Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 28.Mai 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Rietdijk als Schriftführers in der Strafsache gegen Rudolf A wegen des Vergehens des schweren Diebstahls nach den § 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1
und 3, 128 Abs. 1 Z. 4 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 16.Jänner 1980, GZ. 3 c Vr 9.720/79-21, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Reither und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Strasser, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO hat der Angeklagte auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde unter anderen der am 3.Jänner 1947 geborene Spengler Rudolf A des Vergehens - die an sich mögliche Strafschärfung des § 39
StGB bleibt bei der Benennung des Deliktes außer Betracht - des schweren Diebstahls nach den § 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1 und 3, 128 Abs. 1 Z. 4 StGB schuldig erkannt.
Nach den Feststellungen des Erstgerichtes bestand die Mitwirkung des Beschwerdeführers an dem zum Nachteil seines Dienstgebers verübten Diebstahl von Werkzeugen, Nieten, einer Kabelrolle und eines Verteilers im Gesamtwert von rund 25.000 S darin, daß er mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung zusammen mit den beiden Beteiligten und Mitverurteilten Rudolf B und Anton C am Tatort anwesend war, gemeinsam mit Anton C den Rudolf B, von dem er unmittelbar nach Begehung der Tat einen Geldbetrag von 500 S erhielt, aufforderte, sich aus einer Werkzeugkiste 'das Passende', bzw. 'mehr zu nehmen', hierauf während des Transportes der Beute durch B und C vom Tatort, einem Betriebsraum seines Dienstgebers, zum vor dem Gebäude abgestellten PKW. B 'Schmiere' stand, mit den anderen Beteiligten verabredete, den Diebstahl als von ihm am nächsten Tag dem Dienstgeber zu meldenden 'Einbruchsdiebstahl' zu tarnen, und zu diesem Zweck das erwähnte Behältnis mit einem Vorhängeschloß versperrte, welches dann von B mit einer Blechschere aufgezwickt wurde.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen den unter dem Nichtigkeitsgrund der Z. 5
des § 281 Abs. 1 StPO eine undeutliche, unvollständige und unzureichende Begründung behauptenden Ausführungen der Beschwerde ist das Ersturteil mit keinem dieser formalen Begründungsmängel behaftet.
Die Feststellungen über den Bereicherungsvorsatz des Beschwerdeführers bei der Tatausführung und das Vorpaßhalten auf der Straße während des Abtransportes der Beute und die übrigen die Tatbeteiligten betreffenden Urteilsannahmen sind klar und unmißverständlich:
Wenn das Erstgericht seine Feststellungen, abgesehen von den Einlassungen des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung, insbesondere auf die hiemit im wesentlichen übereinstimmende Verantwortung des Angeklagten C (S. 203 - 205 d.A.) stützte und in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO) die Angabe des Beschwerdeführers, er habe sich bloß deshalb auf die Straße gestellt, damit er 'von dem Ganzen nichts wisse' (S. 207 d.A.), als unglaubwürdig und durch den Angeklagten C (S. 204 f. d. A.) widerlegt erachtete (S. 219 f. d.A.), kam es damit seiner Begründungspflicht in übereinstimmung mit den Denkgesetzen, der Lebenserfahrung sowie der Aktenlage nach und entsprach der vom Gesetz geforderten Bestimmtheit und dem Erfordernis der gedrängten Darstellung (§ 270 Abs. 2 Z. 5 StPO).
Daß das Erstgericht hiebei nicht zu allen, bei der Gesamtbeurteilung der Tatfrage nebensächlichen Details, insbesondere zu unbedeutenden Abweichungen in den Verantwortungen der Angeklagten in verschiedenen Verfahrensstadien Stellung nahm, stellt keinen formalen Begründungsmangel dar, und zwar weder in der Bedeutung einer von der Beschwerde behaupteten Undeutlichkeit oder Unvollständigkeit noch auch einer unzureichenden Begründung.
Ob der Beschwerdeführer dem Mitangeklagten B bereits in einem Gasthaus Werkzeuge zum Kauf angeboten hatte, ist angesichts seiner späteren Mitwirkung bei der Ausführung der Tat nicht entscheidungswesentlich. Die Urteilsfeststellung wieder, auch der Beschwerdeführer habe den Komplizen B aufgefordert, sich 'das Passende zu nehmen', beruht, entgegen dem Beschwerdeeinwand, auf der in diesem Punkt geständigen Verantwortung des Rechtsmittelwerbers selbst (S. 29 und 207 unten d.A.).
Gestützt auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit. a den § 281 Abs. 1 StPO wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Annahme seiner Mittäterschaft beim Diebstahl und macht insofern (wie auch zum Vorliegen einer der übrigen Beteiligungsformen des § 12 StGB) Feststellungsmängel, insbesondere zur Frage seines Bereicherungsvorsatzes, geltend.
Diese Rechtsrüge ist unberechtigt und zum Teil, weil nicht den im Urteil festgestellten Sachverhalt mit dem darauf angewendeten Gesetz vergleichend, nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt. Der Beschwerdeführer übergeht dabei, daß das Erstgericht, wie sich aus Urteilsspruch und Gründen ergibt, allen drei Angeklagten Gesellschaftsdiebstahl nach dem § 127 Abs. 2 Z. 1 StGB zurechnet (S. 212 f., 221) und sich auf ausreichende Tatsachenfeststellungen stützte.
Gesellschaftsdieb im Sinn dieser Gesetzesstelle ist nämlich sowohl jener, der durch typische Ausführungshandlungen am Diebstahl als (Mit-)Täter im Sinn des ersten Falles des § 12 StGB mitwirkt, als auch jener, der zur Tatzeit, am Tatort oder in dessen unmittelbarer Nähe, den typische Ausführungshandlungen vornehmenden weiteren Gesellschaftsdieb durch Beteiligungshandlungen im Sinn des dritten Falles des § 12 StGB (vor allem als Aufpasser) unterstützt. Daß das festgestellte Verhalten des mit Bereicherungstendenz handelnden Beschwerdeführers, so die am Tator ergangene Aufforderung an den Beteiligten B, sich Passendes zu nehmen, und das Leisten von Vorpaßdiensten beim Abtransport der Beute aus den Räumlichkeiten des Dienstgebers subjektiv und objektiv zumindest einen die Tätigkeit der beiden anderen Täter am Tatort selbst und in dessen unmittelbaren Nähe fördernden sonstigen Tatbeitrag im Sinn des dritten Falles des § 12 StGB darstellt, wie dies für den Begriff des Gesellschaftsdiebstahles ausreicht (vgl. die bei Leukauf-Steininger2, RN. 74, 76 und 77 zu § 127 StGB angeführten Entscheidungen), kann aber nicht bezweifelt werden. Soweit der Beschwerdeführer zudem die Feststellungen über das Leisten von Aufpasserdienst negiert und sich auf seine vom Erstgericht als unglaubwürdig verworfene Verantwortung (S. 219 f.) beruft, bringt er den materiellen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzlichen Darstellung. Es erübrigt sich daher, auf dieses Vorbringen noch weiter einzugehen.
Gleiches gilt für die Negierung des vom Erstgericht angenommenen Bereicherungsvorsatzes. Im übrigen kommt es nicht darauf an, ob der Vorsatz des Beschwerdeführers auf seine eigene unrechtmäßige Bereicherung gerichtet war. Denn dem Diebstahlstatbestand genügt sogar der Vorsatz (§ 5 Abs. 1 StGB), einen Dritten und daher auch vor allem einen Tatbeteiligten unrechtmäßig zu bereichern. Daß auch ein solcher Vorsatz des Beschwerdeführers in Beziehung auf den Beteiligten B vorlag, geht aus den Urteilsannahmen eindeutig hervor. Aus den genannten Erwägungen war der unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerde der Erfolg zu versagen.
Das Landesgericht verurteilte den Angeklagten A nach dem § 128 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die zur Qualifikation der Tat als Gesellschaftsdiebstahl hinzutretende weitere Qualifikation der Tat als Dienstdiebstahl und die einschlägigen - auch die Voraussetzungen des § 39 StGB erfüllenden - Vorstrafen, als mildernd das vor der Polizei abgelegte und zum Großteil auch in der Hauptverhandlung aufrechterhaltene Geständnis.
Das Landesgericht erwog weiters, daß die Tatbegehung nach einer erst am 9.Jänner 1979 stattgefundenen Entlassung aus einer - allerdings nicht wegen eines Vermögensdeliktes verbüßten - Freiheitsstrafe Gewinnsucht des Angeklagten und seine Gleichgültigkeit rechtlichen Werten gegenüber aufzeige und gelangte zur Verhängung der genannten Freiheitsstrafe.
Der Angeklagte strebt mit seiner Berufung eine Herabsetzung des Strafausmaßes an.
Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Von einer den Tatentschluß des Berufungswerbers in erheblichem Maß bestimmenden Einwirkung des Mitangeklagten C kann nach Lage des Falles nicht gesprochen werden, denn es war der Berufungswerber, der als erster durch übergabe von Nieten an B (s. S. 31 d.A.) den Boden für den Entschluß, auch Werkzeuge und Maschinen zu stehlen, bereitete. Dieser Umstand ist auch der weiteren Argumentation der Berufung entgegenzusetzen, daß dem Mitangeklagten B eine Verleitung durch die beiden anderen Täter zu Unrecht als mildernd zugerechnet worden sei, woraus sich implicite ein den Berufungswerber treffender korrespondierender Erschwerungsgrund ergebe.
Eine verlockende Gelegenheit kann beim Dienstdiebstahl keinen Milderungsgrund bilden. Gerade der in der Regel gegebene leichte Zugang des Täters zum Deliktsobjekt und die Schwierigkeit oder Unmöglichkeit einer Abwehr gegen den diebischen Zugriff bewog den Gesetzgeber, Diebstähle dieser Art unter erhöhte Strafsanktion zu stellen (Dokumentation zum Strafgesetzbuch, S. 158). Von einem wesentlichen Beitrag des Berufungswerbers zur Wahrheitsfindung kann vorliegend gleichfalls nicht gesprochen werden: Schon bei Beginn der Erhebungen ruhte der Tatverdacht ausschließlich auf dem Angeklagten A, die gegen ihn sprechenden Beweismomente waren erdrückend (vgl. S. 20 d.A.).
Der in der Berufung angestellte Vergleich mit den über die Mitangeklagten verhängten Strafen kann hier nicht zielführend sein, weil das Vorleben der drei Täter völlig verschieden gestaltet war. C war überhaupt unbescholten, B weist wohl zehn Vorstrafen auf, doch wurde er überwiegend nicht wegen Vermögensdelikten verurteilt (s. S. 103 d.A.). Hingegen finden sich unter den fünfzehn Vorstrafen des Berufungswerbers nicht weniger als acht wegen Vermögensdelikten (S. 101 d.A.).
Angesichts des Umstandes, daß auch der Berufungswerber den Komplizen B aufforderte, Werkzeuge und Maschinen zu stehlen, und beim Abtransport der Beute Aufpasserdienste leistete, kann auch nicht gesagt werden, daß er nur in geringem Maße an der Tatausführung beteiligt gewesen wäre.
Die vom Erstgericht angenommenen Strafzumessungsgründe sind somit zutreffend. Sie wurden auch entsprechend ihrem Gewicht gewürdigt. Die in erster Instanz verhängte Freiheitsstrafe entspricht dem Unrechtsgehalt der Verfehlung des Angeklagten und dem Grad seines Verschuldens.
Der Berufung war somit Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung fußt auf der im Spruch genannten Gesetzescnelle.
Anmerkung
E02732European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1980:0110OS00052.8.0528.000Dokumentnummer
JJT_19800528_OGH0002_0110OS00052_8000000_000