Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Felizitas Schiessendoppler-Luchner über die Berufung des F. G., XY 303, P., vertreten durch RA Dr. M. G., XY-Weg 2, I., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 09.03.2006, Zl VK-43105-2005, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind Euro 72,00, zu bezahlen.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber spruchgemäß folgender Sachverhalt zur Last gelegt:
?Tatzeit: 20.06.2005, 21:05 Uhr
Tatort: Pfunds, auf dem öffentlichen unbenannten Gemeindeweg, im Bereich der Arpatscheybachbrücke
Fahrzeug: Zugmaschine, XY
Der Beschuldigte, G. F., geb XY, wohnhaft in P., XY 303, hat als Zulassungsbesitzer der angeführten Zugmaschine Unimog diese Herrn G. L. zum Lenken überlassen, obwohl dieser keine von der Behörde erteilte Lenkberechtigung der betreffenden Klasse besitzt. Das genannte Fahrzeug wurde zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort von der genannten Person gelenkt.?
Darin sei eine Verletzung des § 103 Abs 1 Z 3 lit a KFG gelegen, weshalb über ihn gemäß § 134 Abs 1 KFG eine Geldstrafe in Höhe von Euro 360,00 (Ersatzfreiheitsstrafen 96 Stunden) verhängt wurde.
In seiner dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung wird vorgebracht, dass sich das bekämpfte Straferkenntnis ausschließlich auf Beweise gestützt habe, welche bereits in anderen mit dieser Rechtssache in Verbindung stehenden Verwaltungsstrafverfahren bzw gerichtlichen Strafverfahren angefochten worden seien. Wesentlich sei, dass - bis auf ein gerichtliches Strafverfahren beim LG Innsbruck, das gegen Herrn F. G. geführt wurde und mit einem Freispruch endete ? alle anderen Verfahren noch anhängig seien. Sämtlichen Verfahren liege der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde, sodass ? auch aus verfahrensökonomischen Gründen ? eine Unterbrechung des gegenständlichen Verfahrens angeregt werde.
Der Beschuldigte habe die gegenständliche Zugmaschine nicht seinem Bruder zum Lenken überlassen. Vielmehr habe er das Fahrzeug auf seiner Liegenschaft abgestellt und versehentlich den Zündschlüssel nicht abgezogen. Es treffe zwar zu, dass L. G. sich das Fahrzeug in den letzten Jahren wenige Male ausgeborgt habe, dies jedoch nur nach Absprache und mit ausdrücklicher Genehmigung des Beschuldigten. Kein einziges Mal habe er die Zugmaschine eigenmächtig benützt, wobei seine Lenkereigenschaft gegenständlich nicht erwiesen sei. Seitens des Berufungswerbers sei am Unfallstag niemandem die Erlaubnis zur Inbetriebnahme der Zugmaschine erteilt worden, sodass auch der von der Rechtsprechung geforderte bedingte Vorsatz nicht vorliege. Er habe nicht damit rechnen müssen, dass sich sein Bruder über ein behördliches Verbot hinwegsetze.
Hinsichtlich des Verkehrsunfalls wird vorgebracht, dass die Unfallzeugen aufgrund der außergewöhnlichen Stress- bzw Schocksituation unter einer verfälschten Wahrnehmung gelitten hätten. Im Übrigen verstoße das angefochtene Straferkenntnis gegen das Bestimmtheitsgebot, da der Spruch konkretisieren müsse, welche Handlungen der Beschuldigte in welchem Bereich zu verantworten habe. Der Berufungswerber beantragt sodann die ersatzlose Behebung des Straferkenntnisses, in eventu die Strafe schuld- und tatangemessen herabzusetzen.
Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Landeck sowie in den Akt des Unabhängigen Verwaltungssenates zur Zl uvs-2005/23/3425 und in den Akt 7U 215/05h des Bezirksgerichtes Landeck sowie durch Abhaltung einer öffentlichen und mündlichen Berufungsverhandlung bei der der Beschuldigte einvernommen werden konnte.
Für den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol steht nachfolgender Sachverhalt als erwiesen fest:
L. G., dem Bruder des Berufungswerbers, wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 09.06.2005, Zl VA-1494-2005-FSE die Lenkberechtigung für die Klassen A1, A2, B, C1, C, D, EB, EC1, EC, ED und F für einen Zeitraum von vier Monaten (gerechnet ab 03.06.2005) entzogen.
Trotz entzogener Lenkberechtigung lenkte dieser am 20.06.2005 um 21:05 Uhr das auf den Berufungswerber zugelassene Kraftfahrzeug der Marke Unimog mit dem amtlichen Kennzeichen XY auf einer öffentlichen Straße im Bereich der Arpatscheybachbrücke, im Gemeindegebiet von Pfunds. Am Unimog war auch ein Anhänger angebracht.
In der Folge kam es zur Kollision mit einem entgegenkommenden Motorradfahrer, welcher schwere Verletzungen erlitt. L. G. setzte seine Fahrt in der Folge fort, ohne die notwendigen Maßnahmen zu treffen. Am Motorrad entstand erheblicher Sachschaden. Neben dem Unfallopfer, E. Z., waren als Unfallzeugen noch S. F., I. H. und H. F. anwesend.
Das gegenständliche Fahrzeug war zuvor auf dem Grundbesitz des Berufungswerbers in einer Wiese abgestellt. Der Unimog dient zur Heuarbeit, wobei der Fahrzeugschlüssel im Zündschloss stecken gelassen wird.
Der festgestellte Sachverhalt unterliegt nachstehender Beweiswürdigung:
Tatzeit sowie Tatort ergeben sich aus der diesem Verwaltungsstrafverfahren zugrunde liegenden Anzeige der Polizeiinspektion Pfunds vom 05.09.2005. Der aufrechte Entzug der Lenkberechtigung des L. G. zum Tatzeitpunkt steht offenkundig fest (Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 09.06.2005).
Hinsichtlich der Lenkereigenschaft desselben ist insbesondere auf die Zeugenaussage des Herrn F. S. einzugehen. Dieser gab sowohl im Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol zu Zl. 2005/23/3425 als auch im Zuge des Gerichtsverfahrens vor dem Bezirksgericht Landeck zu 7 U 215/05h äußerst glaubwürdig an, dass es zu einer Kollision des Herrn Z. mit dem gegenständlichen Unfall gekommen sei und er den Unfall selbst beobachtet habe. Der Zeuge konnte eindeutig L. G. als Lenker identifizieren, dies sowohl im Rahmen der durchgeführten Berufungsverhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat, bei der L. G. als Berufungswerber anwesend war, als auch anhand eines Lichtbildes. Nach seinen Angaben habe er diesen nach dem Verkehrsunfall zweimal deutlich gesehen. Aufgrund der mehrmaligen eindeutigen Identifikation des L. G. besteht seitens der Berufungsbehörde keinerlei Zweifel an dessen Lenkereigenschaft. Des Weiteren wird die Aussage des Zeugen F. durch die Angaben des Zeugen H. F. untermauert, welcher ebenso Herrn L. G. als Lenker benannte. Beruhend auf diesen Zeugenaussagen, wie auch nach Angaben der Zeugin I. H., konnte auch der gegenständliche Unimog des Berufungswerbers eindeutig als Tatfahrzeug bezeichnet werden. Im Übrigen habe der Zeuge F. sowohl den Lenker L. G. als auch den Unimog nach der Unfallaufnahme etwa 200 bis 300 m von der Unfallstelle entfernt gesehen.
Die Angaben des Berufungswerbers sind daher nicht geeignet, die nachvollziehbaren Aussagen der genannten Zeugen zu erschüttern und waren daher als reine Schutzbehauptungen zu werten. Die Aussage, wonach L. G. nicht mit dem Unimog gefahren sein könne, zumal das Fahrzeug neu lackiert worden sei und keinerlei Lackschäden aufgewiesen habe, ist nicht nachvollziehbar. Dem ist vielmehr entgegenzuhalten, dass auf den Lichtbildern, welche im Verfahren zu uvs-2005/23/3425 angefertigt wurden, eindeutig Schäden am Fahrzeug des Berufungswerbers erkennbar sind. Letztlich kann auch der Umstand, dass der Berufungswerber seinem Bruder keine Lenkerlaubnis erteilt hat, keinen Gegenbeweis der Lenkereigenschaft darstellen. Auf die Frage des ?Überlassens? wird im Folgenden noch eingegangen werden, wobei die Feststellung hinsichtlich dem im Zündschloss befindlichen Schlüssel auf den eigenen Angaben des Berufungswerbers basiert.
In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
Gemäß § 103 Abs 1 Z 3 lit a KFG darf der Zulassungsbesitzer das Lenken seines Kraftfahrzeuges oder die Verwendung seines Anhängers nur Personen überlassen, die die erforderliche Lenkberechtigung und das erforderliche Mindestalter oder das erforderliche Prüfungszeugnis über den erfolgreichen Abschluss der Lehrabschlussprüfung des Lehrberufes Berufskraftfahrer besitzen.
Wie festgestellt, wurde Linard Gunsch mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 09.06.2005, Zl VA-1494-2005-FSE die Lenkberechtigung entzogen, im Tatzeitpunkt war dieser daher nicht berechtigt, das gegenständliche Fahrzeug zu lenken.
Das Tatbestandsmerkmal ?Überlassen zum Lenken? ist dadurch gekennzeichnet, dass der Zulassungsbesitzer zumindest ernsthaft mit der Möglichkeit gerechnet und diese billigend in Kauf genommen hat, dass sich eine Person, die nicht über die erforderliche Lenkberechtigung verfügt, die Verfügung über das Kraftfahrzeug verschafft, als sie das Kraftfahrzeug zum Lenken verwendet (vgl VwGH vom 12.09.2006, Zl 2006/02/0211). Insofern ist der Verschuldensgrad des bedingten Vorsatzes gefordert.
Der Berufungswerber brachte gegenständlich vor, dass er die Zugmaschine nicht seinem Bruder überlassen habe, dieser ihn am Tattag auch nicht um Erlaubnis gebeten habe. Im Zuge der Berufungsverhandlung betonte er, dass der Unimog immer auf diesem Grundstück stehe und der Schlüssel stecken bleibe. Der Berufungswerber habe nicht damit rechnen müssen, dass sich L. G. über das behördliche Verbot hinwegsetze.
Hierzu ist auszuführen, dass dieses Vorbringen nicht geeignet ist, den Berufungswerber aus seiner Verantwortung zu befreien, zumal das ständige Steckenlassen des Schlüssels ein Unbefugtes Inbetriebnehmen des Unimog geradezu herausfordert. Die Aussage, wonach es seines Wissens noch nie vorgekommen sei, dass sich L. G. unerlaubt das Fahrzeug ausgeliehen habe, vermag ebenso keine Rechtfertigung darstellen. Wenn der Schlüssel, wie vom Berufungswerber selbst angegeben, immer stecken bleibt, so kann der Berufungswerber die Verwendung des Fahrzeuges gar nicht in ausreichendem Maße kontrollieren. Insofern ist auch die Behauptung, wonach er seinem Bruder am Tattag keine ausdrückliche Lenkerlaubnis erteilt habe, nicht haltbar bzw erscheint es lebensfremd, dass eine Person, welche nicht über eine gültige Lenkberechtigung verfügt, den Zulassungsbesitzer um die Überlassung des Fahrzeuges bittet. Insofern ist auch auf den Umstand, ob das Fahrzeug eigenmächtig oder nach erteilter Erlaubnis gelenkt wurde, nicht weiter einzugehen.
Der Berufungswerber, welcher in Kenntnis des aufrechten Entzugs der Lenkberechtigung war, hat durch sein Verhalten jegliche Sorgfalt außer Acht gelassen. Davon ausgehend ist die Annahme gerechtfertigt, dass der Berufungswerber in Missachtung einer ihn treffenden Sorgfaltspflicht hinsichtlich der Verwahrung der Schlüssel das Tatbild des § 103 Abs 1 Z 3 lit a KFG mit bedingtem Vorsatz verwirklicht hat.
Strafzumessung:
Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Laut Angaben des Berufungswerbers besitzt dieser ein Vermögen in Form einer Landwirtschaft. Dem Vermögen stehen keine Schulden gegenüber und bestehen auch keine Sorgepflichten.
Der Unrechtsgehalt der übertretenen Norm ist nicht unerheblich, das Verhalten des Berufungswerbers von auffallender Sorglosigkeit geprägt. Als Verschuldensgrad ist dem Berufungswerber, wie oben ausgeführt, bedingter Vorsatz zur Last zu legen. Mildernde Umstände waren nicht zu berücksichtigen, erschwerend war die Verwaltungsstrafvormerkung vom 25.04.2005 zu werten.
In Anbetracht der anzuwendenden Strafnorm des § 134 Abs 1 KFG, welcher eine Geldstrafe von bis zu Euro 2.180,00 vorsieht, gelangt die Berufungsbehörde zur Ansicht, dass die verhängte Geldstrafe unter Bedachtnahme auf obgenannte Strafzumessungskriterien schul- und tatangemessen ist. Dies auch unter Berücksichtigung der vom Berufungswerber angegebenen Einkommens- Familien- und Vermögenssituation.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.