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50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1994 §353;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer sowie Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des Ing. T in M, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Radetzkystraße 8/1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 5. Oktober 2000, Zl. Gew-984/4/00, betreffend gewerbliche Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: P in 9363 Metnitz, Untermarkt 51), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 2. Februar 2000, Zl. 99/04/0172, verwiesen.
Im fortgesetzten Verfahren wurde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der Berufung der beschwerdeführenden Partei insofern Folge gegeben, als eine Reihe von Auflagenpunkten abgeändert und eine zusätzliche Auflage vorgeschrieben wurde.
In der Begründung dieses Bescheides kommt die belangte Behörde (unter umfangreicher Bezugnahme auf Sachverständigengutachten und das Ergebnis der am 19. Juli 2000 durchgeführten Verhandlung) zum Schluss, dass unter Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen es zu keiner Lärmerhöhung durch die Betriebsanlage bei den Nachbarn komme und die geruchsintensiven Lösungsmittel auch bei einer "worst case" Annahme weit unter den Geruchsgrenzschwellwerten lägen, weshalb es bei der gegenständlichen Betriebsanlage zu keiner unzumutbaren Belästigung oder gar Gesundheitsgefährdung der Nachbarn komme.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z. 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte.
Gemäß § 75 GewO 1994 ist unter einer Gefährdung des Eigentums im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1994 die Möglichkeit einer bloßen Minderung des Verkehrswertes des Eigentums nicht zu verstehen. Nach Abs. 2 sind Nachbarn im Sinne dieses Bundesgesetzes alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten.
Gemäß § 77 Abs. 1 leg. cit. ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.
Ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. zumutbar sind, ist nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind oder auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.
Die Beschwerde stellt zu ihrem bei weitem überwiegenden Teil nur eine wörtliche Wiederholung der im Verwaltungsverfahren vorgelegten Stellungnahme der C Prüfanstalt für Umwelttechnik GmbH (aus dem August 1998) dar. Die beschwerdeführende Partei scheint dabei zu verkennen, dass es dem Verwaltungsgerichtshof verwehrt ist, in der von der Verwaltungsbehörde behandelten Sache an Stelle der belangten Behörde eine (von dieser allenfalls versäumte) Beweisaufnahme nachzuholen und in Ergänzung des Ermittlungsverfahrens zur Feststellung des Sachverhaltes selbst Beweise aufzunehmen (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 14. Dezember 1978, VwSlg. Nr. 9723/A).
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird im Übrigen auf diese Stellungnahme (auch) näher eingegangen und dabei u. a. ausgeführt, es sei offensichtlich und für jedermann erkennbar, dass diese Stellungnahme ohne Kenntnis der Einreichunterlagen und Mappen erfolgt sei. Sie kritisiere die Amtssachverständigen und kenne selbst nicht einmal die Einreichunterlagen, auf deren Basis ihr Gutachten abgegeben worden sei, weshalb sie nicht als nachvollziehbar gewertet werden könne und keinesfalls geeignet sei, die fachlich korrekten, kompetenten und nachvollziehbaren umfangreichen Gutachten der Amtssachverständigen in Zweifel zu ziehen, vielmehr gehe sie auf theoretisch mögliche Kritikvarianten von Gutachten ein, die teilweise überhaupt keinen Aktenbezug mehr hätten.
Dem wird in der Beschwerde nur insoweit begegnet, als vorgebracht wird, es benötige ein Gutachter nicht die vollständigen Einreichunterlagen, um eine "Begutachtung" eines Gutachtens dahin gehend zu treffen, ob dieses auf ausreichenden Befundaufnahmen basiere und ob ein Gutachten mangelhaft sei. Die C Prüfanstalt für Umwelttechnik GmbH erstelle selbst Gutachten und "kann daher davon ausgegangen werden", dass sie in der Lage sei, zu beurteilen, inwiefern von einer umfassenden Befundaufnahme gesprochen werden könne und ob aus den vorliegenden Befundaufnahmen die technisch richtigen Schlussfolgerungen gezogen worden seien.
Mit dieser bloß allgemeinen, nur eine theoretische Möglichkeit aufzeigenden Aussage vermag die Beschwerde nicht darzutun, dass die Erwägungen der belangten Behörde, der Stellungnahme der C Prüfanstalt für Umwelttechnik GmbH sei nicht zu folgen, unschlüssig seien. Die beschwerdeführende Partei unterlässt es gänzlich in konkretisierter Form - bezogen auf den Beschwerdefall - darzutun, inwiefern mit der Stellungnahme der C Prüfanstalt für Umwelttechnik GmbH eine unzureichende Befundaufnahme und falsche technische Schlussfolgerungen in den von der belangten Behörde herangezogenen Gutachten aufgezeigt würden.
Ebenso unterlässt es die beschwerdeführende Partei die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels aufzuzeigen, wonach mehrfach darauf hingewiesen worden sei, dass ihr Wohngebäude niveaumäßig ca. 6 m höher liege als das Betriebsgebäude, was eine besonders ungünstige Situation mit sich bringe. So wird z.B. gar nicht bekämpft, dass nach der Begründung des angefochtenen Bescheides in der Berufungsverhandlung während des Ortsaugenscheins der Schalldruckpegel außerhalb des Gebäudes der Zuluftöffnung der Spritz- und Lackieranlage gemessen worden sei, wobei dies 70 dB ergeben habe. Dieses Geräusch sei in einem Abstand von 3 m vor dem Haus der beschwerdeführenden Partei gerade noch zu hören gewesen und sei mit der Durchführung der vorgeschriebenen Schallschutzmaßnahme, nämlich einer schalldämmenden Einhausung nach Punkt 13. der Auflagen mit einem mittleren Schalldämmmaß von 15 dB das Ansauggeräusch nicht mehr wahrnehmbar.
Die Wesentlichkeit eines allfälligen Verfahrensmangels wird auch nicht dargelegt, wenn in der Beschwerde - ohne auf die Begründungsdarlegungen im angefochtenen Bescheid über die "worst case" Betrachtung überhaupt einzugehen - vorgebracht wird, es fehlten bei den emissions- und immissionstechnischen Gutachten entsprechende Ausbreitungsrechnungen, weshalb die ohne derartige Ausbreitungsrechnungen vorgenommenen Beurteilungen jedenfalls mangelhaft seien, insbesondere auch die möglichen Geruchsbeeinträchtigungen, die bei taleinwärts wehenden Winden bzw. Inversionswetterlagen intensiv auftreten würden, von den Amtssachverständigen nicht beurteilt worden seien.
Wenn aber in der Beschwerde gerügt wird, von der beschwerdeführenden Partei seien auch zwei ärztliche Bestätigungen vorgelegt worden, aus denen sich ergebe, dass die beschwerdeführende Partei an funktioneller Stenocardie, lab. Hypertonie, Veg. Dysregulation und psychischer Überladung, sowie starken Kopfschmerzen leide, welche auf den Betrieb der gegenständlichen Anlage zurückzuführen seien, so wird ebenfalls übergangen, dass nach der Begründung des angefochtenen Bescheides die ärztlichen Atteste vom 1. April 1999 und 5. Juli 1999 keinesfalls geeignet gewesen seien, eine Erkrankung der beschwerdeführenden Partei durch die Betriebsanlage zu begründen, weil nach der Fotodokumentation vom 19. April 1999, vorgelegt von der beschwerdeführenden Partei, noch gar keine Betriebsanlage bestanden habe. Auch das Gutachten vom 5. Juli 1999 sei keinesfalls geeignet, eine Schädigung durch die gegenständliche Betriebsanlage zu bescheinigen, weil darin auf eine Lärmbelästigung einer Baufirma, die sich unterhalb des Wohnsitzes der beschwerdeführenden Partei befinde, Bezug genommen werde. In der Beschwerde wird gar nicht der Versuch unternommen, die betreffenden Begründungsdarlegungen des angefochtenen Bescheides als unschlüssig zu bekämpfen.
Dass, wie die beschwerdeführende Partei behauptet, auf ihre Einwendungen wegen eines Eingriffes in ihr Eigentumsrecht nicht eingegangen worden sei, ist aktenwidrig (siehe S. 39 des angefochtenen Bescheides). Auch stellt ein bloßer Wertverlust keine unter die Tatbestandsmerkmale des § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1994 zu subsumierende Gefährdung des Eigentums oder dinglicher Rechte dar. Eine solche ist nämlich - im Hinblick auf § 75 Abs. 1 GewO 1994 - nur dann gegeben, wenn die Substanz des Eigentums bedroht ist, oder wenn eine sinnvolle Nutzung der Sache wesentlich beeinträchtigt wird oder überhaupt nicht mehr möglich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1993, Zl. 92/04/0220). Derartiges wird in der Beschwerde aber nicht einmal ansatzweise behauptet.
Schließlich vermag die Beschwerde auch nicht zum Erfolg zu führen, wenn geltend gemacht wird, die belangte Behörde hätte die Antragslegitimation des Konsenswerbers prüfen müssen, zumal er selbst eingestanden habe, nicht Eigentümer der Liegenschaft zu sein. Darauf kommt es aber nicht an, weil antragslegitimiert allein der Inhaber der Anlage ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 2. Februar 2000, Zl. 99/04/0214, und die dort zitierte Vorjudikatur). Dass der mitbeteiligten Partei aber die Inhabereigenschaft mangle, wird in der Beschwerde gar nicht behauptet.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 21. Dezember 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2000040201.X00Im RIS seit
02.02.2005