TE Vwgh Erkenntnis 2002/4/25 2001/05/1201

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Veröffentlicht am 25.04.2002
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Index

41/02 Melderecht;

Norm

MeldeG 1991 §17 Abs2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Bürgermeisters der Bundeshauptstadt Wien gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. November 2001, Zl. 603.011/6-II/13/01, betreffend Reklamationsverfahren nach § 17 Abs. 2 Z. 2 Meldegesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. Bürgermeister der Gemeinde Maria Wörth in 9081 Reifnitz am Wörthersee, 2. Gerd Hartl in 1050 Wien, Gartengasse 19A/1), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der am 7. April 1943 geborene, verheiratete Zweitmitbeteiligte war von 1973 bis September 1998 in Wien mit Hauptwohnsitz (siehe § 23 Abs. 1 des im Beschwerdefall anzuwendenden Meldegesetzes 1991, BGBl. Nr. 9/1992, in der Fassung des Hauptwohnsitzgesetzes BGBl. Nr. 505/1994; in der Folge kurz:

MeldeG) gemeldet. Seit September 1998 ist der Zweitmitbeteiligte in der Gemeinde des zweitmitbeteiligten Bürgermeisters (Maria Wörth/Reifnitz) mit Hauptwohnsitz gemeldet, in Wien ist sein weiterer Wohnsitz. Seine Ehegattin und Mutter sind jedoch in der Wiener Wohnung mit Hauptwohnsitz und in der Gemeinde des zweitmitbeteiligten Bürgermeisters mit weiterem Wohnsitz gemeldet. Der Zweitmitbeteiligte ist in Wien berufstätig und tritt den Weg zur Arbeitsstätte von seiner Wiener Unterkunft aus an.

In einer Stellungnahme vom 26. März 2001 an die belangte Behörde gab der Zweitmitbeteiligte an, in der Gemeinde des Erstmitbeteiligten deshalb den Hauptwohnsitz gemeldet zu haben, weil er "in absehbarer Zeit in den Ruhestand treten und ab diesem Zeitpunkt ständig in Kärnten leben werde". Der dortige Wohnsitz sei "Familiensitz", da seine Frau schon in Pension sei und den überwiegenden Teil des Jahres ebenso wie seine Mutter dort verbringe. In der Wohnsitzerklärung vom 18. Mai 2001 hingegen gab der Zweitmitbeteiligte an, seine Gattin und Mutter seien mit Hauptwohnsitz in seiner Wiener Wohnung gemeldet, er verbringe rund 195 Tage im Jahr in Wien, die restlichen Tage in Maria Wörth.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des beschwerdeführenden Bürgermeisters auf Aufhebung des Hauptwohnsitzes des Zweitmitbeteiligten in der Gemeinde des erstmitbeteiligten Bürgermeisters ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor; der Erstmitbeteiligte erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 13. November 2001, Zl. 2000/05/945, zwar ausgeführt, dass sog. "Wochenpendler", die eine Unterkunft (Wohnung) am Ort oder in der näheren Umgebung des Arbeitsplatzes als weiteren Wohnsitz nehmen, damit keinen Hauptwohnsitz begründet haben. Das Kriterium "nur aus beruflichen Gründen" kann aber hier nicht vorliegen, wenn der Zweitmitbeteiligte selbst angegeben hat, mit seiner Ehegattin und Mutter in der Wiener Unterkunft zu wohnen und Maria Wörth nur deshalb als Hauptwohnsitz gewählt zu haben, weil er dort in seiner Pension ständig leben wolle. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Ehegatten im Falle einer aufrechten Lebensgemeinschaft denselben Mittelpunkt haben (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 13. November 2001, Zl. 2001/05/0941). Weiters ist zu beachten, dass das Reklamationsverfahren gegenwartsbezogen ist und es daher auf beabsichtigte Veränderungen nicht ankommt, weil jederzeit eine neue Meldung erfolgen kann und muss (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2002, Zl. 2001/05/1163). Auf Grund der Angaben des Zweitmitbeteiligten im Reklamationsverfahren, die auch für die belangte Behörde Grundlage der angefochtenen Entscheidung waren, ist daher davon auszugehen, dass der Zweitmitbeteiligte im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides seinen familiären und beruflichen Lebensmittelpunkt in Wien hatte, und kein Anhaltspunkt für die Annahme eines Mittelpunktes für die Gemeinde des Erstmitbeteiligten hervorgekommen ist.

Auf die in der Gegenschrift des Erstmitbeteiligten enthaltenen Ausführungen zum Wohnsitz der Ehegattin und Mutter des Zweitmitbeteiligten und die in diesem Zusammenhang vorgelegten Beilagen, kann auf Grund des aus § 41 VwGG abgeleiteten Neuerungsverbotes nicht eingegangen werden.

Ausgehend davon hat im vorliegenden Fall der Zweitmitbeteiligte ohne Rechtsgrundlage eine Wahl nach § 1 Abs. 7 letzter Satz MeldeG getroffen, sodass die Reklamation durch den Beschwerdeführer zu Recht erfolgte. Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Dieser Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am 25. April 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001051201.X00

Im RIS seit

13.06.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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