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19/05 Menschenrechte;Norm
FrG 1997 §33 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde der K, geboren 1971, vertreten durch Dr. Günther Romauch und Dr. Thomas Romauch, Rechtsanwälte in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 7, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 16. Jänner 2001, Zl. SD 695/00, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 16. Jänner 2001 wurde die Beschwerdeführerin, eine türkische Staatsangehörige, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.
Die Beschwerdeführerin sei am 11. September 1998 mit einem von der österreichischen Botschaft in Ankara ausgestellten Visum C, gültig vom 11. September 1998 bis 9. Oktober 1998, in das Bundesgebiet eingereist und mit Ablauf des Sichtvermerkes jedoch nicht ausgereist, sondern unrechtmäßig in Österreich geblieben. Dieses Fehlverhalten beeinträchtige die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens in erheblichem Ausmaß, sodass die Voraussetzungen zur Erlassung der Ausweisung - vorbehaltlich des § 37 Abs. 1 FrG - im Grund des § 33 Abs. 1 leg. cit. erfüllt seien.
Die Beschwerdeführerin sei seit 3. August 1998, seit einem unmittelbar vor ihrer Einreise gelegenen Zeitpunkt, mit einem Landsmann verheiratet, mit dem sie offenbar im gemeinsamen Haushalt lebe. Es sei daher von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in ihr Privat- bzw. Familienleben auszugehen gewesen. Dessen ungeachtet sei die Zulässigkeit der Ausweisung zu bejahen, weil der Eingriff zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens - dringend geboten sei. Den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Einhaltung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Gegen dieses Interesse habe die Beschwerdeführerin maßgeblich verstoßen. Auch sei sie rechtens nicht in der Lage, ihren Aufenthalt im Bundesgebiet vom Inland aus zu legalisieren. Daran habe das geltend gemachte Staatsbürgerschaftsverfahren des Gatten nichts ändern können, weil dieser Umstand keine zusätzliche, über den Stellenwert des inländischen Aufenthalts der Beschwerdeführerin hinausgehende Stärkung ihrer persönlichen Interessen bewirke. Ihr kämen daher auch keine Rechte als begünstigte Drittstaatsangehörige, wie z. B. die Regelungen des § 49 Abs. 1 FrG, zugute. Die insgesamt bewirkte Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei von solchem Gewicht, dass die gegenläufigen privaten und familiären Interessen der Beschwerdeführerin jedenfalls nicht höher zu bewerten gewesen seien als das Interesse der Allgemeinheit an ihrer Ausreise aus dem Bundesgebiet. Die Ausweisung sei daher im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG zulässig.
Da sonst keine besonderen zugunsten der Beschwerdeführerin sprechenden Umstände gegeben gewesen seien, habe die belangte Behörde von der Erlassung der Ausweisung auch nicht im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand nehmen können.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Auf dem Boden der unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid begegnet die - nicht bekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass sich die Beschwerdeführerin unrechtmäßig in Österreich aufhalte und der Tatbestand des § 33 Abs. 1 FrG erfüllt sei, keinen Bedenken.
2.1. Die Beschwerde bringt vor, dass der Ehegatte der Beschwerdeführerin seit 1987 in Österreich legal aufhältig sei, derzeit das Verfahren zur Durchsetzung seiner österreichischen Staatsbürgerschaft anhängig sei, er sämtliche Voraussetzungen für die positive Erledigung dieses Verfahrens erfülle und er kurz vor der Staatsbürgerschaftsverleihung an ihn stehe. Die Ausweisung der Beschwerdeführerin stelle daher einen schweren Eingriff im Sinn des Art. 8 EMRK dar. Um dem Recht im Sinn dieser Bestimmung zu entsprechen, sei jedenfalls ein beschränkter Familiennachzug zu ermöglichen. Die belangte Behörde hätte daher zur Frage der bevorstehenden Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an den Ehegatten der Beschwerdeführerin Ermittlungen beim Amt der Wiener Landesregierung durchführen müssen.
2.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Die belangte Behörde hat bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 FrG zugunsten der Beschwerdeführerin neben der Dauer ihres inländischen Aufenthaltes seit ihrer Einreise am 11. September 1998 berücksichtigt, dass sich hier auch ihr Ehegatte aufhalte, mit dem sie im gemeinsamen Haushalt lebe. Die aus dem inländischen Aufenthalt der Beschwerdeführerin in der Dauer von rund zwei Jahren und viereinhalb Monaten (bei Erlassung des angefochtenen Bescheides) ableitbaren persönlichen Interessen werden allerdings dadurch entscheidend relativiert, dass ihr Aufenthalt jedenfalls nach Ablauf ihres Reisevisums seit 9. Oktober 1998 zur Gänze unrechtmäßig ist.
Der vorgebrachte Umstand, dass der Ehegatte der Beschwerdeführerin mit der baldigen Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft zu rechnen habe, weil er alle Voraussetzungen dafür erfülle, bewirkt keine Stärkung der persönlichen Interessen. Die Behörde ist nicht verpflichtet, von fremdenpolizeilichen Maßnahmen Abstand zu nehmen und damit den unrechtmäßigen Aufenthalt eines Fremden zu dulden, bis der Fremde durch die - vor Abschluss des diesbezüglichen Verfahrens jedenfalls immer noch ungewisse - Verleihung der Staatsbürgerschaft an einen Angehörigen eine begünstigte Stellung erwirbt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 2003, Zl. 2003/18/0225, mwN).
Den persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht gegenüber, dass sie sich, wie bereits ausgeführt, seit über zwei Jahren unrechtmäßig in Österreich aufhält. Dieses Verhalten stellt eine schwerwiegende Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt, dar. Dem im Hinblick auf das Gebot der Achtung des Privat- und Familienlebens in § 37 Abs. 1 FrG verankerten Ausweisungshindernis kann hiebei nicht die Bedeutung zugemessen werden, es wäre zulässig, dass sich ein Fremder durch die Missachtung der fremdenrechtlichen Vorschriften und die derart bewirkten privaten und familiären Bindungen im Bundesgebiet ein Aufenthaltsrecht verschaffe. Auch kann aus Art. 8 EMRK ein allgemeines Recht des Fremden auf Familienzusammenführung in einem bestimmten Staat bzw. eine allgemeine Verpflichtung des Staates, eine Familienzusammenführung auf seinem Gebiet zuzulassen, nicht abgeleitet werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 2004, Zl. 2001/18/0038, mwN).
Die Ansicht der belangten Behörde, dass § 37 Abs. 1 FrG der Ausweisung der Beschwerdeführerin nicht entgegen stehe, kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden.
3. Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 7. September 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2001180047.X00Im RIS seit
20.10.2004