TE OGH 1985/1/31 6Ob666/84

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Veröffentlicht am 31.01.1985
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Riedler und Dr. Schlosser als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I*****, vertreten durch Dr. Ferdinand Thaler-Szulyovszky, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagten Parteien 1.) Ingeborg S***** und 2.) Franz S*****, beide vertreten durch Dr. Hans Radl, Rechtsanwalt in Graz, wegen des Schillinggegenwerts von 19.275 DM samt Nebenforderungen (Revisionsgegenstand Schillinggegenwert von 12.275 DM; Rekursgegenstand Schillinggegenwert von 7.000 DM), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 15. Mai 1984, GZ 6 R 73/84-24, sowie infolge Rekurses der beklagten Parteien gegen den in die genannte Entscheidung aufgenommenen berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluss, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 2. Februar 1984, GZ 23 Cg 94/83-19, zum Teil bestätigt und zum Teil unter Rechtskraftvorbehalt zur Verfahrensergänzung aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Dem Rekurs der Beklagten wird nicht stattgegeben.

Die Rekurskosten sind Kosten des weiteren Verfahrens.

Text

Begründung:

Die damals in ihrem in H***** gelegenen Einfamilienhaus wohnenden Beklagten schlossen als Verkaufsinteressenten dieses Hauses mit der Klägerin, einer Gesellschaft mbh mit dem Sitz in D*****, am 6. 11. 1980 einen Maklervertrag. Die hierüber errichtete Urkunde wurde unter Verwendung eines einseitigen Vordrucks der Klägerin (wie Beilage ./2) abgefasst, dessen Text mit dem Wort Alleinauftrag überschrieben und in sieben Punkte mit insgesamt 36 Zeilen gegliedert ist. Nach dem Inhalt der Urkunde beauftragen die Beklagten die Klägerin mit dem Nachweis oder der Vermittlung eines Käufers für ihre näher bezeichnete Liegenschaft bei einem Verkaufspreis von „390.000 DM VHB“. Nach Punkt 2 wurde das Vertragsverhältnis mit 31. Jänner 1981 befristet, sollte sich aber mangels schriftlicher Aufkündigung 30 Tage vor dem Fristablauf jeweils um drei Monate verlängern. Die ersten Sätze in Punkt 3 lauten wörtlich:

„Der Auftrag ist ein Alleinauftrag, dh während der Vertragsdauer muss der Verkauf des in Auftrag gegebenen Objektes über die Firma ….... erfolgen. Während dieser Zeit sind auf den Auftraggeber unmittelbar zukommende Interessenten an die Firma ….. zu verweisen.“

Weiter heißt es in den Punkten 4 und 5 wörtlich:

„Für den Fall des Nachweises und der Vermittlung eines Käufers wird bei Vertragsabschluss bzw dessen notarieller Beurkundung eine Vermittlungsprovision von insgesamt 5 % des Kaufpreises zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer auf die Provision fällig. Von dieser Provision hat der Auftraggeber ….. zuzüglich Mehrwertsteuer, der Käufer 5 % zuzüglich Mehrwertsteuer an die Firma …. zu zahlen.

Für den Fall, dass der Auftraggeber

– von einer durch die Firma …. während der Vertragsdauer nachgewiesenen auftragsgemäßen Abschlussmöglichkeit keinen Gebrauch macht

– von seinen Verkaufsabsichten aus persönlichen oder wirtschaftlichen Gründen zurücktritt

– die Durchführung des erteilten Auftrags durch Verletzung seiner ihm gemäß diesem Vertrag obliegenden Pflichten verhindert oder beeinträchtigt

hat der Auftraggeber der Firma …. eine Tätigkeitsvergütung in Höhe von 2 % des Wertes des Objektes zu zahlen, sowie die entstandenen Auslagen zu ersetzen. Vereinbart wird ein Auslagenpauschale von 500 DM.

Hievon unberührt bleibt die Geltendmachung des der Firma … entstandenen Schadens.“

Die Erstbeklagte unterfertigte am 6. 11. 1980 diese Urkunde für ihre eigene Person und für den Zweitbeklagten, ihren Ehemann, der am Vortag dem Prokuristen der Klägerin gegenüber mündlich eine entsprechende Bevollmächtigung erklärt hatte. Am 5. 11. 1980 hatte der Prokurist der Klägerin das Haus der Beklagten besichtigt, nach seiner Schätzung den in der Urkunde ausgewiesenen Verkaufspreis als erzielbar erachtet und den Beklagten vorgeschlagen, die Klägerin mit dem Verkauf für einen Zeitraum von drei Monaten fest zu beauftragen. Die Beklagten, die ihre Übersiedlung nach Österreich planten, hatten sich noch nicht entschieden, ob sie ihr Haus vermieten oder verkaufen sollten, und erteilten deshalb am 5. 11. 1980 noch keinen Maklerauftrag. Der Prokurist der Klägerin übergab den Beklagten aber ein Formular – wie es folgenden Tages verwendet wurde – und besprach anhand dieses Vordrucks weitgehend die Vertragspunkte mit den Beklagten. Zur Vertragsverlängerung äußerte er die Erwartung, dass diese Regelung wahrscheinlich nicht zum Tragen kommen werde, weil das Haus bis zum festgelegten Ablauf der Vertragsdauer leicht weggebracht werden könnte. Zum Punkt 3 erläuterte der Prokurist der Klägerin den Beklagten, dass sie Interessenten, die sich aufgrund von Inseraten bei ihnen melden sollten, an die Klägerin zu weisen hätten. Was zu geschehen hätte, wenn die Beklagten ihrerseits selbst einen Käufer fänden, wurde nicht besprochen. Die Beklagten rechneten wegen ihrer in Kürze erwarteten Übersiedlung nicht damit, selbst einen Käufer zu finden. Die Beklagten verstanden die Regelung nach Punkt 3 in dem Sinne, dass sie außer der Klägerin keinen anderen Makler betrauen dürften, was sie auch nicht beabsichtigten. Zur Provisionszahlungspflicht wurde besprochen, dass nur der Käufer eine Provision zu entrichten habe. Zur Regelung nach Punkt 5 erklärte der Prokurist der Klägerin in Ansehung der dort behandelten „Tätigkeitsvergütung“ nichts. Die Beklagten fassten Punkt 5 in dem Sinne auf, dass sie ein Auslagenpauschale von 500 DM zu zahlen hätten, falls während der Vertragsdauer keine Vermittlung zustande käme.

Die Klägerin benachrichtigte aufgrund des ihr erteilten Maklerauftrags eine Anzahl der nach ihrer Kartei als Käufer in Betracht kommenden Interessenten, ließ Inserate in Tageszeitungen einschalten und nahm auch mit Kaufinteressenten Liegenschaftsbesichtigungen vor. Solange sich die Erstbeklagte noch in dem zu verkaufenden Haus aufhielt, wies sie Interessenten, die sich aufgrund von Inseraten bei ihr meldeten, an die Klägerin. Nachdem die Verkaufsbemühungen vorerst erfolglos geblieben waren, setzten die Streitteile den im Maklervertrag ausgewiesenen Kaufpreis auf 350.000 DM herab. Zu Beginn des Jahres 1981 hielt sich die im Gegensatz zu ihrem noch bis zum Hausverkauf in Deutschland arbeitenden Ehemann bereits nach Österreich gezogene Erstbeklagte besuchsweise in H***** auf. Zu dieser Zeit hielt sie dem Prokuristen der Klägerin die bisherige Erfolglosigkeit der Verkaufsbemühungen vor. Dieser erklärte daraufhin unwirsch, die Beklagten mögen eben selbst verkaufen, wenn sie dies besser könnten.

Im Mai 1981 erwähnte der Zweitbeklagte gegenüber einem Arbeitskollegen, dass die Klägerin das Haus nicht verkaufen könne. Der Angesprochene erklärte, er suche seinerseits ein Haus. Es kam zu Verkaufsgesprächen. Der Zweitbeklagte erwähnte den mit der Klägerin abgeschlossenen Alleinauftrag. Der Arbeitskollege des Zweitbeklagten erklärte, ein Makler interessiere ihn nicht. Der Zweitbeklagte (im Ersturteil heißt es offenbar irrig: Der Erstbeklagte) ließ sich in der Rechtsabteilung seines Dienstgebers die Rechtsauskunft erteilen, dass er der Klägerin im Falle eines Selbstverkaufs keine Provision schulde.

Am 16. Juni 1981 schlossen die Beklagten mit dem Arbeitskollegen des Zweitbeklagten den Vertrag über den Verkauf des Hauses um 340.000 DM.

Am 27. Juni 1981 erklärte ein durch ein Inserat der Klägerin aufmerksam gemachtes Ehepaar der Klägerin die Bereitschaft zum Kauf des Hauses um 350.000 DM und leistete eine „Reservierungsgebühr“ von 5.250 DM.

Mit dem Schreiben vom 30. Juni 1981 teilte die Klägerin den Beklagten die Abschlussgelegenheit mit den erwähnten Interessenten mit und lud die Beklagten für 2. Juli 1981 zur Beurkundung des Kaufvertrags ein.

Die Beklagten ihrerseits erklärten in einem am 29. Juni 1981 in Graz zur Postaufgabe gebrachten Schreiben, den Alleinauftrag vom 6. November 1981 zum nächstmöglichen Termin zu kündigen und ersuchten um die Rückgabe der überlassenen Schlüssel. Den bereits erfolgten Verkauf des Hauses an den Arbeitskollegen des Zweitbeklagten erwähnten sie dabei nicht. Dieses Schreiben langte am 1. Juli 1981 bei der Klägerin ein. Diese erlangte Kenntnis vom Verkauf des Hauses. Mit dem Schreiben vom 9. Juli 1981 forderte sie von den Beklagten die Bezahlung der ihr entgangenen Maklerprovision. Der Zweitbeklagte bestritt in seinem Antwortschreiben vom 20. Juli 1981 eine Provisionszahlungsverpflichtung, übermittelte der Klägerin aber einen Verrechnungsscheck über 500 DM zur Abdeckung des Unkostenpauschales.

Der rechtlichen Beurteilung legten die Vorinstanzen das Sachrecht der Bundesrepublik Deutschland zugrunde. Dabei gingen sie einerseits von den Regelungen nach den §§ 652 ff dBGB und andererseits von der Anwendbarkeit des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vom 9. Dezember 1976, BGBl I  S 3317 (AGB-Gesetz) aus. Sie erachteten die Unterwerfung von Eigengeschäften unter die Bestimmungen nach Punkt 3 der Vertragsurkunde nicht als besonders vereinbart. In Ausübung der an der sogenannten Richtlinien-
und Leitbildfunktion des dispositiven Rechts ausgerichteten Inhaltskontrolle im Sinne der Generalklausel des § 9 AGB-Gesetz erkannten die Vorinstanzen übereinstimmend die „Verweisungsklausel“, jedenfalls soweit sie sich auf Eigengeschäfte bezogen werden sollte, als unwirksam.

Die in den Fällen des Vertragspunktes 5 vorgesehene „Tätigkeitsvergütung“ wurde von den Vorinstanzen dagegen unterschiedlich beurteilt. Während das Erstgericht davon ausging, dass die Beklagten mangels wirksam übernommener Verpflichtung, einen selbstgefundenen Interessenten an die Klägerin zu verweisen, auch gegen den Inhalt einer derartigen Vertragspflicht nicht verstoßen haben und eine Vertragspflicht zur Tätigkeitsvergütung nicht ausgelöst haben konnten, wertete das Berufungsgericht zwar den dritten im Punkt 5 der Vertragsurkunde geregelten Fall einer Tätigkeitsvergütung bei Verhinderung oder Beeinträchtigung der Durchführung des Maklerauftrags durch vertragswidriges Verhalten als eine nach § 11 Z 6 AGB-Gesetz unwirksame Klausel, erachtete aber die anderen Fälle, also insbesondere den ersten in Punkt 5 der Vertragsurkunde geregelten Fall, dass die Beklagten von einer nachgewiesenen Abschlussmöglichkeit keinen Gebrauch machten, als wirksam zustandegekommenen Vertragsinhalt; deshalb erachtete das Berufungsgericht die Rechtssache im Umfang der Tätigkeitsvergütung von 2 % des Objektswerts = 7.000 DM noch nicht als spruchreif.

Die Klägerin ficht die urteilsmäßige Teilbestätigung der erstinstanzlichen Klagsabweisung aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit einem Aufhebungsantrag, hilfsweise einem Abänderungsantrag im Sinne der Klagsstattgebung an.

Die Beklagten bekämpfen den berufungsgerichtlichen Teilaufhebungsbeschluss wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache mit dem Abänderungsantrag auf Wiederherstellung des Urteils erster Instanz. Das als „Revision“ bezeichnete Rechtsmittel ist ein Rekurs gemäß § 519 Abs 1 Z 3 ZPO.

Rechtliche Beurteilung

Zur Revision der Klägerin:

Der von der Bestätigung der erstgerichtlichen Klagsabweisung betroffene Teil des Streitgegenstands übersteigt 60.000 S, der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, übersteigt 300.000 S nicht. Die Revision ist daher gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt. Das hat das Berufungsgericht mit der Begründung angenommen, dass ausländisches Recht anzuwenden und dabei subtile Fragen der richterlichen Inhaltskontrolle von vorformulierten Bestimmungen eines Vermittlungsvertrags zu lösen seien. Der Ausspruch des Berufungsgerichts über die Zulässigkeit der Revision enthebt das Revisionsgericht nicht der eigenen Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO (§ 508a Abs 1 ZPO).

Die Maßgeblichkeit und Anwendbarkeit fremden Rechts ist im Sinne der §§ 1, 7 und 6 IPR-Gesetz von den Vorinstanzen und den Parteien nie in Zweifel gezogen worden. Das fremde Recht ist gemäß § 3 IPR-Gesetz wie in seinem ursprünglichen Geltungsbereich anzuwenden. Auch von diesem Rechtsanwendungsgrundsatz sind die Vorinstanzen ausgegangen, ohne diesbezüglich gerügt worden zu sein.

Die Revisionswerberin rügt eine unrichtige Subsumtion des Sachverhalts unter das – fehlerfrei als maßgebend erkannte – fremde Recht, nämlich das AGB-Gesetz und die durch die Rechtsprechung der deutschen Gerichte ausgefüllten Bestimmungen der §§ 652 ff BGB.

Für die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO ist in einem solchen Fall zu beachten, dass die Beurteilung eines Sachverhalts nach dem kollisionsrechtlich als maßgebend erklärten fremden Recht Rechtsanwendung ist und die wahrscheinliche Häufigkeit der Anwendung der im anhängigen Rechtsstreit zu beachtenden Regelungen des fremden Rechts durch die inländischen Gerichte für das Vorliegen einer nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO qualifizierten Rechtsfrage grundsätzlich ohne Einfluss ist. Andererseits reicht aber das Fehlen einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Auslegung der heranzuziehenden Regelung des fremden Rechts für die Annahme einer nach der mehrfach zitierten Gesetzesstelle qualifizierten Rechtsfrage noch nicht hin (vgl RZ 1984/88 S 256). Der Rechtsprechung des Revisionsgerichts kommt nämlich für die Anwendung fremden Rechts in dessen ursprünglichem Geltungsbereich im Regelfall keinerlei Bedeutung zu, für die Rechtsanwendung des fremden Rechts in seinem ursprünglichen Geltungsbereich fehlt es der Rechtsprechung des Revisionsgerichts an der im § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zugrunde gelegten Leitfunktion. Der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Inland kommt nicht die Aufgabe zu, die Einheitlichkeit oder gar die Fortentwicklung fremden Rechts in dessen ursprünglichem Geltungsbereich zu gewährleisten. Wohl aber folgt aus der nach § 3 IPR-Gesetz gebotenen Bedachtnahme auf die Anwendung des maßgeblichen fremden Rechts in dessen ursprünglichem Geltungsbereich, dass es der Rechtssicherheit widersprechen könnte, würde bei der Entscheidung des Rechtsstreits durch die inländischen Gerichte eine im ursprünglichen Geltungsbereich des maßgeblichen fremden Rechts in Rechtsprechung und Lehre gefestigte Ansicht hintangesetzt. Nur in dieser Hinsicht ist im vorliegenden Fall das Vorliegen einer nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO qualifizierten Rechtsfrage denkbar.

Die Revisionsausführungen vermögen aber ein Abweichen der berufungsgerichtlichen Beurteilung von der Rechtsprechung und Lehre in der Bundesrepublik Deutschland nicht schlüssig aufzuzeigen. Die Revisionswerberin vermeidet es, zu der vom Berufungsgericht zitierten Rechtsprechung und Lehre in der Bundesrepublik Deutschland Stellung zu nehmen, sie erklärt lediglich, ihren Standpunkt aufrecht zu erhalten, dass ihre Ansicht mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Einklang stünde, und sucht dies durch ein erstinstanzliches Urteil zu belegen.

Die auf den im Jahre 1980 geschlossenen Immobilienmaklervertrag anzuwendenden Bestimmungen des (deutschen) Bürgerlichen Gesetzbuchs enthalten keine Regelung des sogenannten Alleinauftrags. Maklerverträge mit der Abrede, dass der Auftraggeber während der Laufzeit des Vertrags die Inanspruchnahme eines anderen Maklers zu unterlassen habe, sind derart verbreitet, dass dieser Vertragstyp nach einem bereits in parlamentarische Behandlung gezogen gewesenen Entwurf einer Neufassung des betreffenden Titels des (deutschen) Bürgerlichen Gesetzbuchs (§§ 652 ff) besonders geregelt werden sollte (vgl Soergel11-Mormann vor § 652 Rz 7 und Anh nach § 656). Dieser Gesetzentwurf sah in Festschreibung einer in langjähriger Rechtsanwendung als gesichert anzusehenden Auffassung vor, es müsse selbst bei einem Alleinauftrag die Abschlussfreiheit des Auftraggebers auch in der Weise unabdingbar gewahrt bleiben, dass er zum Eigengeschäft ohne Vermittlung eines anderen Maklers berechtigt sei und im Fall einer auch für ein solches Eigengeschäft zugesagten Provision sich durch den positiven Nachweis von der Zahlungspflicht befreien könne, die Tätigkeit des Maklers sei für das Eigengeschäft nicht ursächlich gewesen. Im Lichte dieses Versuchs einer Normierung der inhaltlichen Ausgewogenheit von Vertragsbestimmungen im Alleinvermittlungsauftrag kann das Ergebnis der berufungsgerichtlichen Inhaltskontrolle der strittigen Punkte des Maklervertrags der zutreffend berücksichtigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zuwiderlaufen. Was einer als zwingendes Recht vorgesehenen Novellenbestimmung in einem Regierungsentwurf widerspricht, erscheint schon nach geltendem Recht mit dem schwersten Verdacht unangemessener Benachteiligung behaftet.

Der Hinweis der Revisionswerberin auf das erstinstanzliche Urteil eines h***** Landgerichts vermag zu den im anhängigen Rechtsstreit zu lösenden Rechtsfragen nach der Möglichkeit wirksamer Vereinbarungen von Rechtsfolgen im Alleinvermittlungsauftrag für den Fall eines Eigenabschlusses des Auftraggebers schon deshalb nichts beizutragen, weil in dem vom h***** Gericht entschiedenen Fall der Auftraggeber in Verletzung seiner im Alleinauftrag übernommenen Verpflichtung das Rechtsgeschäft durch Vermittlung eines anderen Maklers abgeschlossen hatte und in einem solchen Fall die Schadenersatzverpflichtung dem Grunde nach als allgemein unbestritten angesehen werden kann.

Die Revisionswerberin verwendete beim Abschluss des Immobilienmaklervertrags einen Formularvordruck mit der Aufschrift ihrer Firma. Ihr Rechtsstandpunkt, es handle sich nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen, die einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGB-Gesetz zugänglich wären, ist mit dem Wortlaut des § 1 AGB-Gesetz unvereinbar (vgl zB MünchKomm-Kötz § 1 Rz 5 ff und Rz 12 und 13; Wolf/Horn/Lindacher, Komm.AGB-Gesetz § 1 Rz 11 ff insbesondere Rz 16 und 17).

Zur Frage des Aushandelns im Sinne des § 1 Abs 2 AGB-Gesetz unterliefen keine Feststellungsmängel. Mit den Revisionsausführungen gegen die berufungsgerichtliche Erledigung der in der Berufung ausgeführten Beweisrüge wird keinesfalls auf eine unrichtige Lösung einer Frage des Verfahrensrechts von qualifizierter Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO hingewiesen.

Entgegen den Revisionsausführungen wäre auch die behauptete „Üblichkeit“ der Hinzuziehungsklausel in dem von der Revisionswerberin gewünschten Sinne kein Argument für das Nichtvorliegen einer unangemessenen Benachteiligung im Sinne des § 9 AGB-Gesetz (vgl zB Loewe/Westphalen/Trinker, Komm.AGB-Gesetz § 9 Rz 13).

Im Übrigen genügt ein Hinweis auf folgende Literaturstellen und Rechtsprechungszitate, um aufzuzeigen, dass die Revisionswerberin schlüssige Ausführungen zur erforderlichen Darlegung verabsäumte, das Berufungsgericht habe mit seinem bestätigenden Teilurteil wesentliche Fragen zur Beurteilung der strittigen Vertragsklauseln in einem Alleinvermittelungsauftrag bezüglich eines vom Auftraggeber direkt abgeschlossenen Geschäfts im Widerspruch zur Rechtsanwendung in der Bundesrepublik Deutschland vorgenommen: Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts II12, 323; Esser/Weyers, Schuldrecht II6, 287; Soergel11-Mohrmann § 652 Rz 14; Wolf/Horn/Lindacher, Komm.z. AGB-Gesetz § 9 Rz M 4 und M 5; Loewe/Westphalen/Trinker, Komm.z. AGB-Gesetz § 9 Rz 24; Ullmer/Brandner/Hensen, Komm.z.AGB-Gesetz4 Anh §§ 9–11 Rz 487; Dyckerhoff, Das Recht des Immobilienmaklers7, 228; Palandt, BGB44 § 652 10/B/a; kritisch zur Leitsatzfunktion des § 652 BGB für Alleinaufträge Münch.Komm.-Schwerdtner vor § 652 Rz 10, § 652 Rz 201, 221 und 245 ff iss schon Schwerdtner, Maklerrecht Rz 216 ff.

Die Revision der Klägerin war aus diesen Erwägungen mangels der Voraussetzungen nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO als unzulässig zurückzuweisen.

Zum Rekurs der Beklagten:

Das Berufungsgericht hat seinem Teilaufhebungsbeschluss einen Rechtskraftvorbehalt beigesetzt und die Voraussetzungen hiezu aus denselben Erwägungen für gegeben erachtet, wie sie zum Ausspruch zur Revisionszulässigkeit angenommen wurde. Auch im Falle des berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschlusses ist die dem Rechtskraftvorbehalt zugrunde gelegte Ansicht des Berufungsgerichts über das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO für den Obersten Gerichtshof nicht bindend. Für den Rekurs gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluss gilt kraft Größenschlusses ebenfalls die Beschränkung der Anfechtungsgründe im Sinne des § 502 Abs 2 ZPO (vgl Fasching, Lehrbuch des Zivilprozessrechts, Rdz 1884).

Die Rekursausführungen zur Unzulässigkeit der Beurteilung des Leistungsteilbegehrens von 2 % des Werts unter dem Titel der im Punkt 5 der Auftragsurkunde behandelten „Tätigkeitsvergütung“ zeigen keine unrichtige Lösung einer nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO qualifizierten Frage des Verfahrensrechts auf. Die Klägerin hat ihre Anspruchsableitung ohne erkennbare Einschränkung auf einen bestimmten Rechtsgrund auf den Maklervertrag mit dem Inhalt aller in die Vertragsurkunde aufgenommenen Klauseln einerseits sowie auf die Tatsache des Eigengeschäfts und der unterbliebenen unverzüglichen Mitteilung hievon, sowie auf einen dem Eigengeschäftsabschluss nachfolgenden Vermittlungsvorgang andererseits gestützt. Nach den hierin unbekämpft gebliebenen erstinstanzlichen Feststellungen erklärte der Prokurist der Klägerin den Beklagten im Zuge des Vertragsabschlusses den Sinn der im Formulartext aufscheinenden Tätigkeitsvergütung nicht, die Beklagten verstanden den Vertragspunkt in dem Sinne, dass sie ein mit 500 DM bestimmtes Auslagenpauschale zu leisten hätten, wenn während der Laufzeit des Alleinauftrags keine erfolgreiche Vermittlung zustandekommen sollte. Wenn das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung unterstellt haben sollte, die Regelungen nach Punkt 5 der Vertragsurkunde seien im Sinne des § 1 Abs 2 AGB-Gesetz im Einzelnen ausgehandelt worden, oder davon ausgegangen sein sollte, dass die Vereinbarung einer erfolgsunabhängigen Tätigkeitsvergütung auch ohne ein solches Aushandeln bloß durch vorformulierte Klauseln wirksam Vertragsinhalt geworden sei, liefe dies zum einen dem festgestellten Sachverhalt, zum anderen der zur Revision der Klägerin dargestellten Auffassung in Rechtsprechung und Lehre der Bundesrepublik Deutschland zuwider. Das macht den Rekurs (zur Wahrung der Rechtssicherheit) zulässig.

Das Rechtsmittel ist aber im Ergebnis nicht berechtigt.

Auch bei Unwirksamkeit der Vereinbarung eines erfolgsunabhängigen Entgelts bestand für die Beklagten die allgemein anerkannte Nebenverpflichtung, den Abschluss des – nach den Ausführungen zur Revision der Klägerin – zulässigen Eigengeschäfts der Klägerin unverzüglich mitzuteilen, um zu verhindern, dass diese weitere nach der Sachlage notwendigerweise unnütze Bemühungen unternimmt. Die Beklagten sind dieser ihrer Mitteilungspflicht nicht unverzüglich nachgekommen. Ein daraus erwachsener Nachteil ist der Klägerin nach allgemeinem Schadenersatzrecht zu ersetzen.

Die Klägerin hat zwar zur Höhe ihres konkreten, dem Grunde nach mit den Vermittlungsbemühungen zu der im Schreiben vom 30. Juni 1982 (Beilage ./5) mitgeteilten Abschlussmöglichkeit behaupteten Schaden bisher – aus ihrer Rechtsansicht – kein Prozessvorbringen erstattet.

Die Beklagten müssen aber gegen sich gelten lassen, dass die Klägerin nach ihrem Prozessvorbringen in erster Instanz die prozessuale Anspruchsableitung aus dem Titel einer konkreten Schadenszufügung nach allgemeinem bürgerlichem Recht nicht ausgeschlossen hat. Der Klägerin ist nach Ablehnung ihrer verfehlten Rechtsansichten zum Anspruch auf einen bestimmten im Maklervertrag festgelegten Prozentsatz des Objektwerts ohne jeden Nachweis einer Schadenshöhe zur Darlegung ihres tatsächlich erlittenen Schadens Gelegenheit zu geben.

Im Umfang des berufungsgerichtlichen Teilaufhebungsbeschlusses ist die Rechtssache daher noch nicht spruchreif. Dem Verfahrensergänzungsauftrag des Berufungsgerichts ist aber die Rechtsansicht zugrundezulegen, dass für die Schadensberechnung nur die zufolge des Eigengeschäftsabschlusses der Beklagten nutzlos gewordene Tätigkeit der Klägerin, also nur die Tätigkeit nach dem Eigengeschäftsabschluss bis zu dessen Mitteilung, in Betracht kommen kann.

Aus den dargelegten Erwägungen hat es bei der vom Berufungsgericht beschlossenen Teilaufhebung zur Verfahrensergänzung zu verbleiben.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf § 52 ZPO.

Textnummer

E116952

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0060OB00666.840.0131.000

Im RIS seit

02.02.2017

Zuletzt aktualisiert am

02.02.2017
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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