Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien entscheidet durch sein Mitglied Dr. Osinger über die Berufung des Herrn Josef R gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 8.6.2004, MA 67-PA-535279/4/0, MA 67-PA-535317/4/7 und MA 67-PA- 539190/4/0, mit welchem das mit Strafverfügungen zu den obigen Zahlen festgesetzte Strafausmaß aufgrund nur dagegen gerichteter Einsprüche herabgesetzt worden ist, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
Der Berufungswerber hat daher gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von insgesamt 54 Euro zu bezahlen, das sind 20 % der verhängten Geldstrafen.
Mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien vom 21.4.2004 wurde der Berufungswerber schuldig erkannt, er habe das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen HB-1 am 29.1.2004 um 16.46 Uhr in Wien, E-gasse 11 (MA 67-PA- 535279/4/0 entsprechend UVS-05/K/34/5830/2004), am 2.2.2004 um 14.16 Uhr in Wien, E-gasse 13 (MA 67-PA-535317/4/7 entsprechend UVS-05/V/34/5832/2004) und am 10.2.2004 um
12.53 Uhr in Wien, E-gasse 17 (MA 67-PA-539190/4/0 entsprechend UVS-05/V/34/5833/2004) in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem richtig entwerteten Parkschein gesorgt zu haben, da (jeweils) der Parkschein gefehlt habe. Im Fahrzeug sei (jeweils) lediglich eine Kopie des § 29b Ausweises Nr. A/BH- 3536/02, lautend auf Frau Regina W, welche bereits verstorben ist, angebracht gewesen. Somit sei die Befreiung von der Entrichtung der Parkometerabgabe vorgetäuscht und somit die Parkometerabgabe hinterzogen worden. Dadurch habe er jeweils § 1 Abs 3 Parkometergesetz verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Berufungswerber gemäß § 4 Abs 1 des Parkometergesetzes in Anwendung des § 47 VStG drei Geldstrafen von je 140 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafen Ersatzfreiheitsstrafen von je 48 Stunden verhängt.
Der Berufungswerber hat mit Schriftsatz vom 17.5.2004 Einspruch gegen die Strafverfügung nur hinsichtlich der Höhe der verhängten Strafen erhoben und um Nachsicht wegen seiner ?verbitterten Umstände" gebeten. Vor ca. einem Jahr habe er sich von seiner Lebensgefährtin getrennt und zahle jetzt für die drei gemeinsamen Kinder monatlich 700 Euro Alimente. Er habe sich eine neue Existenz aufbauen müssen und sei gezwungen gewesen, auf Montage zu gehen. Trotzdem habe er immer noch mehr Ausgaben als er verdiene. Er habe schon längere Zeit in Wien gearbeitet und dort zwei behinderte Frauen gekannt, die ihm zeitweise geholfen hätten. Aus Dankbarkeit habe er ihnen angeboten, sie mit dem Auto zum Arzt zu fahren oder andere Wege zu erledigen. Eine der Beiden, Frau Regina W, habe ihm immer ihren Behindertenausweis ins Auto gegeben und gesagt, er könne diesen ohne Probleme liegen lassen. Es sei leider ein Fehler gewesen, den Ausweis nicht zu kontrollieren. Frau W habe sich längere Zeit nicht gemeldet. Er sei mit der zweiten Damen weiter ohne Bedenken herumgefahren. Sie hätten zu spät erfahren, dass Frau W verstorben sei. Die zweite Dame, Frau Marianne F, habe sich um sein Auto gekümmert. Das sei in deren Wohnnähe abgestellt gewesen, weil er an einem anderen Ort gearbeitet habe. Bis er erfahren habe, dass Frau W verstorben sei, sei es zu spät gewesen. Er habe sich darauf verlassen, dass Frau F den Ausweis entfernen würde, wie sie ihm zugesagt habe, aber leider sei es ihr zu dieser Zeit gesundheitlich schlecht gegangen, daher sei es ihr nicht möglich gewesen, dies für ihn in Ordnung zu bringen. Er sei wegen seiner eigenen finanziellen und psychischen Probleme so durcheinander gewesen, dass er auf vieles nicht geachtet habe. Es tue ihm ehrlich Leid, dass es zu diesen Umständen gekommen sei und er bitte höflich um Nachsicht und um Milderung der Strafen. Er habe den beiden Damen nur aus Dankbarkeit helfen wollen.
Mit Straferkenntnis der Erstbehörde vom 8.6.2004 wurde den Einsprüchen insoferne Folge gegeben, als die Geldstrafen von je 140 Euro auf je 90 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen von je 48 Stunden auf je 31 Stunden herabgesetzt wurden. Dem Berufungswerber wurde ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens in Höhe von insgesamt 27 Euro auferlegt. Laut Begründung des Straferkenntnisses wurden bei Bemessung der Strafen die gezeigte Schuldeinsicht und das Fehlen von Vorstrafen nach dem Parkometergesetz als mildernd gewertet und die finanzielle Situation des Berufungswerbers berücksichtigt. Die vorsätzliche Begehung wurde als erschwerend gewertet.
Dagegen richtet sich die vorliegende, fristgerecht erhobene Berufung. Der Berufungswerber bringt vor, er habe seine Sachlage bereits im letzten Schreiben erklärt, befinde sich wirklich ernsthaft
in einem Chaos von finanzieller Seite und bitte nochmals innigst, die Strafe herabzusetzen. Er wisse sonst nicht mehr, wie er seine regelmäßigen Zahlungen bewältigen könne. Er zahle Alimente für drei Kinder, habe Wohnungsprobleme mit den Kosten und brauche das Auto dringend wegen der Montagearbeit, da er sonst noch weniger verdienen würde. Er könne sich oft nicht einmal ein warmes Essen leisten. Er bitte nochmals um Verständnis für seine Lage und verbleibe mit der Hoffnung erhört zu werden, denn er sei verzweifelt, wolle aber trotz aller Probleme weiter ein ?braves Leben" führen.
Da bereits der Einspruch ausschließlich gegen die Höhe der verhängten Geldstrafe gerichtet war, ist die Strafverfügung vom 21.4.2004 hinsichtlich der Schuldaussprüche in Rechtskraft erwachsen. Es war daher nur über das Strafausmaß zu entscheiden.
Dazu wurde erwogen:
Gemäß § 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz sind Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 210 Euro zu bestrafen.
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Gemäß § 3 Abs 1 lit e Wiener Parkometergesetz ist die Abgabe nicht zu entrichten für Fahrzeuge, die von Inhabern eines Ausweises gemäß § 29b Abs 1 oder 5 der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 134/1999, selbst gelenkt werden sowie Fahrzeuge in der Zeit, in der sie im Zusammenhang mit einer Beförderung eines Inhabers eines Ausweises gemäß § 29b Abs 1 oder 5 leg cit abgestellt sind, sofern diese Fahrzeuge mit diesem Ausweis im Original deutlich sichtbar gekennzeichnet sind. Gemäß § 29b Abs 1 StVO 1960 hat die Behörde Personen, die dauernd stark gehbehindert sind, auf deren Ansuchen einen Ausweis über diesen Umstand auszufolgen. Inhalt und Form des Ausweises hat der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr durch Verordnung zu bestimmen. Bei Wegfall der dauernd starken Gehbehinderung ist der Ausweis vom Inhaber der ausstellenden Behörde unverzüglich abzuliefern; kommt der Inhaber dieser Verpflichtung nicht nach, so hat die Behörde den Ausweis zu entziehen.
Gemäß § 29b Abs 3 lit b StVO 1960 dürfen Inhaber eines Ausweises gemäß Abs 1 das von ihnen selbst gelenkte Fahrzeug oder Lenker von Fahrzeugen in der Zeit, in der sie einen Inhaber eines Ausweises gemäß Abs 1 befördern, in einer Kurzparkzone ohne zeitliche Beschränkung, parken.
Gemäß § 29b Abs 4 StVO 1960 hat beim Parken gemäß Abs 3 der Ausweisinhaber den Ausweis bei mehrspurigen Kraftfahrzeugen hinter der Windschutzscheibe und durch diese gut erkennbar, bei anderen Fahrzeugen an einer sonst geeigneten Stelle gut wahrnehmbar anzubringen
Auch nach der 20. StVO-Novelle enthält § 29b StVO1960 keine Ermächtigung, den mit konstitutiver Wirkung (etwa VwGH vom 14.10.1994, 94/02/0145) ausgefolgten Ausweis nach § 29b Abs 1 StVO 1960 bei Wegfall der Voraussetzungen für seine Verleihung (dauernd starke Gehbehinderung) für ungültig zu erklären, sondern bloß, ihn bei Verletzung der Ablieferungsverpflichtung durch den Ausweisinhaber zu entziehen, mithin einzuziehen.
Das Fehlen einer ausdrücklichen Regelung über das Ungültigwerden des nach § 29b Abs 1 StVO 1960 ausgefolgten Ausweises in Verbindung mit dem offenbaren Zweck der Norm, nur entsprechend gehbehinderten Personen (nach erfolgtem Nachweis) die erforderlichen Erleichterungen im Sinne des § 29b Abs 2 und 3 StVO 1960 zuzugestehen, verbietet die Annahme, jemand dürfe sich auf einen ihm nur aufgrund der Verletzung einer gesetzlichen Ablieferungsverpflichtung noch zu Gebote stehenden, materiell unrichtigen Ausweis berufen.
Der bloße Umstand, dass eine Berechtigung durch einen bestimmten behördlichen Akt mit konstitutiver Wirkung verliehen wird, bedeutet nicht notwendig, dass es für den Wegfall dieser Berechtigung eines entgegengesetzten behördlichen Akts bedürfte (zu Beginn und Ende der gewerberechtlichen Wirkung der Bestellung eines Geschäftsführers etwa VwGH vom 24.5.1994, 94/04/0064, und vom 22.12.1992, 92/04/0203).
Mit dem Tod des Berechtigungsinhabers wird der Behindertenausweis nach § 29b Abs 1 StVO 1960 somit ungültig und darf unabhängig von seiner allfälligen behördlichen Entziehung von niemandem mehr verwendet werden.
Niemand kann sich auf Unkenntnis des Ablebens einer Person berufen, von deren Mitfahren(lassen) er seine angebliche Berechtigung herleitet.
Wer einen (aufgrund Ablebens schon ungültigen) Behindertenausweis nach § 29b Abs 1 StVO 1960 einer gar nicht beförderten Person (auch) zum Zweck der Vorspiegelung einer tatsächlich nicht bestehenden Ausnahme von der (seinerseits missachteten) Verpflichtung zur Entrichtung der Wiener Parkometerabgabe benutzt, hinterzieht sie.
Die Taten schädigten daher nicht nur in erheblichem Maße das durch die Strafdrohung geschützte Interesse an der ordnungsgemäßen Entrichtung der Parkometerabgabe, sondern ist auch das Verschulden des Berufungswerbers gravierend. Die Erstbehörde hat bei Bemessung der Strafen die Schuldeinsicht des Berufungswerbers und seine verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit ausreichend berücksichtigt und auf seine ungünstige finanzielle Situation Bedacht genommen.
Eine Herabsetzung der mit dem angefochtenen Straferkenntnis im Ausmaß von wenig mehr als 40 % der Strafobergrenze festgesetzten Strafen kam nicht in Betracht, da diese durch ihre Höhe geeignet sein sollen, den Berufungswerber und andere von der Begehung derartiger Übertretungen wirksam abzuhalten. Bloß die schlechte finanzielle Situation des Berufungswerbers ist nicht geeignet, eine Strafherabsetzung zu rechtfertigen.
Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs 1 und 2 VStG.