TE OGH 1984/10/16 10Os127/84

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Veröffentlicht am 16.10.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16.Oktober 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Hörburger, Dr. Lachner und Hon.Prof. Dr. Brustbauer (Berichterstatter) als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Gurschler als Schriftführer in der Strafsache gegen Johann A wegen des Vergehens der fahrlässigen Tötung nach § 80 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Jugendschöffengericht vom 9.Mai 1984, GZ 3 a Vr 4162/83- 31, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Stöger, und des Verteidigers Dr. Pausch jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der jugendliche Mechanikerlehrling Johann A des Vergehens der fahr-lässigen Tötung nach § 80 StGB

schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, am 21.November 1983 fahrlässig den Tod des Franz B herbeigeführt zu haben, indem er als Lenker eines Kleinmotorrades (bei Dunkelheit) auf einer Landesstraße im Ortsgebiet von Wagna den genannten Radfahrer mit zu geringem Seitenabstand überholte und dabei streifte, wodurch jener auf die Fahrbahn stürzte, von einem unmittelbar nachkommenden PKW. überrollt und getötet wurde.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 4 und 9

lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Eine Beeinträchtigung seiner Verteidigungsrechte (Z. 4) erblickt der Beschwerdeführer in der Abweisung (S. 256 f.) seines Antrags auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen für das Kraftfahrwesen, durch dessen Gutachten er ausschließlich die (seiner Ansicht nach vom Sachverständigen C nicht denkfolgerichtig ermittelte) Fahrlinie des durch den Unfall ums Leben gekommenen Radfahrers vor der Kollision rekonstruieren lassen wollte (S. 255), um damit die Richtigkeit seiner Verantwortung darzutun, nach der er den Radfahrer in einem ausreichenden Seitenabstand habe überholen wollen und dieser erst unmittelbar vorher plötzlich nach links gefahren sei (S. 17, 239 bis 242).

Auf welcher Grundlage der neu beizuziehende Sachver ständige trotz des - in der Verfahrensrüge lediglich dem Erstgutachten entgegengehaltenen (S. 275) - Fehlens jeglicher vom Fahrrad stammender (Fahr-, Brems- oder sonstiger) Spuren ein derartiges Gutachten hätte erstatten sollen, ist aber dem Beweisantrag (ebenso wie der Beschwerde) in keiner Weise zu entnehmen;

einer dahingehenden Begründung hätte dieser Antrag umso mehr bedurft, als nach dem Gutachten des Sachverständigen C gleichermaßen wie nach einem vom Angeklagten vorgelegten (und verlesenen) Privatgutachten aus der Endlage des Fahrrads allein dessen Fahrlinie vor der Kollision nicht eruiert werden kann (S. 252; ./1 zu ON 26, S. 5). Dementsprechend hat sich ja das Schöffengericht bei der Feststellung jener Fahrlinie auch gar nicht auf das Erstgutachten (S. 191, 251) gestützt, sondern auf die eigene Verantwortung des Beschwerdeführers (US. 5 vso. unten).

Soweit letzterer gegen die vom Sachverständigen C praktizierte Methode zur Ermittlung der Fahrlinie des Radfahrers vor dem Zusammenstoß und gegen die daraus abgeleiteten Folgerungen remonstriert, gehen demnach die Beschwerdeausführungen ins Leere; zur Widerlegung des Erstgutachtens über die Fahrlinie des Kleinmotorrads aber sowie über den Hergang der Stürze ist in erster Instanz die Beiziehung eines zweiten Sachverständigen gar nicht beantragt worden, sodaß sich die darauf bezogenen - zudem großteils nur unsachlich polemisierenden - nunmehrigen Argumente des Angeklagten schon deswegen als nicht zielführend erweisen, weil er in diese Richtung hin mangels einer entsprechenden Antragstellung in der Hauptverhandlung zur Beschwerde nicht legitimiert ist. Infolge der (durch das Fehlen von dazu verwertbaren Spuren bedingten) offensichtlichen Untauglichkeit der beantragten Beiziehung eines zweiten Sachverständigen zu der vom Beschwerdeführer damit angestrebten Beweisführung sind daher durch die gerügte Antragsabweisung keine Gesetze verletzt oder Verfahrensgrundsätze hintangesetzt worden, deren Beachtung durch das Wesen eines (auch) die Verteidigung sichernden Verfahrens geboten gewesen wäre.

Gleichfalls verfehlt ist die Rechtsrüge (Z. 9 lit a) des Angeklagten, mit der er die Auffassung vertritt, durch ein (von ihm behauptetes) Verschulden des Lenkers jenes PKWs, der den Radfahrer nach dessen Sturz überrollt hat, sei zwischen seinem eigenen Tatverhalten und dem Tod des Unfallopfers 'der Kausalzusammenhang unterbrochen' worden, weil die tödlichen Verletzungen mit Sicherheit erst durch dieses überrollen verursacht wurden.

Vom Fehlen eines Kausalzusammenhangs, dessen Vorliegen (im Sinn der insoweit herrschenden öquivalenztheorie) dann zu bejahen ist, wenn das auf seine Ursächlichkeit zu prüfende Verhalten nicht hinweggedacht werden kann, ohne daß auch der tatsächlich eingetretene Erfolgt (in seiner konkreten Gestalt) entfile, kann nämlich dann, wenn ein chronologisch früheres Täterverhalten im Zeitpunkt des Erfolgseintritts solcherart weiterhin wirksam ist, selbst in jenen Fällen keine Rede sein, in denen eine später (allenfalls durch einen Dritten) gesetzte weitere Bedingung hinzutritt. Gerade das aber trifft im vorliegenden Fall zu: konnte doch der Radfahrer nur deswegen vom nachgekomenen PKW. - sowie es hier geschah - überrollt und getötet werden, weil ihn der Beschwerdeführer unmittelbar vorher zum Sturz gebracht hatte. Da in einem derartigen Unfallshergang zudem - wie der Vollständigkeit halber vermerkt sei - durchaus eine Verwirklichung jenes Risikos zu erblicken ist, dem das vom Angeklagten verletzte Gebot der Einhaltung eines ausreichenden Sicherheitsabstands beim überholen eines Radfahrers entgegenzuwirken bestimmt ist, sodaß auch der für eine Erfolgszurechnung vorauszusetzende Risikozusammenhang (zwischen der Normverletzung und dem daraus entstandenen Erfolg) jedenfalls gegeben ist, haftet daher dem bekämpften Schuldspruch ein Rechtsirrtum gleichfalls nicht an.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Der Schöffensenat verhängte über den Angeklagten nach § 80 StGB unter Anwendung von § 11 JGG. und § 37 StGB eine Geldstrafe in der Höhe von 120 Tagessätzen (für den Fall der Uneinbringlichkeit 60 Tage Ersatzfreiheitsstrafe). Es bestimmte die Höhe des einzelnen Tagessatzes mit 60 S, wobei es davon ausging, daß der (im Elternhaus wohnende und mitversorgte) Angeklagte im Zeitpunkt der Urteilsfällung in erster Instanz eine Lehrlingsentschädigung in der Höhe von 3.100 S bezog, Bei der Strafbemessung wertete es nichts als erschwerend, als mildernd nahm es hingegen die bisherige Unbescholtenheit des Angeklagten an.

Mit seiner Berufung begehrt dieser die Herabsetzung sowohl der Anzahl der Tagessätze als auch deren Höhe.

Die Strafzumessungsgründe wurden vom Erstgericht im wesentlichen richtig genannt und auch zutreffend gewichtet. Soweit der Berufungswerber seine Schuld als besonders gering erachtet, weil er für den Tod des Radfahrers nicht verantwortlich sei, genügt es ihn auf die Erledigung seiner Rechtsrüge zu verweisen.

Die Höhe des Tagessatzes wiederum entspricht durchaus den persönlichen Verhältnissen und der Leistungsfähigkeit des Rechtsbrechers, dessen Berufung somit gleichfalls erfolglos bleiben mußte.

Anmerkung

E04851

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0100OS00127.84.1016.000

Dokumentnummer

JJT_19841016_OGH0002_0100OS00127_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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