TE Vwgh Erkenntnis 2001/11/6 2001/18/0194

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.11.2001
beobachten
merken

Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §19 Abs4;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
MRK Art8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bazil, über die Beschwerde des P K in Wien, geboren am 10. Februar 1984, vertreten durch Dr. Peter Mardetschläger, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Westbahnstraße 35A/38a, als beigegebenen Verfahrenshelfer, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 26. Juni 2001, Zl. SD 573/01, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 26. Juni 2001 wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Sierra Leone, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer, dessen Identität wegen fehlender Dokumente nicht nachgewiesen sei, sei nach der Aktenlage am 22. März 2000 illegal in das Bundesgebiet gelangt und habe noch am selben Tag beim Bundesasylamt - Außenstelle Eisenstadt einen Asylantrag gestellt, der mit Bescheid vom 10. April 2000 gemäß § 7 Asylgesetz (1997) unter gleichzeitiger Feststellung, dass gemäß § 8 leg. cit. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Sierra Leone zulässig sei, abgewiesen worden sei. Da der unabhängige Bundesasylsenat der dagegen eingebrachten Berufung mit Bescheid vom 8. August 2000 keine Folge gegeben habe, sei das Asylverfahren rechtskräftig negativ abgeschlossen.

Der Beschwerdeführer, der während des Asylverfahrens über keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz verfügt habe, besitze weder einen Einreise- noch einen Aufenthaltstitel und halte sich somit unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, sodass die Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 FrG gegeben seien. In einem solchen Fall könne ein Fremder mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn dem nicht die Bestimmung des § 37 Abs. 1 leg. cit. entgegenstehe.

Der Beschwerdeführer sei mit der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 27. April 2001 von der beabsichtigten aufenthaltsbeendenden Maßnahme in Kenntnis gesetzt und aufgefordert worden, zu seinen persönlichen Verhältnissen, wie etwa, ob in Österreich Familienangehörige lebten, Stellung zu nehmen. In dem dazu eingebrachten Schriftsatz vom 16. Mai 2001 sei lediglich ausgeführt worden, dass sich der Beschwerdeführer seit seiner Einreise in das Bundesgebiet gesellschaftlich integriert hätte und "regen Umgang mit österreichischen Staatsangehörigen pflege". In der Berufung habe er vorgebracht, dass er im erstinstanzlichen Verfahren zum Beweis für die Intensität seiner Integration seine Einvernahme beantragt hätte. Die Erstbehörde hätte jedoch die beantragte Einvernahme unterlassen, weshalb das Verfahren mangelhaft geblieben wäre.

Dazu sei zunächst festzuhalten, dass der Beschwerdeführer weder im erstinstanzlichen noch im Berufungsverfahren geltend gemacht habe, über familiäre Bindungen im Bundesgebiet zu verfügen, weshalb auch keine Rede von einem Eingriff in sein Familienleben sein könne. Mit seinem Vorbringen, auf Grund seines regen Umganges mit österreichischen Staatsangehörigen in Österreich gesellschaftlich integriert zu sein, könne für ihn nichts gewonnen werden, weil selbst unter einer allfälligen Annahme eines mit der Ausweisung verbundenen Eingriffes in sein Privatleben im Grund des § 37 Abs. 1 FrG sein persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich nicht schwerer zu gewichten wäre als das gegenläufige öffentliche Interesse. Wie die Erstbehörde bereits zutreffend ausgeführt habe, komme der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu. Dieses maßgebliche öffentliche Interesse habe der Beschwerdeführer durch seinen unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet (der überdies auf einen sich letztlich als unbegründet erwiesenen Asylantrag zurückzuführen sei) gravierend beeinträchtigt. Aus diesem Grund sei die Rüge des Beschwerdeführers, die Erstbehörde habe ein mangelhaftes Verfahren durchgeführt, nicht zielführend.

Im Übrigen sei erst im Berufungsverfahren bekannt geworden, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 22. Mai 2001 wegen des Vergehens nach § 27 Abs. 1 und Abs. 2 "erster Fall" Suchtmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten, davon sechs Monate bedingt, verurteilt worden sei.

Vor dem Hintergrund des bisher Gesagten und im Hinblick auf das Fehlen besonderer, zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände könne ein weiterer Aufenthalt seiner Person selbst unter Berücksichtigung seines jugendlichen Alters auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens in Kauf genommen werden. Dies umso weniger, als der Beschwerdeführer rechtens nicht in der Lage sei, seinen Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren.

Was das ausschließlich auf seine Verfolgung in seiner Heimat gerichtete Berufungsvorbringen betreffe, sei festzuhalten, dass mit einer Ausweisung nicht darüber abgesprochen werde, dass der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen habe, oder dass er (allenfalls) abgeschoben werde.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung, dass der vom Beschwerdeführer gestellte Asylantrag mit Bescheid vom 8. August 2000 rechtskräftig abgewiesen worden sei. Im Hinblick darauf begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass vorliegend die Voraussetzung des § 33 Abs. 1 zweiter Halbsatz FrG erfüllt sei, keinen Bedenken, kam doch dem Beschwerdeführer jedenfalls nach rechtskräftiger Abweisung seines Asylantrages gemäß § 19 Abs. 4 Asylgesetz 1997 eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nicht zu.

2.1. Die Beschwerde bekämpft den angefochtenen Bescheid im Grund des § 37 Abs. 1 FrG und bringt vor, dass die Ausweisung des Beschwerdeführers einen vehementen Eingriff in sein Privatleben bedeute, insbesondere deshalb, weil er noch minderjährig sei. Die Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes sei bei Minderjährigen zweifellos davon gekennzeichnet, diesem besonderen Umstand Rechnung zu tragen. Die Behörden erster und zweiter Instanz hätten bei judikaturkonformer Beurteilung diesem Umstand Rechnung tragen müssen und keinesfalls eine Ausweisung des Beschwerdeführers "beschließen" dürfen.

2.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Selbst unter der Annahme eines mit der Ausweisung verbundenen iSd § 37 Abs. 1 FrG relevanten Eingriffes in das Privatleben des Beschwerdeführers wäre auch unter Bedachtnahme auf sein Alter von 17 Jahren im Grund des § 37 Abs. 1 FrG sein persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich nicht schwerer zu gewichten als das gegenläufige öffentliche Interesse. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu. Dieses maßgebliche öffentliche Interesse hat der Beschwerdeführer durch seine illegale Einreise und durch seinen jedenfalls seit der rechtskräftigen Abweisung seines Asylantrages unrechtmäßigen Aufenthalt in Österreich in einem solchen Maß beeinträchtigt, dass seine Ausweisung dringend geboten ist. Insbesondere behauptet der Beschwerdeführer im Hinblick auf seine Minderjährigkeit keinen mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in eine Beziehung zu einer Bezugsperson.

3. Das in der Beschwerde geltend gemachte geringe Alter des Beschwerdeführers stellt an sich einen Gesichtspunkt für die Ermessensübung nach § 33 Abs. 1 FrG dar. Dass die belangte Behörde diesem Gesichtspunkt in ihrer Beurteilung kein entscheidendes Gericht beimaß, kann ihr indes nicht als Ermessensfehler vorgeworfen werden, weil der Beschwerdeführer im Inland keine für ihn sorgenden Angehörigen hatte.

4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 6. November 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001180194.X00

Im RIS seit

31.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten