TE Vwgh Erkenntnis 2002/12/20 2000/05/0272

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Veröffentlicht am 20.12.2002
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO NÖ 1996 §4 Z6;
BauO NÖ 1996 §50 Abs1;
BauO NÖ 1996 §51 Abs1 Z3;
BauO NÖ 1996 §51 Abs1;
BauO NÖ 1996 §53 Abs1;
BauO NÖ 1996 §54;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z3;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. König, über die Beschwerde des K G in T, vertreten durch Biel & Partner KEG, Rechtsanwälte in Wien I, Rauhensteingasse 1, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 19. Oktober 2000, Zl. RO1-V-00044/00, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. A R in T, vertreten durch Dallmann & Partner, Rechtsanwälte in Wien IV, Gusshausstraße 2, 2. Marktgemeinde T, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem am 27. Mai 1998 bei der Behörde eingelangten Bauansuchen vom 12. Mai 1998 kam die erstmitbeteiligte Partei (kurz: Bauwerber) um die Erteilung einer Baubewilligung für Um- und Zubauarbeiten zu einem bestehenden Einfamilienwohnhaus auf einem Grundstück im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde ein (das bestehende Haus soll wesentlich erweitert werden). Der Beschwerdeführer ist Eigentümer eines (von der Straße aus gesehen rechts) angrenzenden, ebenfalls bebauten Grundstückes. Für das fragliche Gebiet besteht kein Bebauungsplan.

In der Bauverhandlung vom 23. Juni 1998 erhob der Beschwerdeführer verschiedene Einwendungen gegen das Vorhaben. Daraufhin erfolgte eine Planänderung. Der Beschwerdeführer äußerte sich weiterhin ablehnend.

Die Baubehörde holte eine "Stellungnahme" (vom 2. Dezember 1998) eines Amtsachverständigen für Ortsbildpflege ein. Darin heißt es unter anderem, gemäß den Einreichunterlagen sei der teilweise Abbruch des bestehenden Wohnhauses sowie ein Zubau geplant. Auf Grund der Geländesituation (Anm.: das Gelände fällt von der Straße aus ab) erscheine das Gebäude bergseitig in Form eines Haupt- und eines Dachgeschosses, allseitig seien zwei Vollgeschosse sowie ein ausgebautes Dachgeschoss erkennbar. Als Dachkörper sei ein geknicktes Satteldach mit den Neigungen 45 Grad

und 18 Grad geplant. Talseitig sei über einem vorgezogenen ebenerdigen Baukörper eine Terrasse angeordnet. Im Bereich der nordwestlichen Grundgrenze (Anm.: das ist jene zum Grundstück des Beschwerdeführers) solle eine Garage errichtet werden. Bei Vorhandensein eines Bebauungsplanes würde das Objekt den Bauklassen I, II entsprechen. Die Abstände zu den seitlichen Grundstücksgrenzen beliefen sich im Nordwesten auf 3 m, im Südosten auf 3,15 m bis 4,11 m.

Der umgebende Baubestand sei als architektonisch sehr heterogen zu bezeichnen. Eine stilistische Einigkeit hinsichtlich der Ausführungen der einzelnen Objekte sei nicht erkennbar. Das betreffe sowohl die Bau- als auch die Dachkörper. Die Objekte selbst seien generell mit gewissen Seitenabständen von den Nachbargrundstücksgrenzen abgerückt, oftmals seien Kleingaragen direkt an der Nachbargrundgrenze errichtet. Hinsichtlich der Gebäudehöhen sei feststellbar, dass diese den Bauklassen I, II zuzurechnen wären, sich also zwischen rund 3 m bis 8 m bewegten.

Gemäß § 58 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 (in der Folge kurz: BO) sei ein Neu- oder Zubau eines Bauwerkes dann unzulässig, wenn er in seiner Anordnung und Höhe von dem an allgemein zugänglichen Orten zugleich mit ihm sichtbaren Bauwerken auffallend abweiche oder der Lichteinfall unter 45 Grad auf Hauptfenster zulässiger Gebäude auf den Nachbargrundgrenzen beeinträchtigen würde.

Im maßgeblichen Bezugsgebiet (wird näher umschrieben) wiesen die Objekte, wie zuvor dargestellt, Gebäudehöhen auf, welche von rund 3 m bis 8 m reichten. Hinsichtlich der Anordnung sei schon dargelegt worden, dass generell seitliche Abstände bei den Hauptgebäuden gegeben seien. Auch das gegenständliche Vorhaben weise seitliche Abstände in der Dimension von annähernd der jeweils halben Gebäudehöhe auf. Die Gebäudehöhe selbst liege ebenfalls im Bereich von rund 4 m bis 8 m. Eine auffallende Abweichung dieser beiden Kriterien hinsichtlich des Umgebungsbestandes könne daher nicht erkannt werden. Hinsichtlich einer allfälligen Beeinträchtigung (der Belichtung) von Hauptfenstern zulässiger Gebäude auf den Nachbargrundstücken werde empfohlen, den seitlichen Abstand des Objektes so zu wählen, dass dieser jeweils die Hälfte der betreffenden Fassadenfront (Gebäudehöhe an dieser Stelle) betrage.

Die Voraussetzungen des § 56 BO seien gegeben (wurde näher ausgeführt).

Zusammenfassend sei festzuhalten, dass das Bauvorhaben keine auffallende "Abweichung der Anordnung und Höhe" gegenüber dem Umgebungsbestand (im Sinne des § 54 BO) erkennen lasse. Der Lichteinfall unter 45 Grad auf Hauptfenster zulässiger Gebäude auf Nachbargrundstücken werde dann jedenfalls gegeben sein, wenn der seitliche Abstand des Hauptgebäudes jeweils mindestens der halben Gebäudehöhe entspreche. Dies gelte jedoch nur bei der Ausführung eines maximal 45 Grad geneigten Dachkörpers. Bei Erhöhung dieser Dachneigung ergebe sich eine rechnerisch höhere Gebäudehöhe, als derzeit, und es müsste dies ebenfalls berücksichtigt werden. Hinsichtlich der Garage sei festzustellen, dass diese durch ihre talseitige Gebäudehöhe von rund 6 m an der Grundgrenze die Belichtung von zulässigen Hauptfenstern in einem Abstand von 3 m auf dem Nachbargrundstück jedenfalls beeinträchtigen würde. Eine Absenkung der Garagenhöhe in diesem Bereich auf zumindest 4 m würde "diesen Umstand weitestgehend beheben".

Der Beschwerdeführer gab eine Stellungnahme (vom 3. Jänner 1999) ab, in welcher er unter anderem ausführe, das Gutachten bestätige, dass der seitliche Abstand des Hauptgebäudes nicht der halben Gebäudehöhe entspreche. Ebenso sei die talseitige Gebäudehöhe der Garage mit 6 m nicht zulässig.

Daraufhin nahm der Bauwerber eine neuerliche Planänderung vor (darin ergaben sich Änderungen hinsichtlich der Garage). Sodann wurde am 21. Juni 1999 eine neuerliche Bauverhandlung durchgeführt. Der Beschwerdeführer erhob abermals verschiedene Einwendungen gegen das Vorhaben. Er brachte unter anderem vor, dass im Vergleich zum letzten Einreichplan lediglich das Garagendach im rückwärtigen Bereich abgeschrägt worden sei. Seiner Auffassung nach sei derzeit die Garage mit einer mittleren Höhe von 4,06 m geplant. Dies stehe auf jeden Fall im Widerspruch zu § 51 BO (maximale Höhe von Nebengebäuden im Seitenwich 3,00 m!) In der Stellungnahme des Amtsachverständigen vom 2. Dezember 1998 werde verlangt, dass der seitliche Abstand des Hauptgebäudes jeweils mindestens der halben Gebäudehöhe entsprechen. Der Bauwerber negiere dies. Gemäß § 53 Abs. 3 und 4 BO sei die Seitenfrontlänge in Frontabschnitten von 3 m zu berechnen. Dabei ergäben sich seiner Auffassung nach Gebäudehöhen von bis zu 9,35 m (wird näher ausgeführt). Dies sei bereits ein Höhenmaß, welches der Bauklasse III entspreche.

Der der Verhandlung beigezogene Bausachverständige nahm Stellung zu den Einwendungen des Beschwerdeführers. Er führte (unter anderem) aus, die mittlere Höhe der Garage betrage laut ergänztem Einreichplan 3,80 m und nicht 4,06 m wie angeführt. Ansonsten werde auf die Beurteilung und Stellungnahme des Amtsachverständigen für Ortsbildpflege vom 2. Dezember 1998 verwiesen (Anm.: es ist dies ein anderer Sachverständiger). In dieser Stellungnahme vom 2. Dezember 1998 werde nicht verlangt, dass der seitliche Abstand des Hauptgebäudes jeweils mindestens der halben Gebäudehöhe entsprechen müsse. Das Gutachten sage ausdrücklich in seiner Zusammenfassung aus, dass die Garage die Belichtung von zulässigen Hauptfenstern in einem Abstand von 3 m auf dem Nachbargrundstück beeinträchtigen würde und daher eine Absenkung der Garagenhöhe auf mindestens 4 m dem weitestgehend Rechnung tragen werde. Die Garage sei im abgeänderten Einreichplan vom 5. Mai 1999 mit einer Höhe von 3,80 m geplant.

Der Beschwerdeführer hielt seine Einwendungen aufrecht.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 26. Juli 1999 wurde dem Bauwerber die angestrebte baubehördliche Bewilligung mit verschiedenen Vorschreibungen erteilt. Die Einwendungen des Beschwerdeführers wurden als unbegründet abgewiesen. Soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, wurde dies zusammengefasst unter Hinweis auf das Gutachten vom 2. Dezember 1998 damit begründet, dass das Vorhaben der maßgeblichen Voraussetzung des § 54 BO entspreche. Im Hinblick auf die Projektänderung (Hinweis auf den Auswechslungsplan) sei der Lichteinfall unter 45 Grad auf Hauptfenster zulässiger Gebäude auf dem Grundstück des Beschwerdeführers gewährleistet.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, die mit Berufungsbescheid vom 24. März 2000 als unbegründet abgewiesen wurde. Zusammengefasst schloss sich die Berufungsbehörde der Beurteilung der erstinstanzlichen Behörde an: Das Vorhaben entspreche den maßgeblichen Kriterien des § 54 BO. Die Stellungnahme des Amtsachverständigen vom 2. Dezember 1998 sei schlüssig, durch die "Absenkung der Dachschräge auf 3,80 m der talseitigen Gebäudehöhe der Garage" sei auch der Lichteinfall unter 45 Grad auf zulässige Hauptfenster eines Nachbargebäude zweifelsfrei gewährleistet.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung, die mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Baubehörden ihren Entscheidungen zu Recht das schlüssige Gutachten vom 2. Dezember 1998 zu Grunde gelegt hätten.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie der mitbeteiligte Bauwerber, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf Grund der zeitlichen Lagerung des Bauverfahrens - es war zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle LGBl. 8200-3 bereits anhängig - ist im Beschwerdefall die Niederösterreichische Bauordnung 1996 (kurz: BO), LGBl. 8200, in der Fassung der Kundmachung LGBl. 8200-2 anzuwenden, soweit nicht Derogation durch § 82 Abs. 7 AVG idF der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 eintrat.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, uva.).

Nach § 6 Abs. 2 BO werden subjektiv-öffentliche (Nachbar-) Rechte durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes (BO), des Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1976, der Niederösterreichischen Aufzugsordnung sowie der Durchführungsverordnungen zu diesen Gesetzen begründet, die

1. die Standsicherheit, die Trockenheit und den Brandschutz der Bauwerke der Nachbarn (Abs. 1 Z. 4 BO)

sowie

2. den Schutz für Immissionen (§ 48) BO ausgenommen jene, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Wohnzwecken oder einer Abstellanlage im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß (§ 63) BO ergeben,

gewährleisten und über

3. die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe, den Bauwich, die Abstände zwischen Bauwerken oder deren zulässige Höhe, soweit diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster (§ 4 Z. 9 BO) der Gebäude der Nachbarn dienen.

Unstrittig ist, dass für das fragliche Gebiet kein Bebauungsplan besteht. Zu Unrecht stützt der Beschwerdeführer seine Argumentation daher in diesem Zusammenhang auf § 120 der Niederösterreichischen Bauordnung 1976 sowie auf die hiezu ergangene Judikatur, weil diese Bestimmung im Beschwerdefall nicht anzuwenden ist: Maßgeblich ist vielmehr, wie die Baubehörden zutreffend erkannt haben, § 54 BO (überschrieben mit "Bauwerke im ungeregelten Baulandbereich").

Nach dieser Bestimmung ist ein Neu- oder Zubau eines Bauwerks unzulässig, wenn für ein als Bauland gewidmetes Grundstück kein Bebauungsplan gilt oder dieser keine Festlegung der Bebauungsweise oder - höhe enthält und das neue oder abgeänderte Bauwerk

-

in seiner Anordnung und Höhe von dem an allgemein zugänglichen Orten zugleich mit ihm sichtbaren Bauwerken auffallend abweicht (erster Fall) oder

-

den Lichteinfall unter 45 Grad auf Hauptfenster zulässiger Gebäude auf den Nachbargrundstücken beeinträchtigen würde (zweiter Fall).

Dieser Bestimmung (§ 54 BO) ist nicht zu entnehmen, dass der Landesgesetzgeber damit dem Nachbarn vom Prinzip her weitergehende Mitspracherechte hätte einräumen wollen, als im § 6 Abs. 2 BO umschrieben. Das heißt, der Beschwerdeführer als Nachbar kann auch diesbezüglich nur eine Verletzung von Nachbarrechten im Sinne des § 6 Abs. 2 BO geltend machen. Hinsichtlich (eines überdimensionalen Baues, welcher in Widerspruch zum Gebietscharakter stehe) kommt ihm kein Mitspracherecht zu (ebensowenig hinsichtlich der Gebäudehöhe für sich allein), wohl aber - fallbezogen (angesichts seines weiteren Vorbringens) - bezüglich des im § 6 Abs. 2 Z. 3 BO umschriebenen Kriteriums einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster seiner Gebäude, welches in § 54 zweiter Fall BO besonders ausgeformt wurde.

In diesem besonderen Zusammenhang hat er nach § 54 zweiter Fall BO Anspruch darauf, dass das Vorhaben den Lichteinfall unter 45 Grad auf Hauptfenster zulässiger Gebäude auf seinem Grundstück nicht beeinträchtigt. Die Baubehörden haben eine solche Beeinträchtigung durch die Garage verneint. Der der Bauverhandlung vom 21. Juni 1999 beigezogene Bausachverständige hat das mit dem Argument verneint, die mittlere Höhe der Garage belaufe sich auf 3,80 m. Die Gemeindebehörden haben damit argumentiert, dass die Höhe der Garage an der nordwestlichen Ecke (talseitige Gebäudehöhe) auf 3,80 m abgesenkt worden sei. Der Beschwerdeführer tritt dem entgegen und verweist darauf, dass die (größte) Höhe der Garage 4,70 m betrage, was nach dem Plan nicht vorweg unzutreffend ist (das Gelände fällt relativ stark ab; das Dach der Garage verläuft zunächst horizontal und sodann im rückwärtigen Bereich in einer Neigung von 20 Grad abwärts. Bergseits, also bei der Einfahrt von der Straße aus, ist die Höhe mit 2,97 m angegeben, am talseitigen Ende mit 3,80 m. Die 4,70 m wären dem gemäß planlich offensichtlich die größte Höhendifferenz zwischen dem Gelände und dem Dach der Garage in dem Punkt, wo der abwärtsführende Knick beginnt).

Nun ist § 54 zweiter Fall BO nicht zu entnehmen, dass auf eine (fiktive) mittlere Wandhöhe abzustellen wäre; maßgeblich ist vielmehr das konkrete Vorhaben. Ebenso wenig kann dieser Bestimmung entnommen werden, dass - beschwerdefallbezogen - gerade auf das talseitige Ende dieser Garage abzustellen wäre. Die Behörden des Verwaltungsverfahrens sind daher bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 54 zweiter Fall BO von unzutreffenden Prämissen ausgegangen, weil sie nicht das konkrete Vorhaben prüften.

Der Beschwerdeführer macht unter anderem geltend, das geplante Gebäude sei bis zu 9,35 m hoch. Vor dem Hintergrund seines Vorbringens im Verwaltungsverfahren bezieht er sich damit offensichtlich auf die große, laut Plan rund 6 m breite Gaube (mit fünf nebeneinander angeordneten Fenstern) an der Seite des Gebäudes, welches zu seinem Grundstück gewendet ist (das Dach, in welchem sich die Gaube befindet, ist laut Plan rund 15 m lang). Es handelt sich bei dieser Gaube nicht um einen untergeordneten Bauteil, der bei der Beurteilung, ob der Lichteinfall unter 45 Grad im Sinne des § 54 zweiter Fall BO gewährleistet ist, (allenfalls) unberücksichtigt bleiben könnte. Das blieb allerdings im Verwaltungsverfahren offenbar in Verkennung der Rechtslage ungeprüft.

Der Beschwerdeführer macht aber auch eine Verletzung der Bestimmungen hinsichtlich des seitlichen Bauwichs geltend. Diesbezüglich kommt ihm gemäß § 54 erster Fall BO in Verbindung mit § 6 Abs. 2 Z. 3 BO ein Mitspracherecht zu (was im Ergebnis dann von Bedeutung ist, wenn sich hieraus für den Beschwerdeführer als Nachbarn eine bessere Position ergibt, als nach § 54 zweiter Fall BO).

Auch in diesem Zusammenhang bringt der Beschwerdeführer vor, das geplante Gebäude sei bis zu 9,35 m hoch, sodass unter Berücksichtigung "der im § 53/3 BO vorgesehenen 3 m" der Seitenabstand zu seinem Grundstück "die Hälfte, somit mindestens 4,675 m betragen" müsste. Bei dem vorgesehenen Objekt betrage er jedoch nur 3,40 m, was eine exorbitante Verschattung seines Grundstückes zur Folge hätte. Das Hauptgebäude (ohne das Dachgeschoss, welches jedoch als Hauptgeschoss zu betrachten sei) sei im Plan mit einer Höhe von 7,29 m ausgewiesen. Dem entspräche logischerweise ein Seitenabstand von 3,645 m, tatsächlich belaufe sich dieser nur auf 3 m. Dieses Erfordernis sei im Übrigen auch in Gutachten vom 2. Dezember 1998 "als Kriterium für eine Bewilligung vorgesehen". Auf Grund der beabsichtigten Gebäudehöhe wären im Übrigen geplante Bauwerke der Bauklasse III zuzuordnen. Es ergebe sich somit, dass das Bauvorhaben "nicht nur dem § 54 BO als auch den anderen zu berücksichtigenden Bestimmungen der BO widerspricht".

Dem ist Folgendes zu entgegnen: Zum Mitspracherecht des Beschwerdeführers als Nachbarn ist auf das zuvor Gesagte zu verweisen. Der Hinweis auf (fiktive) Bauklassen geht schon deshalb fehl, weil kein Bebauungsplan besteht und (nur) die Kriterien des § 54 BO maßgeblich sind. Nach § 50 Abs. BO muss der seitliche Bauwich im geregelten Baulandbereich (Bebauungsplan) der halben Gebäudehöhe entsprechen. Wenn er nicht in den folgenden Bestimmungen oder im Bebauungsplan anders geregelt ist, muss er mindestens 3 m betragen. Ein seitlicher Bauwich im Ausmaß der halben Gebäudehöhe ist somit nur für den geregelten Baulandbereich vorgesehen, ein solcher ist hier aber nicht gegeben (vielmehr greift hier die Schutzvorschrift des § 54 zweiter Fall BO). Den Empfehlungen des Sachverständigen im Gutachten vom 2. Dezember 1998 kommt normative Wirkung nicht zu. Warum dennoch ein seitlicher Bauwich im Ausmaß der halben Gebäudehöhe einzuhalten wäre, sagt der Beschwerdeführer nicht und es ist dies auch nicht nachvollziehbar.

Der Beschwerdeführer beruft sich weiters auf die Bestimmung des § 51 BO betreffend die Zulässigkeit von Bauwerken im Bauwich. Nach dieser Bestimmung dürfen, soweit im Beschwerdefall erheblich, im seitlichen Bauwich Nebengebäude errichtet werden, wenn 1. der Bebauungsplan dies nicht verbietet, 2. die Grundrissfläche dieser Nebengebäude insgesamt nicht mehr als 100 m2 beträgt und 3. die Gebäudehöhe dieser Nebengebäude nicht mehr als 3 m beträgt.

Der Beschwerdeführer macht geltend, dass die Garage im Hinblick auf diese Bestimmungen unzulässig hoch sei.

Nach den Bauplänen handelt es sich um eine Garage für 4 PKW (2 nebeneinander, 2 hintereinander), die zum (kleineren) Teil in das "Hauptgebäude" integriert ist und im Übrigen nach vorne (straßenseits) und seitlich (zum Grundstück des Beschwerdeführers) "hervorragt" (diese Garage ist überdies teilweise unterkellert, wobei den Plänen zufolge dieser "Keller" wegen des Gefälles des Geländes zumindest teilweise oberirdisch zu liegen kommen dürfte). Es handelt sich dabei somit schon deshalb nicht um ein "Nebengebäude" im Sinne des § 4 Z. 6 BO, weil es weder ein selbstständiges Bauwerk noch auch (nur) an das "Hauptgebäude" angebaut ist. Im Beschwerdefall ist aber die Frage nicht zu lösen, ob ein "Nebengebäude" im Sinne des § 51 Abs. 1 BO nur ein solches im Sinne des § 4 Z. 6 BO sein kann, weil es vor dem Hintergrund des im Beschwerdefall maßgeblichen Schutzzweckes des § 6 Abs. 2 Z. 3 BO, der die dort näher umschriebene ausreichende Belichtung gewährleisten soll, auf die Teile dieser Garage im Bauwich ankommt (und demnach nicht darauf ankommt, ob überdies ein weiterer Teil in das "Hauptgebäude" integriert ist oder nicht, weil dieser Teil keine Auswirkungen auf die Belichtung der Liegenschaft des Beschwerdeführers hat).

Mangels Bebauungsplanes ist die Voraussetzung des § 51 Abs. 1 Z. 1 BO gegeben (im Übrigen hat auch der Sachverständige in seinem Gutachten vom 2. Dezember 1998 Kleingaragen im seitlichen Bauwich festgestellt; die prinzipielle Zulässigkeit einer solchen Garage im seitlichen Bauwich wird vom Beschwerdeführer auch nicht in Zweifel gezogen). Angesichts der Dimensionen dieser Garage sind zwar die Voraussetzungen des § ?1 Abs. 1 Z. 2 BO gegeben, die Voraussetzung des § 51 Abs. 1 Z. 3 hinsichtlich der zulässigen Gebäudehöhe (von 3 m) wurde von den Behörden des Verwaltungsverfahrens aber nicht dargelegt und können auch nicht als evident angenommen werden. Im Beschwerdefall ist hiefür mangels abweichender Anordnung im § 51 Abs. 1 Z. 3 BO die mittlere Höhe der dem Grundstück des Beschwerdeführers zugewendeten Front dieser Garage maßgeblich (§ 53 Abs. 1 BO). Diese mittlere Höhe wurde aber vom Sachverständigen in der Bauverhandlung vom 21. Juni 1999 mit 3,80 m angegeben (der Beschwerdeführer geht von einer noch größeren mittleren Höhe aus). Demnach wäre diese Garage zu hoch.

Da die belangte Behörde die aufgezeigten Mängel verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 20. Dezember 2002

Schlagworte

Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Belichtung Belüftung BauRallg5/1/3Baubewilligung BauRallg6Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Schutz vor Immissionen BauRallg5/1/6Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Abstandsvorschriften BauRallg5/1/1Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9Baurecht Nachbar

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2000050272.X00

Im RIS seit

03.04.2003

Zuletzt aktualisiert am

03.12.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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