TE UVS Burgenland 2005/11/23 003/12/05093

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.11.2005
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch  sein Mitglied Dr Giefing über die Berufung des Herrn AW**, geboren am ***, wohnhaft in ***, vom 21 9 2005, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom 7 9 2005, Zl 333-15116/1-2004, wegen Bestrafung nach dem Kraftfahrgesetz - KFG 1967 zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs 1 VStG wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Text

Mit Straferkenntnis vom 7 9 2005 wurde der Berufungswerber schuldig erkannt, er sei als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen *** dem schriftlichen Verlangen der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom 21 2 2005 binnen zwei Wochen nach der am 28 2 2005 erfolgten Zustellung der schriftlichen Aufforderung eine Auskunft darüber zu erteilen, wer dieses Kraftfahrzeug am 15 11 2004 um 12 21 Uhr im Gemeindegebiet *** Strkm 53,3 in Fahrtrichtung *** gelenkt hat, insoferne nicht nachgekommen, als er zwar den Namen aber eine unrichtige Adresse der auskunftspflichtigen Person angegeben habe.

 

Wegen Verletzung des § 103 Abs 2 KFG 1967 wurde über den Beschuldigten gemäß § 134 Abs 1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 130 Euro (bei Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 65 Stunden) verhängt.

 

Die belangte Behörde stellte im angefochtenen Bescheid folgendes Verwaltungsgeschehen fest:

 

"Diesem Verwaltungsstrafakt liegt die Anzeige der Autobahnpolizeiinspektion Mattersburg vom 17 12 2004, GZ ***/2004 zugrunde, worin festgehalten wird, dass der Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen ***an einem näher bezeichneten Ort zu einer näher bezeichneten Zeit eine Geschwindigkeitsübertretung begangen hat.

 

Am 21 02 2005 wurden Sie als Zulassungsbesitzer aufgefordert, den Lenker dieses Kraftfahrzeuges zum damaligen Zeitpunkt bekannt zu geben. Diese Aufforderung wurde am 28 02 2005 zugestellt.

 

Mit Schreiben vom 10 03 2005 geben Sie der ho. Behörde bekannt, dass

die Auskunftspflicht Herrn "WP***" trifft.

 

Am 16 03 2005 wird Herr PW*** als Auskunftspflichtiger aufgefordert, den Lenker des Kraftfahrzeuges zum damaligen Zeitpunkt bekannt zu geben. Diese Aufforderung wurde am 17 03 2005 zugestellt (vom Großvater übernommen) und blieb binnen der eingeräumten Frist von 2 Wochen unbeantwortet.

 

Mit Strafverfügung vom 22 04 2005 (zugestellt am 27 06 2005) wird Herr PW*** wegen Übertretung des § 103 Abs 2 KFG als Auskunftspflichtiger bestraft und erhebt am 29 06 2005 Einspruch gegen diese Strafverfügung mit der Begründung, dass ihm das Schreiben der BH Oberwart (Lenkeranfrage) vom 16 03 2005 niemals zugestellt worden sei. Er sei seit 22 2 2005 beim Bundesheereinsatz im Kosovo und hätte zur Zeit für einige Tage Heim[at]urlaub bekommen. Die Lenkeranfrage sei am 17 3 2005 an seine Wohnadresse in *** zugestellt  worden und  von seinem Großvater übernommen worden. Da er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zu Hause gewesen sei - den Nachweis werde er nachreichen - hätte er auch die Lenkerauskunft nicht erteilen können. Er selbst sei aber der Lenker des Fahrzeuges zum Tatzeitpunkt gewesen.

 

Am 07 07 2005 langt bei der Behörde die Strafverfügung, Zahl: ***-2004 v 22 4 2005 samt Zahlschein ein und liegt ein Zettel mit dem Vermerk "Irrtümlich vom Großvater des Adressaten übernommen, Adressat derzeit für ½ Jahr im Auslandeinsatz (Kosovo)" bei.

 

Am 13 07 2005 langt bei der Behörde eine Bestätigung des Kommandos Task Force Dulje ein, aus der hervorgeht, dass Gfr WP***, geb *** vom 21 2 2005 bis voraussichtlich 4 10 2005 einen Auslandseinsatz im Rahmen des Österreichischen Bundesheeres (AUCON/KFOR) im Kosovo leistet.

 

Mit Ladungsbescheid vom 15 7 2005 werden Sie als Beschuldigter zum Tatvorwurf des § 103 Abs 2 KFG 1967 aufgefordert bei der Behörde zu erscheinen. Am 4 8 2005 erscheinen Sie bei der Behörde und geben an, dass Sie Ihrem Neffen PW*** zur Tatzeit Ihr Fahrzeug geliehen hätten. Zum Zeitpunkt der Lenkeranfrage, hätten Sie wahrheitsgemäß mitgeteilt, dass die Auskunftspflicht Herrn PW**, wohnhaft in *** treffen würde. Dass P** zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in *** aufhältig gewesen sei, hätten Sie nicht wissen können. Sie hätten zwar gewusst, dass P*** irgendwann in den Kosovo gehen wollte, hätten aber keine Ahnung gehabt, dass er zu diesem Zeitpunkt schon weg gewesen sei. Sie seien auch nicht dazu verpflichtet, immer nachzuschauen ob er noch da sei oder nicht. Auch würden Sie dagegen protestieren, dass Sie von der Behörde vorgeladen worden seien, da dies völlig unnötig gewesen sei und der Sachverhalt bereits klar gestellt worden sei. Im Falle einer Bestrafung würden Sie die Beigabe eines Vertreters fordern."

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Berufungswerber fristgerecht Berufung, in der er - in einer Diktion, die auch die Verhängung einer Ordnungsstrafe rechtfertigte - im Wesentlichen vorbringt, dass er - entgegen den Ausführungen im angefochtenen Bescheid - in der Lenkerauskunft die richtige Adresse desjenigen, der die Auskunft erteilen könne - nämlich seines Neffen PW*** - angegeben habe. Dies deshalb, weil nicht gesagt werden könne, dass sich im (hier vorliegenden) Fall einer Stationierung seines Neffen im Rahmen eines  Bundesheereinsatzes  für  sechs  Monate im Kosovo, die Adresse seines Neffen "in den Kosovo verlagert" habe. Zum Zeitpunkt der Lenkeranfrage habe er überdies nicht gewusst, dass sich sein Neffe bereits im Kosovo aufgehalten habe. Es könne dem Beschuldigten auch nicht zugemutet werden, nachzuforschen, ob sein Neffe ständig an seiner ursprünglichen Adresse aufhältig sei. Der Berufungswerber beantragt die Einstellung des Verfahrens sowie die Abhaltung einer "öffentlichen Gerichtsverhandlung vor dem Bezirksgericht Oberwart". In der Folge verzichtete der Berufungswerber auf die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Burgenland.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat über die Berufung erwogen:

 

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sinn und Zweck der Regelung des § 103 Abs 2 KFG 1967, der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers eines Fahrzeuges ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen (vgl etwa VwGH 22 4 1994, Zl 93/02/0255), wobei die Erteilung einer unrichtigen oder einer unvollständigen Auskunft der Nichterteilung einer Auskunft gleichzuhalten ist (vgl das vorzitierte Erkenntnis des VwGH).

 

Dass die vom Berufungswerber erteilte Auskunft - wie sich aufgrund behördlicher Ermittlungen ergeben hatte - insofern objektiv unrichtig war, als sich der vom Berufungswerber als Auskunftspflichtiger namhaft gemachte an dieser Adresse sich für mehrere Monate nicht aufhielt, und damit die Behörde weitere Erhebungen tätigen musste, um den tatsächlichen Aufenthaltsort zu ermitteln, steht fest.

 

Die Verletzung der Auskunftspflicht ist ein sog. Ungehorsamsdelikt, wonach zur Strafbarkeit gemäß § 5 Abs 1 VStG fahrlässiges Verhalten genügt, da die Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Der Berufungswerber hat in diesem Fall initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat vor allem durch geeignetes Tatsachenvorbringen zu geschehen.

 

Dem Berufungswerber kann jedoch im vorliegenden Fall ein Verschulden nicht nachgewiesen werden, wenn er iS des § 5 Abs 1 VStG glaubhaft machte, von der kurz vor der Lenkeranfrage erfolgten Adressänderung seines Neffen (der KFOR Auslandseinsatz begann am 21 2 2005 und erstreckte sich bis in den Oktober 2005) zum Zeitpunkt der Lenkeranfrage nichts gewusst zu haben. Er habe zwar (laut seiner Aussage vor der belangten Behörde vom 4 8 2005) gewusst, dass sein Neffe "irgendwann" in den Kosovo gehen wolle. Es konnte ihm aber nicht nachgewiesen werden, dass er zumindest Anhaltspunkte dafür hatte, dass sein Neffe bereits im Februar 2005 den mehrmonatigen Auslandseinsatz im Kosovo ableisten werde. Dass der Beschuldigte mit PW*** seit dem 16 11 2004 (das ist der Zeitpunkt, an dem sich PW*** vom Beschuldigten das Fahrzeug ausgeliehen hatte) bis zum Zeitpunkt der Lenkeranfrage nicht in Kontakt war, bestätigte letzterer in einer schriftlichen Stellungnahme. Darin brachte er auch vor, dass die Nachricht über die Entsendung in den Kosovo für ihn überraschend gekommen und ihm erst am 12 12 2004 mitgeteilt worden sei, nachdem man ihm zuvor informiert hatte, dass er für die vorgesehene Verwendung nicht geeignet wäre.

 

Es wäre eine Überspannung der den § 103 Abs 2 KFG innewohnenden Sorgfaltspflicht, dem Beschuldigten bei der Lenkeranfrage zu verpflichten, in den Fällen, in denen die als Auskunftspflicht namhaft gemachte Person in der Zeit zwischen dem die Lenkeranfrage auslösendem Ereignis und der Lenkeranfrage verzogen ist, jedenfalls nachzuforschen, ob die Adresse noch aufrecht ist, wenn der Beschuldigte glaubhaft zu machen vermag, dass für eine gegenteilige Vermutung aus seinem Blickwinkel keine konkreten Anhaltspunkte bestanden haben (in diesem Sinne bereits VwGH 13 6 1990, 89/03/0291; vgl. in diesem Zusammenhang auch VwGH 26 11 1999, 97/02/0490).

 

Da dem Berufungswerber trotz seines Verwandtschaftsverhältnisses zu jener Person, die er in der Lenkeranfrage als Auskunftspflichtigen namhaft gemacht hat, die subjektive Tatseite des § 103 Abs 2 KFG nicht nachgewiesen werden konnte, war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Aufforderung, Auskunftserteilung, Auslandseinsatz
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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