Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 4. September 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini (Berichterstatter), Dr. Friedrich, Dr. Lachner und Hon. Prof. Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Radosztics als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gerhard A und andere Angeklagte wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten A gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Schöffengericht vom 28. März 1984, GZ 11 Vr 1522/83-61, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Stöger und der Verteidigerin Rechtsanwalt Dr. Kornelia Schröfl, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens dem Angeklagten zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil - das außerdem Schuldsprüche von 2 anderen, am Rechtsmittelverfahren nicht beteiligten Angeklagten enthält - wurde der am 24. Februar 1960 geborene beschäftigungslose Gerhard A des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG (Punkt A I - VI des Schuldspruchs), des Vergehens nach § 16 Abs. 1 Z 1 und 2 SuchtgiftG (Punkt C) und des Vergehens des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit a FinStrG (Punkt F) schuldig erkannt. Gegenstand der Schuldsprüche nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG und nach §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit a FinStrG sind ca 910
Gramm Haschisch, 100 Gramm Haschischöl und 800 LSD-Tabletten, welche der Angeklagte zwischen Sommer 1981 und dem 20. März 1983 zum Teil mit Komplizen in 6 Angriffen teils aus Marokko sowie teils aus Amsterdam nach Österreich schmuggelte und/oder von denen er hier zumindest Teilmengen in Verkehr setzte.
Das Erstgericht ging nach dem Inhalt des Urteilsspruchs davon aus, daß der Angeklagte die Verstöße gegen das Suchtgiftgesetz, die es dem Tatbestand des § 12 Abs. 1 SuchtgiftG unterstellte, und das Finanzvergehen unter erschwerenden Umständen, nämlich gewerbsmäßig verwirklicht habe, und verurteilte ihn daher nach den für die Begehung dieser Delikte unter erschwerenden Umständen vorgesehenen Strafdrohungen.
Rechtliche Beurteilung
Der vom Angeklagten aus der Z 9 lit a und Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde, welche sich gegen die Annahme der Gewerbsmäßigkeit der ihm angelasteten strafbaren Handlungen nach dem Suchtgiftgesetz und nach dem Finanzstrafgesetz wendet, - wobei er die Bekämpfung der 'Bestrafung gemäß § 16 Abs. 2 SuchtgiftG zweiter Strafsatz' durch seinen Verteidiger im Gerichtstag vor dem Obersten Gerichtshof zurückgezogen hat - kommt keine Berechtigung zu. Rechtlich verfehlt ist die Anfechtung der nur im Urteilsspruch (S 548) und in der Sachverhaltsdarstellung (S 557) - nicht auch in den Strafzumessungsgründen (S 570) - enthaltenen Annahme der Gewerbsmäßigkeit der dem Tatbestand des § 12 Abs. 1 SuchtgiftG unterstellten Tathandlungen mit Nichtigkeitsbeschwerde. Der Sache nach richten sich diese Ausführungen nämlich lediglich gegen das Vorliegen eines zur Anwendung der zweiten Strafstufe des ersten Strafsatzes des § 12 Abs. 1 SuchtgiftG herangezogenen Erschwerungsgrundes.
Im § 12 Abs. 1 SuchtgiftG sind zwei Strafsätze normiert; der erste ist ein gleitender Strafsatz mit beweglicher Obergrenze, der zwei Strafstufen enthält, und zwar eine von einem bis zu fünf Jahren und eine zweite, die bei Vorliegen von erschwerenden Umständen eine Ausweitung der Strafbefugnis bis zu zehn Jahren vorsieht. Der zweite - hier nicht in Betracht kommende - Strafsatz gilt, wie der Vollständigkeit halber erwähnt sei, (nur) für jene Täter, welche die Tat als Mitglied einer Bande begehen. Er reicht von einem bis zu zehn Jahren (vgl Mayerhofer, Nebengesetze, E Nr 33 zu § 6 / alt Suchtgiftgesetz ua). Die auf der Annah me von nicht namentlich im Gesetz angeführten Erschwerungs- oder Milderungsgründen basierende Wahl einer bestimmten Strafstufe innerhalb eines Strafsatzes ist eine Ermessensentscheidung des Gerichtes. Sie kann daher nur mit Berufung angefochten werden (vgl Gebert-Pallin-Pfeiffer E Nr 41 ff zu § 281 Abs. 1 Z 11 StPO ua).
Gewerbsmäßiges Handeln des Täters bildet nach dem Gesagten beim Verbrechen nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG bloß einen allenfalls für die Wahl der Strafstufe innerhalb des ersten Strafsatzes der genannten Gesetzesstelle bedeutsamen Erschwerungsgrund. Das darauf bezügliche Vorbringen des Angeklagten in der Beschwerde wird daher im Zusammenhang mit der von ihm ebenfalls erhobenen Berufung zu behandeln sein.
Die aus der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO erhobenen, wegen des im vorliegenden Fall 200.000 S nicht übersteigenden strafbestimmenden Wertbetrags aber auch für die gerichtliche Strafbarkeit des Schmuggels bedeutsamen Einwände gegen die Annahme der Qualifikation nach § 38 Abs. 1 lit a FinStrG wegen Gewerbsmäßigkeit des dem Angeklagten - idealkonkurrierend mit dem Verbrechen nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG - zur Last gelegten, an sich nicht bekämpften Schmuggels nach § 35 Abs. 1 FinStrG, die eingeschmuggelten Suchtgiftmengen seien relativ gering und noch dazu überwiegend für den Eigenbedarf des Beschwerdeführers bestimmt gewesen, sodaß aus ihrem (teilweisen) Verkauf keine auf Dauer angelegte nachhaltige und zum Lebensunterhalt geeignete 'Einnahmsquelle', also jedenfalls kein 'Gewinn', sondern nur die Abdeckung der Reisekosten und sonstigen Barauslagen zu erwarten gewesen und entstanden sei, vermögen indes nicht durchzuschlagen.
Für die Annahme gewerbsmäßigen Handelns genügt es nämlich, wenn die Absicht des Täters darauf gerichtet ist, sich durch die wiederholte Begehung von bestimmten Straftaten für einen längeren (aber nicht notwendig unbegrenzten) Zeitraum eine fortlaufende Einnahmsquelle zu verschaffen. Die aus den beabsichtigten Straftaten erfließende Einnahme muß aber entgegen der anscheinend in der Nichtigkeitsbeschwerde vertretenen Auffassung keineswegs die einzige sein. Es genügt vielmehr schon, wenn der angestrebte Zuschuß zum Einkommen auch nur die Bagatellgrenze überschreitet (vgl Foregger-Serini 3 , Anm I zu § 70 StGB; vgl auch Leukauf-Steininger 2 RN 5 zu § 70 StGB). Um eine 'Einnahme' aber handelt es sich bei den Verkaufserlösen auch dann, wenn sie vom Täter zur Deckung der mit dem (billigeren) Erwerb verbundenen Auslagen verwendet werden. In diesem Sinn hat das Erstgericht vorliegend auf Grund der Vielzahl der Schmuggelfahrten und der Höhe des aus dem teilweisen Verkauf der Suchtmittel erzielten Erlöse (S 557, 565 = S 11, 19 der Urteilsausfertigung) ohne Rechtsirrtum angenommen, daß die Absicht des Angeklagten darauf gerichtet war, sich einen nicht unbeträchtlichen Teil seines Lebensunterhaltes und der für die Beschaffung von Suchtgift notwendigen Mittel fortlaufend durch den Schmuggel (und den Absatz) von Suchtgiften zu beschaffen. Die insgesamt unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 28 Abs. 1 StGB, Par 12 Abs. 1 erster Strafsatz 'zweite Strafstufe' SuchtgiftG zu zweieinhalb Jahren Freiheitsstrafe sowie gemäß § 12 Abs. 4 SuchtgiftG zu einer Wertersatzstrafe von 24.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu zwei Monaten Ersatzfreiheitsstrafe und für das Vergehen des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit a FinStrG zu 16.485 S Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe. Bei der Strafbemessung hinsichtlich der Delikte nach dem Suchtgiftgesetz wertete es als erschwerend das Zusammentreffen von strafbaren Handlungen derselben und verschiedener Art, als mildernd hingegen das weitgehende Geständnis.
Die Berufung des Angeklagten richtet sich lediglich gegen die nach dem Suchtgiftgesetz verhängte Freiheitsstrafe und strebt deren Herabsetzung (auf ein Jahr) sowie die Gewährung der bedingten Strafnachsicht an.
Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
In Ansehung der vom Angeklagten bestrittenen Gewerbsmäßigkeit seines (auch) dem Tatbestand nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG unterstellten Verhaltens ist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Erwägungen zu der wegen des idealkonkurrierenden Finanzvergehens erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zu verweisen. Ergänzend ist dazu bloß zu bemerken, daß das Erstgericht die zweite Strafstufe des ersten Strafsatzes des § 12 Abs. 1 SuchtgiftG ohnedies nicht angewendet hat, sondern über den Angeklagten eine Strafe im Rahmen der ersten Strafstufe des ersten Strafsatzes dieser Gesetzesstelle verhängte. Diese Strafe ist nach Lage des Falles nicht als überhöht anzusehen. Der vom Erstgericht angenommene Erschwerungsgrund des Zusammentreffens von strafbaren Handlungen derselben und verschiedener Art liegt tatsächlich vor, weil der Angeklagte nach dem Urteilsspruch das Delikt nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG mehrfach verwirklicht und außerdem das ebenfalls wiederholt begangene Vergehen nach § 16 Abs. 1 Z 1 und 2, dritter und vierter Fall SuchtgiftG zu verantworten hat.
Da der Angeklagte zwei im Verhältnis des § 31 StGB stehende nicht einschlägige Vorstrafen aufweist, hat das Erstgericht ihm zu Recht den Milderungsgrund eines untadeligen Vorlebens nicht zugebilligt. Im übrigen aber ist angesichts der nicht unbeträchtlichen Suchtgiftmengen und des vom Erstgericht besonders hervorgehobenen Umstandes, daß der Angeklagte durch einen längeren Zeitraum 'die Suchtgiftszene einer mittelgroßen Stadt entscheidend mitversorgte' (S 570 f), das Ausmaß der über ihn verhängten Freiheitsstrafe keineswegs als überhöht anzusehen, weshalb der Berufung, insoweit sie auf eine Strafermäßigung gerichtet war, ein Erfolg versagt bleiben mußte.
Zufolge der Strafhöhe über zwei Jahren fehlt es von vornherein an den Voraussetzungen für die Gewährung bedingter Strafnachsicht, sodaß der Berufung insgesamt nicht Folge gegeben werden konnte.
Anmerkung
E04652European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1984:0100OS00102.84.0904.000Dokumentnummer
JJT_19840904_OGH0002_0100OS00102_8400000_000