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L36009 Sonstige Landes- und Gemeindeabgaben Wien;Norm
BewG 1955 §2 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Racek, über die Beschwerde der T AG in Wien, vertreten durch Dr. Bernt Elsner, CMS Strommer - Reich-Rohrwig - Karasek - Hainz, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Ebendorferstraße 3, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 26. März 1999, Zl. MD-VfR - T 8/98, betreffend Vorschreibung von Abwassergebühr und Umweltabgabe auf Abwasser, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 2. Dezember 1997 wurde der Beschwerdeführerin gemäß näher genannten Bestimmungen des Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetzes 1978, LGBl für Wien Nr. 2 (KKG), "in der jeweils geltenden Fassung", in Verbindung mit der Kanalgebührenordnung Abwassergebühr und gemäß näher genannten Bestimmungen des Gesetzes über die Einhebung von Umweltabgaben auf Wasser, Abwasser und Müll (Umweltabgabengesetz - UAG), LGBl. für Wien Nr. 43/1989, "in der jeweils geltenden Fassung" Umweltabgabe auf Abwasser für die Jahre 1990 bis 1994 und (nur) Abwassergebühr für den Zeitraum vom 1. Jänner 1995 bis zum 22. Februar 1995 "für die unmittelbare oder mittelbare Einleitung von Abwässern von der im Betreff genannten Liegenschaft in den öffentlichen Kanal" vorgeschrieben. Die für die Jahre 1990 bis 1994 vorgeschriebene Abwasserabgabe wurde auf die Umweltabgabe auf Abwasser angerechnet. Als Gesamtbetrag der am 15. Tag des auf die Zustellung des Bescheides folgenden Monats wurden S 933.204,00 ausgewiesen.
Im Kopf des Bescheides sind nach der Geschäftszahl folgende
Angaben enthalten:
"Konto: 11-007-660/6
Objekt: 11, H-Straße 1-3
(Betrieb)
WZ-Adr.: 11, H-Straße 1-3
(Betrieb)".
Das Grundstück mit dieser Adresse ist das Grundstück EZ 278, KG X. Es stellt Betriebsgelände der Beschwerdeführerin dar und hat auch noch andere Adressen, insbesondere W-Straße 7. Die Beschwerdeführerin ist auch Eigentümerin eines gegenüber liegenden Grundstücks, das durch die W-Straße vom Grundstück EZ 278 getrennt ist. Dieses Grundstück wurde nach Errichtung der W-Straße durch die Beschwerdeführerin in den 70er-Jahren durch Beschluss des Bezirksgerichts Favoriten durch Abschreibung dreier Grundstücke von der Liegenschaft EZ 278 und Eröffnung einer neuen Einlagezahl EZ 3157 gebildet. Auf diesem Grundstück mit der Adresse W-Straße 6 und der EZ 3157 befindet sich ein Arbeiterwohnhaus.
In der Begründung dieses Bescheides werden nur die maßgeblichen Rechtsgrundlagen wiedergegeben und festgestellt, dass nach der Aktenlage der Anschluss an das öffentliche Kanalnetz vor 1990 erfolgt sei.
Mit weiterem Bescheid des Magistrats der Stadt Wien (ebenfalls) vom 2. Dezember 1997 wurde der Beschwerdeführerin ebenfalls gemäß näher genannten Bestimmungen des Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetzes 1978, LGBl für Wien Nr. 2, "in der jeweils geltenden Fassung", in Verbindung mit der Kanalgebührenordnung Abwassergebühr und gemäß näher genannten Bestimmungen des Gesetzes über die Einhebung von Umweltabgaben auf Wasser, Abwasser und Müll (Umweltabgabengesetz - UAG), LGBl. für Wien Nr. 43/1989, "in der jeweils geltenden Fassung" Umweltabgabe auf Abwasser für die Jahre 1990 bis 1994 und (nur) Abwassergebühr für den Zeitraum vom 1. Jänner 1995 bis zum 22. Februar 1995 "für die unmittelbare oder mittelbare Einleitung von Abwässern von der im Betreff genannten Liegenschaft in den öffentlichen Kanal" vorgeschrieben. Die dabei für die einzelnen Bemessungszeiträume ausgewiesenen Mengen an bezogenem Wasser unterscheiden sich von jenen, die dem oben genannten Bescheid vom 2. Dezember 1997 zu Grunde gelegt wurden. Die für die Jahre 1990 bis 1994 vorgeschriebene Abwasserabgabe wurde auch in diesem Bescheid auf die Umweltabgabe auf Abwasser angerechnet. Als Gesamtbetrag der am 15. Tag des auf die Zustellung des Bescheides folgenden Monats wurden S 341.087,00 genannt.
Im Kopf des Bescheides sind nach der Geschäftszahl folgende
Angaben enthalten:
"Konto: 11-007-658/6
Objekt: 11, H-Straße 1-3
(Betrieb)
WZ-Adr.: 11, W-Straße 7".
Die beiden Bescheide unterscheiden sich somit - ohne dass dies näher erläutert würde - durch die unterschiedliche Kontonummer sowie durch die unterschiedlichen Mengen an bezogenem Wasser, welche der Berechnung der Abgabe zu Grunde gelegt wurden (die Abwassergebühr wird grundsätzlich nach der Menge an bezogenem Wasser berechnet). Die unterschiedliche Angabe unter "WZ-Adr."
bezieht sich auf dieselbe Liegenschaft. Auch in der Begründung des zweiten Bescheides werden nur die maßgeblichen Rechtsgrundlagen wiedergegeben und festgestellt, dass nach der Aktenlage der Anschluss an das öffentliche Kanalnetz vor 1990 erfolgt sei. Wie sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides erschließen lässt, ging die Erlassung zweier Bescheide für dasselbe Grundstück darauf zurück, dass sich auf diesem Grundstück zwei Wasseranschlüsse befinden (die Vorschreibung mit dem zweiten Bescheid war somit erschließbar als weitere, zur ersten Vorschreibung der Abgaben hinzutretende Abgabenvorschreibung für das selbe Grundstück zu verstehen).
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung gegen beide Bescheide und begründete diese im Wesentlichen damit, dass der für die Liegenschaft EZ 278 bestehende Kanal erst nach dem 8. August 1994 in Betrieb genommen worden sei. Vor der Inbetriebnahme des Kanals seien die Abwässer auf Grund einer entsprechenden Bewilligung nach dem Wasserrechtsgesetz in den Donaukanal eingeleitet worden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurden beide Berufungen als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass sich auf der Liegenschaft EZ 278 zwei Wasserentnahmestellen befänden, sodass nach § 12 Abs. 1 Z 1 KKG und § 9 Abs. 2 Z 1 UAG die von der öffentlichen Wasserversorgung bezogene, nach § 11 des Wasserversorgungsgesetzes 1960, LGBl. für Wien Nr. 10, ermittelte Wassermenge in den öffentlichen Kanal als abgegeben gelte. Nach Wiedergabe des § 15 Abs. 1 KKG und des § 12 Abs. 1 UAG betreffend den Zeitpunkt des Entstehens der Abgabepflicht sowie des § 1 Abs. 1 Grundsteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 149, und § 51 Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148, führte die belangte Behörde aus, es sei zutreffend, dass die Liegenschaft EZ 278 KG X erst im Jahre 1994 an das öffentliche Kanalnetz angeschlossen worden sei. Allerdings sei die Liegenschaft EZ 3157 KG X, die im Eigentum der Beschwerdeführerin stehe und die Adresse W-Straße 6 führe, nach der Aktenlage bereits vor dem 1. Jänner 1990 an das öffentliche Kanalnetz angeschlossen worden. Die Ansicht der Beschwerdeführerin, wonach für jede EZ eine gesonderte Beurteilung vorzunehmen wäre, erweise sich als unzutreffend, da sich eine derartige Einschränkung des Begriffes "Grundbesitz" weder aus den Bestimmungen des Grundsteuergesetzes 1955 noch aus jenen des Bewertungsgesetzes 1955 ergäbe. Es sei vielmehr von einer wirtschaftlichen Einheit und sohin von einem Grundbesitz auszugehen.
Es sei auch vom Finanzamt für den 3. und 11. Bezirk die Erhöhung des Einheitswertes für den "Grundbesitz Wien, H-Straße 1- 3, Grdst. Nr. 1408 u.a., KG X, EZ 278. u.a." vorgenommen worden. Im bezughabenden Grundsteuerakt befinde sich ein Aktenvermerk, wonach laut Auskunft des zuständigen Finanzamtes die EZ 3157 bei der EZ 278 mitbemessen worden sei.
Zum Einwand der Verjährung wird unter Hinweis auf eine Erhebung am 1. Dezember 1995 die Auffassung vertreten, dass der Lauf der Verjährungsfrist durch diese Amtshandlung unterbrochen worden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Rechtswidrigkeit der Vorschreibung der genannten Abgaben für die Zeit vor dem 1. Oktober 1994 geltend gemacht wird. Der Kanal, in den die Abwässer der Liegenschaft EZ 278 eingeleitet würden, sei erst am 8. August 1994 "befundet" worden, die Abwässer würden erst seit diesem Zeitpunkt in den Kanal der Gemeinde Wien eingeleitet.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die §§ 11 bis 13 und § 15 Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz 1978 - KKG, LGBl. Nr. 2 (§ 13 in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 8/1986), lauten:
"Gebührenpflicht und Ausmaß der Gebühr
§ 11. (1) Der Gebührenpflicht unterliegt die unmittelbare oder mittelbare Einleitung von Abwässern von innerhalb der Stadt Wien gelegenem Grundbesitz (§ 1 Grundsteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 149) in einen öffentlichen Kanal (Straßenkanal).
(2) Die Abwassergebühr ist nach der Menge des abgegebenen Abwassers zu bemessen und mit einem Betrag je Kubikmeter festzusetzen.
Ermittlung der Abwassermenge
§ 12. (1) In den öffentlichen Kanal abgegeben gelten
1. die von der öffentlichen Wasserversorgung bezogene,
nach § 11 des Wasserversorgungsgesetzes 1960, LGBl. für Wien
Nr. 10, ermittelte Wassermenge und
2. bei Eigenwasserversorgung die im
Wasserrechtsbescheid festgestellte Wassermenge, deren Benutzung eingeräumt wurde (§ 111 Wasserrechtsgesetz 1959).
(2) Ist im Wasserrechtsbescheid das eingeräumte Maß der Wassernutzung nicht enthalten oder liegt eine nach dem Wasserrechtsgesetz nicht bewilligte Eigenwasserversorgung vor, ist die bezogene Wassermenge vom Magistrat unter Zugrundelegung der Verbrauchsmenge gleichartiger Wasserabnehmer zu schätzen. Diese Menge gilt als in den öffentlichen Kanal abgegeben.
(3) Besteht eine Wasserversorgung nach Abs. 1 oder Abs. 2, sind die aus einer zusätzlichen Eigenwasserversorgungsanlage bezogenen Wassermengen bei der Ermittlung der Abwassermenge nicht zu berücksichtigen, wenn diese nachweislich zur Gänze nicht in einen öffentlichen Kanal eingeleitet werden.
(4) Der Gebührenschuldner kann bei Eigenwasserversorgung die Anbringung eines Wasserzählers zur Messung der entnommenen Wassermenge beantragen. Die vom Wasserzähler angezeigte Wassermenge gilt in diesen Fällen als in den öffentlichen Kanal abgegeben. Die §§ 11, 15 Abs. 3, § 20 Abs. 5 lit. a und § 27 des Wasserversorgungsgesetzes 1960 sind sinngemäß anzuwenden. Zusätzlich hat der Gebührenschuldner die Kosten der Anschaffung und Auswechslung des beigestellten Wasserzählers zu tragen. Verlangt der Gebührenschuldner die Beseitigung des Wasserzählers, sind ihm die vorgeschriebenen Anschaffungskosten, vermindert um 10 v.H. für jedes Kalenderjahr, in dem ein Wasserzähler beigestellt war, rückzuerstatten.
§ 13. (1) Für nach § 12 Abs. 1 Z 1, Abs. 2 und 4 festgestellte Abwassermengen, die nicht in den öffentlichen Kanal gelangen, ist über Antrag die Abwassergebühr herabzusetzen, wenn die im Kalenderjahr oder in einem kürzeren Zeitraum nicht eingeleiteten Abwassermengen 5 vH der für diesen Zeitraum festgestellten Abwassermengen, mindestens jedoch 100 Kubikmeter, übersteigen und die Nichteinleitung durch prüfungsfähige Unterlagen nachgewiesen wird. Der Antrag ist bei sonstigem Anspruchsverlust für in einem Kalenderjahr oder in einem kürzeren Zeitraum nicht eingeleitete Wassermengen bis zum Ende des folgenden Kalenderjahres einzubringen.
..."
"Beginn und Ende der Gebührenpflicht
§ 15. (1) Die Gebührenpflicht beginnt bei Grundbesitz, der bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits an einen öffentlichen Kanal angeschlossen ist, am 1. Jänner 1979. Ansonsten beginnt die Gebührenpflicht mit Ablauf des Kalenderviertels, in dem der Grundbesitz an einen öffentlichen Kanal angeschlossen worden ist.
(2) Umstände, die für den Beginn der Gebührenpflicht von Bedeutung sind, und die Inbetriebnahme von Eigenwasserversorgungsanlagen hat der Gebührenschuldner innerhalb von zwei Wochen dem Magistrat schriftlich anzuzeigen.
(3) Die Gebührenpflicht endet mit Ablauf des Kalenderviertels, in dem der Kanalanschluss beseitigt worden ist."
2. Die belangte Behörde hat die Vorschreibung der Abwassergebühr und Umweltabgabe auf Abwasser für das Grundstück EZ 278 (Wien, H-Straße 1-3 bzw. W-Straße 7) auch für die Zeit vor dem Anschluss dieses Grundstückes an das öffentliche Kanalnetz damit begründet, dass dieses Grundstück eine wirtschaftliche Einheit mit dem Grundstück EZ 3157 KG X (W-Straße 6) bilde (und dieses Grundstück an den Kanal angeschlossen gewesen sei, sodass die Voraussetzungen des § 15 KKG für den vorliegenden Grundbesitz gegeben seien). Diese Auffassung stützt die belangte Behörde ausschließlich darauf, dass auch die Bemessung des Einheitswertes für diese Grundstücke gemeinsam erfolgt sei.
Die Beschwerdeführerin tritt dieser Auslegung insbesondere mit der Überlegung entgegen, dass es für das Vorliegen eines einheitlichen Grundbesitzes im Sinne des KKG sowie des UAG allein darauf ankomme, ob eine Liegenschaft an das öffentliche Kanalnetz angeschlossen sei. Dies sei bei der Liegenschaft EZ 278 bis August 1994 nicht der Fall gewesen.
3. Die Beschwerdeführerin ist mit diesem Vorbringen im Ergebnis im Recht.
Der Gebührenpflicht unterliegt gemäß § 11 Abs. 1 KKG die unmittelbare oder mittelbare Einleitung von Abwässern von innerhalb der Stadt Wien gelegenem Grundbesitz (§ 1 Grundsteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 149) in einen öffentlichen Kanal (Straßenkanal).
Die Abwassergebühr ist gemäß § 11 Abs. 2 KKG nach der Menge des abgegebenen Abwassers zu bemessen und mit einem Betrag je Kubikmeter festzusetzen.
Die Gebührenpflicht beginnt gemäß § 15 Abs. 1 KKG bei Grundbesitz, der bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits an einen öffentlichen Kanal angeschlossen ist, am 1. Jänner 1979. Ansonsten beginnt die Gebührenpflicht mit Ablauf des Kalenderviertels, in dem der Grundbesitz an einen öffentlichen Kanal angeschlossen worden ist.
Für die Erhebung der Abwassergebühr ist nach den Bestimmungen des KKG demnach - wie der Verwaltungsgerichtshof etwa im hg. Erkenntnis vom 18. Juni 1993, Zl. 91/17/0191, festgestellt hat - maßgebend, welcher Grundbesitz im Sinne des § 1 Grundsteuergesetz 1955 (GrStG) an den öffentlichen Kanal angeschlossen worden ist.
Gemäß § 1 Abs. 1 GrStG unterliegt der Grundsteuer der inländische Grundbesitz. Grundbesitz ist:
1. Das land- und forstwirtschaftliche Vermögen (§§ 29 bis 50 des Bewertungsgesetzes 1955);
2. Das Grundvermögen (§§ 51 bis 56 des Bewertungsgesetzes 1955);
3. Das Betriebsvermögen, soweit es in Betriebsgrundstücken besteht (§ 60 des Bewertungsgesetzes 1955).
Gemäß § 60 Abs. 1 Z 1 Bewertungsgesetz 1955 ist Betriebsgrundstück der zu einem gewerblichen Betrieb gehörige Grundbesitz, soweit er, losgelöst von seiner Zugehörigkeit zu dem gewerblichen Betrieb zum Grundvermögen gehören würde. Abs. 4 der genannten Bestimmung sieht vor, dass Betriebsgrundstücke im Sinne des Abs. 1 wie Grundvermögen zu bewerten sind.
Zum Grundvermögen gehört gemäß § 51 Abs. 1 erster Satz Bewertungsgesetz 1955 (BewG), BGBl. Nr. 148/1955, der Grund und Boden einschließlich der Bestandteile (insbesondere Gebäude) und des Zubehörs. Gemäß § 51 Abs. 1 dritter Satz BewG bildet jede wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens ein selbstständiges Grundstück im Sinne dieses Bundesgesetzes.
Gemäß § 2 Abs. 1 BewG ist jede wirtschaftliche Einheit für sich zu bewerten. Ihr Wert ist im Ganzen festzustellen. Was als wirtschaftliche Einheit zu gelten hat, ist nach den Anschauungen des Verkehrs zu entscheiden. Die örtliche Gewohnheit, die tatsächliche Übung, die Zweckbestimmung und die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter sind zu berücksichtigen.
Gemäß § 2 Abs. 2 BewG kommen mehrere Wirtschaftsgüter als wirtschaftliche Einheit nur insoweit in Betracht, als sie demselben Eigentümer gehören.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im genannten Erkenntnis vom 18. Juni 1993, Zl. 91/17/0191, hervorgehoben hat, ist für die Abgabepflicht nach dem KKG (und nunmehr auch nach dem UAG) entscheidend, dass nach dem wiedergegebenen § 51 Abs. 1 letzter Satz BewG jede wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens ein selbstständiges Grundstück im Sinne des Bewertungsgesetzes 1955 (und damit des Grundsteuergesetzes 1955 und des KKG) bildet. Im Beschwerdefall ist zwar die Voraussetzung der Identität des Eigentümers hinsichtlich der verschiedenen Grundstücke gegeben. Wie sich aus dem genannten Erkenntnis ergibt, bilden jedoch nicht alle Grundstücke ein und desselben Eigentümers zwingend einen einheitlichen Grundbesitz (der als maßgebliche Einheit im Sinne des KKG zu verstehen wäre).
Auch im Falle der Identität des Eigentümers wären daher Feststellungen darüber zu treffen, ob die verschiedenen Grundstücke tatsächlich einen einheitlichen Grundbesitz im Sinne des § 1 GrStG iVm § 51 Abs. 1 BewG bildeten, oder ob sie nicht vielmehr selbstständige wirtschaftliche Einheiten darstellten.
Die belangte Behörde ist zwar davon ausgegangen, dass die beiden Grundstücke EZ 3157 (W-Straße 6) und EZ 278 (W-Straße 7) einen einheitlichen Grundbesitz darstellten. Sie hat jedoch dazu keinerlei Sachverhaltsfeststellungen zum Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 2 Abs. 1 BewG getroffen. Sie hat insbesondere keine Feststellungen zur Frage getroffen, ob das Grundstück EZ 3157 (W-Straße 6) allenfalls eine wirtschaftliche Einheit im Sinne des § 2 Abs. 1 BewG und damit ein selbstständiges Grundstück darstellt. Die belangte Behörde hat vielmehr die Auffassung vertreten, dass die nach dem Aktenvermerk des zuständigen Finanzamtes erfolgte Mitbewertung des Grundstückes EZ 3157 bei der Bewertung des Grundstückes EZ 278 schon ein ausreichender Nachweis für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit (der beiden Grundstücke) und damit eines einheitlichen Grundbesitzes sei.
Dazu ist jedoch festzustellen, dass der Praxis der Finanzbehörden nicht die von der belangten Behörde angenommene Bindungswirkung für die Bemessung der Abwassergebühr und der Umweltabgabe auf Abwasser zukommt. Abgesehen davon, dass die belangte Behörde sich lediglich auf einen Aktenvermerk des zuständigen Finanzamtes stützt, ohne einen konkreten Bescheid zu nennen, aus dem sich ergeben würde, dass die Finanzbehörden tatsächlich in dem von der belangten Behörde zu Grunde gelegten Sinn vorgegangen sind, ist Folgendes entscheidend:
Sowohl eine Feststellung des Einheitswertes der Grundstücke eines bestimmten Eigentümers als Einheit als auch die Festsetzung der Grundsteuer unter Zugrundelegung einer einheitlichen Bewertung verschiedener Grundstücke (und nicht getrennt als verschiedene wirtschaftliche Einheiten) entfalten nur dahingehend Bindungswirkung, dass der so festgestellte Einheitswert der Gesamtheit der einbezogenen Grundstücke bzw. der festgesetzte Grundsteuerbetrag bindend festgestellt bzw. festgesetzt ist. Die Frage, welche Grundstücke in die Bewertung einzubeziehen sind, ist für die Bewertung und die Abgabenfestsetzung eine Vorfrage. Inhalt des Bescheides ist weder bei der Feststellung des Einheitswertes noch bei der Vorschreibung der Grundsteuer eine Feststellung, dass verschiedene Grundstücke einen Grundbesitz im Sinne des § 1 Abs. 1 Grundsteuergesetz 1955 darstellten.
Selbst ein rechtskräftiger Bescheid über die Festsetzung des Einheitswertes kann demnach nur ein Indiz für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Grundbesitzes im Sinne des § 1 Abs. 1 GrStG sein. Er enthebt die nach dem KKG und dem UAG zuständige Wiener Abgabenbehörde nicht der Prüfung der - auch für sie eine Vorfrage darstellenden - Frage, welche Grundstücke einen Grundbesitz darstellen und welche wirtschaftlichen Einheiten für sich zu bewerten wären. Es wären daher Feststellungen zum Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 BewG zu treffen und zu begründen gewesen, aus welchen Umständen die belangte Behörde auf das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit schloss.
Der Verweis auf die Praxis des Finanzamtes ersetzt derartige Feststellungen und eine entsprechende Begründung nicht und rechtfertigt somit für sich allein noch nicht die Annahme eines einheitlichen Grundbesitzes, der aus den Grundstücken EZ 278 und EZ 3157 gebildet würde.
4. Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt deckt ihre Schlussfolgerung, es liege ein einheitlicher Grundbesitz vor, nicht. Ausgehend von ihrer verfehlten Rechtsauffassung hat sie weitere Feststellungen, die die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit der beiden Grundstücke im Sinne des § 2 Abs. 1 BewG rechtfertigen könnten, unterlassen und nicht näher begründet, weshalb das Grundstück EZ 3157 keine selbstständige wirtschaftliche Einheit darstelle.
Der angefochtene Bescheid war daher aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
5. Für das fortgesetzte Verfahren ist noch auf Folgendes hinzuweisen:
Die Beschwerdeführerin hat bereits im Abgabenverfahren auf den Umstand des fehlenden Kanalanschlusses für das Grundstück EZ 278 hingewiesen und die Berücksichtigung dieses Umstandes durch Außerachtlassung der von den beiden Wasseranschlüssen auf dieser Liegenschaft bezogenen Wassermengen gefordert. Da die beiden, von der belangten Behörde als wirtschaftliche Einheit behandelten Grundstücke durch eine Straße mit öffentlichem Verkehr voneinander getrennt sind, kann mangels weiterer Feststellungen nicht davon ausgegangen werden, dass die über Wasseranschlüsse auf dem einen Grundstück bezogenen Wassermengen über das andere Grundstück in den öffentlichen Kanal eingeleitet worden wären.
Selbst wenn weitere Feststellungen der belangten Behörde ergeben sollten, dass ein einheitlicher Grundbesitz vorliege, hätte die belangte Behörde das Vorbringen der Beschwerdeführerin darauf hin zu prüfen, ob es als Antrag auf Herabsetzung im Sinne des § 13 KKG zu verstehen ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. November 1997, Zl. 93/17/0290, und vom 28. November 2001, Zl. 98/17/0321). Bei der im Beschwerdefall gegebenen Sachlage kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die über die Wasseranschlüsse auf dem Grundstück EZ 278 bezogenen Wassermengen ("über das Grundstück EZ 3157") in den Kanal eingebracht wurden. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin im Abgabenverfahren kann vielmehr der Sache nach als Hinweis darauf verstanden werden, dass im Beschwerdefall nicht die gesamte für den allenfalls als Einheit zu behandelnden Grundbesitz bezogene Wassermenge auch in den Kanal eingeleitet wurde. Diesbezüglich wird der Beschwerdeführerin Gelegenheit zur Präzisierung ihres Vorbringens zu geben sein.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem genannten Erkenntnis Zl. 93/17/0290 dargelegt hat, steht die Geltendmachung der Nichteinleitung der bezogenen Wassermengen in den Kanal in Fällen, in denen der Abgabepflichtige innerhalb der hiefür im Gesetz vorgesehenen Einjahresfrist keine Veranlassung hatte (im damaligen Beschwerdefall hatte die Behörde dem Abgabepflichtigen die Abgabe nicht nur nicht vorgeschrieben, sondern auch mitgeteilt, dass für eine bestimmte Liegenschaft die Abgabepflicht nicht bestehe), nicht entgegen. Diese Überlegung gilt auch im vorliegenden Fall, in dem es ebenfalls nicht zur Vorschreibung der Abgabe innerhalb des Zeitraumes, der für den Herabsetzungsantrag nach dem Gesetz zur Verfügung steht, gekommen ist.
Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 18. Juni 1993, Zl. 91/17/0191, und vom 24. November 1997, Zl. 93/17/0290) unterliegt die unmittelbare oder mittelbare Einleitung von Abwässern von innerhalb der Stadt Wien gelegenem Grundbesitz in einen öffentlichen Kanal der Abgabe. Bei der Berechnungsvorschrift des § 12 Abs. 1 KKG handelt es sich um eine der Vereinfachung der Ermittlung der Gebührenhöhe dienende Fiktion (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1985, Zl. 85/17/0008). Wie der Verwaltungsgerichtshof jedoch in dem zuletzt genannten Erkenntnis und im hg. Erkenntnis vom 28. November 2001, Zl. 98/17/0321, ausgesprochen hat, enthält das Gesetz Regeln zur Korrektur zur Vermeidung eines gleichheitswidrigen Ergebnisses, die es erlauben, auf Fälle Rücksicht zu nehmen, in denen die in die öffentlichen Kanäle abgeleiteten Wassermengen geringer sind als die der öffentlichen Wasserversorgung entnommenen Wassermengen. Die Fiktion stellt nach dieser Rechtsprechung eine widerlegliche Vermutung dar.
Wie der Verwaltungsgerichtshof auch klargestellt hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. November 1997, Zl. 93/17/0290, und vom 28. November 2001, Zl. 98/17/0321), ist ein Antrag auf Herabsetzung auch im Rahmen des Verfahrens zur Gebührenfestsetzung zu berücksichtigen; die "Herabsetzung" gemäß § 13 KKG erfordert nicht das Vorliegen einer Gebührenfestsetzung. Sofern der Anspruch auf Herabsetzung bereits zum Zeitpunkt der Gebührenfestsetzung feststeht, darf die Gebühr nur in der Höhe festgesetzt werden, die der in den Kanal eingeleiteten Wassermenge entspricht.
6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333, insbesondere deren § 3 Abs. 2. Die von der Beschwerdeführerin entrichtete Pauschalgebühr in der Höhe von
S 2.500,-- war dabei gemäß § 3 Abs. 2 Z 3 Euro-Gesetz, BGBl. I Nr. 72/2000, mit EUR 181,68 in Ansatz zu bringen.
7. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes
nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am 29. März 2004
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:1999170212.X00Im RIS seit
20.05.2004