TE Vwgh Erkenntnis 2002/4/24 2002/18/0083

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Veröffentlicht am 24.04.2002
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
61/04 Jugendfürsorge;

Norm

FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
JWG 1989 §28 Abs1;
JWG 1989 §33;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des M in Wien, geboren 1986, vertreten durch Mag. Georg Bürstmayr, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hahngasse 25, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 17. Jänner 2002, Zl. SD 849/01, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 17. Jänner 2002 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Weißrussland, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 7 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer sei nach seinen Angaben am 14. September 2001 illegal nach Österreich gelangt und am 16. September 2001 von Sicherheitswachebeamten in Wien wegen des Verdachtes des unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet festgenommen worden. Nach Anordnung eines gelinderen Mittels - er sei angewiesen worden, an einer näher bezeichneten Anschrift Unterkunft zu nehmen und sich jeden zweiten Tag in einem bestimmten Wachzimmer der Bundespolizeidirektion Wien (der Erstbehörde) zu melden - sei er entlassen worden. Da er sich nicht auftragsgemäß im Wachzimmer gemeldet habe, sei er neuerlich gemäß § 110 Abs. 3 FrG festgenommen worden. Im Zug seiner Vernehmung habe er einen Asylantrag gestellt.

Der Beschwerdeführer habe bei seiner Anhaltung über keinerlei Barmittel verfügt und sei daher nicht in der Lage, aus eigener Kraft seinen Unterhalt zu bestreiten. Die Erstbehörde sei daher zu Recht vom Nichtvorhandensein der erforderlichen Mittel zu seinem Unterhalt ausgegangen. Ein Fremder habe die ihm zur Verfügung stehenden Unterhaltsmittel aus eigenem (initiativ) darzulegen. Auch in seiner Berufung (gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 19. September 2001) habe der Beschwerdeführer eine solche Darlegung unterlassen. Zwar verweise er darauf, dass er sich in Obhut des Magistrates der Stadt Wien befinde und als "unbegleiteter" Minderjähriger Unterkunft und Unterhalt bekomme, mit diesem Vorbringen könne er jedoch nicht nachweisen, dass ihm die erforderlichen Mittel zu seinem Unterhalt aus eigenem Einkommen oder Vermögen zur Verfügung stünden, und auch nicht belegen, dass eine andere Person auf Grund einer tragfähigen Verpflichtungserklärung den erforderlichen Unterhalt für ihn sicherstellen könne. Vielmehr bestehe in Bezug auf die einem (minderjährigen) Fremden zukommenden Jugendwohlfahrtsmaßnahmen kein durchsetzbarer Anspruch auf Gewährung der erforderlichen Unterhaltsmittel. Der Beschwerdeführer sei daher weiterhin als mittellos anzusehen, weshalb der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG erfüllt sei. Diese Mittellosigkeit beeinträchtige die öffentliche Ordnung in hohem Maß, sodass sich die Erlassung des Aufenthaltsverbotes - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 37 und 38 leg. cit. - (auch) im Grund des § 36 Abs. 1 leg. cit. als gerechtfertigt erweise.

Auf Grund des kurzen Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet und im Hinblick auf das Fehlen familiärer Bindungen könne von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in sein Privat- oder Familienleben keine Rede sein. Es sei daher weder zu überprüfen gewesen, ob die gegen ihn gesetzte fremdenpolizeiliche Maßnahme zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sei, noch eine Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 2 FrG vorzunehmen gewesen.

Auf Grund der erheblichen Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers und im Hinblick auf das Fehlen besonderer, zu seinen Gunsten sprechender Umstände könne von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens Abstand genommen werden.

In Anbetracht der aufgezeigten Gesamtumstände des Beschwerdeführers könne ein Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Grundes, nämlich der Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch seinen Aufenthalt im Bundesgebiet, nicht vor Verstreichen des festgesetzten Zeitraumes erwartet werden.

Die Tatsache, dass er einen Asylantrag gestellt habe und ihm die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz (1997) zuerkannt worden sei, stehe der Erlassung dieser Maßnahme nicht entgegen. Der Beschwerdeführer habe den Asylantrag weder außerhalb einer Vorführung persönlich beim Bundesasylamt eingebracht, noch den Antrag anlässlich der Grenzkontrolle oder anlässlich eines von ihm sonst mit einer Sicherheitsbehörde oder einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufgenommenen Kontaktes gestellt. Die Bestimmung des § 21 Abs. 1 Asylgesetz (1997), wonach (u. a.) § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG auf Asylwerber mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung keine Anwendung finde, komme sohin nicht zum Tragen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt (Z. 1) die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet oder (Z. 2) anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Gemäß § 36 Abs. 2 FrG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder (Z. 7) den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er wäre rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Inland mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen.

1.2. Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, dass er am 14. September 2001 illegal nach Österreich gekommen ist, bei seiner Anhaltung durch Sicherheitswachebeamte über keine Barmittel verfügt hat und lediglich über einen ihm vom Magistrat der Stadt Wien als Jugendwohlfahrtsmaßnahme gewährten Unterhalt bzw. eine Unterkunft verfügt. Entgegen der Beschwerdeansicht stellen solche Leistungen keine eigenen Unterhaltsmittel dar. Diesbezüglich wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG zur näheren Begründung auf das hg. Erkenntnis vom 7. August 2001, Zl. 2001/18/0083, verwiesen. Von daher begegnet die Auffassung der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG verwirklicht sei, keinem Einwand.

1.3. Nach ständiger hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 17. Dezember 2001, Zl. 99/18/0182, mwN) resultiert aus der Mittellosigkeit eines Fremden die Gefahr strafbarer Handlungen und einer finanziellen Belastung der Republik Österreich bzw. der öffentlichen Hand. Gerade die letztgenannte Gefahr hat sich im Beschwerdefall bereits realisiert. Im Hinblick darauf geht die in der Beschwerde erhobene Verfahrensrüge, die belangte Behörde hätte zur Dauer und zum Umfang der vom Magistrat der Stadt Wien für den Beschwerdeführer erbrachten Unterhaltsleistungen Ermittlungen durchführen und Feststellungen treffen müssen, ins Leere und begegnet die Auffassung der belangten Behörde, dass vorliegend die in § 36 Abs. 1 (Z. 2) FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keinen Bedenken.

Dem Beschwerdevorbringen, dass vom Beschwerdeführer keine größere Gefahr für die öffentliche Hand ausgehe als von einem Fremden, für den eine Verpflichtungserklärung abgegeben werde, weil damit ebenso keine ausreichende Sicherheit für eine Deckung der Kosten der öffentlichen Hand geschaffen werde, kann nicht gefolgt werden, bildet doch eine Verpflichtungserklärung für einen Fremden nur dann eine tragfähige Grundlage für den Nachweis einer Sicherung von dessen Unterhalt, wenn die ausreichende finanzielle Leistungsfähigkeit des sich Verpflichtenden feststeht.

2. Die Ansicht der belangten Behörde, mit dem Aufenthaltsverbot sei kein Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers verbunden, begegnet keinem Einwand, hielt sich doch der Beschwerdeführer - der über keine familiären Bindungen im Bundesgebiet verfügt - bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides erst seit rund vier Monaten im Bundesgebiet auf. Damit erübrigt sich - von der belangten Behörde zutreffend beurteilt - eine Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. November 2001, Zl. 2001/18/0076, mwN).

3. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

4. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 24. April 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002180083.X00

Im RIS seit

22.07.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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