TE Vwgh Erkenntnis 2004/4/5 2004/10/0006

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.04.2004
beobachten
merken

Index

82/04 Apotheken Arzneimittel;

Norm

ApG 1907 §29 Abs4 idF 1984/502;
ApG 1907 §29 Abs4 idF 2001/I/016;
ApG 1907 §29 Abs5 idF 1984/502;
ApG 1907 §29 Abs5 idF 2001/I/016;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2004/10/0007

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerden 1. des Dr. P, 2. der Dr. S, beide in Wolfsegg am Hausruck, vertreten durch Dr. Karl Krückl und Dr. Kurt Lichtl, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Harrachstraße 14/I, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich 1. vom 12. Juni 2003, Zl. VwSen-590024/3/SR/Ri,

2. vom 1. August 2003, Zl. VwSen-590023/3WEI/Ni, betreffend Zurücknahme der Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke (mitbeteiligte Partei: Mag. pharm. S in Ottnang am Hausruck), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Den vorliegenden Beschwerden und den diesen angeschlossenen Bescheidausfertigungen zufolge wurde dem Mitbeteiligten mit Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 14. August 1998 die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in Ottnang am Hausruck erteilt. Mit Schriftsatz vom 12. November 2002 teilte der Mitbeteiligte der Bezirkshauptmannschaft mit, die Apotheke werde am 2. Dezember 2002 eröffnet; er beantrage die Zurücknahme der Bewilligungen zum Betrieb der Hausapotheken jener Ärzte, deren Berufssitze von der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke weniger als 4 km entfernt seien.

Mit Schriftsatz vom 26. November 2002 gab der Erstbeschwerdeführer bekannt, dass er ab dem 26. November 2002 in Wolfsegg, Hueb 26, eine weitere Arztordination betreibe und unter Voraussetzung der Zustimmung die Betriebsstätte seiner ärztlichen Hausapotheke von Wolfsegg, Marktplatz 12, nach Wolfsegg, Hueb 26, verlege.

(Ebenfalls) mit Schriftsatz vom 26. November 2002 gab die Zweitbeschwerdeführerin bekannt, dass sie ab dem 26. November 2002 in Wolfsegg, Hueb 26, eine weitere Arztordination betreibe und unter Voraussetzung der Zustimmung die Betriebsstätte ihrer ärztlichen Hausapotheke von Wolfsegg, Badweg 5 nach Wolfsegg, Hueb 26, verlege.

Mit den im Instanzenzug erlassenen angefochtenen Bescheiden wurden die den Beschwerdeführern erteilten Bewilligungen zum Betrieb ärztlicher Hausapotheken mit Wirkung vom 3. März 2003 zurückgenommen. Begründend ging die belangte Behörde jeweils davon aus, die Beschwerdeführer hätten nicht - wie mit Schriftsatz vom 26. November 2002 angekündigt - weitere Berufssitze in Wolfsegg, Hueb 26, eröffnet und die ärztlichen Hausapotheken dorthin verlegt. Der Mitbeteiligte habe die öffentliche Apotheke am 2. Dezember 2002 in Betrieb genommen. Im relevanten Zeitpunkt habe die Entfernung zwischen den Betriebsstätten der öffentlichen Apotheke und der ärztlichen Hausapotheken weniger als 4 Straßenkilometer betragen. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer käme es auf die tatsächliche Entfernung zwischen den Betriebsstätten und nicht auf die bloße Absicht, den Ordinationssitz zu verlegen, an.

Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof. Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschlüssen vom 25. November 2003, B 1134/03 und B 1212/03, die Behandlung der Beschwerden ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof machen die Beschwerdeführer geltend, § 29 ApG sei unter dem Gesichtspunkt seines Zweckes, die kontinuierliche Heilmittelversorgung der Bevölkerung sicherzustellen, auszulegen. Daraus folge, dass "auf den Zeitpunkt der Anzeige der Übersiedlung der ärztlichen Hausapotheke abzustellen" sei. Dies ergebe sich "vice versa" auch aus der von der belangten Behörde zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Juli 1992, Zl. 90/10/0031, wenngleich der Verwaltungsgerichtshof auf die tatsächliche Inbetriebnahme der öffentlichen Apotheke abgestellt habe. Die Beschwerdeführer hätten die "tatsächliche Übersiedlung" nicht durchführen können, ohne ihre wirtschaftliche Existenz zu gefährden. Die Behörde erster Instanz habe nämlich den Standpunkt vertreten, dass bei Übersiedlung nach Hueb die Bewilligung der Hausapotheken "zurückzuziehen" wären, weil es sich dabei nicht um eine Übersiedlung innerhalb einer Ortschaft im Sinne des Apothekengesetzes gehandelt hätte. "Diese Rechtsfrage" sei für die Beschwerdeführer zu klären, bevor eine Übersiedlung erfolgen könne.

Der Verwaltungsgerichtshof hat wegen des sachlichen Zusammenhanges die gemeinsame Beratung und Entscheidung der Beschwerden beschlossen und erwogen:

Gemäß § 29 Abs. 1 ApG, RGBl. Nr. 5/1907 i.d.F. BGBl. I Nr. 16/2001, ist die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke einem praktischen Arzt zu erteilen, wenn sich in der Ortschaft, in welcher der Arzt seinen Berufssitz hat, keine öffentliche Apotheke befindet und der Berufssitz des Arztes von der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke mehr als sechs Straßenkilometer entfernt ist.

Gemäß § 29 Abs. 3 ApG erlischt die für den vorigen Berufssitz erteilte Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke, wenn ein praktischer Arzt seinen Berufssitz in eine andere Ortschaft verlegt.

Gemäß § 29 Abs. 4 ApG ist die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke bei Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke zurückzunehmen, wenn die Wegstrecke zwischen Berufssitz des Arztes und Betriebsstätte der neu errichteten öffentlichen Apotheke vier Straßenkilometer nicht überschreitet und in dem rechtskräftigen Bescheid zur Konzessionierung der neuen öffentlichen Apotheke ein Versorgungspotenzial i.S.d. § 10 von zumindest 5.500 Personen für die neue öffentliche Apotheke festgestellt wurde.

Der Inhaber der neu errichteten öffentlichen Apotheke ist gemäß § 29 Abs. 5 ApG verpflichtet, den Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Apotheke der Behörde mitzuteilen. Die Behörde hat die Zurücknahme der Hausapothekenbewilligung auf Antrag des Inhabers der öffentlichen Apotheke mit Bescheid so rechtzeitig auszusprechen, dass die Einstellung des Hausapothekenbetriebes drei Jahre nach Rechtskraft des Bescheides erfolgt, mit dem die Konzession für die öffentliche Apotheke erteilt wurde. Wird die öffentliche Apotheke nach diesem Zeitpunkt in Betrieb genommen, ist die Hausapothekenbewilligung so zurückzunehmen, dass die Inbetriebnahme der öffentlichen Apotheke und die Einstellung des Hausapothekenbetriebes zum selben Zeitpunkt erfolgen.

Wurde eine Konzession für eine öffentliche Apotheke nach dem 1. April 1998 und vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes i. d.F. BGBl. I Nr. 16/2001 (das ist der 3. März 2001) erteilt, so ist gemäß der Übergangsbestimmung des § 62 ApG die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke, die im Umkreis von vier Straßenkilometern um diese öffentliche Apotheke besteht, mit Ablauf von zwei Jahren nach dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes i.d.F.  BGBl. I Nr. 16/2001 zurückzunehmen. Erfolgt die Inbetriebnahme der öffentlichen Apotheke aber nach diesem Zeitpunkt, so ist die Bewilligung zur Haltung der ärztlichen Hausapotheke mit Inbetriebnahme dieser öffentlichen Apotheke zurückzunehmen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 22. Dezember 2003, Zl. 2003/10/0263, unter anderem Folgendes dargelegt:

"Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 10. Juli 1992, VwSlg. 13.685/A, mit eingehender Begründung dargelegt, es ergäbe sich aus dem Regelungszusammenhang der Abs. 4 und 5 des - damals geltenden - § 29 ApG und der ausdrücklichen Bezugnahme des § 29 Abs. 5 ApG auf die Inbetriebnahme der öffentlichen Apotheke für die Wirkung der Zurücknahme der ärztlichen Hausapotheke, dass als Zeitpunkt, in dem die Unterschreitung der 4 km-Entfernung als Tatbestandselement der Hausapothekenzurücknahme verwirklicht sein muss, die Inbetriebnahme der neuen Apotheke zu gelten habe. Der vom Gesetzgeber grundsätzlich intendierte, nahtlose Übergang der Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln von der ärztlichen Hausapotheke auf die neue öffentliche Apotheke erstrecke sich auch auf die in diesem Zeitpunkt gegebene Entfernung der Betriebsstätten zueinander.

Die Novelle BGBl. I Nr. 16/2001 hat in diesem Punkt keine Änderung gebracht. Zwar führt die Inbetriebnahme einer neuen öffentlichen Apotheke innerhalb des Übergangszeitraumes von drei Jahren ab Rechtskraft des Konzessionserteilungsbescheides nun nicht mehr zur gleichzeitigen Einstellung einer innerhalb einer Entfernung von 4 km betriebenen ärztlichen Hausapotheke. Vielmehr können während dieser Frist öffentliche Apotheke und ärztliche Hausapotheke nebeneinander betrieben werden. Nach Ablauf dieses Übergangszeitraumes ist die Hausapothekenbewilligung jedoch- wie bisher - mit dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme der neuen öffentlichen Apotheke zurückzunehmen.

Die Novelle hat das bisherige Regelungssystem lediglich insoweit geändert, als die zufolge Inbetriebnahme einer neuen öffentlichen Apotheke zurückzunehmenden Hausapothekenbewilligungen während eines Übergangszeitraumes von drei Jahren ab rechtskräftiger Erteilung der Apothekenkonzession bestehen bleiben können. Der Zeitpunkt der Inbetriebnahme der öffentlichen Apotheke ist aber nach wie vor der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung, ob die Tatbestandsvoraussetzungen für die Rücknahme einer Hausapothekenbewilligung erfüllt sind. Dies entspricht auch -

wie im zitierten Erkenntnis dargelegt - der Zielsetzung, eine ununterbrochene Arzneimittelversorgung der Bevölkerung zu gewährleisten.

Dies ist auch der Standpunkt der Übergangsbestimmung des § 62 ApG."

Zu den in der soeben angeführten Rechtsprechung bezogenen "Tatbestandsvoraussetzungen für die Rücknahme einer Hausapothekenbewilligung", die bezogen auf den Zeitpunkt der Inbetriebnahme der öffentlichen Apotheke zu beurteilen sind, zählt die Lage der ärztlichen Hausapotheke "im Umkreis von 4 Straßenkilometern um die öffentliche Apotheke". Diese Voraussetzung der Zurücknahme der Bewilligungen war im relevanten Zeitpunkt unstrittig gegeben. Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist eine Erklärung, die Verlegung des Berufssitzes bzw. die Errichtung eines weiteren Berufssitzes zu beabsichtigen, im vorliegenden Zusammenhang ohne Relevanz.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerden erkennen lässt, dass die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren abzuweisen.

Wien, am 5. April 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004100006.X00

Im RIS seit

12.05.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten