TE Vwgh Erkenntnis 2005/4/13 2004/13/0027

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Veröffentlicht am 13.04.2005
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
21/01 Handelsrecht;
21/07 Sonstiges Handelsrecht;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
60/01 Arbeitsvertragsrecht;

Norm

BAO §12;
BAO §198;
BAO §224 Abs1;
BAO §248;
EGG §4;
HBG §161;
HGB §105;
HGB §128;
HGB §161;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Keidel LL.M., über die Beschwerde des FH in M, vertreten durch Mag. Thomas Stenitzer und Mag. Kurt Schick, Rechtsanwälte in 2136 Laa an der Thaya, Rathausgasse 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 3. Dezember 2003, Zl. RV/4605-W/02, betreffend Haftung nach § 12 BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war einer von zwei persönlich haftenden Gesellschaftern der mit Gesellschaftsvertrag vom 17. September 1999 gegründeten und am 2. Dezember 1999 ins Firmenbuch eingetragenen C. KEG. Nach dem Inhalt eines am 17. April 2000 beurkundeten Gesellschafterbeschlusses schied der Beschwerdeführer mit Wirkung vom 15. April 2000 unter Zustimmung der übrigen Gesellschafter der KEG, welche dem Beschwerdeführer zusicherten, ihn bei einer allfälligen Inanspruchnahme für Verbindlichkeiten der Gesellschaft schad- und klaglos zu halten, aus der Gesellschaft aus, welche Änderung im Firmenbuch am 27. April 2000 eingetragen wurde. Am 5. März 2003 wurde die Firma der C. KEG im Firmenbuch gelöscht.

Mit Bescheid vom 30. Oktober 2001 zog das Finanzamt den Beschwerdeführer nach § 12 BAO für aushaftende Abgabenschulden der C. KEG, und zwar an Umsatzsteuer für das Jahr 1999 im Betrag von S 132.426,-- und Säumniszuschlag im Betrage von S 2.649,-- sowie für einen Verspätungszuschlag von S 7.000,-- zur Haftung heran.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, mit welcher er Berufungen auch gegen den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1999 und gegen die Nebenanspruchsbescheide verband. Seiner Heranziehung zur Haftung setzte er in der Berufung entgegen, nachweislich schon am 17. April 2000 aus der Gesellschaft wieder ausgeschieden zu sein, was er durch Vorlage einer Ausfertigung der schriftlichen Beurkundung des Gesellschafterbeschlusses der C. KEG vom 17. April 2000 sowie eines Firmenbuchauszuges unter Beweis stellte. Da "im Haftungsbescheid daher von unrichtigen Tatsachen ausgegangen" worden sei, könne der Haftungsbescheid "in diesem Zusammenhang keine Wirkung entfalten". Zudem sei im Gesellschafterbeschluss festgehalten, dass die verbleibenden Gesellschafter den Beschwerdeführer zivilrechtlich für die Inanspruchnahme von Verbindlichkeiten der Gesellschaft schad- und klaglos zu halten hätten. Dem Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1999 wurde entgegengesetzt, dass er mangels Abgabe einer Jahreserklärung auf einer Schätzung beruhe. Die für die Zeiträume der letzten drei Quartale des Jahres 1999 abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen wiesen Vorsteuerguthaben auf, auf deren Basis die Umsatzsteuer für das Jahr 1999 im Berufungswege festzusetzen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Haftungsbescheid insoweit Folge, als die Haftung auf einen Betrag von EUR 9.816,28 (S 135.075,--) anstatt des ursprünglichen Betrages von insgesamt S 142.075,-- eingeschränkt, die Berufung im Übrigen aber als unbegründet abgewiesen wurde. In der Begründung des angefochtenen Bescheides verwies die belangte Behörde nach Wiedergabe der maßgebenden Gesetzesbestimmungen auf das hg. Erkenntnis vom 26. April 2000, 2000/14/0043, in welchem der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen habe, dass eine zivilrechtliche Vereinbarung des ausgeschiedenen Gesellschafters mit den verbleibenden Gesellschaftern über seine Schad- und Klagloshaltung aus einer Inanspruchnahme für Verbindlichkeiten der Gesellschaft der Heranziehung des ausgeschiedenen Gesellschafters zur Haftung für Abgabenschulden der Gesellschaft nicht entgegen stehe. Dem Einwand hinsichtlich des Ausscheidens aus der Gesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter schon am 17. April 2000 sei zu entgegnen, dass die Umsatzsteuer 1999 und der dafür festgesetzte Säumniszuschlag innerhalb jenes Zeitraumes fällig geworden seien, zu welchem der Beschwerdeführer noch Gesellschafter der C. KEG gewesen sei. Hinsichtlich des Verspätungszuschlages in Höhe von EUR 508,71 (S 7.000,--) sei der Berufung aber stattzugeben gewesen, weil diese Abgabe erst nach dem Ausscheiden des Beschwerdeführers als persönlich haftender Gesellschafter fällig geworden sei. Der Sinn der Bestimmung des § 12 BAO liege in der Besicherung der Abgabenschuldigkeiten der Gesellschaft. Da kein Gesellschaftsvermögen der C. KEG festzustellen gewesen und deren Firma am 5. März 2003 gelöscht worden sei, müsse die Heranziehung des Beschwerdeführers zur Haftung als im Sinne des Gesetzes gelegen erkannt werden, weil die Einbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben als gefährdet anzusehen sei.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 12 BAO haften die Gesellschafter von als solche abgabepflichtigen und nach bürgerlichem Recht voll oder teilweise rechtsfähigen Personenvereinigungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit persönlich für die Abgabenschulden der Personenvereinigung. Der Umfang ihrer Haftung richtet sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

Die Gesellschafter einer OHG, OEG, KG und KEG werden vom Haftungstatbestand des § 12 BAO erfasst, wobei es auf die "förmliche Gesellschafterstellung", somit auf die nach Gesellschaftsrecht zu beurteilende Rechtsposition ankommt, sodass der persönlich haftende Gesellschafter einer KEG für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich haftet (siehe neben dem im angefochtenen Bescheid zitierten hg. Erkenntnis vom 26. April 2000, 2000/14/0043, auch die hg. Erkenntnisse vom 16. Oktober 2002, 99/13/0060, und vom 16. September 2003, 99/14/0276).

Die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen werden zufolge § 224 Abs. 1 BAO durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.

Gemäß § 248 BAO kann der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Berufung gegen seine Heranziehung zur Haftung innerhalb der für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid offen stehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch berufen.

Wenn ein zur Haftung Herangezogener sowohl gegen die Geltendmachung der Haftung als auch (gemäß § 248 BAO) gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch beruft, hat die Berufungsbehörde nach Lehre und ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zunächst nur über die Berufung gegen die Geltendmachung der Haftung zu entscheiden, da sich erst aus dieser Entscheidung ergibt, ob eine Legitimation zur Berufung gegen den Abgabenanspruch überhaupt besteht (siehe neben dem gleichfalls zum Fall einer Haftung nach § 12 BAO ergangenen hg. Erkenntnis vom 17. September 1996, 92/14/0138, auch die zu Fällen der Haftung nach anderen abgabenrechtlichen Bestimmungen ergangenen hg. Erkenntnisse vom 27. Jänner 2000, 97/15/0191, vom 29. März 2001, 2000/14/0200, vom 3. Juli 2003, 2000/15/0043, vom 22. Jänner 2004, 2003/14/0095, und vom 24. Februar 2004, 99/14/0242). In den letzten drei Erkenntnissen hat der Verwaltungsgerichtshof auch klar gestellt, dass im Falle des Vorliegens eines Abgabenbescheides die über die Haftung entscheidende Abgabenbehörde an den Inhalt des Abgabenbescheides gebunden ist. Argumente des zur Haftung Herangezogenen gegen den Abgabenanspruch lassen sich in diesen Fällen erst in Erledigung der nach § 248 BAO erhobenen Berufung des Haftungspflichtigen gegen den Abgabenanspruch berücksichtigen, welche aber erst nach rechtlichem Feststehen der Haftung ansteht.

Der Beschwerdeführer trägt vor, dass die Erwägungen des von der belangten Behörde zitierten hg. Erkenntnisses vom 26. April 2000, 2000/14/0043, auf seinen Fall nicht übertragbar seien, weil die KEG zufolge der erst am 2. Dezember 1999 erfolgten Eintragung ins Firmenbuch bis zu diesem Zeitpunkt auch nicht Umsatzsteuerschuldnerin geworden sein könne, was eine Haftung der Gesellschafter ausschließe. Ein "weiterer wesentlicher Unterschied" zu dem von der belangten Behörde ins Treffen geführten Erkenntnis bestehe darin, dass im vorliegenden Fall für die Gesellschaft vierteljährlich Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben worden seien, womit erwiesen sei, dass der Beschwerdeführer seinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen nachgekommen sei, indem er für rechtzeitige Meldung der Umsatzsteuer gesorgt habe. Eine Zustellung des Umsatzsteuerbescheides für das Jahr 1999 an den Beschwerdeführer sei nicht erfolgt. Dass die aus den Umsatzsteuervoranmeldungen resultierenden Gutschriften im Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1999 in eine Zahllast umgewandelt werden würden, sei für den Beschwerdeführer bei seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft nicht zu erkennen gewesen, bei einer am Beginn der unternehmerischen Tätigkeit stehenden Gesellschaft auch wirtschaftlich nicht nachvollziehbar und deshalb "unrichtig". Der angefochtene Bescheid lasse jegliche Stellungnahme zum Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1999 vermissen, was angesichts der Rechtsposition des zur Haftung herangezogenen Beschwerdeführers einen wesentlichen Mangel der Berufungsentscheidung begründe. Das Finanzamt habe die Berufung an die seinerzeitige Rechtsmittelbehörde vorgelegt, womit die in der Praxis übliche Berufungsvorentscheidung "umgangen" worden sei, was dem Beschwerdeführer das Parteiengehör durch die Möglichkeit der Erstattung von Ausführungen im Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz entzogen habe. Auch die nach der neuen Rechtslage vorgesehene Antragstellung betreffend Entscheidung durch den Senat sei dem Beschwerdeführer damit unmöglich gemacht worden.

Die Argumente der Beschwerdeschrift sind nicht geeignet, die Beschwerde zu einem Erfolg zu führen:

Dass die C. KEG als Umsatzsteuerschuldner für das Jahr 1999 nicht in Betracht komme, wie der Beschwerdeführer vorträgt, ist ein Argument, dessen Aussichtslosigkeit schon dadurch begründet wird, dass es sich gegen den Umsatzsteueranspruch richtet, den der Beschwerdeführer bei der Bekämpfung des Haftungsbescheides noch nicht angreifen darf. Die auf den Inhalt des Umsatzsteuerbescheides für das Jahr 1999 explizit Bezug nehmenden Beschwerdeausführungen gehen aus demselben Grund ins Leere. Das zur Zustellung des Umsatzsteuerbescheides für das Jahr 1999 erstattete Beschwerdevorbringen erweist sich schon wegen seines Verstoßes gegen das Neuerungsverbot als unbeachtlich, während der Beschwerdehinweis darauf, dass der Beschwerdeführer seinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen nachgekommen sei, außer Acht lässt, dass eine schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten Tatbestandsvoraussetzung der Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO, nicht aber der hier geltend gemachten Haftung nach § 12 BAO ist. Die Vorlage der Berufung an die Rechtsmittelbehörde ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung begründete keine Verletzung des Parteiengehörs und dass dem Beschwerdeführer die Stellung eines Antrages auf Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat nach der Bestimmung des § 323 Abs. 12 BAO unbenommen geblieben und die Entscheidung über eine Berufung betreffend Haftung nach § 12 BAO auch nach § 260 Abs. 2 BAO in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 97/2002, nicht in die Zuständigkeit des Berufungssenates gefallen war, hält die belangte Behörde dem Beschwerdeführer in der Gegenschrift zutreffend entgegen. Dass der Beschwerdeführer zudem auch keine Relevanz des (ohnehin nicht vorliegenden) Verfahrensmangels einer Verletzung des Parteiengehörs darzustellen weiß, indem er den Inhalt jenes Vorbringens verschweigt, das er gegebenenfalls erstattet hätte, sei der Vollständigkeit halber noch angemerkt.

In der Ausübung des Ermessens durch Geltendmachung der Haftung (auch) jenem Gesellschafter gegenüber, bei welchem die Einbringlichkeit der Abgabenforderung am ehesten erwartet werden kann, ist ein Ermessensmissbrauch nicht zu erkennen, was die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift gleichfalls zutreffend aufzeigt.

Die Beschwerde erwies sich somit als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 13. April 2005

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004130027.X00

Im RIS seit

10.05.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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