2 m/sec2 zu verzögern ergibt sich ein Bremskraftbedarf, beladen mit dem Normfahrer, von ca. 49 daN. Für das Maxi kann bei einer durchschnittlichen Bereifung davon ausgegangen werden, daß die Bereifung selbst einen Reibungskooffizient zwischen Reifen und Fahrbahn von ca. 0,6 aufbringt. Somit ergibt sich zunächst, daß vom Hinterrad bei einer Bremsverzögerung von 4.2 m/sec2 noch eine Radaufstandskraft von ca. 38 daN vorliegt, woraus sich eine Bremskraft für das Hinterrad noch von ca. 23 daN errechnet. Somit ergibt sich, daß vom Vorderrad um die gesetzlichen Erfordernisse zu erfüllen, noch eine Bremskraft von ca. 26 daN aufgebracht werden muß. Bei einem ausschließlichen Wirken der Hinterradbremse würde sich noch eine erreichbare Bremsverzögerung von ca. 2,5 bis 3 m/sec2 ergeben.
Geht man somit von der Variante G aus, daß die vordere Bremse fast keine Wirkung zeigte, so ergibt sich, daß lediglich eine Bremsverzögung von 3m/sec2 vom Puch Maxi erreicht wurden. Dies entspricht nur in etwa 70 % der notwendigen Bremsleistung. In diesem Fall kann die Bremse als in jedem Fall nicht ausreichend bezeichnet werden.
Geht man von der Variante K aus, daß die Bremswirkung der Vorderradbremse des Puch Maxi, bei seiner Überprüfung vor der Neueinstellung, deutlich bemerkbar war und bei einem statischen Schieben auch ein Blockieren des Vorderrades (ohne Gewichtsverlagerung) möglich war, ergibt sich, daß vom Vorderrad in jedem Fall eine Bremswirkung von mehr als 26 daN aufgebracht wurde, womit die Mindestverzögerung von 4,2 m/sec2 erreicht worden wäre.
Hinsichtlich der Anzugskraft am Bremshebel kann auch angegeben werden, daß 20 daN einer relativ großen Kraft entspricht, die von einer Durchschnittsperson nur bei Aufbringung sehr großer Kräfte (sehr starker Anspannung) erbracht werden kann. Wenn, sowie nach Ausführung von Insp. G, sie den Bremshebel bis zum Anschlag am Lenkergriff durchziehen konnte, so war es bei dieser Variante sicher nicht möglich, auch mit Aufbringung einer Bremskraft von mehr als 20 daN weiter zu erhöhen. Zusammenfassend ergibt sich somit, daß nach der Ausführung G das Puch Maxi des Beschwerdeführers selbst bei Aufbringung einer Bremskraft von 20 daN am Bremshebel lediglich eine Bremsverzögerung von ca. 3 m/sec2 erreichte. Dies entspricht 70 % der vorgeschriebenen Bremsverzögerung. Bei der Variante von K, die im Prinzip auch mit der Variante des Beschwerdeführers übereinstimmt, ergibt sich, daß die vorgeschriebenen 4,2 m/sec2 erreicht worden wären. Bei diesen Berechnungen wurde immer von einer vollen Funktion der Hinterradbremse ausgegangen.
Ein vollwertiges Puch Maxi mit einer gut eingestellten Bremsanlage erbringt bei einer sachgemäßen Bremsung auf trockener Asphaltfahrbahn eine Bremsverzögerung von ca. 5m/sec2.
Die Überprüfungsweise von Insp. G ist aus technischer Sicht nachvollziehbar. Wenn sie, wie sie selbst aussagte, den Handbremshebel bis zum Anschlag durchzog, so hat sie in jedem Fall die notwendige Bremskraft am Handhebel erbracht. Aus technischer Sicht ist auch die Variante K nachvollziehbar, wobei sich die im Gutachten ermittelten Ergebnisse hiebei ergeben.
Über Befragen durch den Vertreter des Beschwerdeführers:
Geht man davon aus, daß der Beschwerdeführer sich in einer Entfernung von ca. 40 m befand und ca. 40 km/h fuhr, so ergibt sich unter Berücksichtigung einer Reaktionszeit von 0,8 sec. und einer Schwellzeit von 0,2 sec., daß lediglich eine Bremsverzögung von 2,1 m/sec2 notwendig war, um das Fahrzeug auf Höhe der Beamten zum Stillstand zu bringen. Dies entspricht einer Bremskraft von knapp über 25 daN. Eine derartige Bremskraft könnte sogar über die Motorbremswirkung eine ganz geringe Wirkung der Vorderradbremse, und das Bremsen mit den Füßen erreicht werden.
Eine Bremswirkung, die nur ca. 70 % der vollen Bremskraft entspricht, und insbesondere die Tatsache, daß nur ein Rad gebremst wird, ist in jedem Fall als schwerer Mangel zu bezeichnen."
3. Die getroffenen Feststellungen gründen sich insbesondere auf die Zeugenaussagen der beiden Polizeibeamten, dem kraftfahrzeugtechnischen Gutachten sowie dem Inhalt des Verwaltungsaktes. Die Zeugin Insp. I G schilderte in detaillierter und nachvollziehbarer Weise, wie sie die beiden Bremskontrollen durchführte. Die Schilderung wird auch vom Zeugen Rev. Insp. Herbert G im wesentlichen bestätigt, wobei Abweichungen seiner Zeugenaussage ausschließlich den peripheren Bereich betraf. Aus dem kraftfahrzeugtechnischen Gutachten geht hervor, daß die Überprüfungsweise von Frau Insp. G aus "technischer Sicht nachvollziehbar ist" und "eine Bremswirkung, die nur ca. 70 % der vollen Bremskraft entspricht, und insbesondere die Tatsache, daß nur ein Rad gebremst wird, in jedem Fall als schwerer Mangel zu bezeichnen ist". Die erkennende Behörde hegt somit keine Zweifel, daß die Darstellungsweise der Meldungslegerin - sie selbst besitzt die Lenkerberechtigung der Klasse A und fährt sowohl beruflich als auch privat ein Motorrad - den Tatsachen entspricht. Soweit der Beschwerdeführer die Zeugenaussage des
K H K ins Treffen führt, nachdem er bei Überprüfung des Motorfahrrades eine Handbremse vorgefunden habe, die auch einer Überprüfung nach dem Kraftfahrgesetz entsprochen hätte und auch das kraftfahrzeugtechnische Gutachten ergeben hat, daß die Variante des Zeugen K technisch nachvollziehbar ist, wird dem nicht gefolgt, da bei der Beurteilung der getroffenen Maßnahme eine ex ante Sichtweise von Seiten der Meldungslegerin zugrunde zu legen war. Es blieb das Motorfahrrad unbeaufsichtigt am Anhalteort stehen und ist es durchaus denkmöglich, daß jemand durch Hantierung an der Stellschraube der Handbremse eine Veränderung der Bremswirkung durchgeführt hat. Selbst der Zeuge K gab an, daß er die Stellschraube ca. einen halben Zentimeter nachdrehen mußte, um eine volle Bremswirkung zu erzielen.
III. Die Rechtsbeurteilung ergibt folgendes:
1. Gemäß § 67 a Abs 1 AVG entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.
Die Abnahme einer Kennzeichentafel stellt eine Maßnahme unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar (VwGH 3.3.1989, 88/11/0036).
Die Beschwerde langte am 19. Oktober 1998 beim Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark ein, wodurch die 6-wöchige Beschwerdefrist gemäß § 67 c Abs 1 AVG gewahrt wurde. Auch die örtliche Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark ist gegeben, da die von den Organen der Bundespolizeidirektion Graz vorgenommene Handlung im Sprengel des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark veranlaßt wurde.
2. Gemäß § 58 Abs 1 KFG kann die Wirksamkeit der Teile und Ausrüstungsgegenstände eines Fahrzeuges, die bei seinem Betrieb betätigt werden und für die Verkehrs- oder Betriebssicherheit von Bedeutung sind und der Zustand seiner Reifen jederzeit von der Behörde, in deren örtlichen Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, oder von dem ihr zur Verfügung stehenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes an Ort und Stelle geprüft werden. Wird die Verkehrssicherheit durch die weitere Verwendung des Fahrzeuges gefährdet, so sind die Bestimmungen des § 57 Abs 8 anzuwenden. Weist das Fahrzeug Beschädigungen auf, die gegenwärtig seine weitere Verwendung offensichtlich ausschließen, so ist dies der Behörde, in deren örtlichen Wirkungsbereich das Fahrzeug zugelassen ist, anzuzeigen.
Gemäß § 57 Abs 8 KFG wird die Verkehrssicherheit durch die weitere Verwendung des Fahrzeuges gefährdet, so sind bei Gefahr im Verzug, unbeschadet der Bestimmungen des § 44 Abs 1 lit. a über die Aufhebung der Zulassung, der Zulassungsschein und die Kennzeichentafel unverzüglich abzunehmen.
Bei einem fahrfähigen Fahrzeug - wie das beim Motorfahrrad des Beschwerdeführers der Fall war - ist grundsätzlich mit der Abnahme des Zulassungsscheines und der Kennzeichentafel vorzugehen, wenn durch die weitere Verwendung die Verkehrssicherheit gefährdet wird (§ 58 Abs 1 zweiter Satz). Hievon kann nur dann Abstand genommen werden, wenn
glaubhaft gemacht wird, daß das Fahrzeug erst nach Behebung des Zustandes weiter auf Straßen mit öffentlichem Verkehr verwendet wird, wobei allerdings ein strenger Maßstab anzulegen ist. Es wurde dem Beschwerdeführer von Seiten der Meldungslegerin die Gelegenheit gegeben sofort eine Werkstatt aufzusuchen, um die Bremse überprüfen zu lassen bzw. den Mangel an Ort und Stelle zu beheben. Da beides nicht möglich war, da sich der Beschwerdeführer zum Beanstandungszeitpunkt - laut eigener Aussage - nicht bei der Bremse auskannte, und den Vorschlag eine Werkstatt aufzusuchen auf Grund der Uhrzeit nicht einwilligte, war die Abnahme der Kennzeichentafel sicherlich das gelindeste und tauglichste Mittel, um von Seiten der Exekutive auszuschließen, daß eine Weiterfahrt durchgeführt wird. Hiebei ist auch der § 10 Abs 5 der PBStV anzuwenden, wonach bei Prüfungen an Ort und Stelle gemäß § 58 KFG 1967 bezüglich der Mängelbeurteilung nach Absatz 2 und 3 sowie Anlage 6 vorzugehen ist.
Gemäß § 10 Abs 2 Z 4 PBStV sind Mängel mit Gefahr in Verzug, Fahrzeuge mit Mängeln, die zu einer direkten oder unmittelbaren Gefährdung der Verkehrssicherheit führen oder mit denen eine unzumutbare Belästigung durch Lärm, Rauch, üblem Geruch oder schädliche Luft Verunreinigung verursacht werden. Der Lenker des Fahrzeuges ist darauf hinzuweisen, daß das Fahrzeug auf Grund des festgestellten Mangels nicht verkehrs- und betriebssicher ist. Solche Mängel sind umgehend zu beheben. Die Anlage 6 zu § 10 PBStV führt in der Nr. 603 den "Zustand des Pedals und Weg der Bremsbetätigungseinrichtung, Weg übermäßig oder keine ausreichende Wegreserve vorhanden" als schweren Mangel und Gefahr im Verzuge an. Unter
Zugrundelegung des technischen Gutachtens hat die Zeugin Insp. G eine aus technischer Sicht nachvollziehbare Bremsprobe durchgeführt und konnte das Ergebnis ihrer Probe - da nur 70 % der vollen Bremskraft erreicht wurde - als schwerer Mangel bezeichnet werden. Hiebei wäre noch auszuführen, daß bei einspurigen Kraftfahrzeugen aus fahrtechnischen Gründen kein Unterschied zwischen der Betriebsbremsanlage und der Hilfsbremsanlage besteht (§ 6 Abs 5 KFG und § 3 d KDV). Beide Bremsanlagen sollen als Betriebsbremse verwendet werden und sollen sich daher auch nicht in ihrer Wirksamkeit voneinander unterscheiden.
Somit war bei der festgestellten unzureichenden Handbremse (Betriebsbremse) Gefahr im Verzug bei einer Weiterfahrt gegeben, sodaß im Sinne des § 57 Abs 8 KFG die Verpflichtung der Meldungslegerin bestand den Zulassungsschein und die Kennzeichentafel unverzüglich abzunehmen.
Somit war die Ausübung der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt des Organes der Bundespolizeidirektion Graz rechtmäßig. Ausdrücklich wird festgehalten, daß auch der Umstand, daß der Mangel in relativ einfacher technischer Weise behoben werden konnte - Nachziehen der Stellschraube - auf das Vorliegen eines schweren Mangels und damit in Zusammenhang stehender Gefahr im Verzug keinen Einfluß hat. Der Beschwerdeführer hatte die Möglichkeit von sich aus den Mangel an Ort und Stelle zu beheben.
3. Als Kosten wurden gemäß § 79 a AVG in Verbindung mit der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl. Nr. 855/1995 der belangten Behörde ein Betrag in der Höhe von S 6.300,-- zugesprochen. Der Bundespolizeidirektion Graz gebührt S 2.800,-
- an Schriftsatzaufwand und S 3.500,-- an Verhandlungsaufwand.