TE Vwgh Erkenntnis 2003/9/16 99/14/0228

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Veröffentlicht am 16.09.2003
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

BAO §114;
BAO §115 Abs1;
EStG 1988 §21 Abs1;
EStG 1988 §21 Abs2 Z1;
EStG 1988 §21;
EStG 1988 §23;
UStG 1972 §22 Abs4;
UStG 1972 §22;
UStG 1994 §22 Abs4;
UStG 1994 §22;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Kärnten gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat I) vom 27. Mai 1999, Zl. RV 537/1 - 7/98, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 1994 bis 1996 (mitbeteiligte Partei: S J in S V), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der Mitbeteiligte erklärte als pauschalierter Landwirt in den Streitjahren 1994 bis 1996 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in der Höhe von jeweils 0 S und Umsätze gemäß § 22 Abs. 2 UStG 1972 (1994) von 103.827,27 S (1994), 227.753,63 S bzw. berichtigt auf 200.244,26 S (1995) und 193.694,26 S (1996).

Dem Bericht über eine abgabenbehördliche Prüfung der Jahre 1994 bis 1996 ist zu entnehmen, dass der Mitbeteiligte seinen "Veredelungs- und Verarbeitungsbetrieb" bisher als landwirtschaftlichen Nebenbetrieb behandelt habe, der im Rahmen der pauschalierten Land- und Forstwirtschaft untergegangen sei. Dazu führte der Prüfer erläuternd aus, der Mitbeteiligte baue auf 4,53 ha Getreide und auf 14,87 ha Körnermais an. Rund die Hälfte des angebauten Getreides werde für den Eigenbedarf verwendet, ein Teil diene als Schweinemastfutter, ein weiterer Teil werde gemahlen und das daraus gewonnene Mehl in der hauseigenen Backstube von einem Bäcker, der stundenweise aushelfe, zu Brot verarbeitet. Das Brot werde größtenteils nur im Buschenschank verkauft. Der abgeerntete Körnermais diene zum überwiegenden Teil für die Aufmästung der jährlich im September zugekauften Ferkel. Die Schweine würden überwiegend im Winter geschlachtet (180 bis 260 pro Jahr, davon rund 160 bis 220 für den Buschenschank) und am Hof zu Speckwaren, Würsten, Selchfleisch, Surbraten, Schinken, etc. verarbeitet. Das für die Würstelerzeugung benötigte Rindfleisch sowie die sonstigen Zutaten und Hilfsmittel würden zugekauft. Die Mehrzahl der Produkte würde portioniert, in einer hauseigenen Verpackungshalle in Folie eingeschweißt und mit Aufklebern versehen, aus denen der Hersteller, der Produktnamen, das Gewicht, der Preis, die Zutaten, das Abpackdatum sowie eine Angabe zur Mindesthaltbarkeit hervorgingen. Neben Fleisch-, Wurst- und Backwaren würden noch andere aus der Landwirtschaft stammende Urerzeugnisse auf professionelle Weise veredelt (z.B. Erzeugung von Most, Fruchtsaft sowie von Edel- und Fruchtbränden) und im Wege der Direktvermarktung (Bauernmarkt, Buschenschank, Ab-Hof-Verkauf und Versand) veräußert.

An betrieblich genutzten Gebäuden stünden ein Schweinestall mit Futterkammer, ein Schlachtraum, ein Fleischaufarbeitungsraum, zwei Kühlräume, eine Selchkammer, zwei Trockenräume, ein Abstellraum, ein Fleischsur- und Aufbewahrungsraum, ein Fleischverpackungsraum, ein Aufbewahrungsraum, eine Backstube, eine Verladefläche, ein Heizraum, ein Holzschnitzellager und zwei Siloräume zur Verfügung. Weiters gebe es ein Gebäude, in dem der Buschenschank untergebracht sei, bestehend aus der Wohnung der Mutter, der Küche, einen Gastraum mit rund 150 Sitzplätzen, Keller und Lagerraum, sowie ein "Nebengebäude 1" mit Toiletteanlagen und Schnapsbar samt Brenn- und Maischraum, eine Maschinenhütte mit Lagerräumen und eine Abstellfläche für den landwirtschaftlichen Fuhrpark, und das "Nebengebäude 2" mit Lagerräumen sowie dem Wohnhaus.

Im Betrieb seien neben dem Mitbeteiligten, Ehefrau, Tochter und Sohn sowie ein näher bezeichneter Onkel tätig. An Familienfremden beschäftige der Mitbeteiligte Manfred M. (Bäcker-Aushilfe), Peter K. (Aushilfe), Werner N. (Aushilfe) und Robert R. (Landfacharbeiter).

Nach den Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung würden die Umsätze im Jahresschnitt im Bereich der Direktvermarktung (Buschenschenke, Ab-Hof-Verkauf, Bauernmarkt) rund 2,3 Mio. S betragen, während im rein landwirtschaftlichen Betriebszweig nur ein Erlös von rund 150.000 S lukriert worden sei. Schon daraus sei zu erschließen, dass von keiner wirtschaftlichen Unterordnung des Veredelungs- bzw. Vermarktungsbetriebes auszugehen sei. Auch die tatsächlichen betrieblichen Abläufe sowie die Organisation des Produktions- und Vertriebsprozesses würden darauf hindeuten, dass ein beträchtlicher Teil der landwirtschaftlichen Produktion darauf ausgerichtet sei, dem Betriebszweig Direktvermarktung zu "dienen" und daher eher dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb die Funktion eines Hilfsbetriebes zukomme.

Eine nachhaltige Überschreitung der 25 %-igen Zukaufsgrenze habe mangels zuverlässiger Aufzeichnungen nicht festgestellt werden können. Diesem Aspekt komme nach Ansicht des Prüfers aber ohnedies keine vorrangige Bedeutung zu, weil sich der entscheidende betriebliche Wertschöpfungsprozess hinsichtlich der erzeugten Endprodukte außerhalb des durch das traditionelle Bild gegebenen Rahmens der Land- und Forstwirtschaft vollziehe. Verarbeitung und Veredelung sowie Vermarktung würden in einer für Gewerbebetriebe typischen Weise durchgeführt werden, sodass der Betrieb des Mitbeteiligten somit als deren Marktkonkurrent in Erscheinung trete. Neben dem hohen Veredelungsgrad der Produkte seien der Umfang der be- bzw. verarbeiteten Produktionsmengen, die zeitweilige Beschäftigung familienfremder Aushilfskräfte sowie die maschinelle Ausstattung des Produktions- und Vermarktungsbetriebes weitere Anhaltspunkte für dessen Gewerblichkeit.

Im Buschenschankbetrieb des Mitbeteiligten, welcher vom Angebot her mit einer Jausenstation verglichen werden könne, würden fachmännisch veredelte Urprodukte der Landwirtschaft (im Wesentlichen Fleisch- und Wurstwaren, Brot und Gebäck, Most, Säfte, Edel- und Fruchtbrände) und zugekaufte veredelte landwirtschaftliche Urprodukte (z.B. Sauergemüse) sowie zugekaufte alkoholfreie Getränke (z.B. Mineralwasser) verkauft. Der Mitbeteiligte konzentriere sich darauf, innerhalb der Öffnungszeiten des Buschenschanks (rund 90 Tage pro Jahr) einer großen Anzahl von Gästen (rund 150 verfügbare Sitzplätze) die von ihm veredelten Urprodukte der Landwirtschaft tischfertig anzubieten. Auch auf Grund dieser Größenordnung komme dem Buschenschank, wie auch dem Ab-Hof-Verkauf und dem Bauernmarktverkauf im Rahmen der gesamten Tätigkeit des Mitbeteiligten eine enorme wirtschaftliche Bedeutung zu.

In steuerlicher Hinsicht ergebe sich daraus, dass der Buschenschank (die Jausenstation) und der Verkauf der verarbeiteten bzw. veredelten landwirtschaftlichen Produkte im Wege der Direktvermarktung auf Grund der Verkehrsauffassung (Konkurrenzverhältnis zu anderen Gewerbebetrieben) sowie wegen des fehlenden Charakters eines Nebenbetriebes als eigenständiger Gewerbebetrieb zu qualifizieren und die daraus resultierenden Einkünfte ertragssteuerlich als gewerbliche Einkünfte zu erfassen seien.

Handle es sich bei dem landwirtschaftlichen Nebenbetrieb - wie im vorliegenden Fall - steuerrechtlich um einen eigenständigen Gewerbebetrieb, so habe der Abgabepflichtige dieselben Aufzeichnungsverpflichtungen zu erfüllen wie jeder vergleichbare Gewerbetreibende. Da der Mitbeteiligte entsprechende Aufzeichnungen für den Prüfungszeitraum nicht habe vorlegen können, sei die Abgabenbehörde gemäß § 184 Abs. 3 BAO zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen verpflichtet.

Bei der Schätzung der jährlichen Umsätze des Veredelungs- bzw. Direktvermarktungsbetriebes werde von der Anzahl der verwerteten Schlachtschweine sowie von den das Jahr 1996 betreffenden Produktionsangaben des Mitbeteiligten ausgegangen, wobei der Prüfer sich auch teilweise auf im Zuge einer Hausdurchsuchung vorgefundene Erlös- bzw. Produktionsaufzeichnungen habe stützen können. Den Einwendungen des Mitbeteiligten sei insofern Rechnung getragen worden, als für Gratisverkostungen, Einladungen, Aktionsverkäufe und Direktverkäufe von Schweinehälften, etc. entsprechende Abschläge vom Sollumsatz vorgenommen worden seien.

Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Prüfers und erließ im wieder aufgenommenen Verfahren geänderte Umsatz- und Einkommensteuerbescheide 1994 bis 1996. Dabei wurden die jährlichen Umsätze in einer Größenordnung von rund 2 Mio. S (bei Vorsteuern von durchschnittlich rund 100.000 S jährlich) und der Gewinn aus Gewerbebetrieb mit rund 500.000 S jährlich angesetzt.

Der Mitbeteiligte erhob Berufung gegen die Umsatz- und Einkommensteuerbescheide 1994 bis 1996 und beantragte die erklärungsgemäße Veranlagung. Es entbehre jeder rechtlichen Grundlage, allein auf Grund der Organisation bzw. der Verkehrsauffassung einen Gewerbebetrieb anzunehmen. Der Buschenschank, der Ab-Hof-Verkauf und der Marktverkauf seien nicht als Gewerbebetrieb, sondern als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb zu qualifizieren, der sich moderner Vermarktungsformen sowie gut organisierter Produktionsabläufe bediene. Aus betriebswirtschaftlichen Überlegungen habe sich der Mitbeteiligte nach Übernahme der Landwirtschaft von seinem Vater im Jahr 1980 dazu entschieden, ab 1982 die eigenen landwirtschaftlichen Produkte Fleisch und Most an den Letztverbraucher zu verkaufen. Bei dieser Vermarktung handle es sich nicht um einen Nebenbetrieb oder -erwerb, sondern um eine landwirtschaftliche Hauptbetätigung. Die Be-/Verarbeitung von Schweinen könne in der Landwirtschaft nie Nebentätigkeit sein, sondern sei seit jeher wesentlicher Einkommensbestandteil der Landwirtschaft. Die Viehzucht und die Weiterverarbeitung von tierischen Produkten sei schon seit alters her Haupteinnahmequelle der Landwirtschaft gewesen. Der Ab-Hof-Verkauf gehöre ebenfalls zum Kernbereich der landwirtschaftlichen Tätigkeit. Der Verkauf von Fleischwaren, die von selbst gehaltenen Schweinen stammten, welche zum überwiegenden Teil mit aus eigenen Anbauflächen gewonnenem Futter gemästet worden seien, stelle einen einheitlichen Erwerbsvorgang dar, der nicht für sich allein betrachtet werden könne. Bei den vorliegenden Produkten, z.B. Bauernschinken oder -salami, handle es sich um eindeutig landwirtschaftliche Urprodukte. Zu beachten sei auch, dass der Anteil des landwirtschaftlichen Rohproduktes "Schweinehälfte" an den verkauften Produkten, z.B. Schweineschinken, weitaus überwiege. Die vom Prüfer behauptete Konkurrenz zu Bäckereien liege nicht vor, da der Mitbeteiligte ausschließlich Brot aus eigenem Korn backe. Das Brot werde grundsätzlich von der Ehefrau des Mitbeteiligten gebacken, nur ausnahmsweise habe ein Schulfreund des Mitbeteiligten ausgeholfen. Der landwirtschaftliche Betrieb des Mitbeteiligten unterscheide sich auch wesentlich von einer Fleischhauerei, diese würden aus zugekauftem Fleisch überwiegend Frischware, wie z.B. Krakauer, Extrawurst, etc., erzeugen. Derartige Produkte würden vom Mitbeteiligten nicht, allenfalls ausnahmsweise und probeweise erzeugt. Der Mitbeteiligte produziere nahezu ausschließlich Trockenware, wie Schinken, Speck, Trockenwürste oder Salami aus eigenem Fleisch; somit Waren, die Fleischhauereien nicht oder nur untergeordnet erzeugen oder verkaufen würden. Auch gebe es in der näheren Umgebung keine Gasthäuser, die nur selbst produzierte Obstgetränke (Most, Apfelsaft, Schnäpse) bzw. Saftgetränke (Holundersaft, Ribiselsaft, etc.) und "Trockenware" anbieten würden. Der Mitbeteiligte habe lediglich bis 1995 Sodawasser, jedoch keine anderen alkoholfreien Getränke, zugekauft. Nunmehr werde Sodawasser selbst erzeugt und nur mehr die Patronen zugekauft. Aus dem Buschenschank und dem Ab-Hof-Verkauf erziele der Mitbeteiligte einen Erlös von rund 1,5 Mio. S. Eine Trennung zwischen den beiden Sparten könne nur pauschal vorgenommen werden, weil der Verkauf nicht getrennt aufgezeichnet werde. Der Ab-Hof-Verkauf belaufe sich auf rund 500.000 S; der ausschließlich in den Sommermonaten erfolgende Marktverkauf auf rund 650.000 S pro Jahr.

Den Prüferfeststellungen erwidernd führte der Mitbeteiligte weiter aus, lediglich der Körnermais von 6 bis 7 ha Anbaufläche würde für die Aufmästung der eigenen Ferkel verwendet, der Rest werde stehend bzw. abgeerntet verkauft. Der Mitbeteiligte besitze auch keine "Verpackungshalle", sondern einen Arbeits- und Verpackungsraum von rund 10 m2. Im Buschenschank seien während des Prüfungszeitraumes maximal 80 Sitzplätze zur Verfügung gestanden, weil der Zubau von rund 70 Sitzplätzen erst 1997 - nicht aus Platzmangel, sondern um die Sitzplatzqualität zu erhöhen - erfolgt sei. Der Mitbeteiligte habe auch keine Schnapsbar, sondern nur einen Schnapsbrennraum. Unter der Bezeichnung "Nebengebäude 2" könne wohl nur die Garage gemeint sein, die als Abstellplatz für den PKW des Mitbeteiligten, den Bus und den Marktanhänger sowie als Abstellfläche für diverse Gegenstände diene. Peter K. habe bis 1992 beim Mitbeteiligten gewohnt und nur bis zu diesem Zeitpunkt gelegentlich in der Landwirtschaft ausgeholfen.. Weiters erklärte der Mitbeteiligte, im Prüfungszeitraum Umsätze in Höhe von rund 2,15 Mio. S und (nur) einen durchschnittlichen Gewinn in Höhe von 15 % der Nettoumsätze erzielt zu haben.

Bezüglich der Gewerblichkeit der Be- und Verarbeitung der Schweine stütze sich das Finanzamt erkennbar auf ein Urteil des BFH vom 12. Dezember 1996, IV R 78/95. Dieses Urteil könne auf die österreichische Rechtslage nicht übertragen werden. Bei der Veredelung und Verwertung selbst erzeugter Produkte sei eine Gewerblichkeit nur bei überwiegendem Zukauf von Speisen und Getränken gegeben. Solange nur eigene landwirtschaftliche Produkte verarbeitet würden, lägen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft vor. Ebenso wenig könne der Ab-Hof-Verkauf von ausschließlich selbst erzeugten Produkten das Vorliegen gewerblicher Einkünfte begründen. Beim Buschenschank bedürfe es keiner Unterordnung unter den land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb, da dieser selbst einen landwirtschaftlichen Hauptbetrieb darstelle.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung Folge. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen führte die belangte Behörde aus, im gegenständlichen Fall sei die Frage strittig, ob der Buschenschank, der Ab-Hof-Verkauf und der Verkauf am Bauernmarkt unter die landwirtschaftliche Pauschalierung fielen oder gewerbliche Einkünfte vorlägen.

Betrachte man die Tätigkeitsbereiche, so seien der Obst- und Getreideanbau sowie die Aufzucht der Schweine jedenfalls der "unmittelbaren" Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen. In weiterer Folge würden die Schweine in der Hauptsache zu Trockenfleisch, das Getreide zu Brot und die Äpfel zu Most, Fruchtsaft, Edel- und Fruchtbränden verarbeitet und sodann die be-/verarbeiteten Produkte im Buschenschank, ab Hof, und am Bauernmarkt verkauft. Schädliche, die Gewerblichkeit der Einkünfte begründende Zukaufsmengen hätten vom Finanzamt nicht festgestellt werden können. Im Hinblick auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes zum Buschenschank eines Weinbaubetriebes vertrete die belangte Behörde die Ansicht, dass auch der Buschenschank im Rahmen des Obstbaues keine andere Beurteilung erfahren dürfe. Zudem werde auch in der für die Jahre 1997 bis 1999 maßgeblichen Pauschalierungsverordnung vom 30. Dezember 1997 (BGBl. II Nr. 430/97) der Buschenschank ausdrücklich als Teil des landwirtschaftlichen Hauptbetriebes angesehen. Selbst wenn man zur Beurteilung der Verkehrsauffassung die Gewerbeordnung heranziehe, ergebe sich keine andere Beurteilung, weil nach § 2 Abs. 1 Z. 5 GewO die Gewerbeordnung auf den im § 2 Abs. 9 GewO geregelten Buschenschank nicht anzuwenden sei.

Die belangte Behörde könne sich aber auch der Ansicht des Finanzamtes nicht anschließen, dass die Verarbeitung der Schweine zu Trockenfleisch nicht mehr als "Urproduktion", sondern als "Be- /Verarbeitung" zu qualifizieren sei. Die vom Mitbeteiligten erzeugten Produkte wie Würstel, Salami, Schinken, etc. würden noch dem Bereich der landwirtschaftlichen "Urproduktion" angehören. Auch wenn nach der Verordnung vom 30. Dezember 1997 der Gewinn aus be- und/oder verarbeiteten eigenen und zugekauften Urprodukten ab 1999 durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung gesondert zu ermitteln sei, und nach Überschreiten einer bestimmten Betragsgrenze nicht mehr den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, sondern den gewerblichen Einkünften zuzurechnen sei, seien für die Jahre vor 1997 die Einkünfte aus der Be-/Verarbeitung der gegenständlichen Produkte Teil des landwirtschaftlichen Hauptbetriebes des Mitbeteiligten und somit von der Pauschalierung umfasst.

Auch für den Fall, dass man den Ab-Hof-Verkauf und den Verkauf am Bauernmarkt als Nebenbetrieb ansehen wollte, wäre die Nebenbetriebseigenschaft zu bejahen, weil Zukäufe in schädlicher Höhe nicht hätten festgestellt werden können. Was die "finanzielle Unterordnung" des Nebenbetriebes anlange, könne im gegenständlichen Fall selbst bei Vergleich der "unmittelbaren" landwirtschaftlichen Erlöse - die unstrittigen 150.000 S sowie die Buschenschankerlöse von rund 1 Mio. S - mit den dem Be- /Verarbeitungsbereich zuzurechnenden Erlösen des Ab-Hof-Verkaufes und des Marktverkaufes von insgesamt ebenfalls 1,150.000 S nicht von einer Überordnung der Nebenbetriebe "Ab-Hof" und "Marktverkauf" gegenüber dem "unmittelbaren" landwirtschaftlichen Bereich gesprochen werden.

Über die gegen diesen Bescheid vom Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Kärnten erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Der beschwerdeführende Präsident wirft der belangten Behörde vor, sie habe die vom Finanzamt vertretene Ansicht, dass die Erzeugung von Trockenware, Most und Brot und die sodann erfolgte Verwertung in den drei "Absatzbetrieben" bereits nach der Verkehrsauffassung als selbständiger Gewerbebetrieb zu qualifizieren sei, weil der Mitbeteiligte als Konkurrent gegenüber Fleischhauern, Bäckern und Gastwirtschaften auftrete, nicht hinreichend entkräftet. Verarbeitungs- und Verwertungsbetriebe seien für sich betrachtet Gewerbebetriebe. Machten derartige gewerbliche Komponenten wie im Beschwerdefall den "Löwenanteil" der Tätigkeit des Mitbeteiligten aus, hätte die belangte Behörde darlegen müssen, warum sie trotz des ins Auge fallenden Übergewichtes der an sich gewerblichen Tätigkeiten alle drei Bereiche der "unmittelbaren" Landwirtschaft zurechnete. Die "gewerbliche" Verarbeitung von 160 bzw. 220 Schweinen, die Produktion von Brot und der "gewerbliche" Absatz dieser Produkte würde eine Auseinandersetzung mit der Frage der Gewerblichkeit erfordern.

Gemäß § 21 Abs. 1 EStG 1988 sind Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft u.a. (Z. 1) Einkünfte aus dem Betrieb von Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Weinbau, Gartenbau, Obstbau, Gemüsebau und aus allen Betrieben, die Pflanzen und Pflanzenteile mit Hilfe der Naturkräfte gewinnen. Werden Einkünfte auch aus zugekauften Erzeugnissen erzielt, dann gilt für die Abgrenzung zum Gewerbebetrieb § 30 Abs. 9 bis 11 des Bewertungsgesetzes 1955.

Gemäß § 21 Abs. 2 EStG 1988 gehören zu den Einkünften im Sinne des Abs. 1 u.a. auch (Z. 1) Einkünfte aus einem land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetrieb. Als Nebenbetrieb gilt ein Betrieb, der dem land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb zu dienen bestimmt ist.

Die Besteuerung der Umsätze bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben ist in § 22 UStG 1972 (1994) geregelt. Nach dessen Abs. 1 wird die Steuer bei nichtbuchführungspflichtigen Unternehmern, die Umsätze im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausführen, mit 10 % der Bemessungsgrundlage festgesetzt. Die diesen Umsätzen zuzurechnenden Vorsteuerbeträge werden in gleicher Höhe festgesetzt. Abs. 2 sieht für die Lieferung bestimmter Getränke grundsätzlich eine Zusatzsteuer von 10 % vor, die unter bestimmten Voraussetzungen entfallen kann bzw. nur 2 % beträgt. Als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb ist ein Betrieb anzusehen, dessen Hauptzweck auf die Land- und Forstwirtschaft gerichtet ist (Abs. 3). Zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehören auch die Nebenbetriebe, die dem land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb zu dienen bestimmt sind (Abs. 4).

Die Einkunftsart Land- und Forstwirtschaft umfasst nur Tätigkeiten, die auf die planmäßige Nutzung der Naturkräfte gerichtet sind und Urproduktion darstellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. November 2001, 97/14/0135). Werden die im land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gewonnenen Erzeugnisse in der Form verarbeitet, dass ein Gegenstand neuer Marktgängigkeit entsteht, liegt ein Verarbeitungsbetrieb vor. Ob noch Urproduktion oder bereits eine Be- oder Verarbeitung vorliegt, ist nach der Verkehrsauffassung zu beurteilen.

Die belangte Behörde ist in ihrer rechtlichen Beurteilung davon ausgegangen, dass die Herstellung von "Würstel, Salami, Schinken, etc." dem Bereich der landwirtschaftlichen "Urproduktion" zuzurechnen sei. Dass sich diese Beurteilung auf eine entsprechende Verkehrsauffassung stützt, kann dem angefochtenen Bescheid ebenso wenig entnommen werden wie eine Auseinandersetzung mit den gegenteiligen Feststellungen des Prüfers, denen sich das Finanzamt angeschlossen hat. Der Prüfer hat in diesem Zusammenhang festgestellt, die Wurstwarenerzeugung gehe über eine bloß geringfügige Weiterverarbeitung (wie etwa dem Zerteilen von geschlachteten Schweinen) hinaus und vollziehe sich außerhalb des durch das traditionelle Bild vorgegebenen Rahmens einer Land- und Forstwirtschaft. Verarbeitung und Veredelung sowie Vermarktung würden in einer für Gewerbebetriebe typischen Weise durchgeführt. Der hohe Veredelungsgrad, der Umfang der verarbeiteten Produktmengen, die zeitweilige Beschäftigung Familienfremder sowie die maschinelle Ausstattung seien weitere Hinweise darauf, dass der Mitbeteiligte als Konkurrent typischer Gewerbebetriebe auftrete. Diesen nicht als unschlüssig zu erkennenden Ausführungen des Prüfers hat die belangte Behörde - worauf der beschwerdeführende Präsident zu Recht hinweist - nichts entgegen zu setzen gewusst. Zu ergänzen ist in diesem Zusammenhang, dass der vom Mitbeteiligten hervorgehobene Umstand einer Beschränkung auf die Erzeugung bestimmter Wurst- oder auch Brotsorten nichts an der in diesen Produktsegmenten bestehenden Konkurrenzsituation zu gewerblichen Fleischhauerei- und Bäckereibetrieben ändert.

Bereits durch die Beurteilung der Wurstwarenerzeugung als landwirtschaftliche Urproduktion hat die belangte Behörde somit die Rechtslage verkannt und die daraus im Wege der Direktvermarktung erzielten Einnahmen zu Unrecht von vornherein den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zugeordnet.

Was den Buschenschank betrifft, hat der Verwaltungsgerichtshof - wie schon im angefochtenen Bescheid ausgeführt - mit Erkenntnis vom 10. Juni 1987, 86/13/0065, bestätigt, dass der Buschenschank nach der Verkehrsauffassung unmittelbarer Bestandteil des Weinbaubetriebes ist und daher weder zu den Nebenbetrieben noch zu den Nebentätigkeiten im Bereich der Land- und Forstwirtschaft zählt.

Diese Verkehrsauffassung geht zurück auf die damals gebräuchliche Form des Buschenschanks, der den Weinbauern dazu diente, den selbst erzeugten Wein zu verkaufen. Der unmittelbare Konsum im Rahmen des Buschenschanks und allenfalls der Verkauf in Flaschen waren oftmals einziger Gegenstand des Buschenschanks oder standen jedenfalls in dessen Mittelpunkt. Überdies eröffnete der direkte Ausschank den Weinbauern die Möglichkeit, verschiedene Weinsorten oder "Jahrgänge" zu präsentieren. Eine Verabreichung von Speisen fand nicht statt, mitunter war der Verzehr selbst mitgebrachter Speisen nicht unüblich. Ob die mittlerweile eingetretene Entwicklung des Buschenschanks hin zu gastronomischen Betrieben, die ein reichhaltiges Speisen- und Getränkeangebot, nur eingeschränkt durch einzelne gewerberechtliche Auflagen (der Mitbeteiligte weist in seiner Gegenschrift zutreffend auf das Verbot der Verabreichung warmer Speisen sowie die in Kärnten bestehende gesetzliche Beschränkung auf 200 Öffnungstage im Jahr hin) aufweisen, zu einer veränderten Verkehrsauffassung geführt hat, kann im Beschwerdefall dahin gestellt bleiben. Dass der Buschenschank im Bereich des Obstbaus auf eine dem Weinbau entsprechende Tradition und eine daraus entstandene Verkehrsauffassung zurückblicken kann, hat die belangte Behörde nämlich nicht festgestellt und ist für den Verwaltungsgerichtshof auch nicht ohne Weiteres einsichtig.

Aber auch die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung, der Herstellung veredelter Produkte zur Direktvermarktung komme (soweit es sich nicht ohnedies um "Urproduktion" handeln sollte) die Eigenschaft eines Nebenbetriebes im Sinne des § 21 Abs. 2 Z. 1 EStG 1988 zu, wird im angefochtenen Bescheid nicht hinreichend begründet. Wie der Beschwerdeführer zutreffend ausführt, ist der land- und forstwirtschaftliche Nebenbetrieb (im Sinne des § 21 Abs. 2 Z. 1 EStG 1988 bzw. § 22 Abs. 4 UStG 1972 und 1994) ein Gewerbebetrieb, der auf Grund seiner wirtschaftlichen Zweckbestimmung und seiner wirtschaftlichen Bedeutung dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft im Sinne eines Hilfsbetriebes untergeordnet ist. Ausschlaggebend ist das Gesamtbild der Verhältnisse des Einzelfalles, wobei Umsatz und Gewinn Anhaltspunkte sein können, ob ein Nebenbetrieb oder ein selbständiger Gewerbebetrieb vorliegt (vgl. Doralt, EStG4, Tz. 71 zu § 21 und die dort angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 4. März 1986, 85/14/0146, Slg. 6.083/F, ausgesprochen, dass das Kriterium der Unterordnung des Nebenbetriebes beim Verwertungs- und Verarbeitungsbetrieb im entscheidenden Überwiegen des Anteiles der eigenen Urproduktion am Umsatz des Nebenbetriebes seinen Ausdruck findet. Fehle es daran, so fehle es auch an der Unterordnung. In diesem Sinne wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, dass im Rahmen der abgabenbehördlichen Prüfung keine Zukäufe in schädlicher Höhe (auch nicht im Schätzungswege) festgestellt worden seien und daher dieser Gesichtspunkt der Beurteilung der Wurstwarenerzeugung als Nebenbetrieb der Land- und Forstwirtschaft nicht entgegen gestanden sei. Die notwendige Gesamtbetrachtung kann sich jedoch dann nicht auf den Umfang der Zukäufe beschränken, wenn - wie im Beschwerdefall vom Prüfer aufgezeigt - andere Umstände, etwa die Höhe der Umsätze aus verarbeiteten Produkten in ihrer absoluten Größe oder im Verhältnis zu den Umsätzen des landwirtschaftlichen Hauptbetriebes gegen eine Unterordnung des Nebenbetriebes sprechen. Auch insofern ist der angefochtene Bescheid daher mit relevanten Begründungsmängeln behaftet.

Zu den Ausführungen des Mitbeteiligten in der Gegenschrift bleibt noch zu ergänzen, dass der Grundsatz von Treu und Glauben nicht ganz allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung etwa in Form einer (zunächst) erklärungsgemäßen Veranlagung schützt. Dem genannten Grundsatz kommt vielmehr, soweit überhaupt ein Vollzugsspielraum besteht, nur bei einer von der zuständigen Abgabenbehörde erteilten Auskunft, falls sich diese nachträglich als unrichtig herausstellt, Bedeutung zu. Hiebei muss der Abgabepflichtige im Vertrauen auf die Richtigkeit der Auskunft, die nicht offensichtlich unrichtig gewesen sein darf, Dispositionen getroffen haben, die er ohne die unrichtige Auskunft nicht getroffen hätte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. August 2002, 96/14/0166). Von einer derartigen Sachverhaltskonstellation kann im Beschwerdefall auch unter Berücksichtigung der Sachverhaltsschilderung durch den Mitbeteiligten keine Rede sein.

Der angefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am 16. September 2003

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Treu und Glauben erworbene Rechte VwRallg6/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:1999140228.X00

Im RIS seit

09.10.2003

Zuletzt aktualisiert am

16.05.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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