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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, in der Beschwerdesache des M in W, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/II/23, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 16. Dezember 1999, Zl. UVS-07/A/16/453/1999/2, betreffend Zurückzahlung eines Strafbetrages, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien, mit welchem einem Antrag des Beschwerdeführers keine Folge gegeben wurde, ihm einen bereits entrichteten Strafbetrag von S 26.000,-- samt gesetzlichen Zinsen im Hinblick darauf zu refundieren, dass seiner gegen den zu Grunde liegenden Strafbescheid vom 17. Juni 1997 beim Verwaltungsgerichtshof - nach Abtretung durch den Verfassungsgerichtshof - erhobenen Beschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 6. April 1999 die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei. Er macht im Ergebnis das aus diesem Beschluss erfließende Recht geltend, während des Beschwerdeverfahrens die mit dem angefochtenen Strafbescheid verhängte Strafe vorläufig noch nicht entrichten zu müssen und vorläufig rückerstattet zu erhalten.
Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. September 2002, Zl. 99/09/0017, wurde die Beschwerde gegen den Strafbescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 17. Juni 1997 als unbegründet abgewiesen.
Die vorläufige Maßnahme der aufschiebenden Wirkung einer beim Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde bewirkt, dass der "Vollzug" des angefochtenen Verwaltungsaktes in einem umfassenden Sinn ausgesetzt, also seine Vollstreckbarkeit und die durch ihn bewirkte Gestaltung der Rechtslage, seine Tatbestandswirkungen und seine Bindungswirkungen zum Zwecke der Sicherung eines möglichen Erfolges der Beschwerde gemäß § 63 Abs. 1 VwGG suspendiert werden. Bis zur Entscheidung über die Beschwerde dürfen aus dem angefochtenen Verwaltungsakt jedenfalls keine für den Beschwerdeführer nachteiligen Rechtsfolgen gezogen werden (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 18. Oktober 1995, Zl. 95/21/0521, vom 15. Oktober 1999, Zl. 99/19/0031, und den hg. Beschluss vom 13. Juni 2002, Zl. 2002/06/0073, jeweils mit weiteren Nachweisen, und auch den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Juni 1999, Slg. Nr. 15.508). Mit dem Ende eines Beschwerdeverfahrens ist aber die Beschwerde erledigt und besitzt auch eine gemäß § 30 Abs. 2 VwGG zuerkannte aufschiebende Wirkung keine Wirkung mehr. Der Beschwerdeführer kann sich hinsichtlich der von ihm angestrebten Rückzahlung des von ihm entrichteten Strafbetrages daher nicht mehr auf die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung seiner mit Erkenntnis vom 3. September 2002 erledigten Beschwerde berufen.
Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ist Voraussetzung für die Erhebung einer gegen einen Bescheid gerichteten Beschwerde, dass der Beschwerdeführer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Zweck des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist es somit, eine mögliche Verletzung des Beschwerdeführers in Rechten abzuwehren.
Liegt die behauptete Rechtsverletzung im Sinne des Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG jedoch nicht mehr vor, so könnte der Beschwerdeführer auch durch die von ihm angestrebte Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes rechtlich nicht günstiger gestellt werden, als dies ohne meritorische Entscheidung über die Beschwerde der Fall ist. In einem solchen Fall ist die Frage der Rechtswidrigkeit eines Bescheides für die Rechtsstellung eines Beschwerdeführers bedeutungslos geworden, und es bedarf dementsprechend auch keines Zurücktretens der Rechtssache in die Lage vor Erlassung des angefochtenen Bescheides. Jener rechtliche Zustand, den die Verwaltungsbehörden im Falle der Aufhebung des angefochtenen Bescheides mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln gemäß § 63 Abs. 1 VwGG unverzüglich herzustellen verpflichtet wären, ist entweder ohnehin schon eingetreten oder braucht nicht mehr hergestellt zu werden, weil das mit der Beschwerde als verletzt behauptete Recht nicht mehr besteht. In solchen Fällen kommt in Ansehung von Bescheidbeschwerden neben den ausdrücklich im VwGG vorgesehenen Fällen der Einstellung auch die Erledigung einer Beschwerdesache durch Einstellung wegen Gegenstandslosigkeit in Betracht, ohne dass eine förmliche Klaglosstellung erfolgt (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom 27. Juni 1990, Slg. N.F. Nr. 13.239/A, und vom 1. Juli 1998, Zl. 97/09/0095).
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Der Beschwerdeführer verweist hinsichtlich eines fortdauernden rechtlichen Interesses an einer meritorischen Erledigung seiner Beschwerde auf die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Juli 1994, VfSlg. 13.837, und vom 10. Juni 1999, VfSlg. 15.508. Darin geht es um ein nach erfolgter Abschiebung fortdauerndes Interesse eines Fremden an der Feststellung der Unzulässigkeit seiner Abschiebung in einen bestimmten Staat und die Unzulässigkeit der Bestrafung eines Fremden wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes, nachdem einer gegen seine Ausweisung gerichteten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden war. Es ist nicht zu ersehen, inwiefern das allein auf die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung seiner Beschwerde gegründete Interesse des Beschwerdeführers an der Zurückzahlung des von ihm erstatteten Strafbetrages nach der Abweisung dieser Beschwerde durch das hg. Erkenntnis vom 3. September 2002, Zl. 99/09/0017, mit dem Rechtsschutzinteresse in den dargestellten Fällen vergleichbar wäre.
Fällt bei einer Beschwerde das Rechtsschutzinteresse nachträglich weg, so ist dies gemäß § 58 Abs. 2 VwGG bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen; würde hiebei die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist darüber nach freier Überzeugung zu entscheiden. Diese Beurteilung ergibt im vorliegenden Fall, dass der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben gewesen wäre. Die Behörde erster Instanz und die belangte Behörde haben nämlich verkannt, dass hinsichtlich des vom Beschwerdeführer geltend gemachten Anspruchs auf Rückerstattung einer bezahlten Geldstrafe keine gesetzliche Bestimmung besteht, die eine Verwaltungsbehörde zur Entscheidung beruft (vgl. die von Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze II, 2. Auflage 2000, zu § 54b unter 12. und zu § 66 VStG dargestellte hg. Rechtsprechung, hier besteht eine Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gemäß Art. 137 B-VG). Die belangte Behörde hätte den vor ihr angefochtenen Bescheid der Behörde erster Instanz daher gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos beheben müssen.
Wien, am 28. Oktober 2004
Schlagworte
Allgemein Begriff der aufschiebenden Wirkung Entscheidung über den Anspruch Inhalt der Berufungsentscheidung Kassation Vollzug Zuspruch von Aufwandersatz gemäß §58 Abs2 VwGG idF BGBl 1997/I/088European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2001090030.X00Im RIS seit
02.02.2005