TE OGH 1981/3/19 12Os18/81

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.03.1981
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.März 1981 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mayer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Christine A wegen des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB. über die von der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 17.Dezember 1980, GZ. 22 Vr 2604/80-15, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, der Ausführungen des Verteidigers Rechtsanwalt Dr. Fucik und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Beurteilung der dem Gino B von der Angeklagten in ihrer falschen Aussage angelasteten (im angefochtenen Urteil näher bezeichneten) Nötigung auch als schwere Nötigung nach § 106 Abs 1 Z. 1 StGB. und somit auch im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z. 3 StPO. in der Sache selbst erkannt:

Christine A wird für das ihr weiterhin zur Last fallende Verbrechen

der Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB.

nach dem zweiten Strafsatz dieser Gesetzesstelle zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten verurteilt. Gemäß § 43 Abs 1 StGB. wird die Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit ihrer Berufung wird die Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß §§ 389, 390 a StPO. hat die Angeklagte die Kosten des Strafverfahrens erster und zweiter Instanz zu ersetzen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 12.Jänner 1960 geborene Christine A des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB. schuldig erkannt. Nach den Feststellungen des Schöffengerichtes erstattete die Angeklagte am 1.April 1980 gegen Jovan C und Gino B eine Anzeige. Sie gab an, daß sie der Geheimprostitution nachgehe, und die Genannten seit eineinhalb Monaten von ihr 800 S täglich als sogenannte Schutzgebühr verlangen. Da sie sich geweigert habe, diese Gebühr zu bezahlen, habe sie C am 27.März 1980 in Innsbruck geschlagen, um die Bezahlung der Gebühr zu erzwingen, wodurch sie Verletzungen am linken Auge erlitten habe.

Im Lokal habe sie noch B mit den Worten bedroht:

'Wenn du den Hans anzeigt, kostet ihm dies 10.000 S, und du bist weg'; worunter er meinte, daß sie entweder umgebracht oder zumindest schwer verletzt werde. Aus Angst habe sie darum keine Anzeige erstattet. Am 1.April 1980

sei sie in der Leopoldstraße in Innsbruck der Geheimprostitution nachgegangen, C und B hätten sie aufgefordert, den Platz zu verlassen. Als sie sich weigerte, habe sie C durch Schläge, die eine Gesichtskontusion zur Folge hatten, genötigt, ihren Standplatz zu verlassen.

Durch diese Angaben habe die Angeklagte die beiden Männer des Verbrechens der Erpressung, der Vergehen der Nötigung und der schweren Nötigung (richtig Verbrechen der schweren Nötigung) sowie des Vergehens der Körperverletzung bezichtigt. Sie habe gewußt, daß ihre Angaben falsch sind und habe wissentlich gehandelt. Dieses Urteil wird von der Angeklagten mit einer ziffernmäßig auf § 281 Abs 1 Z. 4 StPO., nach ihrem Inhalt aber auch auf die Ziffern 5 und 10 der genannten Gesetzesstelle gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft.

Sie führt aus, daß sich das Erstgericht sowohl in der Hauptverhandlung als auch im Urteil nicht im entsprechenden Umfang mit der Frage befaßt habe, ob die zitierten Tatbestände von der Angeklagten angezeigt wurden oder nicht. Sinngemäß bringt sie ferner vor, daß die in der Anzeige den Zeugen angelasteten Taten nicht die Beurteilung als Verbrechen der Erpressung nach § 144 Abs 1 StGB. und der schweren Nötigung nach § 106 Abs 1 Z. 1 StGB. rechtfertigen.

Die Berufung der Angeklagten richtet sich gegen den Strafausspruch.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde ist nur teilweise berechtigt. Der ziffernmäßig geltend gemachte Nichtigkeitsgrund (Z. 4 des § 281 Abs 1 StPO.) liegt schon deshalb nicht vor, weil die Angeklagte in der Hauptverhandlung gar keinen Antrag gestellt hat, über den nicht erkannt bzw. dem nicht stattgegeben wurde. Aber auch die von der Beschwerdeführerin behaupteten Begründungsmängel (Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z. 5 StPO.) haften dem Urteil nicht an. Denn das Erstgericht hat die Urteilsannahme, die Angeklagte habe mit den wiedergegebenen Äußerungen B und C zu Unrecht beschuldigt, sie habe auch gewußt, daß diese Beschuldigungen unrichtig sind, mit dem Hinweis auf die am 1.April 1980 mit der Angeklagten vor der Bundespolizeidirektion Innsbruck aufgenommenen Niederschrift (S. 17 des in der Hauptverhandlung verlesenen Aktes, AZ. 32 Vr 1551/80 des Landesgerichtes Innsbruck; siehe S. 41 der Akten) und auf ihr Geständnis ausreichend begründet. Soweit aber die Beschwerdeführerin ausführt, daß sie sich bei ihren Angaben nichts gedacht habe und auch nicht gewußt habe, was sie damit anrichten konnte, macht sie keinen Begründungsmangel geltend, sondern versucht nur in einer im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen Weise die Beweiswürdigung des Erstgerichtes zu bekämpfen.

Teilweise begründet erweist sich allerdings die (nach dem Inhalt ihrer Ausführungen erhobene) Rechtsrüge der Angeklagten. Die B angelastete Drohung - 'Wenn du den Hans anzeigst, kostet ihm dies 10.000 S, und du bist weg' -

erfüllt lediglich den Tatbestand des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB. und nicht den der schweren Nötigung nach § 106 Abs 1 Z. 1 StGB. Denn nach den Feststellungen des Erstgerichtes war eine Drohung mit Mord nicht eindeutig, vielmehr sollte 'zumindest' nur eine schwere Verletzung der Angeklagten in Aussicht gestellt werden. Dem angefochtenen Urteil haftet somit der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z. 10 StPO. an (siehe Mayerhofer-Rieder, Das österreichische Strafrecht, 2. Teil, E.Nr. 34 bis 39 zu § 281 Z. 10 StPO.).

Hingegen ist dem Erstgericht bei der Beurteilung der C zur Last gelegten Handlung kein Rechtsirrtum unterlaufen, denn die behaupteten Schläge, um A zur Zahlung zu zwingen, stellen sich als Gewaltausübung dar, um sie (die Angeklagte) zu einer Handlung, nämlich zur Bezahlung namhafter Beträge zu nötigen, wodurch die Angeklagte am Vermögen geschädigt, C und B hingegen unrechtmäßig ('Gebühr' für den Schutz einer Geheimprostituierten) bereichert werden sollten. Alle Tatbestandsmerkmale des Verbrechens der Erpressung nach § 144 Abs 1 StGB. sind somit gegeben. In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde war daher das Urteil in dem aus dem Spruch ersichtlichen Umfang aufzuheben, im übrigen aber die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen. Bei der nach § 297 Abs 1 StGB. vorzunehmenden Neubemessung der Strafe waren erschwerend die mehrfache Verleumdung zweier Personen, mildernd hingegen das Geständnis, die Unbescholtenheit und das Alter unter 21 Jahren.

Eine Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten ist dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat angemessen.

Die Strafe war gemäß § 43 Abs 1 StGB., da alle Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle vorliegen (aber auch schon wegen des Verbotes der reformatio in peius, § 290 Abs 2

StPO.), unter Bestimmung einer angemessenen Probezeit von 3 Jahren bedingt nachzusehen.

Mit der Berufung war die Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03089

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0120OS00018.81.0319.000

Dokumentnummer

JJT_19810319_OGH0002_0120OS00018_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten