Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Josef Hauser über die Berufung von Herrn H. A. Sch., XY, T., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 27.01.2004, Zahl VK-24355-2003, wie folgt:
I.
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm den §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) wird die Berufung zu Spruchpunkt 1. als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20 Prozent der verhängten Geldstrafe, das sind im gegenständlichen Fall zu Spruchpunkt 1. Euro 15,00, zu bezahlen.
II.
Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm den §§ 24 und 51 VStG wird der Berufung zu Spruchpunkt 2. Folge gegeben, dieser Teil des angefochtenen Straferkenntnisses behoben und das Verwaltungsstrafverfahren zum Vorwurf der Übertretung des § 103 Abs 1 Z 3 lit a KFG gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber spruchgemäß zur Last gelegt, er habe als Zulassungsbesitzer des einspurigen Kleinkraftrades mit dem amtlichen Kennzeichen XY erstens nicht dafür Sorge getragen, dass dieses Kleinkraftrad den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspreche. Das Fahrzeug sei am 17.09.2003 um 18.30 Uhr in Tösens auf der Oberinntaler Landesstraße L-65 bei km 9,800 in Fahrtrichtung Ried von seinem Sohn R. Sch. gelenkt worden, wobei festgestellt worden sei, dass er es unterlassen habe Änderungen bzw ein Aufbohren der Auspuffanlage (laut der Angabe des Fahrzeuglenkers) an dem einzelnen zum Verkehr zugelassenen Fahrzeug einer genehmigten Type, die die Verkehrs und Betriebssicherheit des Fahrzeuges beeinflussen könne, unverzüglich dem Landeshauptmann anzuzeigen.
Zu zweitens wurde ihm vorgeworfen, er habe als Besitzer eines als Motorfahrrad zugelassenen Leichtmotorrades dieses seinem Sohn R. Sch. zum Lenken überlassen, obwohl mit diesem eine Geschwindigkeit von 79 km/h erreicht werden habe können. Die Geschwindigkeit sei mittels Rolltester festgestellt worden. Das gegenständliche Fahrzeug gelte daher nicht mehr als Motorfahrrad, sondern als Leichtmotorrad. Sein Sohn R. Sch. habe das Leichtmotorrad zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort gelenkt, obwohl er nicht im Besitz einer Lenkerberechtigung für Leichtmotorräder gewesen sei.
Deshalb habe er Verwaltungsübertretungen zu 1. gemäß § 33 Abs 1 KFG und zu 2. gemäß § 103 Abs 1 Z 3 lit a KFG begangen, weshalb über ihn auf Grundlage des § 134 Abs 1 KFG zu 1. und 2. eine Geldstrafe von jeweils Euro 75,00 (Ersatzfreiheitsstrafe je 24 Stunden) verhängt wurde. Gleichzeitig wurde er zur Bezahlung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens bei der Erstbehörde verpflichtet.
In seiner rechtzeitig mündlich bei der Erstbehörde eingebrachten Berufung hat der Berufungswerber angegeben, dass das gegenständliche Kraftfahrzeug zwar auf seinen Namen zugelassen sei, jedoch ausschließlich von seinem Sohn verwendet werde. Dieser sei selbst für das Motorfahrrad verantwortlich. Zudem erscheine ihm der Strafbetrag bei Weitem als zu hoch bemessen. Er sei Maurer, jedoch derzeit arbeitslos, erhalte Euro 1.000,00 an Arbeitslosenunterstützung und sei sorgepflichtig für seine Frau und seinen Sohn.
In seinem Einspruch gegen die zuvor ergangene Strafverfügung hat der Berufungswerber zudem angegeben, dass er nicht gewusst habe, dass sein Sohn das einspurige Kleinkraftrad durch Aufbohren der Auspuffanlage zu einem Leichtmotorrad auffrisiert habe.
Der Berufungswerber hat somit nicht bestritten, dass am Motorfahrrad Änderungen vorgenommen wurden, dass er der Zulassungsbesitzer des Motorfahrrades ist und dass sein Sohn dieses Fahrzeug verwendet hat sowie dass dieser nur einen Mopedausweis hatte.
Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat erwogen wie folgt:
Gemäß § 33 Abs 1 KFG hat der Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges Änderungen an einem einzelnen zum Verkehr zugelassenen Fahrzeug einer genehmigten Type, die die Verkehrs- und Betriebssicherheit des Fahrzeuges beeinflussen können, unverzüglich dem Landeshauptmann anzuzeigen, in dessen örtlichem Wirkungsbereich das Fahrzeug seinen dauernden Standort hat.
Auch darf der Zulassungsbesitzer gemäß § 103 Abs 1 Z 3 lit a KFG das Lenken seines Kraftfahrzeuges nur Personen überlassen, die die erforderliche Lenkerberechtigung und das erforderliche Mindestalter besitzen.
§ 2 KFG definiert in seiner Z 4 das Kraftrad als ein Kraftfahrzeug mit zwei Rädern oder ein Kraftfahrzeug mit drei Rädern, mit oder ohne Doppelrad. Als Motorfahrrad gilt gemäß Z 14 leg cit ein Kraftrad mit einer Bauartgeschwindigkeit von nicht mehr als 45 km/h, dessen Antriebsmotor, wenn er ein Hubkolbenmotor ist, einen Hubraum von nicht mehr als 50 cm3 hat (Kleinkraftrad im Sinne der Richtlinie 92/61/EWG).
Als Motorrad gilt gemäß Z 15 leg cit ein nicht unter Z 14 fallendes einspuriges Kraftrad. Nach Z 15a ist ein Kleinmotorrad ein Motorrad, dessen Antriebsmotor, wenn er ein Hubkolbenmotor ist, einen Hubraum von nicht mehr als 50cm3 hat, nach Z 15b ein Leichtmotorrad ein Motorrad oder ein Motorrad mit Beiwagen mit a) einer Motorleistung von nicht mehr als 25 kW und b) einem Verhältnis von Leistung/Leergewicht von nicht mehr als 0,16 kW/kg.
§ 58 Abs 2 der Verordnung des Bundesministeriums für Handel, Gewerbe und Industrie vom 30.11.1967 über die Durchführung des Kraftfahrgesetzes 1967 (Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung KDV) bestimmt, dass mit Kraftfahrzeugen, für die besondere Bestimmungen des KFG und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen nur gelten, wenn nach ihrer Bauart und Ausrüstung dauernd gewährleistet ist, dass mit ihnen auf gerader, waagerechter Fahrbahn bei Windstille eine bestimmte Geschwindigkeit nicht überschritten werden kann, dürfen diese Geschwindigkeiten nicht überschritten werden.
Zu Folge dieser Bestimmungen steht fest, dass durch das Aufbohren der Auspuffanlage eine technische Veränderung vorgenommen wurde, die die Verkehrs- und Betriebssicherheit des Fahrzeuges beeinflussen konnte und durch welche das als Motorfahrrad angemeldete Fahrzeug zum Kleinmotorrad umgebaut wurde.
Dass es sich beim gegenständlichen Fahrzeug nicht um ein Leichtkraftrad gemäß § 2 Z 15b KFG, sondern um ein Kleinmotorrad gemäß § 2 Z 15a KFG gehandelt hat geht eindeutig aus dem Akt hervor, da der Hubraum nicht verändert sondern lediglich durch Manipulationen am Auspuff eine Höchstgeschwindigkeit von über 45 km/h ermöglicht wurde. Es wurde von der Gendarmerie mittels Rolltester eine technisch mögliche Höchstgeschwindigkeit von 79 km/h gemessen.
Da der Berufungswerber als Zulassungsbesitzer diese Änderung nicht beim Landeshauptmann angezeigt hat, steht die Übertretung nach § 33 Abs 1 KFG in objektiver Hinsicht fest.
Beim Vorwurf einer Übertretung nach § 33 Abs 1 KFG handelt es sich um ein so genanntes ?Ungehorsamsdelikt? (§ 5 VStG), weshalb es am Berufungswerber gelegen wäre initiativ darzutun, dass ihn an der Verletzung der Vorschrift kein Verschulden trifft, widrigenfalls Fahrlässigkeit ohne weiteres angenommen werden kann.
Dazu hat der Berufungswerber im Wesentlichen vorgebracht, dass er nichts von der Änderung gewusst habe. Damit kann er sich allerdings nicht von seiner Verantwortlichkeit befreien. Da er das Fahrzeug offensichtlich seinem Sohn dauerhaft zur Verfügung gestellt hat, wäre es seine Pflicht als Zulassungsbesitzer gewesen, sich über den Zustand des Fahrzeuges zu informieren. Das KFG geht an anderer Stelle (§ 103 KFG) eindeutig von Überwachungspflichten des Zulassungsbesitzers aus, es ist nicht ersichtlich, warum diese Überwachungspflicht bei Änderungen am Fahrzeug selbst nicht bestehen sollte. Vielmehr wäre es im vorliegenden Fall am Berufungswerber gelegen, durch regelmäßige Kontrollen zu gewährleisten, dass das auf ihn zugelassene Fahrzeug dem Zustand, wie er im Typenschein eingetragen ist, entspricht. Da er dies fahrlässig unterlassen hat, steht die Übertretung auch in subjektiver Hinsicht fest.
Zum Vorwurf, wie er gegen den Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis zu Spruchpunkt 2. erhoben wurde, bleibt Nachstehendes auszuführen.
Der Lenker des gegenständlichen Fahrzeuges war nur im Besitz eines Mopedausweises. Nach den Angaben des Berufungswerbers hat dieser das Fahrzeug in seinem Namen angemeldet und sodann seinem Sohn zur weiteren Verwendung überlassen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 20.05.2003, Zl 2003/02/0055, ausgesprochen hat, muss das "Überlassen" des "Lenkens" iSd § 103 Abs 1 Z 3 lit a KFG 1967 zumindest mit bedingtem Vorsatz (vgl § 5 Abs 1 erster Satz VStG) geschehen. Der Zulassungsbesitzer muss zumindest ernsthaft mit der Möglichkeit gerechnet und diese billigend in Kauf genommen haben (Hinweis E 4.4.2002, 2002/08/0062), dass sich eine Person, die nicht über die erforderliche Lenkberechtigung verfügt, die Verfügung über das Kraftfahrzeug insoweit verschafft, als sie das Kraftfahrzeug zum "Lenken" verwendet.
Anders als bei einer Übertretung nach § 33 Abs 1 KFG muss der Täter bei einer Übertretung, wie sie dem Berufungswerber zu Spruchpunkt 2. vorgeworfen wurde, bedingt vorsätzlich handeln. Die Abgrenzung zwischen Fahrlässigkeit und dem bedingten Vorsatz wird nach der zweiten Frankschen Formel in der Weise vorgenommen, wonach es darauf ankommt, ob der Täter die Sachverhaltsverwirklichung in Kauf genommen hat, was bedingten Vorsatz impliziert, oder aber ob er im Vertrauen darauf gehandelt hat, diese Sachverhaltsverwirklichung werde nicht eintreten. Im zweiten Fall ist von Fahrlässigkeit auszugehen.
Im vorliegenden Fall hat der Berufungswerber das Fahrzeug zwar auf seinen Namen angemeldet, dieses Fahrzeug wurde aber in weiterer Folge ausschließlich von seinem Sohn verwendet. Der Berufungswerber selbst hat vorgebracht, dass er nichts von der Änderung gewusst habe.
Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist es durchaus vorstellbar, dass ein Vater ein Moped erwirbt, auf seinen Namen zulässt und dieses in weiterer Folge seinem Sohn überlässt sowie dass dieser dann, ohne seinen Vater davon in Kenntnis zu setzen, das Moped ?auffrisiert?. Dieser Sachverhalt, wie er sich aus dem Vorbringen des Berufungswerbers erschließen lässt, impliziert, dass der Berufungswerber seinem Sohn das Fahrzeug zunächst in einem gesetzeskonformen Zustand als Moped überlassen hat. Diese Handlung entspricht noch nicht dem Tatbild des § 103 Abs 1 Z 3 lit a KFG. Um von einer strafbaren Handlung sprechen zu können müsste dem Berufungswerber beispielsweise zunächst noch nachgewiesen werden, dass er das Fahrzeug nicht dauerhaft überlassen hat, sondern dass dieses immer wieder in seine Gewahrsam zurückgefallen ist (zB dass ihm nach jeder Fahrt die Schlüssel und die Zulassungspapiere von seinem Sohn ausgehändigt wurden) und dass er das Fahrzeug zu einem Zeitpunkt, als die Manipulationen bereits durchgeführt waren, wieder seinem Sohn zum Lenken überlassen hat.
Jedenfalls aber kann ihm im Sinne der ob zitierten Judikatur im vorliegenden Fall nicht nachgewiesen werden, dass er beim Überlassen des Mopeds insofern bedingt vorsätzlich gehandelt hat, als dass er ? im Bewusstsein, dass aus dem Moped durch die Umbauten ein führerscheinpflichtiges Kleinmotorrad geworden ist ? ernsthaft mit der Möglichkeit gerechnet und diese billigend in Kauf genommen hat, dass sein Sohn für dieses umgebaute Fahrzeug keine Lenkberechtigung hatte. Aus diesen Gründen war das angefochtene Straferkenntnis in diesem Teil zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren wegen der Übertretung des § 103 Abs 1 Z 3 lit a KFG gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.
Zur Strafbemessung:
Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Der Unrechtsgehalt eines Verstoßes gegen § 33 Abs 1 KFG ist, wie dies bereits die Erstbehörde ausgeführt hat, nicht gering, da die Interessen der Verkehrssicherheit durch unkontrollierte Veränderungen an Kraftfahrzeugen nicht unerheblich betroffen werden.
Der Berufungswerber ist arbeitslos und bezieht Euro 1.000,00 an Arbeitslosenunterstützung. Zudem ist er für seine Frau und seinen Sohn sorgepflichtig. Da der Strafrahmen im vorliegenden Fall Geldstrafen von bis zu Euro 2.180,00 vorsieht, bewegt sich die ausgesprochene Geldstrafe zu Spruchpunkt 1. mit ca. 3,5 Prozent am untersten Ende des Strafrahmens. Sie konnte daher unter Grundlage des Unrechtsgehaltes, des Ausmaßes des Verschuldens sowie seiner Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nicht weiter herabgesetzt werden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die bezogene Gesetzesstelle, insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.