Index
23/04 Exekutionsordnung;Norm
ExMinV 1999;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bazil, über die Beschwerde des CK in Wien, geboren am 20. April 1978, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 12. April 1999, Zl. SD 174/99, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes und Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 12. April 1999 wurde der Berufung des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen von Sierra Leone, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien (der Erstbehörde) vom 9. Februar 1999, mit dem gegen ihn gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 7 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen und gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausgeschlossen worden war, gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben.
Der Beschwerdeführer sei am 28. September 1997 illegal in das Bundesgebiet gelangt und habe einen Asylantrag gestellt, der im Instanzenzug mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 6. April 1999 gemäß § 7 Asylgesetz (1997) rechtskräftig abgewiesen worden sei. Er befinde sich seit seiner Einreise unrechtmäßig im Bundesgebiet, weil er weder über einen Reisepass noch einen Aufenthaltstitel oder eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz (1997) verfüge. Da er lediglich im Besitz von S 190,-- an Barmitteln gewesen sei, sei die Erstbehörde zu Recht vom Vorliegen seiner Mittellosigkeit ausgegangen. Daran habe auch das Berufungsvorbringen nichts ändern können. Der Beschwerdeführer bestätige vielmehr, dass er nicht im Besitz der erforderlichen Mittel zu seinem Unterhalt sei. Es könne daher kein Zweifel daran bestehen, dass der in § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG normierte Sachverhalt verwirklicht sei. Angesichts des dargestellten Gesamt(fehl)verhaltens des Beschwerdeführers erweise sich die Erlassung des Aufenthaltsverbotes - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 37 und 38 leg. cit. - im Grund des § 36 Abs. 1 leg. cit. als gerechtfertigt. Angesichts der mittlerweile rechtskräftigen Abweisung des Asylantrages gehe das auf das Asylverfahren abgestellte Berufungsvorbringen - der Beschwerdeführer brachte nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten in seiner Berufung vom 22. Februar 1999 u.a. vor, dass sein Asylverfahren noch nicht rechtskräftig beendet sei - ins Leere.
Der Beschwerdeführer sei ledig und habe keine Sorgepflichten. Familiäre Bindungen zum Bundesgebiet seien nicht geltend gemacht worden. Auf Grund des verhältnismäßig kurzen und darüber hinaus unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet sei von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in sein Privat- bzw. Familienleben nicht auszugehen gewesen. Es sei daher weder zu überprüfen gewesen, ob die gegenständliche Maßnahme zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sei, noch eine Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 2 FrG vorzunehmen gewesen.
Da sonst keine besonderen, zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Umstände gegeben seien, habe die belangte Behörde von der Erlassung des Aufenthaltsverbots auch nicht im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand nehmen können.
In Anbetracht des aufgezeigten Gesamt(fehl)verhaltens des Beschwerdeführers könne ein Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbots maßgeblichen Grundes, nämlich der Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, nicht vor Verstreichen des festgesetzten Zeitraumes erwartet werden.
Ebenso zutreffend habe die Erstbehörde einer Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers bringe eine krasse Geringschätzung der für ihn wesentlichen fremdenpolizeilichen Vorschriften zum Ausdruck. Seine Mittellosigkeit berge darüber hinaus die Gefahr, dass er seinen Lebensunterhalt durch strafbares oder unrechtmäßiges Verhalten zu finanzieren trachte. Es könne daher kein Zweifel daran bestehen, dass die vorzeitige Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten erscheine.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen eine der in den Z. 1 und 2 umschriebenen Annahmen gerechtfertigt ist.
Gemäß Abs. 2 des § 36 FrG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder (Z. 7) den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er wäre rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Inland mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen.
2.1.Die Beschwerde bringt vor, die belangte Behörde hätte entsprechende Ermittlungen durchführen und feststellen müssen, dass der Beschwerdeführer bis zur Verhängung der Schubhaft über ihn als Zeitungskolporteur beschäftigt gewesen sei und monatlich S 2.000,-- bis S 3.000,-- netto verdient habe. Da er an Mietkosten lediglich S 500,-- zu leisten habe, sei sein Aufenthalt im Bundesgebiet finanziell abgesichert. Auch hätte die belangte Behörde berücksichtigen müssen, dass er bisher verwaltungsbehördlich und strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten sei. Sein weiterer Verbleib im Bundesgebiet stelle keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit dar.
2.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 6. November 2001, Zl. 99/18/0310, mwN) hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhaltes verfügt, sondern dass sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gesichert erscheint.
Der Beschwerdeführer hat weder im erstinstanzlichen Verfahren noch in seiner Berufung gegen den Erstbescheid, in dem festgestellt worden war, dass er lediglich S 190,-- besitze, ein Vorbringen dahin erstattet, dass er auf Grund einer Erwerbstätigkeit ein monatliches Einkommen erziele. Die erstmals in der Beschwerde aufgestellte Behauptung, dass er monatlich S 2.000,-- bis S 3.000,-- netto verdiene und an Mietkosten lediglich S 500,-- zu leisten habe, stellt daher - abgesehen davon, dass angesichts der Höhe des gesetzlichen Existenzminimums (vgl. auch dazu das vorzitierte Erkenntnis, mwN) ein monatlich zur Verfügung stehender Betrag von S 2.500,-- zur Unterhaltssicherung nicht ausreichte - eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung dar (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG). Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer laut Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten bei seiner Vernehmung am 9. Februar 1999 vor der Erstbehörde angegeben, zurzeit völlig mittellos zu sein. Die belangte Behörde kam daher zutreffend zu dem Ergebnis, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 verwirklicht sei.
Angesichts der nach der hg. Rechtsprechung (vgl. nochmals das vorzitierte Erkenntnis) aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultierenden Gefahr strafbarer Handlungen und einer finanziellen Belastung der Republik Österreich, wozu noch kommt, dass sich der Beschwerdeführer - wie im angefochtenen Bescheid dargestellt und von der Beschwerde nicht in Abrede gestellt (vgl. dort Seite 7/dritter Absatz) - nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und aufhält, begegnet auch die weitere Ansicht der belangten Behörde, dass die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keinen Bedenken. Wenn die Beschwerde gegen diese Annahme ins Treffen führt, dass der Beschwerdeführer bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten sei, so verkennt sie, dass es für das Gerechtfertigtsein iS der vorzitierten Gesetzesbestimmung nicht erforderlich ist, dass der Beschwerdeführer tatsächlich bereits strafbare Handlungen begangen hat.
3.1. Im Licht des § 37 FrG bringt die Beschwerde vor, die belangte Behörde hätte von Amts wegen entsprechende Ermittlungen darüber in die Wege leiten müssen, inwieweit das gegen den Beschwerdeführer erlassene Aufenthaltsverbot in sein Privat- und Familienleben eingreife. So sei zu berücksichtigen, dass er sich bereits seit 1997 im Bundesgebiet aufhalte. Ferner sei sein am 29. September 1997 gestellter Asylantrag zwar im Instanzenzug mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 6. April 1999 abgewiesen worden, er werde jedoch gegen diesen Bescheid Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben. Darüber hinaus habe er einen Antrag gemäß § 75 FrG gestellt. Bei seiner Abschiebung könnte er weder den Ausgang des seinen Asylantrag betreffenden Beschwerdeverfahrens noch jenen des Verfahrens über seinen Antrag gemäß § 75 FrG im Bundesgebiet abwarten.
3.2. Auch mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Im Hinblick darauf, dass der inländische Aufenthalt des Beschwerdeführers seit seiner Einreise am 28. September 1997 in Österreich unrechtmäßig ist, kommt diesem bei der Beurteilung der Integration des Beschwerdeführers im Bundesgebiet und seiner persönlichen Interessen an einem weiteren Aufenthalt in Österreich kein relevantes Gewicht zu. Im Übrigen legt er keine Umstände dafür dar, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen ihn im Licht des § 37 FrG unzulässig wäre, und bestreitet auch nicht, dass er über keine familiären Beziehungen im Bundesgebiet verfügt. Aber selbst wenn man davon ausginge, dass im Hinblick auf die Dauer des bisherigen Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen relevanten Eingriff in sein Privatleben im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG auszugehen sei, erwiese sich die vorliegende Maßnahme angesichts der obgenannten, mit der Mittellosigkeit eines Fremden verbundenen Gefahr sowohl im Grund des § 37 Abs. 1 FrG als auch gemäß § 37 Abs. 2 leg. cit. als zulässig.
Wenn die Beschwerde vorbringt, der Beschwerdeführer werde gegen den negativen Asylbescheid Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben und es werde ihm bei einer Abschiebung die Möglichkeit genommen, den Ausgang dieses Beschwerdeverfahrens im Inland abzuwarten, so ist diesem Vorbringen zu erwidern, dass, selbst wenn ein derartiges Beschwerdeverfahren bereits anhängig gemacht worden wäre, für die belangte Behörde keine Verpflichtung bestanden hätte, den Ausgang dieses Beschwerdeverfahrens abzuwarten (vgl. dazu näher etwa das hg. Erkenntnis vom 21. September 1999, Zl. 99/18/0300, mwN). Ebenso bestand für die belangte Behörde keine Verpflichtung, den Ausgang eines Feststellungsverfahrens nach § 75 Abs. 1 FrG abzuwarten. Abgesehen davon sei hier darauf hingewiesen, dass gemäß § 75 Abs. 4 leg. cit. bis zur rechtskräftigen Entscheidung über einen derartigen Feststellungsantrag der Fremde in den von seinem Antrag umfassten Staat nicht abgeschoben werden darf.
4. Auch das weitere Vorbringen, die belangte Behörde hätte lediglich mit einer Ausweisung des Beschwerdeführers vorgehen dürfen, führt die Beschwerde nicht zum Erfolg. Unter dem Blickwinkel des § 33 Abs. 2 Z. 4 FrG ist es bereits deshalb nicht zielführend, weil keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Umstand der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers innerhalb eines Monats nach seiner Einreise festgestellt worden sei. Soweit dieses Vorbringen jedoch auf die Bestimmung des § 33 Abs. 1 leg. cit. abzielt, ist ihm zu erwidern, dass die belangte Behörde gehalten war, den Mangel des Nachweises von Unterhaltsmitteln durch den Beschwerdeführer einer rechtlichen Beurteilung zu unterziehen.
5. Soweit sich die Beschwerde erkennbar gegen die mit fünf Jahren festgesetzte Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes wendet, zeigt sie keine Umstände auf, die den Schluss zuließen, dass der Wegfall der für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Gründe vor dem Ende dieses Zeitraums erwartet werden könne. Die Annahme der belangten Behörde, dass dies erst nach fünf Jahren der Fall sein werde, begegnet keinen Bedenken.
6. Ferner geht auch der Beschwerdevorwurf ins Leere, dass die belangte Behörde ihren Bescheid nur unzureichend begründet habe. Diese hat vielmehr mit der erforderlichen Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, welche Sachverhaltsannahmen ihrer rechtlichen Beurteilung zu Grunde liegen, und die die rechtliche Grundlage des Bescheides bildenden gesetzlichen Vorschriften sowie deren Anwendbarkeit auf den konkreten Fall hinreichend dargelegt, sodass eine Überprüfung des angefochtenen Bescheides auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit möglich ist.
7. Schließlich ist auch das Beschwerdevorbringen, dass der gegen den Erstbescheid erhobenen Berufung die aufschiebende Wirkung nicht hätte aberkannt werden dürfen, nicht zielführend. Durch den von der belangten Behörde bestätigten Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Berufung wurde der Beschwerdeführer, der in der Beschwerde angibt, im polizeilichen Gefangenenhaus Wien inhaftiert zu sein - aus den vorgelegten Verwaltungsakten geht hervor, dass er bereits vor Erlassung des Erstbescheides dort in Haft genommen worden ist -, in subjektiven Rechten nicht verletzt, weil er nicht behauptet und aus den vorgelegten Verwaltungsakten auch nicht hervorgeht, dass er während des anhängigen Berufungsverfahrens abgeschoben worden sei.
8. Die Beschwerde erweist sich nach dem Gesagten als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
9. Gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 FrG konnte von der beantragten Verhandlung abgesehen werden.
10. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 17. Dezember 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1999180182.X00Im RIS seit
18.03.2002