TE OGH 1969/4/15 8Ob61/69

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Veröffentlicht am 15.04.1969
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Lenk als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer, Dr. Rotte, Dr. Hager und Dr. Petretto als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Günther M*****, vertreten durch Dr. Franz Lach, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei A*****Wohnbaugemeinschaft, *****, vertreten durch Dr. Leo Kaltenbäck, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 522.880,-- sA infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 18. Dezember 1968, GZ 1 R 115/68-30, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 24. Mai 1968, GZ 6 Cg 163/66-24, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Parteien, der beklagte Verein vertreten durch den damaligen Obmann Dr. A*****, haben am 28. März 1960 schriftlich (Beil 2) eine Vereinbarung getroffen, wonach sich im Falle der Übernahme des "Bombenscheines" für die Liegenschaft G*****, die Beklagte verpflichtete, dem Kläger den unwiderruflichen Auftrag nach Baugruppe A, Arbeitsgruppen I, II, III und IV eines Bauvorhabens im Sinne des Wohnhauswiederaufbaugesetzes mit einer reinen Gesamtbaukostensumme von mindestens S 10,000.000,-- zu erteilen. Der Kläger übernahm die Verpflichtung, für Unkosten der beklagten Partei 20 % seines Honorars an die beklagte Partei abzutreten und sämtliche Arbeiten der angeführten Arbeitsgruppen den Vorschriften des Wohnhauswiederaufbaugesetzes und den einschlägigen Bestimmungen gemäß auszuführen. Mit Kaufvertrag vom 14. 7. 1961 verkaufte die damalige Alleineigentümerin Maria D***** 1/10 ihrer Liegenschaft in G*****, an die beklagte Partei. Die Verkäuferin nahm darin zur Kenntnis, dass die beklagte Partei beabsichtige, auf Grund des Kriegsschadens und des Bauverbotes bezüglich der Kaufliegenschaft in der Form einer Bauplatzverlegung aus den Mitteln des Wohnhauswiederaufbaufonds Fondshilfe in Anspruch zu nehmen. Die Verkäuferin verpflichtete sich, zur Herstellung der erforderlichen Eigentumsidentität der Alt- und Neubestandsliegenschaft einen Liegenschaftsanteil der Neubestandsliegenschaft bei gleichzeitiger Einräumung des Vor- und Wiederkaufsrechtes zugunsten der beklagten Partei käuflich zu erwerben und der beklagten Partei die zur Erwirkung der Fondshilfe erforderliche Spezialvollmacht gemäß den Bestimmungen des Wohnhauswiederaufbaugesetzes, bzw dessen Durchführungsbestimmungen zu erteilen.

Ungeachtet mehrfacher, zum Teil vom Kläger in die Wege geleiteter, möglicher Bauvorhaben ist es zur Verwirklichung eines dieser Projekte nicht gekommen. Dem Kläger wurde auch kein entsprechender Auftrag erteilt. Die beklagte Partei ist schließlich im Sommer 1966 von der oben genannten Vereinbarung vom 28. 3. 1960 zurückgetreten. In der Klage wird ein Betrag von S 522.880,-- samt Anhang als Verdienstentgang auf Grund der Gebührenordnung für Architekten (S 84 dA) begehrt. Die beklagte Partei machte eine unbestrittene Darlehensforderung von S 15.000,-- sA als Gegenforderung geltend. Das Erstgericht stellte einen Klagsanspruch von S 57.919,40 sA sowie die Gegenforderung als zu Recht bestehend fest und verurteilte die beklagte Partei zur Zahlung von S 42.919,40 sA. Es wies das Mehrbegehren von S 464.960,60 sA ab.

Infolge Berufung beider Teile hob das Gericht zweiter Instanz das Urteil mit Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Sache an das Erstgericht deshalb zurück, weil die Höhe der Entlohnung des Klägers im Sinne des § 1168 ABGB noch ergänzend zu erörtern sei. Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der beklagten Partei. Soweit darin die Annahme der Untergerichte, der Erwerb von bloß eines Zehntelanteiles der Liegenschaft in G*****, habe für die Verwertung des "Bombenscheines" ausgereicht und die Vernehmung weiterer Zeugen zu dieser Frage sei nicht erforderlich gewesen, bekämpft wird, trifft dieser Vorwurf die Beweiswürdigung der Vorinstanzen, die aber in dritter Instanz nicht mehr Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens sein kann. Aus dem gleichen Grunde ist die Feststellung des Erstgerichtes, dass hinsichtlich der Liegenschaft ***** bereits im Jahre 1960 ein Bescheid über den Kriegsschaden, im Jahr 1961 ein Bescheid über die Abbruchreife und ein Verbot des Wiederaufbaues an dieser Stelle ergangen seien, nicht anfechtbar, sodass der Einwand im Rekurs, erst im Jahre 1965 seien die Voraussetzungen für die Ausstellung eines "Bombenscheins" geschaffen worden, den Feststellungen der Untergerichte widerspricht. Im Übrigen ist diese Frage rechtlich nicht entscheidend, weil die beklagte Partei selbst dann, wenn erst im Jahre 1965 ein "Bombenschein" ausgestellt worden wäre, mit dieser Bescheinigung um eine Fondshilfe hätte ansuchen können, sodass im Sommer 1966 für die Beklagte auch in diesem Falle kein Rücktrittsgrund gegeben gewesen wäre.

Die Untergerichte sind zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger seine Verpflichtung aus dem Vertrag vom 28. 3. 1960 - Beischaffung des "Bombenscheins" - erfüllte und die beklagte Partei daher zur Auftragserteilung hinsichtlich eines Bauvorhabens mit einer Gesamtbaukostensumme von mindestens S 10,000.000,-- verpflichtet war. Die beklagte Partei ist nach den Feststellungen der Untergerichte im Sommer 1966 von dieser Vereinbarung zurückgetreten, obwohl ihr ein Bombenschein zur Verfügung stand und sie bis dahin einerseits ein geeignetes Ersatzgrundstück besessen hat, andererseits ein solches Grundstück hätte erwerben können. Dem kann die Beklagte auch nicht entgegenhalten, dass von der Liegenschaft *****, die zur Zeit des Erwerbes des Zehntelanteiles durch die beklagte Partei noch im Alleineigentum der Maria D***** gestanden war, inzwischen deren Ehemann Johann D***** 5/10-Anteile erworben hat. Denn schon vorher hatte der Kläger seine Verpflichtungen hinsichtlich des "Bombenscheines" erfüllt gehabt, sodass die Folgen allenfalls nachträglich eingetretener Hindernisse gegen die Erwirkung der Fondshilfe die beklagte Partei zu tragen hat. Abgesehen davon, haben sich nach den Feststellungen der ersten Instanz die Ehegatten D***** zu den Vereinbarungen der beklagten Partei mit Maria D***** noch im Jahre 1965 bekannt.

Die Auffassung der beklagten Partei, der Kläger habe sich im Vertrag vom 28. 3. 1960 ein Vermittlungs-, bzw ein Erfolgshonorar ausbedungen, das ihm nur im Falle des Zustandekommens des Geschäftes gebühre, kann nicht geteilt werden. Nach dieser Vereinbarung sollte der Kläger nicht ein Bauvorhaben vermitteln und auch nicht eine Entlohnung allein für die Vermittlung des "Bombenscheines" erhalten. Es handelte sich vielmehr um einen Architektenauftrag für einen Wohnbau im Kostenausmaß von mindestens S 10,000.000,-- unter der Voraussetzung, dass der Kläger der beklagten Partei den "Bombenschein" verschafft. Dieser Auftrag ist als Werkvertrag im Sinne der §§ 1165 ff ABGB zu beurteilen (8 Ob 146/64). Die beklagte Partei kann die Erfüllung ihrer vertraglichen Verbindlichkeit nicht deshalb ablehnen, weil bis zur Wirksamkeit des Wohnbauförderungsgesetzes 1968 (BGBl Nr 280/1967) infolge der langen Wartezeit die Verwertung des "Bombenscheines" nicht mehr möglich gewesen wäre, auch wenn das Fondsansuchen bereits im Jahre 1961 gestellt worden wäre. Die bis zum Tage der Kundmachung des Wohnbauförderungsgesetzes 1968 eingebrachten, beim Wohnhauswiederaufbaufonds erliegenden und nicht erledigten Anträge auf Fondshilfe sind nämlich nach § 36 Abs 3 des genannten Gesetzes den Ländern zu übermitteln und durch das zuständige Land einer Erledigung zuzuführen. Es hätte also das Fondsansuchen, wäre es von der beklagten Partei vor der Kundmachung des Wohnbauförderungsgesetzes 1968 gestellt worden, bei Vorlage des "Bombenscheines" und Erfüllung der übrigen Voraussetzungen zu einem Erfolg führen müssen. Der "Bombenschein" wäre sohin nicht wertlos geworden, wie die beklagte Partei meint.

Auch der Einwand im Rekurs, der Kläger könne deshalb, weil er nicht Mitglied der Österreichischen Ingenieurkammer sei, kein Architektenhonorar verlangen, geht schon deshalb fehl, weil in der Vereinbarung vom 28. 3. 1960 auf die für Architekten bei Bauten nach dem Wohnhauswiederaufbaugesetz amtlich festgelegten Gebührensätze Bezug genommen wurde. Dass der Kläger selbst zur Ausführung derartiger Arbeiten nicht befähigt bzw nicht berechtigt gewesen wäre, wurde in erster Instanz nicht behauptet.

Da dem Kläger an der Nichtausführung des Werkes kein Verschulden zur Last liegt, hat im Sinne des § 1168 ABGB die beklagte Partei, die grundlos vom Vertrag zurückgetreten ist, dem Kläger das vereinbarte Entgelt, abzüglich dessen, was der Kläger infolge Unterbleibens der Arbeit erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat, zu leisten. Es ist Sache der beklagten Partei als Auftraggeberin zu behaupten und zu beweisen, was sich der Kläger durch das Unterbleiben der Arbeit erspart hat. Darunter fallen erspartes Material, ersparte Arbeitslöhne für Hilfskräfte sowie alles, was der Kläger infolge Unterbleibens der gegenständlichen Arbeit durch anderweitige Verwendung erworben oder durch anderweitige Verwendung zu erwerben absichtlich versäumt hat, nicht aber die ersparte eigene Arbeitsleistung schlechthin (vgl EvBl 1962 Nr 64 S 73, Klang-Komm2 V Bd § 1168 S 403).

Dem Rekurs kommt sohin keine Berechtigung zu.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekurses stützt sich auf die §§ 40, 50 ZPO.

Anmerkung

E85435 8Ob61.69

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1969:0080OB00061.69.0415.000

Dokumentnummer

JJT_19690415_OGH0002_0080OB00061_6900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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