TE UVS Burgenland 2007/04/16 016/10/07002

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.04.2007
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied Mag. Eder über die Berufung des Herrn ***, geboren am ***, wohnhaft in ***, vom 13.02.2007 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf vom 02.02.2007, Zl. 300-3684-2006, wegen Bestrafung nach dem Grenzkontrollgesetz (GrekoG) in der heutigen Verhandlung zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs. 1 VStG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

Gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG ist ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens von 20 % der Strafhöhe, das sind 10 Euro, zu leisten.

Text

Die Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf legte dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis zur Last, am 21.08.2006 um 13.35 Uhr, als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen *** im Gemeindegebiet von Neuhaus am Klausenbach auf der B 58 den Grenzübertritt von Slowenien nach Österreich über die Grenzkontrollstelle Bonisdorf vorgenommen zu haben und es dabei als Grenzkontrollpflichtiger unterlassen zu haben, sich ohne unnötigen Aufschub an der dafür vorgesehene Stelle innerhalb des Grenzkontrollbereiches, nämlich der Haltelinie und des auf der Fahrbahn angebrachten Schriftzuges Stop, der Grenzkontrolle zu stellen. Wegen Verletzung des § 16 Abs. 1 Z. 3 iVm § 11 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 Grenzkontrollgesetz wurde über den Berufungswerber gemäß § 16 Abs. 1 Z. 3 Grenzkontrollgesetz eine Geldstrafe von 50 Euro (im Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden) verhängt.

 

In seiner rechtzeitig eingebrachten Berufung brachte der Berufungswerber vor, dass er sein Fahrzeug ordnungsgemäß an der Haltelinie auf Höhe der Stop-Markierung angehalten habe. Es gebe keinerlei Norm, wie lange dort anzuhalten sei. Der Schranken sei geöffnet gewesen. Durch die geöffnete Gebäudetüre habe er durch Blick aus seinem Wagenfenster in den Vorraum des Gebäudes geschaut. Dort habe sich allerdings niemand befunden. Da er zuvor aus Österreich ausgereist sei und den Grenzübergang Kalch dabei passiert habe und dort ebenfalls nicht der Grenzkontrolle unterworfen worden sei, sei er der Meinung gewesen, dass ein Grenzübertritt nach Slowenien nicht der Grenzkontrollpflicht unterliege. Aus diesem Grund und weil er an der Grenzkontrollstelle Bonisdorf keinen Beamten gesehen habe, habe er seine Fahrt fortgesetzt. Nicht richtig sei jedoch, dass er die Grenzkontrollstelle ohne anzuhalten passiert hätte.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwogen:

 

Der Berufungswerber reiste gegen 11.30 Uhr des 21.08.2006 aus Österreich nach Slowenien über den Grenzübergang Kalch aus. Dabei wurde er keiner Grenzkontrolle unterzogen.

 

Kurz vor 13.35 Uhr des 21.08.2006 näherte sich der Berufungswerber als Lenker des PKW VW-Passat, grau lackiert, mit dem Kennzeichen *** der im Gemeindegebiet von Neuhaus am Klausenbach gelegenen Grenzkontrollstelle Bonisdorf. Er wollte von Slowenien wieder nach Österreich einreisen. Vor dem Amtsgebäude der Grenzkontrollstelle Bonisdorf sind - was auch zur Tatzeit so war - auf der Fahrbahn der B 58 eine Haltelinie sowie der Schriftzug Stop angebracht, welche direkt vor der Eingangstür des Amtsgebäudes der Grenzkontrollstelle liegen. Der Berufungswerber fuhr langsam in den Bereich der Grenzkontrollstelle und hielt sein Fahrzeug im Bereich der Haltelinie an. Er schaute daraufhin durch die geöffnete Eingangstüre des Amtsgebäudes in den Vorraum dieses Gebäudes. Dort konnte er keinen Beamten sehen. Aus seinem Fahrzeug stieg der Berufungswerber nicht aus. Er tätigte auch sonst keinerlei Handlungen, um die Durchführung einer Grenzkontrolle aktiv herbeizuführen. Da kein Polizeibeamter sogleich zum Wagen des Berufungswerbers kam und der im Bereich der Grenzkontrollstelle vorhandene Schranken geöffnet war, setzte der Berufungswerber nach bloß ganz kurzer Wartezeit (etwa einige wenige Sekunden) um 13.35 Uhr des 21.08.2006 seine Fahrt fort, ohne der Grenzkontrolle unterzogen worden zu sein.

 

Während dieser Zeit befand sich der an der Grenzkontrollstelle Bonisdorf dienstversehende Polizeibeamte RevI *** in einem Raum des Amtsgebäudes, der nächst der Eingangstür lag. Es war dem Berufungswerber aufgrund der örtlichen Gegebenheiten, insbesondere der Gestaltung der Fenster und der Art der Anbringung der Jalousien, nicht möglich, RevI *** vom Fahrzeug aus zu sehen; jedoch hatte dieser Polizeibeamte Blick auf den vor dem Amtsgebäude liegenden Grenzkontrollbereich sowie jenen Bereich der Fahrbahn, wo die Haltelinie und die Aufschrift Stop angebracht waren. RevI *** war zu jener Zeit, als sich der Berufungswerber der Grenzkontrollstelle näherte, mit der Behebung eines EDV-Problemes beschäftigt. Das an der Grenzkontrollstelle vorhandene Passlesegerät, welches mit dem Computer verbunden war, war zu dieser Zeit defekt. Um den Defekt zu beheben fuhr RevI *** den Computer herunter und startete ihn neu. Aus diesem Grund ging RevI *** nicht sofort, als er den Wagen des Berufungswerbers sah, aus dem Amtsgebäude. Als RevI *** bemerkte, dass der Berufungswerber, ohne sein Kommen abzuwarten, wieder beschleunigte, um weiterzufahren, lief er hinaus, stieß mit einer Pfeife einen lauten Pfiff aus und machte mit seinen Armen und Händen Winkbewegungen.

 

Daraufhin wurde der Berufungswerber auf RevI ** aufmerksam und fuhr mit seinem Wagen rückwärts. Anschließend führte RevI *** die Grenzkontrolle sowie eine kraftfahr- und führerscheinrechtliche Kontrolle durch.

 

Diese Feststellungen ergaben sich aufgrund der Angaben des Zeugen RevI *** und der von ihm vorgelegten Fotos im Zusammenhalt mit den Ausführungen des Berufungswerbers. Der Berufungswerber bestätigte im Zuge der mündlichen Verhandlung, dass die von RevI *** geschilderten örtlichen Gegebenheiten zur Tatzeit genau so waren, wie es dieser darlegte und sie anhand der von RevI *** im Zuge der mündlichen Verhandlung vorgelegten Fotos ersichtlich waren. Hinsichtlich des Sachverhaltes bestritt der Berufungswerber lediglich, dass er ohne anzuhalten die Grenzkontrollstelle passiert hätte, und gab an, dass er in einer Entfernung von 60 bis 80 Metern stehen geblieben wäre. Abgesehen von diesen Ausführungen stellten sich die Angaben des Berufungswerbers und RevI *** - soweit entscheidungserheblich - als übereinstimmend dar. Somit konnte der Sachverhalt, soweit übereinstimmende Angaben vorlagen, aufgrund beider Aussagen und der beigebrachten Fotos in unbedenklicher Weise festgestellt werden.

 

Im Zuge der mündlichen Verhandlung machten weder der Berufungswerber noch RevI *** einen unglaubwürdigen Eindruck. Anhand der eigenen Angaben des Berufungswerbers konnte nun festgestellt werden, dass er seinen Wagen an der Haltelinie nur ganz kurz anhielt, in den Vorraum des Amtsgebäudes blickte und - weil er dort und vor dem Amtsgebäude keinen Polizeibeamten sah - sogleich wieder weiterfuhr, was nicht mehr als einige Sekunden in Anspruch nahm. Zwar konnte RevI *** von seinem Standort (in einem nächst des Einganges gelegenen Zimmer des Amtsgebäudes) zum Bereich der Fahrbahn blicken, jedoch war er zur fraglichen Zeit mit der Behebung eines Computerproblems beschäftigt. Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland ging nun bei der Entscheidungsfindung davon aus, dass RevI *** wohl subjektiv wahrnahm, dass der Berufungswerber an der Haltelinie nicht anhielt, jedoch dürfte ihm das - sehr kurze Halten - aufgrund des Umstandes, dass der Berufungswerber sein Fahrzeug nur ganz kurz (eben nur einige Sekunden) anhielt und RevI *** seine Aufmerksamkeit auch der Behebung des Computerdefekts widmete, entgangen sein, und für ihn der Eindruck erweckt worden sein, als ob der Berufungswerber die Grenzkontrollstelle in einem Zug passiert hätte.

 

Aus rechtlichen Gründen war im gegenständlichen Fall nicht weiter entscheidungsrelevant, ob nun der Berufungswerber bereits nach 30 bis 50 Metern oder nach 60 bis 80 Meter, nachdem RevI *** ihm Signale gegeben hatte, sein Fahrzeug anhielt und wieder zurückschob. Nähere Feststellungen dazu waren daher nicht erforderlich. Jedenfalls stand fest, dass ohne die Signale von RevI *** der Berufungswerber nicht zur Grenzkontrollstelle zurückgekehrt wäre und sich nachträglich der Grenzkontrolle gestellt hätte. Im Übrigen handelte es sich bei den Angaben des Berufungswerbers ebenso wie jenen von RevI*** um eine Schätzung, weshalb wohl die geschätzten Werte (RevI ***: 30 bis 50 Meter, Berufungswerber: 60 bis 80 Meter) nicht derart auseinander lagen, dass sich daraus gravierende Widersprüchlichkeiten oder gar die gänzliche Unglaubwürdigkeit einer dieser Personen ergeben hätten.

 

§ 1 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3, Abs. 5, Abs. 6, Abs. 9 und Abs. 10, § 6 Abs. 1, § 10 Abs. 1, § 11 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 und § 16 Abs. 1 Z. 3 GrekoG sowie § 5 VStG (jeweils in der Tatzeit am 21.08.2006 geltenden Fassung) lauten:

 

§ 1 GrekoG:

(1) Grenzübertritt ist die Bewegung eines Menschen über die Bundesgrenze.

(2) Grenzkontrolle ist die aus Anlaß eines beabsichtigten oder bereits erfolgten Grenzübertritts vorgenommene Überprüfung der Einhaltung der die Sicherheitspolizei, das Paßwesen, die Fremdenpolizei sowie das Waffen-, Schieß- und Sprengmittelwesen regelnden bundesgesetzlichen Vorschriften.

(3) Grenzübergangsstelle ist eine zum Grenzübertritt bestimmte Stelle oder ein bestimmtes Gebiet während der Verkehrszeiten und im Umfang der Zweckbestimmung.

(4) [...].

(5) Beitrittsübereinkommen ist das Übereinkommen vom 28. April 1995 über den Beitritt Österreichs zum Schengener Durchführungsübereinkommen, dem die Italienische Republik, die Portugiesische Republik und das Königreich Spanien sowie die Griechische Republik mit den Übereinkommen vom 27. November 1990, vom 25. Juni 1991 und 6. November 1992 beigetreten sind.

(6) Vertragsstaat ist ein Staat, für den das Beitrittsübereinkommen in Kraft gesetzt ist.

(7) [...].

(9) Binnengrenzen sind die Grenzen Österreichs mit anderen Vertragsstaaten sowie die österreichischen Flugplätze für Binnenflüge und die österreichischen Häfen für Binnenschiffahrt.

(10) Außengrenzen sind die Grenzen Österreichs sowie die österreichischen Flugplätze und Häfen, soweit sie nicht Binnengrenzen sind.

(11) [...].

 

§ 6 GrekoG:

(1) Grenzübergangsstellen sind so zu gestalten, daß die Grenzkontrollen zweckmäßig, einfach und kostensparend durchgeführt werden können.

(2) [...].

 

§10 GrekoG:

(1) Die Außengrenze darf, abgesehen von den Fällen, in denen anderes internationalen Gepflogenheiten oder zwischenstaatlichen Vereinbarungen entspricht, nur an Grenzübergangsstellen überschritten werden.

(2) [...].

 

§ 11 GrekoG:

(1) Der Grenzübertritt an Grenzübergangsstellen sowie das Betreten des Bundesgebietes im Schiffs- oder Luftverkehr an anderer Stelle, als in dem Hafen oder an dem Flugplatz, die als Grenzübergangsstelle vorgesehen waren, verpflichten den Betroffenen, sich der Grenzkontrolle zu stellen (Grenzkontrollpflicht).

(2) Wer einen der Grenzkontrollpflicht  unterliegenden Grenzübertritt vornehmen will oder vorgenommen hat, ist innerhalb des Grenzkontrollbereiches verpflichtet,

1.

[...]

2.

sich ohne unnötigen Aufschub und unter Einhaltung der vorgegebenen Verkehrswege an der dafür vorgesehenen Stelle innerhalb des Grenzkontrollbereiches, gegebenenfalls innerhalb des Transitraumes der Grenzkontrolle zu stellen und

 3. [...].

 

§ 16 GrekoG:

(1) Wer

1.

[...]

3.

sich als Grenzkontrollpflichtiger der Grenzkontrolle nicht stellt oder

 4. [...],

begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach einer anderen Rechtsvorschrift mit einer strengeren oder gleich strengen Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde von dieser, mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Der Versuch ist außer in den Fällen der Z 5 und 6 strafbar.

(2) [...].

 

§ 5 VStG:

(1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

 

 

Die Republik Slowenien war zwar zur Tatzeit bereits Mitglied der Europäischen Union, jedoch wurde das Beitrittsübereinkommen zum Schengener Durchführungsübereinkommen, das sich mittlerweile als gemeinschaftsrechtliches Sekundärrecht darstellt, für Slowenien noch nicht in Kraft gesetzt. Daher ist Slowenien kein Vertragsstaat iSd.

§ 1 Abs. 6 GrekoG, weshalb die Grenze zwischen Österreich und Slowenien zur Tatzeit eine Außengrenze iSd. § 1 Abs. 10 GrekoG darstellte. Gemäß § 10 Abs. 1 GrekoG darf die Außengrenze (abgesehen von den Fällen, in denen anderes internationalen Gepflogenheiten oder zwischenstaatlichen Vereinbarungen entspricht) nur an Grenzübergangsstellen überschritten werden. Gemäß § 11 Abs. 1 GrekoG verpflichtet der Grenzübertritt an Grenzübergangsstellen den Betroffenen, sich der Grenzkontrolle zu stellen. Nach § 11 Abs. 2 Z. 2 GrekoG hat sich jeder, der einen Grenzübertritt vornehmen will (oder vorgenommen hat) innerhalb des Grenzkontrollbereiches ohne unnötigen Aufschub und unter Einhaltung der vorgesehenen Verkehrswege an die dafür vorgesehene Stelle innerhalb des Grenzkontrollbereiches zu begeben und dort sich der Grenzkontrolle zu stellen.

 

Der Berufungswerber beabsichtigte, an einer Außengrenze von Slowenien nach Österreich den Grenzübertritt (Einreise) an der Grenzkontrollstelle Bonisdorf vorzunehmen. Er war daher verpflichtet, sich im Zuge des zur Tatzeit vorgenommenen Grenzübertritts der Grenzkontrolle zu stellen. Der Berufungswerber vermeinte nun dieser Pflicht entsprochen zu haben, indem er kurz an der Haltelinie beim Amtsgebäude anhielt. Da er keinen Polizeibeamten erblickt habe, habe er weiterfahren dürfen. Diese Ansicht wird vom Unabhängigen Verwaltungssenat Burgenland nicht geteilt. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird dem Erfordernis, sich der Grenzkontrolle zu stellen, nur durch ein aktives Tun des Grenzkontrollpflichtigen entsprochen. Derjenige, der der Grenzkontrollpflicht unterliegt und sich der Grenzkontrolle zu stellen hat, hat von sich aus, initiativ an der Grenzkontrollstelle an ein Grenzkontrollorgan zwecks Durchführung der Grenzkontrolle heranzutreten. Dem Erfordernis, sich der Grenzkontrolle zu stellen, wird dann nicht entsprochen, wenn sich der Grenzkontrollpflichtige

- bereit und willig - für die Grenzkontrolle zeigt und sich im Übrigen auf den Standpunkt zurückzieht, dass er von österreichischen Grenzkontrollorganen nicht kontrolliert worden sei (vgl. VwGH 15.10.2005, 98/21/0158; 17.09.1998, 98/18/0248; 22.05.1997, 95/18/0451; 28.11.1996, 95/18/0635). Insbesondere ist dabei auch darauf hinzuweisen, dass der gesamte Grenzkontrollbereich einer Grenzkontrollstelle nicht nur der unmittelbar vor dem Grenzbalken befindliche Bereich der Fahrbahn ist, sondern der gesamte Amtsplatz der Grenzübergangsstelle und somit auch das Amtsgebäude der Grenzkontrollstelle (VwGH 24.04.2002, 98/18/0267). In Anbetracht dieser ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes über den Inhalt und Umfang der Pflicht, sich der Grenzkontrolle zu stellen, entsprach der Berufungswerber dieser Pflicht durch sein Verhalten, nämlich bloß kurzes Anhalten bei der Haltelinie und bloßer Blick vom Wagen aus in den Vorraum des Amtsgebä udes, nicht. Vielmehr hätte er zu warten gehabt, bis ein Polizeibeamter aus dem Amtsgebäude zur Vornahme der Grenzkontrolle tritt oder - für den Fall einer unzumutbar langen Wartezeit - selbst aus seinem Wagen auszusteigen und in das Amtsgebäude zu gehen, um von sich aus initiativ die Grenzkontrolle zu betreiben. Dies war im vorliegenden Fall umso mehr geboten, als der Berufungswerber sah, dass die Eingangstür des Amtsgebäudes geöffnet war und er daher davon ausgehen musste, dass sich im Gebäude Beamte aufhielten. Da der Berufungswerber allerdings die Grenzkontrolle von sich aus nicht aktiv betrieb, sondern bloß für einige Sekunden abwartete, ob ein Polizeibeamter aus dem Amtsgebäude käme und anschließend sogleich weiterfuhr, was zur Folge hatte, dass er den Grenzübertritt vornahm und die Grenzkontrolle zu dieser Zeit unterblieb und erst nachträglich durch weitergehende Maßnahmen eines Polizeibeamten durchgeführt werden konnte, hat der Berufungswerber seiner Pflicht, sich (zur Tatzeit) der Grenzkontrolle stellen zu müssen, nicht entsprochen. Der objektive Tatbestand der hier gegenständlichen Übertretung war somit erfüllt.

 

Fahrlässiges Verhalten, das gemäß § 5 Abs. 1 VStG zur Bestrafung hinreichend ist, liegt vor, wenn der Täter die strafbare Handlung oder den Erfolg, wegen dessen das Gesetz die Tat als strafbar erklärt, zwar nicht gewollt aber auch nicht vermieden hat, obwohl er ihn vermeiden hätte können. Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht. Die Außerachtlassung der objektiv gebotenen und subjektiv möglichen Sorgfalt kann dem Täter nur vorgeworfen werden, wenn es ihm unter den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls auch zuzumuten war, sie tatsächlich aufzuwenden. Der Maßstab für die objektive Sorgfaltspflicht ist ein objektiv-normativer. Maßfigur ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in die Lage des Täters versetzt zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig hat ein Täter nur dann gehandelt, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch seines Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, an seiner Stelle anders verhalten hätte. Es war also zu beurteilen, ob sich ein (Norm ) Grenzkontrollpflichtiger anders als der Berufungswerber verhalten hätte, und dieses Verhalten unter den gegebenen Umständen möglich und zumutbar war. Nun wäre es dem Berufungswerber ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen wäre, das Kommen eines Polizeibeamten abzuwarten sowie auch sein Fahrzeug zu verlassen und das Amtsgebäude der Grenzkontrollstelle zwecks initiativer Einleitung der Grenzkontrolle zu betreten. Eine derartige Handlungsweise wäre von einem durchschnittlichen (Norm-)Grenzkontrollpflichtigen in der Situation des Berufungswerbers auch zu erwarten gewesen. Dass der Berufungswerber derartiges nicht tat, war ihm als fahrlässiges Verhalten zum Vorwurf zu machen, weshalb auch die subjektive Tatseite der hier gegenständlichen Übertretung gegeben war.

 

Dem Berufungswerber kam auch ein allfälliger Rechtsirrtum nicht zugute. Gemäß § 5 Abs. 2 VStG entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der ein Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Person grundsätzlich verpflichtet, sich mit für ihn relevanten Rechtsvorschriften vertraut zu machen. Die Unkenntnis eines Gesetzes oder eine irrige Auslegung des Gesetzes kann nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemanden die Verwaltungsschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Von jemanden, der beabsichtigt, einen Grenzübertritt durchzuführen, kann und muss verlangt werden, sich mit den entsprechenden Rechtsvorschriften über die Pflicht, sich der Grenzkontrolle zu stellen, vertraut zu machen. Selbst wenn die Auslegung eines Normwerkes für einen juristischen Laien mit Schwierigkeiten verbunden ist, ist es seine Sache, sich bei der zuständigen Behörde über den Inhalt und die Reichweite der relevanten Normen zu informieren. Dass der Berufungswerber derartige Informationen eingeholt hätte, hat er selbst nicht behauptet. Somit konnte von unverschuldeter Rechtsunkenntnis nicht gesprochen werden. Auch der Umstand, dass er an einer anderen Grenzkontrolle keiner Kontrolle unterzogen wurde, änderte daran nichts. Dass zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort eine nähere Kontrolle nicht durchgeführt wurde, bedeutete nicht, dass ein Grenzkontrollpflichtiger davon ausgehen dürfte, dass hinkünftig gänzlich auf Grenzkontrollen verzichtet werden würde. Dass Rechtfertigungs- oder sonstige Entschuldigungsgründe vorgelegen wären, war aufgrund des Verfahrensergebnisses nicht erkennbar. Das Vorliegen derartiger Gründe wurde vom Berufungswerber auch nicht behauptet. Somit war das Straferkenntnis in der Schuldfrage zu bestätigen.

 

Zur Strafbemessung:

 

Die der Bestrafung zugrunde liegende Handlung schädigte in nicht unerheblichem Maße das bestehende Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch Überprüfung der Einhaltung der die Sicherheitspolizei, das Passwesen, die Fremdenpolizei sowie das Waffen-, Schieß- und Sprengmittelwesen regelnden bundesgesetzlichen Vorschriften an der Außengrenze, dem die Strafdrohung dient. Der objektive Unrechtsgehalt der Tat konnte daher selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen nicht als gering angesehen werden. Entgegen der Ansicht des Berufungswerbers entfiel dieses öffentliche Interesse nicht deswegen, weil er anderenorts keiner Kontrolle unterzogen wurde, weil es nicht seiner Einschätzung, sondern jener des Gesetzgebers und der das Gesetz vollziehenden Organe obliegt, ob und inwieweit in einem bestimmten Einzelfall die konkrete Vornahme der Kontrolle zur Wahrung der öffentlichen Interessen erforderlich ist.

 

Dass die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte, oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, kam weder im Verfahren hervor noch war dies auf Grund besonderer Tatumstände anzunehmen. Das Verschulden des Berufungswerbers konnte daher nicht als geringfügig angesehen werden.

 

Bei der Strafbemessung war kein Umstand als mildernd oder erschwerend zu berücksichtigen. Verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit lag nicht vor, weil der Berufungswerber zwei ungetilgte Verwaltungsstrafvormerkungen (aus dem Jahr 2003) wegen Übertretungen des KFG aufwies und nur die gänzliche Unbescholtenheit als mildernd hätte gewertet werden können. Das Fehlen einschlägiger Vormerkungen stellte keinen Milderungsgrund dar.

 

Gleichzeitig war auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers Bedacht zu nehmen (Einkommen: 1.500 Euro netto monatlich Pension; Vermögen: 1 Eigentumswohnung; Sorgepflichten: keine).

 

Unter Bedachtnahme auf den bis zu  2.180,- reichenden gesetzlichen Strafsatz des § 16 Abs. 1 GrekoG, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden des Berufungswerbers war die von der erstinstanzlichen Behörde verhängte Strafe unter Berücksichtigung der sonstigen genannten Strafzumessungsgründe und der persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers als angemessen anzusehen. Die Strafhöhe wurde zudem ohnedies am untersten Rand des zur Verfügung stehenden Strafrahmens bemessen.

 

Die Strafe musste darüber hinaus geeignet sein, den Berufungswerber von einer Wiederholung der Tat ausreichend abzuschrecken und generalpräventive Wirkungen zu entfalten. Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland wäre aber das Erreichen dieser Ziele, insbesondere den Berufungswerber von der Begehung weiterer gleichartiger Taten abzuhalten und ihn hinkünftig zu gesetzmäßigem Verhalten anzuhalten, im Falle einer geringeren als der ausgesprochenen Strafe nicht gewährleistet gewesen.

Schlagworte
Inhalt und Umfang der Pflicht, sich er Grenzkontrolle stellen zu müssen
Zuletzt aktualisiert am
07.07.2008
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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